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Zeitgeschichte regional
Zeitgeschichte regional | 28. Jg., 2024, Heft 1+2
Erscheinungsdatum: 01.10.2024
Umfang: 224 Seiten
Preis: 16,00 Euro
Editorial
Zum zweiten Mal in Folge erscheint „Zeitgeschichte regional“ als Doppelheft. Das bedeutet freilich nicht, dass dies zur Regel und die Zeitschrift künftig zu einem Jahrbuch werden wird. Die Entscheidung der Redaktion ist vielmehr durch die hohe Anzahl interessanter Beiträge bedingt, die bereits im Frühjahr dieses Jahres vorlagen; zudem erscheint am Ende des Jahres noch ein Sonderheft. Den Auftakt zur diesjährigen Ausgabe machen zwei lokalhistorische Studien, die über den Rahmen der Zeitgeschichte hinausgehen: Hermann Behrens widmet sich der Geschichte der Gemeinde Klein Vielen bei Neustrelitz, die im Jahr 2020 ihr 850-jähriges Jubiläum feierte. Gabriele Förster rekonstruiert die Geschichte der einklassigen Dorfschule in Mönchow auf Usedom vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zu ihrer Schließung im Jahr 1938. Beide Beiträge zeigen eindrucksvoll, wie sich die großen Ereignisse und Entwicklungen des 20. Jahrhunderts im Kleinen auswirkten, und belegen damit das Erkenntnispotential mikrohistorischer Ansätze. Ähnliches gilt für den Beitrag von Ottfried Thümmel, der die Tötung zweier SA-Funktionäre durch eine Gruppe von KPD-Mitgliedern in der Nähe der hinterpommerschen Stadt Köslin (heute Koszalin, Polen) zum Thema hat. Das Ereignis ging als „Gollenschlacht“ in die Geschichte ein und steht exemplarisch für die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der extremen Rechten und der extremen Linken am Ende der Weimarer Republik. Thümmel rekonstruiert nicht nur die Ereignisse selbst, sondern geht auch auf die – verklärende – Traditionspflege nach 1945 ein. Mit einem weithin vergessenen Kapitel der NS-Geschichte befasst sich Lukas Augustat: Am Beispiel der in der Maurinmühle bei Carlow im äußersten Westen Mecklenburgs untergebrachten „Ausländerkinder-Pflegestätte“ stellt er den brutalen Umgang des NS-Regimes mit Kindern von Zwangsarbeiterinnen während des Zweiten Weltkriegs dar. Eleonore Wolf skizziert die Planung eines Kirchenbaus im Norden der Stadt Neubrandenburg, der wegen des Beginns des Zweiten Weltkriegs nie realisiert wurde. Die Schwierigkeiten von NS-Opfern, eine Entschädigung zu erhalten, zeigt Ortwin Pelc beispielhaft auf. Er schildert das Schicksal einer polnischen Arbeiterin, die wegen ihrer Hilfe für einen Juden in Schwaan in ein Konzentrationslager verbracht wurde. Zehn Jahre lang musste sie mit bundesdeutschen Behörden kämpfen, bevor ihr 1967 eine Entschädigung zugesprochen wurde. Zwei ganz Mecklenburg betreffende Beiträge stammen aus den Federn von Bernd Kasten und Matthias Manke. Kasten befasst sich mit dem Gebrauch und der politischen Instrumentalisierung der niederdeutschen Sprache in Mecklenburg. Während das NS-Regime den Dialekt aus ideologischen Gründen förderte, trug es durch die Ansiedlung von Bauern aus dem südwestdeutschen Raum auf mecklenburgischen Gütern gleichzeitig zu seinem Niedergang bei. Die SED wiederum verfocht in den 1950er Jahren eine auf eine einheitliche deutsche Sprache zielende Politik; erst unter Erich Honecker kam es ab Ende der 1970er Jahre zu einer kleinen Renaissance des Niederdeutschen im Norden der DDR. Manke beschäftigt sich eingehend mit der Vereinigung der über 200 Jahre getrennten mecklenburgischen Länder, die am 1. Januar 1934 wirksam wurde. Während die NS-Propaganda suggerierte, die Zusammenlegung sei ein Ergebnis des NSDAP-Parteitags von 1933 gewesen, hatten die Vorbereitungen dafür tatsächlich weit früher begonnen. Drei Aufsätze blicken über den Tellerrand Mecklenburg-Vorpommerns hinaus und betreiben damit gleichsam transregionale Geschichtsschreibung. Wolf Karge berichtet über den Erwerb und die Bewirtschaftung mecklenburgischer Güter durch die Großindustriellen Fritz und Hans Thyssen aus Mülheim an der Ruhr. Fritz Thyssen erwarb im Jahr 1925 das Gut Neu Schlagsdorf bei Schwerin, wurde aber 1939 von den Nationalsozialisten enteignet und flüchtete mit seiner Familie in die Schweiz. Sein Cousin Hans Thyssen kaufte 1926 das Gut Groß Lüsewitz in der Nähe von Rostock, das er im Zuge der Bodenreform im Herbst 1945 verlor. Markus Graumann beleuchtet Initiativen zur Gesamtdeutschen Arbeit in den Kreisen Rostock und Bad Doberan vor dem Hintergrund der diesbezüglich wechselvollen Politik der SED in den 1950er und den beginnenden 1960er Jahren. Einem ganz besonderen auswärtigen Gast widmet sich der Beitrag von Sebastian Eichler. Im Juni 1972 besuchte der kommunistische Regierungschef Kubas, Fidel Castro, im Zuge einer „Tournee“ durch die sozialistischen Staaten Osteuropas auch Rostock. Den zeitgenössischen Presseberichten zufolge verfielen die Einwohner der Hafenstadt angesichts des Besuchs des „Comandante“ einem regelrechten „Castro-Fieber“. Als „Dokument“ stellt in dieser Ausgabe Matthias Manke den Antrag des Kreistags von Malchin vor, der Stadt Stavenhagen den Namenszusatz „Reuterstadt“ zu verleihen, den sie bis heute trägt. In der „Biographischen Skizze“ porträtiert Peter Danker-Carstensen Astrid Dibbelt, die Ehefrau des Gründers des Deutschen Meeresmuseums Stralsund Otto Dibbelt. Diese unterstützte nicht nur ihren Mann beim Aufbau des Museums, sondern trat auch als Leiterin einer Webschule, als Pilzsachverständige und als Mäzenatin hervor. Von der lebendigen Geschichtskultur Mecklenburg-Vorpommerns zeugt die in der vorliegenden Ausgabe besonders reichhaltige Rubrik „Regionale Geschichtsarbeit“. Unter den sieben Beiträgen finden sich der Bericht über eine Mitmach-Ausstellung zu Protest, Opposition und Verweigerung in der Dokumentations- und Gedenkstätte Rostock, die Eröffnungsrede zu einer Ausstellung der Textilkünstlerin Christa Jeitner in der Kunstsammlung Neubrandenburg sowie ein Porträt des Museums „Lassaner Mühle“ in Vorpommern. In den „Archivmitteilungen“ schließlich stellt Jens Hoffmann das Studienarchiv Umweltgeschichte mit Sitz in Neubrandenburg vor. Insgesamt 14 Rezensionen sowie die Anzeige einer Vielzahl von Neuerscheinungen runden wie üblich das Heft ab. Wir wünschen den Lesern dieser Doppelausgabe eine anregende Lektüre.
Ihre Redaktion
Inhalt
I m p r e s s u m
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Hermann Behrens
Das mecklenburgische Dorf Klein Vielen – ein historischer Abriss unter besonderer Berücksichtigung der Agrarstrukturentwicklung
Gabriele Förster
Geschichte der Schule Mönchow im Usedomer Winkel
Bernd Kasten
Gebrauch und politische Instrumentalisierung des Niederdeutschen in Mecklenburg im 20. Jahrhundert
Wolf Karge
Fritz und Hans Thyssen aus Mülheim an der Ruhr als Gutsbesitzer in Mecklenburg 1926 bis 1945
Ottfried Thümmel
Klassenkampf in Hinterpommern. Die „Gollenschlacht“ in Köslin 1932 und ihre Nachwirkung
Matthias Manke
Ein an sich selbstverständliches Ereignis. Das Ende der mecklenburgischen Zweistaatlichkeit zum Jahreswechsel 1933/34
Lukas Augustat
Maurinmühle in Mecklenburg: NS-Kinderheim und ‚Ausländerkinder-Pflegestätte‘. Verbrechen, Spuren und Aufarbeitung
Eleonore Wolf
Ein gescheiterter Kirchenbau der NS-Zeit in Neubrandenburg
Ortwin Pelc
Schwaan 1940: Eine polnische Arbeiterin hilft einem Juden, wird ins KZ verschleppt und kämpft um Entschädigung
Peter Danker-Carstensen
Der Bau von Fischereifahrzeugen in der SBZ und DDR 1945-1956
Oskar Böhm
Segeln für den Sozialismus – das Segelschulschiff „Wilhelm Pieck“
Wolfgang Matthäus
Die Forschungsschiffe und autonomen Messsysteme des Instituts für Meereskunde Warnemünde und ihre Geschichte
Markus Graumann
Initiativen der Gesamtdeutschen Arbeit in den Kreisen Rostock und Bad Doberan in den 1950er und beginnenden 1960er Jahren
Sebastian Eichler
„Die Schranken des Protokolls durchbrochen“. Fidel Castro im Juni 1972 in Rostock
D a s D o k u m e n t
Matthias Manke
Beurkundeter Festtag. Am 12. Juli 1949 wurde Stavenhagen offiziell „Reuterstadt“
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Peter Danker-Carstensen
Astrid Dibbelt: Webelehrerin – Pilzsachverständige – Mäzenatin
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Gerlinde Creutzburg
Die Fliegerhallen von Pütnitz. Ein Denkmal auf dem Weg zum Zukunftsmuseum
Steffi Brüning
„60 aus 40. Protest, Opposition und Verweigerung im ehemaligen Bezirk Rostock“. Projektbericht über eine Ausstellung zum Mitmachen in der Dokumentations- und Gedenkstätte Rostock
Steffi Brüning/Martin Buchsteiner/Maria-Friederike Schulze/Barbara Julia Sandleben/Oliver Plessow
Historisch-ästhetisches Lernen in Gedenkstätten, aber wie? Rückblick auf ein gemeinsames Seminar Greifswalder und Rostocker Lehramtsstudierender in der Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaft der Staatssicherheit in Rostock
Christoph Tannert
Rede zur Ausstellungseröffnung „Christa Jeitner. täglich sich erinnern. Nahtzeichnung und Zeichnung, Garnverknotung und Objekt“, Kunstsammlung Neubrandenburg, 15. November 2023
Bernd Jordan
Ein Kleinod in der Kleinstadt am Peenestrom. Das Museum „Lassaner Mühle“ mit der „Friedrich-von-Lösewitz-Halle“
Antje Schunke
REVIEW OSTSEE BIENNALE. Der demokratische Raum. Ein internationales Großprojekt der Kunsthalle Rostock 2023/24
Olaf Both
Reuterrezeption im Spiegel der Mecklenburgischen Monatshefte
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Jens Hoffmann
Das Studienarchiv Umweltgeschichte – ein Ort zur Bewahrung und Aufarbeitung
ostdeutscher Umweltgeschichte in Neubrandenburg
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Lukasch, Bernd (Red.)
