200 Jahre Geschichte des Goldschmiedehandwerks in Rostock am Beispiel der Firma Kerfack/Sinner bis 1979

6,00 

Beschreibung

Einleitung

Auf Anregung des Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und dessen Unterstützung wurde dieses Projekt von der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern realisiert.
Das vorliegende Buch beschreibt die wechselhafte Geschichte der bekannten Rostocker Goldschmiedefirma Kerfack/Sinner. Die Geschichte der Goldschmiede lässt sich ungefähr 200 Jahre zurückverfolgen. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die Handwerkermeister der Familien Kerfack und Sinner, die die Geschicke des Betriebes lenkten.
Der erste Goldschmied der Familie war der Schustersohn Friedrich, der den erfolgreichen Aufstieg in der zünftisch organisierten Gesellschaft des neuzeitlichen Rostock schaffte. Seinem Sohn Paul gelang es, aus dem Schatten des Vaters herauszutreten und als Goldschmied über die Rostocker Grenzen bekannt zu werden, da er ein talentierter Handwerker und guter Händler war. Angesteckt von der sozialen Dynamik der Gründerzeit, folgte sein Sohn Otto der Familientradition nicht, sondern begann ein Studium an der Rostocker Universität. Ohne Abschluss und ohne Ausbildung führte er nach dem Tod seines Vaters das Geschäft weiter. Sein mangelnder Geschäftssinn und die Wirtschaftskrise in der Weimarer Republik führten 1930 zum Konkurs der Goldschmiede. Zwei seiner Angestellten, Hermann Peters und Alfred Sinner, kauften die Werkstatt. Ihnen gelang der Aufschwung unter dem alten Firmennamen „Paul Kerfack“. Nachdem der Betrieb den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit überstanden hatte, wollte der neue Inhaber, Gerhard Sinner, weiterhin erfolgreich arbeiten. Dafür übertrat er bestehende Gesetze der DDR, so dass er und seine Frau zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und enteignet wurden. 1979 wurde das Geschäft aus der Handwerksrolle gelöscht, nachdem der Antrag der Tochter Sabine Sinner, den Betrieb zu übernehmen, abgelehnt worden war.
In diesem Buch verbinden sich Unternehmens-, Familien-, Stadt- und Handwerksgeschichte, allerdings mit Schwerpunkt auf der Familiengeschichte.
Der „Fall Sinner“ sollte ausführlicher dargestellt werden, da er ein Beispiel für die Rechtsprechung in der DDR ist. Hier zeigt sich, zu welchen Mitteln die DDR-Justiz griff, um gegen einen privaten Handwerker vorzugehen. In enger Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit wurde versucht, dem Goldschmied eine politische Straftat nachzuweisen. Da dies aber nicht gelang, wurde die kriminelle Handlung mit Haft und Enteignung hart bestraft.
Da die Meister von Kerfack und Sinner Generationen von Goldarbeitern ausbildeten, von denen sich viele mit eigenen Geschäften selbstständig gemacht haben, lebt die Tradition der Goldschmiede weiter.