Technikgeschichte in Pommern
(Kathrin Möller)
Borth, Helmut
Rattey. Das Erbe
(Jürgen Tremper)
Grewolls, Grete/Starsy, Peter
Wer war wer in Neubrandenburg. Ein Personenlexikon
(Antje Strahl)
Gill, Hartmut
Rügen im Spiegel der Kunst
(Jürgen Tremper)
Karge, Wolf
Waisenhaus, Pflegeheim, Frauenklinik und Prüflabor für Medizinprodukte. Das „Haus Seeblick“ in der Werdervorstadt
(Bernd Kasten)
Kasten, Bernd
Die Anstalt für geistesschwache Kinder auf dem Lewenberg in Schwerin 1867-1943
(Kathleen Haack)
Buddrus, Michael/Lorenzen-Schmidt, Angrit
Ärzte in Mecklenburg im Dritten Reich. Biographisches Lexikon sowie Studien zu Gesundheitsverhältnissen und Medizinalpolitik 1929 bis 1945
(Martin Buchsteiner/Bernd Kasten)
Boeck, Gisela/Detjens, Florian/Lammel, Hans-Uwe/Michael, Susi-Hilde
Karriereentwürfe in der Zerreißprobe. Beispiele aus der Universität Rostock im Nationalsozialismus
(Heiko Kreft)
Jeske, Natalja
Sinti und Roma in Mecklenburg und Vorpommern. Eine Geschichte in Biografien
(Gerhard Eikenbusch)
Popplow, Hansjoachim
Neubrandenburg im Aufbruch. Die 1950er und 1960er Jahre
(Ortwin Pelc)
Dornbusch, Ramona/Kirchner, Jörg (Hg.)
Drinnen und draußen. Kunst im Norden der DDR. Forschungen zur DDR- und ostdeutschen Gesellschaft
(Wolf Karge)
Schrödter, Anton
Die Erfassung, Betreuung und Versorgung alkoholabhängiger Bürger in der DDR am Beispiel Rostocks im Zeitraum von 1970 bis 1990 mit besonderem Fokus auf den betrieblichen Sektor
(Markus Wahl)
Jörn, Nils
Wismar. Die Chronik der 1980er Jahre, Teil 1: 1980-1984
(Wolf Karge)
Danker-Carstensen, Peter
„Die Zustände […] sind als katastrophal zu beschreiben.“ Der Untersuchungsausschuss Verschwundene Kulturgüter der Rostocker Bürgerschaft
(Steffi Brüning)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
Zeitgeschichte regional | 27. Jg., 2023, Heft 1+2
Erscheinungsdatum: 15.12.2023
Umfang: 222 Seiten
Preis: 16,00 Euro
Editorial
Die Zeitgeschichte bleibt eine vielseitige Spezialdisziplin der Historiografie, die sich besonders auch durch die erweiterten Möglichkeiten der Nutzung von Oral History, Fotografie, Ton- und Filmdokumenten neben dem klassischen Archiv- und Bibliotheksmaterial aus beschriebenem und bedrucktem Papier auszeichnet. Seltener werden dreidimensionale Sachzeugen, z.B. aus Museen und privaten Sammlungen, genutzt. Andererseits sind hier viel stärker quellenkritische Aufmerksamkeit und Achtsamkeit gefordert, ganz abgesehen von personenbezogenem Datenschutz für die jüngere Zeit. Insofern erstaunt auch dieses Heft wieder einmal durch seine Vielfalt und Qualität der Beiträge. Den Auftakt bildet ein Beitrag mit den Erkenntnissen durch die Nutzung digitaler Möglichkeiten für die Sichtbarmachung politischer Phänomene, wie sie sich sehr detailliert durch die Massendaten bei den Wahlen in Mecklenburg in der Zeit der Weimarer Republik auswerten lassen. Dem folgt ein Beitrag zur „Erblehre und Eugenik“ bzw. zu ihrer Perversion durch die Nationalsozialisten an der Universität Greifswald. Mit der tendenziösen „Wissenschaftlichkeit“ dieser „Vererbungswissenschaft“ durch ein entsprechendes Institut wurde Zuarbeit zur Massentötung von Menschen geleistet, die als „lebensunwert“ oder „rassisch minderwertig“ eingestuft wurden. Die subtile Gratwanderung zwischen Wissenschaft und politisch-ideologischem Zwang erlaubt Gleichnisse bis in die heutige Zeit. Einen anderen Aspekt des Nationalsozialismus beleuchtet der Beitrag zur Bombardierung von Anklam als Rüstungsstandort der Luftwaffe während des Zweiten Weltkrieges aus einer sehr persönlichen Perspektive der Erinnerung. In dieselbe Zeit führt der Beitrag zur Behandlung jüdischer Offiziere, die im Kriegsgefangenenlager Stalag Luft I in Barth inhaftiert waren. Die Schonung bzw. Gleichbehandlung dieser Gefangenengruppe mit den anderen Häftlingen durch das deutsche Bewachungspersonal ist eines der Phänomene des Zweiten Weltkrieges. Detailliert, reich bebildert und kenntnisreich wird hier ein Thema aus der ehrenamtlichen Tätigkeit in der „Dokumentationsund Begegnungsstätte Barth e.V.“ heraus vorgestellt, was große Hochachtung verdient. In die unmittelbare Nachkriegszeit führt der Beitrag zur Beisetzung von KZ-Opfern aus dem Lager Wöbbelin-Reiherhorst in Schwerin. Die Vor-Augen-Führung der deutschen Verbrechen und die Konfrontation der überlebenden deutschen Bevölkerung vor Ort damit durch die amerikanischen Besatzungstruppen gehören zu den eindrucksvollen und (bis heute) symbolträchtigen Maßnahmen der Besatzer. Als weitere erste „Erziehungsmaßnahme“ ist die Übertragung der Arbeiten für die Bestattung an die im weitesten Sinne Mitschuldigen an diesen Opfern zu sehen. Spätere Ritualisierungen im Gedenken an die Opfer durch die DDR an diesem Ort der Beisetzung haben teilweise die Kraft der ersten Maßnahmen verwässern lassen. Deshalb ist es gut, hier diese Chronologie eines „Platzes der OdF“ (Opfer des Faschismus) darzulegen und auf die ursprüngliche Intention zurückzuführen. Eine andere Form des Umgangs mit der Erinnerung an den Nationalsozialismus und seine schlimmsten Verbrechen an Menschen in Konzentrationslagern ist in Malchow auf dem Gelände der ehemaligen Dynamit AG zu verzeichnen. Sehr differenziert wird in dem Aufsatz der Umgang mit den Hinterlassenschaften der Rüstungsindustrie und der Bestandteile des Häftlingslagers durch die Rote Armee und die deutschen Bewohner aufgearbeitet. Wesentliche Bestandteile sind darin auch das Gedenken an die und der Umgang mit den ermordeten Opfern in diesem KZ. Dann folgt inhaltlich ein Sprung in einen Spezialbereich der DDR. Die verschiedenen Stadien des Kalten Krieges zwischen den beiden politischen Lagern im Osten und im Westen waren nicht nur von Konfrontation und Drohgebärden geprägt, sondern erforderten in einigen Bereichen pragmatische Lösungen und Arbeiten unterhalb der offiziellen politischen Verlautbarungen. Dazu gehörte insbesondere der Umgang mit und auf der Ostsee, zu der damals immerhin sieben Staaten direkten Zugang hatten. Zu den Möglichkeiten zählten die wissenschaftliche Zusammenarbeit von Fachleuten und die Organisation nichtstaatlicher Initiativen. Diese Arbeit verlief meist „geräuschlos“ und sachorientiert. Kenntnisreich und mit Quellen belegt, wird in diesem Aufsatz von einem an diesen Prozessen Beteiligten die Entwicklung beschrieben. Ebenfalls im maritimen Bereich bewegt sich der Beitrag zum Wiederaufbau der Werftindustrie an der Ostseeküste in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR. Die rigorose Einflussnahme der UdSSR auf diesen wichtigen Industriezweig zum Nutzen der Siegermacht ist eines der dunklen Kapitel in der Nachkriegsgeschichte der „befreundeten“ Staaten. Wirtschaftlich unsinnige und unrentable Aufträge und Forderungen haben dieser Industrie in ihren Anfängen nach dem Kriegsende sehr geschadet. Eine besondere Form der wissenschaftlichen Aufarbeitung im Rahmen von zeitgeschichtlichen Themen sind die Erinnerungsberichte. Die Informationen zu den „Beat-Gottesdiensten“ der Greifswalder Landeskirche sind in der Verknüpfung von privatem Archivmaterial der Beteiligten und den persönlichen Erinnerungen der drei Autoren zu einem lebendigen Bericht über eine ungewöhnliche Initiative in einer politischen „Grauzone“ der DDR zusammengetragen worden. Im Abschnitt „Das Dokument“ wird ein brisantes Tondokument zur Umbenennung der „Pommerschen Evangelischen Kirche“ in „Evangelische Landeskirche Greifswald“ analysiert und kommentiert. Die „Biographische Skizze“ geht der Verflechtung bzw. der Distanz des fürstlichen Hauses Mecklenburg bzw. seiner Vertreter mit und gegenüber dem Nationalsozialismus nach. Im Interview wird der Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, Burkhard Bley, befragt. Weitere Beiträge belegen die „Regionale Geschichtsarbeit“ und das „Historische Lernen“ an zahlreichen Orten und durch verschiedene Projekte in Mecklenburg-Vorpommern. Archivmitteilungen, Personalia und der ausführliche Rezensionsteil runden auch dieses Heft ab.
Ihre Redaktion
Inhalt
I m p r e s s u m
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Martin Buchsteiner/Jörg Hartleib
Greifswalder Projekt zur Kartierung der Landtagswahlen in Mecklenburg-Schwerin 1919-1932
Sascha Barz
Zwischen Wissenschaft und Ideologie. Die Geschichte des Instituts für Erblehre und Eugenik an der Universität Greifswald zur Zeit des Nationalsozialismus
Andreas Pehnke
80 Jahre danach: Bomben auf Anklam. Auswirkungen bis in die ländliche Provinz am Beispiel der Familie Rossow
Dieter Boedeker
Jüdische Kriegsgefangene in Stalag Luft I. Spurensuche im Internet und in Zeitzeugenberichten
Bernd Kasten
Die Beerdigung von KZ-Opfern auf dem Platz der OdF in Schwerin
Philip Thiel
Der Umgang mit Artefakten des Nationalsozialismus am Beispiel der Lagerkomplexe der Dynamit AG in Malchow nach 1945
Wolfgang Matthäus
Das Institut für Meereskunde in Warnemünde und die Entwicklung der Zusammenarbeit der Ozeanographen im Ostseeraum während des Kalten Krieges 1947-1989
Peter Danker-Carstensen
„Schiffbau auf Befehl“. Der Aufbau der Werftindustrie in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR 1946-1956
Günter Lembcke/Johannes Pilgrim/Irmfried Garbe
„Beat-Gottesdienste“ in der Greifswalder Landeskirche und die „Gruppe Schalom“ 1974-1978
D a s D o k u m e n t
Irmfried Garbe
Die Generaldebatte zur Umbenennung der Pommerschen Evangelischen Kirche 1968. Transkription des Tonbandmitschnittes von der Sondertagung der 5. Landessynode am 29. März 1968
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Matthias Manke
Blaues Blut und brauner Geist. Großherzog a.D. Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin und seine Söhne im Nationalsozialismus
D a s I n t e r v i e w
Steffi Brüning
„In jeder Diktatur geht es um die Macht.“ Interview mit Burkhard Bley, Landesbeauftragter für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Martin Müller-Butz
Der Nationalsozialismus – ein anti-osteuropäischer Kolonialismus? Lokale Geschichtsarbeit zur NS-Diktatur in Mecklenburg-Vorpommern im Zeichen des Postkolonialen
Michael Heinz
Landesgeschichtsfestival „Stier trifft Greif – Landesgeschicht tau’n Anfaten“
Antje Strahl/Reno Stutz
Ethnographische Sammlungen mit kolonialem Hintergrund in den Museen Mecklenburg-Vorpommerns – ein Erstcheck
Fabian Schwanzar/Constanze Jaiser/Daniel Rottke/Júlia Wéber
Die Kooperation zwischen der Hochschule Neubrandenburg, der RAA-Geschichtswerkstatt zeitlupe sowie der Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte Alt Rehse zu den Themen Gedenkstättenpädagogik, Ethik und Menschenrechtsbildung
Ramona Ramsenthaler
Tisa von der Schulenburg – Künstlerin, Ordensschwester, Weltbürgerin
Julia Gerber
„Drinnen & draußen – Kunst im Norden der DDR“. Tagung vom 14. bis 16. September 2022 in Neubrandenburg
Alexander Jenak
Sportbootkennungen im Bezirk Rostock von Mitte der 1960er Jahre bis 1990. Zwischenergebnisse einer Recherche
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Ida Willert/Franz Spaans/Dagmar Bannenberg/Petra Klawitter
Auf den Spuren der „Villa Hausmann“ – ein Projekt an der Europaschule Rövershagen
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Antje Strahl
Bestand „Staatliches Gesundheitsamt Rostock (1935-1945)“ im Landeshauptarchiv Schwerin erschlossen
Patientenakten der „Landesirrenanstalt Sachsenberg“. Möglichkeiten und Grenzen eines Quellenbestandes aus dem 19. Jahrhundert
Eleonore Wolf
Archivierte Visionen. Eine Ausstellung des Neubrandenburger Stadtarchivs zur Stadtplanung nach 1945
N a c h r u f e
Manfred Menger/Eva-Maria Auch
Nachruf auf Prof. Dr. Wolfgang Wilhelmus (1931-2022)
Nils Jörn
Der Visionär unter den Archivaren Mecklenburg-Vorpommerns – Nachruf auf Dr. Dirk Alvermann (1965-2023)
Angrit Lorenzen-Schmidt
Nachruf auf Rosi Bründel (1954-2023)
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Dehnert, Gunter/Krüger, Joachim (Hg.)
Pommern. Land am Meer. Katalog zur landesgeschichtlichen Dauerausstellung des Pommerschen Landesmuseums
(Wolf Karge)
Gill, Hartmut
Rügen früher und heute
(Jürgen Tremper)
Kühn, Thomas (Hg.)
Dinge. Bilder. Menschen. Beiträge zur Volkskunde, Geschichte und Museumsarbeit in Hagenow, Mecklenburg und darüber hinaus. Festschrift für Henry Gawlick zum 65. Geburtstag
(Reno Stutz)
Furchner, Ralph
Der Entwicklungsprozess des pommerschen Volksschulwesens
im Deutschen Kaiserreich 1871-1918. Auf dem Weg in die Moderne?
(Hans-Martin Moderow)
Projektgruppe „Kriegsgräber“ der Europaschule Rövershagen (Hg.)
Villa Hausmann. Geschichte im Wandel der Zeit
(Bernd Kasten)
Edwards, James R.
Zwischen Hakenkreuz und Sichel. Das bewegte Leben Ernst Lohmeyers (1890-1946)
(Eckart Oberdörfer)
Klein, Ullrich
Heinkel in Rostock. Innovation und Katastrophe. Begleitband zur Ausstellung des Kulturhistorischen Museums Rostock
(Ingo Sens)
Klawitter, Petra/Bannenberg, Dagmar/Hornburg, Wilfried (Red.)
„Ich lebe und liebe meine Heimat…“. Lebenslinien Anklamer Jüdinnen und Juden
(Sabine Görner)
Borzyszkowska-Szewczyk, Miłosława
Jüdische Gedächtnistopographien im Grenzraum. Autobiographik nach 1945 von Autoren jüdischer Herkunft aus dem Pommernland (Pommerellen und Hinterpommern)
(Karin Berkemann)
Stelzer, Christian
„Hei hett Lüd ümbröcht“. Der Fall Puhr. Das letzte Todesurteil in Neubrandenburg
(Christian Halbrock)
Bartusel, Rolf
Der ferne Horizont. Eine Geschichte des Seesegelns in der DDR
(Peter Danker-Carstensen)
Karge, Wolf
Der „König“ vom Fischland. Peter E. und die Kunst
(Jakob Schwichtenberg)
Hohner, Kerstin
Abseits vom Kurs. Die Geschichte des VEB Hinstorff Verlag 1959-1977
(Wolf Karge)
Archiv der Universität Greifswald (Hg.)
Zwischen Gängelung und ertrotzten Freiräumen. Lieder und Texte von Studenten für Studenten
(Christopher Dietrich)
Stude, Sebastian
Roter Strom. Die Geschichte des Kernkraftwerks Rheinsberg 1956-2000
(Eckart Oberdörfer)
Bindemann, Walther
Laufen und nicht matt werden. Rückblicke
(Eberhard Erdmann)
Lucht, Harro
Das Nadelöhr der Freiheit. Unzensierte Erinnerungen eines ostdeutschen Studentenpfarrers
(Konrad Glöckner)
Hick, Peter/Berndt, Jens-Uwe
Peter Hick. Stuntman, Winnetou und Störtebeker
(Jürgen Tremper)
Röpke, Andrea/Speit, Andreas
Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos
(Florian Detjens)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
Zeitgeschichte regional | 26. Jg., 2022, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2022
Umfang: 123 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Während sich die Geschichtswissenschaft in den 1970er Jahren gern quantifizierend mit Statistiken und großen Zahlen beschäftigte, gilt das Interesse heute mehr dem Einzelschicksal. Biographische und prosopographische Studien erfreuen sich bis in die Gegenwart großer Beliebtheit und prägen auch das vorliegende Heft von „Zeitgeschichte regional“. Im ersten Beitrag beschäftigt sich Kerstin Hohner mit dem bekannten Literaturkritiker und Cheflektor des Hinstorff Verlages Kurt Batt. Aus den vielen von der Autorin geführten Gesprächen mit Schriftstellern und Verlagsmitarbeitern ergibt sich das beeindruckende Bild eines ebenso fachlich kompetenten wie menschlich zugewandten Lektors, der sich mit beeindruckender Zivilcourage gleichermaßen weigerte, in die SED einzutreten wie als Spitzel für das MfS zu arbeiten. Viele wichtige und oft auch nicht unumstrittene Autoren fanden durch Batt den Weg zum Hinstorff Verlag. Seit Anfang der 1970er Jahre erhöhte sich der politische Druck auf den unbequemen Lektor, der 1974 schließlich abgelöst und kurz darauf – gesundheitlich zermürbt – im Alter von nur 43 Jahren einem Herzinfarkt erlag. Auch der folgende Beitrag von Wolfgang Matthäus über die Erlebnisse des Gefreiten Günther Sager aus Warnemünde als Soldat in Frankreich 1943-1945 hat einen biographischen Ansatz. Die immerhin 110 von ihm hinterlassenen Feldpostbriefe ermöglichen eine detaillierte Rekonstruktion seiner militärischen Laufbahn, seines Lebens im besetzten Frankreich und seiner Einschätzung des Kriegsverlaufs. Die folgenden beiden Aufsätze beschäftigen sich auf ganz unterschiedliche Weise mit der unmittelbaren Nachkriegszeit. Bernd Kasten untersucht an Hand von Archivquellen die 1946 stattgefundene strafrechtliche Verfolgung der in Schwerin und Neustrelitz begangenen NS-Euthanasieverbrechen. Begünstigt durch die ungewöhnlich gute Quellenlage, erlaubt dieser Fall auch einen Vergleich der Verfahrensweise der sowjetischen Militärgerichte und der deutschen Justiz. Ganz anders ist der Ansatz von Katharina Kurowski, die für ihre Bachelorarbeit in vier ehemaligen Gutsdörfern in Vorpommern Zeitzeugen dazu befragt hat, inwieweit ihrer Ansicht nach die Bodenreform zur Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen beigetragen hat. Die in ausführlichen Zitaten wiedergegebenen Berichte zeigen ein ungemein anschauliches Bild der Lebenssituation in diesen Dörfern, von dem allgegenwärtigen Mangel der ersten Nachkriegsjahre bis zum Stolz auf das trotz alledem Erreichte. Im daran anschließenden Aufsatz schildert Peter Danker-Carstensen die 1988 im Rahmen der Städtepartnerschaft der Städte Kiel und Stralsund im Kieler Stadtmuseum gezeigte Ausstellung „Meer und Museum“ des Stralsunder Meeresmuseums, über die wir dank der Tätigkeit der Stralsunder Stadträtin Ingeborg Homann, die als IM „Inge“ dem MfS ausführlich über alles berichtete, sehr gut informiert sind. Der Beitrag zeigt eindrücklich, dass die DDR in diesen Städtepartnerschaften ein Mittel zu ihrer internationalen politischen Aufwertung sah und jede Form von informellen deutsch-deutschen Begegnungen tunlichst zu verhindern trachtete. In der Rubrik „Biographische Skizze“ widmet sich Matthias Manke der Rostocker Historikerin Hildegard Thierfelder, der es 1942 als einer der ersten Frauen in Deutschland gelang, in die bis dahin allein Männern vorbehaltene Domäne des Archivarsberufs vorzudringen. Matthias Manke schildert Thierfelders wechselvolle Laufbahn, die sie von Troppau über Rostock und Köln bis nach Lüneburg führte, wobei sie immer wieder gleichermaßen mit männlichen Vorurteilen wie politischer Bevormundung zu kämpfen hatte. In der Rubrik „Das Dokument“ untersucht Marie Behrendt eine 1917 aus Arendsee (heute Kühlungsborn) versandte Postkarte, die Aufschluss über antisemitische Vorurteile nichtjüdischer Badegäste gibt, und ordnet dieses Dokument quellenkritisch ein. Andreas Wagner interviewte für „Zeitgeschichte regional“ den Biologen Klaus Jarmatz, der von 1990 bis 2020 die Verwaltung des UNESCO-Biosphärenreservats Schaalsee geleitet hat. Die einmalige Gelegenheit, die sich hier 1990 auftat, ist entschlossen genutzt worden, so dass es in Westmecklenburg – anders als im angrenzenden Schleswig- Holstein – gelungen ist, unter Einbeziehung und mit breiter Zustimmung der Bevölkerung ein Biosphärenreservat einzurichten. Die Rubrik „Regionale Geschichtsarbeit“ beginnt mit dem Bericht einer Greifswalder Forschergruppe zu den Todesfällen bei Fluchtversuchen über die Ostsee. Nach akribischen Recherchen für die Zeit von 1961 bis 1989 kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass es in 126 Fällen sicher ist, dass Ertrunkene bei einem Fluchtversuch ums Leben kamen, während sich in 244 Fällen die Todesumstände nicht sicher klären ließen. Außer dieser verdienstvollen statistischen Erhebung werden noch einige besonders gut dokumentierte Einzelschicksale vorgestellt. Den zweiten Beitrag in dieser Rubrik bildet ein Bericht von Luisa Taschner über die im Mai 2022 in Peenemünde abgehaltene Tagung zu „Multiperspektivität, Handlungsorientierung, Deutungsoffenheit und Kreativität in der Vermittlung von Diktatur- und Kriegsgeschichten“. Anlass der Tagung war die Frage, wie nach Ende der Zeitzeugenschaft weiterhin eine Emotionen weckende historische Bildungsarbeit gestaltet werden kann. In der Rubrik „Historisches Lernen“ berichtet Dietmar Roglitz über die im Mai 2022 erfolgte Verlegung von zehn Stolpersteinen für in Penkun geborene Juden. Im anschließenden Beitrag schildern drei Studentinnen der Universität Greifswald ihre Erfahrungen bei der Verwendung des Films „Über Leben in Demmin“ von Martin Farkas über die zahlreichen Suizide bei Kriegsende in Demmin im Rahmen eines geschichtsdidaktischen Seminars, das in Zusammenarbeit mit der Jona-Schule in Stralsund durchgeführt wurde. Erik Gurgsdies würdigt in einem ausführlichen Nachruf die Verdienste des am 23. August 2022 verstorbenen Matthias Pfüller, des langjährigen Vorsitzenden des Vereins Politische Memoriale Mecklenburg-Vorpommern. Den Schluss bilden wie immer die Rezensionen und Anzeigen von Neuerscheinungen zeitgeschichtlicher Veröffentlichungen aus der Region.
Ihre Redaktion
Inhalt
I m p r e s s u m
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Kerstin Hohner
Kurt Batt – Ein Leben für die Literatur. Über den Essayisten, Literaturkritiker und Cheflektor des VEB Hinstorff Verlag Rostock
Wolfgang Matthäus
Zwei Jahre im Leben des Gefreiten Günther Sager (1923-1991). Dokumente eines jungen Warnemünders aus dem Zweiten Weltkrieg
Bernd Kasten
Der Sachsenberg-Prozess in Schwerin 1946
Katharina Kurowski
„Und dann haben wir gesiedelt“. Flüchtlings- und Vertriebenenintegration im Raum Greifswald durch die Bodenreform 1945/46 in der Wahrnehmung von Betroffenen
Peter Danker-Carstensen
Die Ausstellung „Meer und Museum“ aus Stralsund im Kieler Stadtmuseum
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Matthias Manke
Wanderin zwischen den Welten. Die Archivarin Hildegard Thierfelder (1908-1985)
D a s D o k u m e n t
Marie Ch. Behrendt
Von Arendsee zu „Aronsee“. Bäderantisemitismus auf Postkarten. Eine Quellenbesprechung
D a s I n t e r v i e w
Interview mit Klaus Jarmatz
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Merete Peetz/Jane Gerhardt/Henning Hochstein/Jenny Linek
Tod in der Ostsee. Das Forschungsprojekt „Todesfälle bei Fluchtversuchen über die Ostsee“
Luisa Taschner
Tagungsbericht „Multiperspektivität, Handlungsorientierung, Deutungsoffenheit und Kreativität in der Vermittlung von Diktatur- und Kriegsgeschichten“
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Dietmar Roglitz
(Stolper-)Steine gegen das Vergessen in Penkun
Lisa Giebel/Annika Homfeld/Elisa Schöne
Geschichtsdidaktisches Seminar zum Film „Über Leben in Demmin“ an der Universität Greifswald
N a c h r u f
Erik Gurgsdies
Trauer um Prof. Dr. Matthias Pfüller
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Röpcke, Andreas (Hg.)
Poel. Studien zur Geschichte einer besonderen Insel
(Ortwin Pelc)
Koch, Ingo/Ostrop, Florian/Sommerfeld, Andrea
Miro & Milena, Bd. 2: Durch Raum und Zeit
(Franziska Basner)
Wendt, Eckhard
[UN-]ENDLICH. Die Friedhöfe in Stettin
(Nils Köhler)
Ehlers, Hella
Von Moses Abraham bis Willi Marcus. Eine Geschichte jüdischen Lebens in Schwaan
(Bernd Kasten)
Kasten, Bernd (Hg.)
Wilhelm von Oertzen auf Roggow. Tagebuch 1914-1945
(Martin Buchsteiner)
Meyer, Susanne C. (Hg.)
Levy. Eine Familie aus Bad Sülze
(Bernd Kasten)
Heinsohn, Ulf
Max Samuel. Menschenfreund, Erfinder, Selfmademan
(Wolf Karge)
Kasparick, Ulrich
Der Darß zwischen 1933 und 1945
Kasparick, Ulrich
Franz Mueller-Darß SS-Generalmajor
(Jürgen Tremper)
Nickel, Jürgen
Das Seebad Heringsdorf und die Insel Usedom in der NS-Zeit
Spalink, Fritz
Heringsdorfer Geschichte. Jüdisches Leben auf Usedom
(Robert Kreibig)
Gedenkbuch für die durch den Naziterror entrechteten, verfolgten, deportierten und ermordeten Juden der Hansestadt Stralsund
(Susanna Misgajski)
Frank, Petra/Arend, Sabine (Hg.)
Ravensbrück denken. Gedenk- und Erinnerungskultur im Spannungsfeld von Gegenwart und Zukunft
(Jonas Bartholomé)
Langkabel, Birgit/Wilhelm, Frank
1945. Zwischen Krieg und Frieden. Erinnerungen aus Mecklenburg, Vorpommern und der Uckermark, 6. Teil
Wilhelm, Frank
1945. Zwischen Krieg und Frieden. Erinnerungen aus Mecklenburg, Vorpommern und der Uckermark, 7. Teil
1945. Zwischen Krieg und Frieden. Der Bildband zur Serie. Neubrandenburg, zusammengestellt von Frank Wilhelm
(Ortwin Pelc)
Wörn, Achim
Der Jischuw an der Oder. Juden in Stettin, 1945-1950
(Irmfried Garbe)
Schreiber, Christoph
„Deutsche, auf die wir stolz sind“. Untersuchungen zur NDPD
(Wolf Karge)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
Zeitgeschichte regional | 26. Jg., 2022, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2022
Umfang: 118 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Als die Rostocker Geschichtswerkstatt 1995 gegründet wurde, gab es bei der Erforschung der Geschichte zwischen 1933 und 1945 noch große Lücken, von denen aber viele in den letzten 25 Jahren geschlossen werden konnten. Insoweit ist es auch ein Zeichen für das bisher Erreichte, dass sich die HistorikerInnen im Nordosten verstärkt mit der DDR-Geschichte befassen. Der Schwerpunkt des vorliegenden Heftes liegt jedenfalls eindeutig auf der Zeit zwischen 1945 und 1989. Im ersten Beitrag beschäftigt sich Gabriele Förster ausführlich mit dem Einsatz von Film, Lichtbild und Rundfunk in der Schulgesundheitspflege Pommerns während der Weimarer Republik. Schon 1922 versuchte das Reichsgesundheitsamt – mit allerdings eher begrenztem Erfolg – durch Einsatz eines „Pockenfilms“ Impfgegner vom Nutzen einer Pockenschutzimpfung zu überzeugen. Waren die technischen Probleme bei der Verwendung neuer Medien an den Schulen anfangs groß, so professionalisierte sich das Verfahren zusehends und wurde bereits in der Reichsgesundheitswoche 1926 und 1927 beim „Fliegenfeldzug“ mit großem Erfolg an den pommerschen Schulen eingesetzt. Auch der folgende Beitrag von Klara Wejda über die Seuchenstation „Tannenkrug“ und die Typhusepidemie in Neubrandenburg 1945-1946 hat eine medizinhistorische Ausrichtung. Fraglos hat die COVID-19-Pandemie, die seit 2020 die deutsche Politik dominierte, das Interesse an der Frage, wie früher Infektionskrankheiten bekämpft wurden, gefördert. Die Behauptung der sowjetischen Offiziere, in Russland gebe es keine Infektionskrankheiten, nur in Deutschland seien diese Seuchen ein Problem, zeigt anschaulich, wie untrennbar in Diktaturen Gesundheitsfürsorge und Propaganda miteinander verbunden sind. Aber obwohl der Staat in der DDR neben der medizinischen Versorgung auch soziale Aufgaben wahrnahm, die bis dahin in der Hand von Kirchen, Stiftungen und Verbänden gelegen hatten, gab es doch einzelne Einrichtungen, die nicht aufgelöst oder verstaatlich wurden. Oskar Böhm untersucht die Peter-Warschow-Stiftung in Greifswald als Sonderfall einer in der DDR fortbestehenden Stiftung. Bereits im Spätmittelalter gegründet, verfügte diese traditionsreiche Stiftung dank ihres umfangreichen Landbesitzes über eine tragfähige wirtschaftliche Basis und wurde durch das ehrenamtliche Engagement lokaler Handwerker getragen. Zwei weitere Aufsätze widmen sich maritimen Themen. Wolfgang Matthäus untersucht die Zusammenarbeit des Warnemünder Instituts für Meereskunde mit sowjetischen Meeresforschungseinrichtungen zwischen 1950 und 1991, welche jungen DDR-Wissenschaftlern immer wieder den Aufenthalt auf sowjetischen Forschungsschiffen im Atlantik ermöglichte. Sehr viel konfliktreicher verlief demgegenüber die maritime Zusammenarbeit mit dem Westen, wie Peter Danker-Carstensen anhand der Bespitzelung des Schifffahrtshistorikers Dr. Jürgen Meyer aus Bremen durch das MfS in den Jahren 1986/87 illustriert. Mit Ablehnung und Misstrauen verfolgte die Staatssicherheit Meyers Bemühungen, in der DDR eine Sektion des internationalen Verbandes von Seeleuten, die Kap Horn umsegelt hatten, zu gründen. Da es kaum einen Lebensbereich in der DDR gab, für den sich das Ministerium für Staatssicherheit nicht interessierte, spielt dieser Aspekt auch bei den folgenden Aufsätzen eine Rolle. Peter Boeger untersucht den maßgeblich vom MfS organisierten deutsch-deutschen Abfallhandel am Beispiel der Deponie Schönberg. Er zeigt, dass die DDR-Behörden kaum kontrollierten, was angeliefert wurde, und auch nicht wussten, wo man die betreffenden Abfälle auf der Deponie abgekippte. Giftiges Sickerwasser wurde in großen Becken gesammelt, die wiederholt überliefen. Bis 1989 verdiente die DDR mehr als 100 Mio. DM durch diese fragwürdigen Geschäfte. Westdeutsche Politiker, die sich Sorgen um eine bis nach Lübeck reichende Verseuchung des Grundwassers machten, wurden getäuscht und ließen sich offenbar auch gern täuschen, um ihren Müll weiterhin auf eine augenscheinlich leichte Art zu entsorgen. Am Ende des Aufsatzteils schildert Walther Bindemann Aufbau und Tätigkeit der von der Staatssicherheit kritisch beobachteten mecklenburgischen Arbeitsgruppe Frieden in den Jahren 1981-1985, an der er als Pastor und Vertreter des Oberkirchenrates maßgeblich beteiligt war. Trotz immer wieder aufkommender Spannungen zwischen der Amtskirche und den kirchlich organisierten Friedensgruppen entwickelte sich hier die Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit, die bis zum Ende der DDR fortdauerte. In der Rubrik „Dokumente“ stellt Wolf Karge zuerst die vom Chef der Propaganda- und Informationsabteilung der SMAD in Berlin, Oberst Sergej Tjulpanow, unterzeichnete Lizenzurkunde für den Hinstorff Verlag vom 10. Dezember 1947 und dann das Protokoll der maßgeblich von den beiden Großbauernfamilien im Ort initiierten LPG-Gründung in Lankow (Kreis Grevesmühlen) vom 5. August 1958 vor. Die Rubrik „Regionale Geschichtsarbeit“ beginnt mit einem Bericht von Florian Ostrop über die bisherige Arbeit des Runden Tisches für Mecklenburg-Vorpommerns Regionalgeschichte, der in den letzten zwei Jahren durch regelmäßige Online-Treffen der in Archiven, Bibliotheken, Universitäten, Museen, Gedenkstätten, Stiftungen und Vereinen an der Landesgeschichte interessierten Personen versucht hat, die Schaffung eines breit aufgestellten, interdisziplinär arbeitenden Instituts anzuregen. Anschließend berichtet Silvia Kannegießer über die von der Metropolregion Hamburg großzügig geförderte Vernetzung und Professionalisierung der 25 entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze befindlichen Museen und Gedenkstätten. In der Rubrik „Historisches Lernen“ verweist Martin Buchsteiner besorgt auf den Rückgang der Teilnehmerzahlen am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten in Mecklenburg-Vorpommern, für den 2019/20 zum Thema „Sport“ nur noch fünf Beiträge eingingen. Im folgenden Interview erläutern Jochen Schmidt und Steffi Brüning das Konzept der neu eröffneten und nun von der Landeszentrale für politische Bildung getragenen Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaft der Staatssicherheit Rostock. Angesichts der sehr heterogenen Zusammensetzung der Zielgruppen, die von Schülern bis zu ehemaligen Häftlingen reicht, wird die Gedenkstätte eine Vielzahl von Formaten entwickeln und dabei vor allem die Besonderheiten der Repression im Ostseebezirk Rostock herausarbeiten. Den Schluss bilden dann wie immer die Rezensionen und Anzeigen von Neuerscheinungen zeitgeschichtlicher Veröffentlichungen aus der Region.
Ihre Redaktion
Inhalt
I m p r e s s u m
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Gabriele Förster
Der Einsatz von Film, Lichtbild und Rundfunk in der Schulgesundheitspflege Pommerns während der Weimarer Republik
Klara Wejda
Die Seuchenstation „Tannenkrug“ und die Typhusepidemie in Neubrandenburg 1945-1946
Wolfgang Matthäus
Die Zusammenarbeit des Warnemünder Instituts für Meereskunde mit sowjetischen Meeresforschungseinrichtungen zwischen 1950 und 1991
Oskar Böhm
Das Schicksal bürgerlicher Stiftungen in der DDR. Eine Greifswalder Fallstudie
Peter Boeger
Die Stasi, der Müll und das Geld. Der deutsch-deutsche Abfallhandel am Beispiel der DDR-Deponie Schönberg
Peter Danker-Carstensen
Keine Albatrosse in der DDR
Walther Bindemann
Basis für eine Erfolgsgeschichte. Aufbau und Tätigkeit der mecklenburgischen Arbeitsgruppe Frieden in den Jahren 1981-1985
D o k u m e n t e
Wolf Karge
Lizenzurkunde für die Hinstorff Verlag GmbH Rostock vom 10. Dezember 1947
Wolf Karge
Protokoll der LPG-Gründung in Lankow (Kreis Grevesmühlen) vom 5. August 1958
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Florian Ostrop
Ein Runder Tisch für Mecklenburg-Vorpommerns Regionalgeschichte
Silvia Kannegießer
Grenzgeschichte(n) aus der Metropolregion Hamburg
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Martin Buchsteiner
Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten in Mecklenburg-Vorpommern
D a s I n t e r v i e w
„Wir begreifen uns als lernende Institution“. Jochen Schmidt und Steffi Brüning zur Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaft der Staatssicherheit Rostock
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Koch, Elmar
Tempel. Geschichte und Kultur eines über 700-jährigen pommerschen Dorfes
(Wolf Karge)
Krethlow, Carl Alexander
Bauern – Schulzen – Gutsbesitzer. Mobilität in der ländlichen Bevölkerung
Vorpommerns 1570-1970
(Michael Heinz)
Naumann, Dieter
Mönchgut zwischen 1850 und 1950
(Jürgen Tremper)
Seyfried, Wolfgang
Die Züllchower-Züssower Diakonen- und Diakoninnengemeinschaft in Geschichte und Gegenwart
(Christoph Ehricht)
Mertens, Georg
Die Verfassungsentwicklung des Freistaates Mecklenburg-Schwerin in der Zwischenkriegszeit. Von der Ständeordnung in die moderne Staatlichkeit
(Martin Buchsteiner)
Bersch, Falk
Kaufhaus Karseboom. Die Geschichte einer jüdischen Familie
(Arvid Hansmann)
Peter, Ulrich
Lutherrose und Hakenkreuz: Die Deutschen Christen und der Bund der nationalsozialistischen Pastoren in der evangelisch-lutherischen Kirche Mecklenburgs. Entstehung, Wirken, Ende und der Verbleib der Akteure
(Christoph Wunnicke)
Baumann, Ulrich/Eberle, Henrik/Koch, Magnus/Wagner, Andreas
Das Wehrmachtsgefängnis Anklam 1939-1945
(Jakub Ramelow)
Springborn, Roland (Hg.)
Zingsthof – Geschichte und Geschichten
(Rainer Neumann)
Schrode, Klaus
Karl Wilhelm Ganz alias Kurt Bürger. Der Berufsrevolutionär aus Baden. Jugend in Bietigheim. Stalins Mann in Mecklenburg
(Florian Ostrop)
Halbrock, Christian
Die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Neustrelitz 1953-1987
(Andreas Wagner)
Mädge, Christoph
Grenzerfahrung. Die deutsch-deutsche Elbgrenze im Amt Neuhaus
(Anita Krätzner-Ebert)
Vahlefeld, Elsbeth
Lisaweta von Zitzewitz. Mit Leidenschaft für Verständigung und Versöhnung zwischen Deutschen und Polen
(Irmfried Garbe)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
Zeitgeschichte regional | 25. Jg., 2021, Heft 2
Erscheinungsdatum: 31.12.2021
Umfang: 124 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Auch wenn die Herausgabe wissenschaftlicher Zeitschriften durch die COVID-19-Pandemie nicht so stark beeinträchtigt wurde wie die Veranstaltung von Tagungen und Ausstellungen, so war doch auch das Zustandekommen des vorliegenden Heftes von „Zeitgeschichte regional“ von einigen Schwierigkeiten begleitet. Für die Rostocker Geschichtswerkstatt erwies sich dabei vor allem die zeitgleiche Betreuung der schwieriger gewordenen Arbeit im Kröpeliner Tor als ein ambitioniertes Unterfangen, das viel Zeit und Arbeitskraft band. Trotzdem enthält dieser Band mit immerhin sieben wissenschaftlichen Aufsätzen eine Fülle gewichtiger Beiträge zur neueren Geschichte Mecklenburgs und Vorpommerns. Dabei ist die Tendenz erkennbar, mit der DDR und der Zeit nach 1990 auch gerade die jüngere Zeitgeschichte verstärkt in den Blick zu nehmen. Im ersten Beitrag präsentiert Alexander Kendzia die Ergebnisse seiner Bachelor-Arbeit über das Kino in Greifswald in der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Die von ihm vorgenommene systematische Auswertung des täglichen Kinoprogramms vermittelt interessante Erkenntnisse über die Filme, die die Greifswalder in dieser Zeit zu sehen bekamen. Auffallend ist der hohe Anteil reiner Unterhaltungsfilme, denen nur verhältnismäßig wenige „politische“ Filme gegenüberstanden. Ebenfalls noch mit den Auswirkungen der NS-Zeit befasst sich Matthias Manke, der eine interessante Quelle aus dem Jahr 1948 vorstellt und in ihren historischen Kontext einordnet. Es handelt sich hierbei um einen „Persilschein“, in dem der ehemalige Rostocker Professor für Geschichte Wilhelm Schüssler dem früheren mecklenburgischen Staatsminister Friedrich Scharf bestätigte, er habe 1933 die Ausreise des jüdischen Psychologieprofessors David Katz nach England ermöglicht. Die folgenden drei Aufsätze beschäftigen sich mit verschiedenen Aspekten der Geschichte Mecklenburgs und Vorpommerns in der DDR. Antje Strahl und Reno Stutz zeigen, dass sich die Provenienzforschung dankenswerterweise mittlerweile nicht mehr nur mit der Zeit bis 1945 befasst, und schildern den Umgang mit Kulturgut aus Flüchtlingsrücklässen im Bezirk Schwerin zwischen 1945 und 1989. Während die von den Republikflüchtigen zurückgelassenen Möbel und Haushaltsgegenstände meist ohne weiteres unter den Dorfbewohnern aufgeteilt wurden, wurden die (wenigen) Kunstgegenstände und wertvollen Bücher, die sich hier fanden, in der Regel an die zuständigen Museen der Gegend abgeliefert. Dass sich in Archiven nicht nur trockene Dokumente, sondern gelegentlich recht spannende Begebenheiten finden, schildert Sebastian Eichler an Hand seiner Verzeichnung der Akten des Greifswalder Konsistoriums, in denen er ausführliche Berichte über die tumultartigen Auseinandersetzungen zwischen dem Pastor und dem Superintendenten fand, die sich 1955 in der Gemeinde Probstheida bei Leipzig ereigneten. Ein ganz anderes Thema behandelt dann Wolfgang Matthäus, der – reich bebildert – die abenteuerliche Fahrt des Forschungsschiffes „Prof. Penck“ durch die Treibeisfelder Spitzbergens im Jahr 1962 beschreibt. Die beiden letzten Aufsätze befassen sich mit der Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns nach 1990. Michael Sauthoff schildert daten- und faktenreich den Aufbau des Gerichtswesens in dem 1990 geschaffenen Bundesland. Die personelle Diskontinuität war in diesem Bereich so stark wie in kaum einem anderen; von 348 Richtern und Staatsanwälten des Jahres 1990 wurden nur 121 übernommen. Das Gros der 659 Planstellen im Jahr 1995 musste folglich neu besetzt werden. Anders sah es im Bereich des Kultusministeriums aus, was aber auch nicht ohne Probleme blieb, wie Martin Buchsteiner und Martin Nitsche an Hand der Veränderungen in den Geschichtslehrplänen zwischen 1990 und 2019 illustrieren. Die Lehrer wurden zwar weiter beschäftigt, mussten sich aber dramatisch umstellen und erhielten wiederholt hohe, keineswegs einfach zu erfüllende Vorgaben. Eine ganz andere, sehr persönliche Sicht auf die Ereignisse im Nordosten der DDR zwischen 1968 und heute bieten die Erinnerungen des schwedischen Rechtshistorikers Kjell Åke Modéer, der seine Forschungsaufenthalte in Greifswald und mit großer Empathie auch die dort tätigen Archivare schildert. Besonders wertvoll ist hierbei sicherlich die Perspektive von „außen“, die Modéer als nicht beteiligter Beobachter einnehmen kann. Die Rubrik „Regionale Geschichtsarbeit“ beginnt mit ei-nem Bericht von Gunter Dehnert über die am 1. April 2021 eröffnete neue Dauerausstellung „Pommern im 20. Jahrhundert“ in dem von ihm geleiteten Pommerschen Landesmuseum in Greifswald. Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden aussagekräftige Objekte und Zeitzeugenberichte; für die Zeit nach 1945 wird auch die Geschichte des nun polnischen Teils von Pommern in Zusammenarbeit mit den polnischen Kollegen ausführlich präsentiert. Der zweite Beitrag in dieser Rubrik enthält eine kurze Schilderung von Eleonore Wolf über die Hinrichtung von fünf sowjetischen Zwangsarbeitern im Mai 1944 in Neubrandenburg. In der Rubrik „Historisches Lernen“ berichtet Andreas Wagner über eine im August 2021 mit 25 Geschichtsinteressierten entlang der innerdeutschen Grenze unternommene mehrtägige Radtour. Dieses immer wieder von historischen Vorträgen und Diskussionen begleitete „Bewegungsformat“ wird zukünftig sicherlich eine wichtige Bereicherung der traditionellen Wege der historisch-politischen Bildung darstellen. Im zweiten Beitrag erläutert Eckart Schörle, auf welche Weise die von Laien betriebenen „Bürgerwissenschaften“ zu einer Renaissance der derzeit arg daniederliegenden Regionalgeschichte beitragen können, und illustriert seine These an Hand einiger Mut machender Beispiele und Projekte. Eine prägende Persönlichkeit der Landesgeschichtsforschung der letzten Jahrzehnte war Hermann Langer, der auch zahlreiche Beiträge für „Zeitgeschichte regional“ verfasst hat. Ingo Koch würdigt Wirken und Persönlichkeit des am 23. Mai 2020 verstorbenen Historikers in einem Nachruf. Den Schluss bilden dann wie immer die Rezensionen und Anzeigen von Neuerscheinungen zeitgeschichtlicher Veröffentlichungen aus der Region.
Ihre Redaktion
Inhalt
I m p r e s s u m
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Alexander Kendzia
Kino in der Provinz. Das Beispiel Greifswald während des Zweiten Weltkrieges
Matthias Manke
Persilschein für Friedrich Scharf. Oder: Wie der jüdische Professor David Katz und der antisemitische Historiker Wilhelm Schüssler den mecklenburgischen NS-Staatsminister entlasteten
Antje Strahl/Reno Stutz
Zum Umgang mit Kulturgut aus FlüchtlingsrücklaÅNssen im Bezirk Schwerin von 1945 bis 1989
Sebastian Eichler
Als der Superintendent mit dem „Schlägertrupp“ anrückte. Der Fall Probstheida 1955 in der Überlieferung des Konsistoriums der Pommerschen Evangelischen Kirche
Wolfgang Matthäus
Das Warnemünder Forschungsschiff „Prof. Penck“ im Eis der Arktis. Ein Beitrag zum Erfolg der Deutschen Spitzbergen-Expedition 1962
Michael Sauthoff
Zur Geschichte des Gerichtswesens in Mecklenburg-Vorpommern seit 1990
Martin Buchsteiner/Martin Nitsche
Die Geschichtslehrpläne in Mecklenburg-Vorpommern von 1991 bis 2019
E r i n n e r u n g e n
Kjell Åke Modéer
Die „Wende“ – Reflexionen über den Paradigmenwechsel meines Lebens. Erinnerungen an die Mauer mehr als 30 Jahre nach 1989
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Gunter Dehnert
Pommern – Pomorze – Das Land am Meer. Die neue Dauerausstellung „Pommern im 20. Jahrhundert“ im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald
Eleonore Wolf
Nicht länger unbekannt
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Andreas Wagner
Grenzradtour 2021. Mit dem Fahrrad auf den Spuren der Geschichte der innerdeutschen Grenze unterwegs
Eckart Schörle
Bürgerwissenschaften als Chance für die Regionalgeschichte
N a c h r u f
Ingo Koch
Nachruf für Dr. Hermann Langer
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Ehlers, Gerhard H.
Ikarus. Gunther Plüschow. Ein Leben auf drei Kontinenten
(Ulrich van der Heyden)
Sieber, Horst
Die mecklenburgischen Ortskrankenkassen von 1883 bis 1945. Ein Beitrag zur Regional- und Sozialgeschichte
(Irmfried Garbe)
Herms, Michael
Anna‘s Kriegsanleihe. Eine Spurensuche in Mecklenburg
(Ernst Münch)
Müller-Waldeck, Gunnar (Hg.)
Zwei ungleiche Vettern. Johannes Halben und Wolfgang Koeppen
(Irmfried Garbe)
Jeske, Natalja
Arno Esch. Eine Biografie
(Wolf Karge)
Witthohn, Ralf
Schiffsriesen voraus! Container, Frachter, Schlepper im Porträt
(Jürgen Tremper)
May, Christina Katharina/Schunke, Antje (Hg.)
Alte Meister, Junge Meister. Traktor Schwerin und die Kunst des Boxens
(Martin Buchsteiner)
Ludewig, Sophie
Fromm – fröhlich – (un)frei. Die Kirchentage der Evangelischen Landeskirche Greifswald und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs (1978-1988)
(Marie Anne Subklew-Jeutner)
Wunnicke, Christoph
Harald Ringstorff. Von der Werft in die Staatskanzlei. Ministerpräsident in Mecklenburg-Vorpommern
(Meik Woyke)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
Zeitgeschichte regional | 25. Jg., 2021, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2021
Umfang: 120 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Es ist der 25. Jahrgang von „Zeitgeschichte regional“, der jetzt auf dem Tisch liegt. Das bedeutet 25 Jahre ehrenamtliche Redaktionsarbeit mit zwei Sitzungen von zwölf ehrenamtlichen Redaktionsmitgliedern in jedem Jahr. Das bedeutet zahllose Telefonate und Mails der Geschichtswerkstatt. Das bedeutet ehrenamtliche redaktionelle Bearbeitung von Manuskripten, Fahnenkorrekturen und Bildauswahl. Und es bedeutet vor allem die ehrenamtliche Lieferung der Beiträge von weit über 100 Autorinnen und Autoren, die sich mit Themen der Zeitgeschichte in Mecklenburg-Vorpommern befassen. Ohne diese Beiträge könnten die oben genannten Aktivitäten nicht stattfinden, würden die fröhlich-kreativen Redaktionsrunden fehlen, wären die immer spannenden neuen Erkenntnisse nicht in unseren Heften präsent. Beim Start in das Abenteuer „Zeitgeschichte regional“ war keinem der Beteiligten bewusst, wie lange die Herausgabe währen könnte. Es hat auch niemand damals darüber nachgedacht. Inzwischen gibt es so etwas wie Routine, aber auch immer wieder neue Überlegungen, Diskussionen und manchmal schwierige Wege zur Verbesserung der Hefte. Durchgängig erhalten hat sich der hohe Anspruch an die wissenschaftliche Qualität der Beiträge. Geschärft hat sich im Laufe der Jahre das Profil. Zeitgeschichte hat einen schweren Spagat zu lösen – Dokumente liefern nur eine selektive und auch politisch gefärbte Sicht auf die Ereignisse. Sie müssen quellenkritisch bewertet werden. Zeitgeschichte heißt aber auch, dass es eine Erlebnisgeneration gibt, die die Beiträge an eigenen Erfahrungen messen kann. Doch auch diese Erfahrungen sind individuell geprägt und in der Erinnerung ebenfalls selektiv. Daraus eine objektive Betrachtung zu gewinnen ist der Spagat. Die gute Resonanz der Hefte in der Öffentlichkeit zeigt, dass das weitgehend gelingt. Dafür ist an dieser Stelle einmal allen Beteiligten zu danken – besonders der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. mit Angrit Lorenzen-Schmidt und ganz besonders den Autorinnen und Autoren. Das Heft 1/21 bleibt der Linie der vergangenen 25 Jahre treu. Die Gliederung nach Aufsätzen, Dokumenten, Diskussionsbeiträgen, Archivmitteilungen, Zeitzeugeninterviews, Erinnerungsberichten, Informationen zur Zeitgeschichte aus anderen (Bundes-)Ländern, zur aktuellen Geschichtsarbeit und zum historischen Lernen haben sich bewährt. Große Aufmerksamkeit gilt den Rezensionen. Hier erfährt die Zeitschrift stets großes Lob wegen der kritischen Bewertung von Neuerscheinungen. Dieses Heft startet mit einer überraschenden Geschichte zu Peenemünde. Cornelius Lehmann ist akribisch den Spuren eines Kleinunternehmers im Bereich der Käseherstellung in dem Ort der Raketenforschung nachgegangen. Dass es in verschiedenen Museen des Landes Mecklenburg-Vorpommern in den Sammlungen ein koloniales Erbe gibt, ist nicht neu. In der DDR und auch noch lange danach wurden diese Sachzeugen aber meist nur als „Mitbringsel der Seeleute“ interpretiert. Erst langsam rückte die teilweise verklärte koloniale Überlieferung in der Öffentlichkeit ins kritische Blickfeld. Eckart Schörle liefert einen Überblick über den aktuellen Stand der Debatten, die noch nicht abgeschlossen sind. Dass es zu Ernst Barlach und seinen Werken noch Neuigkeiten geben könnte, mag man nicht glauben, aber hin und wieder tauchen doch noch Informationen auf, die bisher nicht beachtet wurden, so zu verschwundenen Plastiken im Hamburger Funkhaus des NDR, denen sich Wolf Karge widmet. Bernd Kasten beschäftigt sich (wieder einmal) mit den englischen und amerikanischen Bombenangriffen auf Ziele in Mecklenburg und Pommern. Er räumt mit zahlreichen Legenden auf, indem er die englischsprachigen Quellen in die Recherchen einbezieht. Damit kann er die Luftangriffe auf das tatsächliche Ereignis wie auch die eigentlichen Absichten reduzieren. Das macht die Sinnlosigkeit der Zerstörungen in vielen Fällen noch deutlicher. Die angehängte Chronologie aller Luftangriffe gibt erstmals einen genauen Überblick über die Ereignisse während des Zweiten Weltkrieges im Raum Mecklenburg-Vorpommern. Einen interessanten Beitrag zum Umgang mit den ehemals pommerschen Gebieten im jungen Verwaltungskonstrukt Mecklenburg-Vorpommern nach dem Kriegsende 1945 liefert in gewohnter Akribie Matthias Manke; sein Aufsatz ist mit reichhaltigem biographischen Material angereichert. Es gelingt ihm, das heute immer noch sensible Thema der politischen Wahrnehmung der Landesteile Mecklenburg und Vorpommern in dem Bindestrichland durch eine historische Facette zu bereichern, die Parallelen zur Gegenwart sichtbar macht. Der ausgewiesene Schifffahrtshistoriker und frühere Direktor des Rostocker Schiffbau- und Schifffahrtsmuseums Peter Danker-Carstensen blättert in einem umfassenden Beitrag die ungewöhnliche Geschichte einer Organisation in der DDR auf, die es geschafft hat, irgendwie neben den staatlich verordneten Strukturen eine hochachtbare ehrenamtliche Arbeit zu leisten. Der „DDR-Arbeitskreis für Schiffahrts- und Marinegeschichte“ wird von ihm auch hinsichtlich der Beobachtung durch das MfS dargestellt. Schließlich wertet er eine seltene Form der Zusammenarbeit mit entsprechenden Initiativen in der Bundesrepublik Deutschland aus. Strukturen, Personen und auch der Übergang in das wiedervereinigte Deutschland spannen einen weiten Bogen. Der Nachdruck von Beiträgen aus anderen Publikationen erfolgt in „Zeitgeschichte regional“ sehr selten. Der Beitrag von Olaf Strauß zum unverwirklichten Atomkraftwerk Neubrandenburg schien der Redaktion aber so essenziell, dass er Platz in diesem Heft fand. Einen ungewöhnlichen Blick auf die Maul- und Klauenseuche 1982 mit einem Seitenblick auf Beschränkungen heute vermittelt Sebastian Eichler mit den Auswirkungen des damaligen „Lockdowns“ auf die kirchliche Arbeit und die Instrumentalisierung der Möglichkeiten gegen die Kirche durch die SED und die Staatsorgane der DDR. Wieder weit über 100 Seiten umfasst das erste Heft des (Jubiläums-)Jahrgangs 2021, gut gefüllt mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, Informationen und den gewohnten kritischen Rezensionen am Ende der Zeitschrift – ein würdiges Geschenk zum 25.
Ihre Redaktion
Inhalt
I m p r e s s u m
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Cornelius Lehmann
Käse aus Peenemünde. Auf den Spuren des Molkereibesitzers Ernst Aretz
Eckart Schörle
Der Umgang mit dem kolonialen Erbe – ein Thema in Mecklenburg-Vorpommern?
Wolf Karge
Peter E. Erichson, Ernst Barlach und die Nordische Rundfunk AG (Norag) in Hamburg
Bernd Kasten
Englische und amerikanische Bombenangriffe auf Ziele in Mecklenburg und Pommern
1940-1945
Matthias Manke
Pommerscher Patriotismus oder mangelnde Parteilichkeit? Das Geschehen um den Bevollmächtigten des Präsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern für Vorpommern im September 1945
Peter Danker-Carstensen
Maritime nicht-staatliche Geschichtsforschung in der DDR
Olaf Strauß
Atomkraftwerk Neubrandenburg. Hintergründe einer Standortentscheidung
Sebastian Eichler
Vor 40 Jahren: „Lockdown“ in der DDR. Die Maul- und Klauenseuche 1982 aus Sicht der Evangelischen Landeskirche Greifswald
E r i n n e r u n g e n
aufgezeichnet von Ortwin Pelc
Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in der Forstwirtschaft bei Ueckermünde 1939-1945. Nach Erinnerungen und Unterlagen von Fritz Kleinsorge
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Susanna Misgajski
Bildungsarbeit des PRORA-ZENTRUMs an Schulen in Corona-Zeiten – ein Beispiel aus dem Jahr 2020
N a c h r u f e
Robert Kreibig
Erinnerungen an Martin Albrecht
Peter Köppen
Nachtrag zum Nachruf für Heinz Koch (1941-2020)
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Joost, Sebastian
Wege durch die Jahrhunderte. Die Adelsfamilie Vieregge, Vieregg, Viereck
(Klaus-Ulrich Keubke)
Niemann, Mario
Beständiger Wandel. Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Mecklenburg von 1900 bis 2000
(Johanna Menzel)
Helbig, Holger/Kohl, Stefanie/Lemke, Marc
Atlas – Mumie – Zifferblatt. Entdeckungen in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock
(Henrik Bispinck)
Karge, Wolf, unter Mitwirkung von Nils Jörn, Bernd Kasten, Ernst Münch, Florian Ostrop und Andreas Röpcke (Hg.)
Biographisches Lexikon für Mecklenburg, Bd. 9
(Henrik Bispinck)
Gleising, Günter
Kapp-Putsch und Märzkämpfe in Mecklenburg und Pommern 1920. Hintergründe, Ereignisse, Gräber und Denkmäler
(Bernd Kasten)
Kulturhistorische Gesellschaft Rostock e.V. (Hg.)
Egon Tschirch. Leben und Werk
(Wolf Karge)
Lambertini, Lucia/Marzorati, Anna Maria (Hg.)
„Carissimi Genitori, con queste mie misere parole…“ Lettere inediti dallo Stalag II C di Greifswald/„Liebste Eltern, mit meinen bescheidenen Worten…“ Unveröffentlichte Briefe aus dem Stalag II C in Greifswald
(Irmfried Garbe)
Käthow, Margrit/Wurm, Johann Peter, unter Mitarbeit von Erhard Piersig (Hg.)
Das Kriegsende 1945 in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs. Lageberichte aus den Kirchengemeinden, Teil 1: Kirchenkreise Malchin, Stargard und Waren
(Irmfried Garbe)
Brüning, Steffi
Prostitution in der DDR. Eine Untersuchung am Beispiel von Rostock, Berlin und Leipzig, 1968 bis 1989
(Anita Krätzner-Ebert)
Toben, Karin
Über die Elbe. Die Sehnsucht nach Freiheit
(Andreas Wagner)
Schnauer, Arvid
DDR-Unrecht wiedergutmachen – neues Unrecht aufdecken. Dokumentation der Arbeit des Gerechtigkeitsausschusses der (Hanse-)Stadt Rostock in den Prozessen des politischen Umbruchs 1989-1994
(Ortwin Pelc)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
Zeitgeschichte regional | 24. Jg., 2020, Heft 2
Erscheinungsdatum: 31.12.2020
Umfang: 130 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Eins bleibt in diesem denkwürdigen Jahr der SARS-CoV-2-Pandemie ganz normal: Die Heftfolge von „Zeitgeschichte regional“ hat sich wieder in gewohnter Weise realisieren lassen. Sie halten das Winterheft 2020 in den Händen. Einen herzlichen Dank dafür allen Beiträgern, die dafür sorgten, dass auch unser zweites Heft im neuen Outfit einen bunten Strauß an historischen Studien und aktuellen Beobachtungen bereithält. Die ersten drei Aufsätze geben diesem Heft auch einen gewissen Schwerpunkt: die Kunst- und Architekturgeschichte. Werner Sarholz lenkt mit seiner ansehnlichen Erinnerung über den ambitionierten Kunstfotografen Franz Goerke den Blick auf die Anfänge der mecklenburgischen und pommerschen Landschaftsfotografie. Der in der Fotografiegeschichte einschlägig bekannte Berliner Bankkaufmann verbreitete mit seinen zahlreichen Lichtbildervorträgen die Amateurfotografie und ermutigte Hobbyfotografen zu einem bewussten Dokumentieren. Wie Sarholz zeigen kann, versuchte Goerke zu ästhetisch anspruchsvollen Motiv- und Bildgestaltungen zu erziehen. Die architektonische Zutat von Paul Bonatz zur Rostocker Stadt- und Hafensilhouette untersucht Jörg Kirchner. Das bildprägende Getreidesilo von 1935 hat eine spannende Geschichte. Seine Planung, Ausführung, Veränderung und Erhaltung werden auf reicher Quellengrundlage en detail erläutert. Da diese Form bildprägender Getreidespeicher mehrfach in mecklenburgischen und pommerschen Städten zu finden sind, reiht sich Kirchners Spezialaufsatz zugleich in die Architekturgeschichte markanter Industriebauten Norddeutschlands ein. Hans Hesse und Elke Purpus stießen durch ihre Recherchen zu einem Relikt aus dem bildplastischen Schaffen Willy Mellers auf das bislang völlig unbekannte Konzept der nationalsozialistischen Programmkunst am begonnenen, aber nie fertig gestellten „Kraft-durch-Freude“-Bad in Prora auf der Insel Rügen. Mit dem Stierreiter in Ochsenfurth/Main hat sich ein einzelnes Kunstwerk aus der von Meller zentral geplanten Brunnenanlage bis heute erhalten. Dieser Stierreiter war als Symbol der „Kraft“ geschaffen worden, während von der – weiblich symbolisierten – „Freude“ nur das Kopfrelikt erhalten ist. Die Autoren gehen in ihrer präzisen Recherche dem bildplastischen Gesamtkonzept des exorbitant profitablen Kunstschaffens von Willy Meller für Prora nach und thematisieren den bisher erstaunlich unbedarften Umgang mit dem Stierreiter durch die fränkische Stadt und ihre Denkmalbehörde. Mellers Hauptbeteiligung an der Kunstausstattung der NSDAP-Ordensburg Krössinsee bei Falkenburg/Pommern bildet eine Vorlaufgeschichte zur Bildästhetik des KdF-Bades. Den besonderen Raum sowjetischer Ehrenfriedhöfe betrachtet Eckhard Oberdörfer im Rahmen weiterer vorpommerscher Friedhofsanlagen anhand der drei Greifswalder Bezirksfriedhöfe für Sowjetsoldaten. Dabei steht weniger die – überwiegend anspruchslose – Denkmal- und Platzgestaltung im Fokus der Untersuchung, umso mehr dagegen werden die beauflagte Planung und Finanzierung, ihre Belegung, Nutzung und Erhaltung behandelt. Oberdörfer kann anhand von Greifswalder Archivalien eine erstaunlich hohe Zahl von umgekommenen und verstorbenen sowjetischen Soldaten und Offizieren des Greifswalder Raums belegen. Mitbetrachtet wird die faktische Mischbelegung dieser Friedhöfe durch Bestattung alliierter Kriegsgefangener und anderer Opfergruppen des Zweiten Weltkrieges. Hans-Martin Harder untersucht in seinem Beitrag die historischen Implikationen der Präambel zur Pommerschen Kirchenordnung von 1950. Die sukzessive Weiterentwicklung dieses zentralen Verfassungstextes der pommerschen Landeskirche bis 2012 macht auch deutlich, dass Verfassungstexte spannende Zeitdokumente sind. In ihrer Sichtung der Objektschutzakten der Schweriner Stasi-Zentrale am Demmlerplatz legt Elise Catrain nicht zuletzt psychopatische Züge der DDR-Überwachungsorgane frei. Die Dokumentation der Gassi-Spaziergänge eines einsamen Hundehalters beleuchtet auf kuriose Weise die kruden Spionagebefürchtungen des DDR-Sicherheitsapparates. Der hochaktuellen Debatte um die Archivsituation Vorpommerns fügt der Schweriner Archivar Matthias Manke eine kritisch-gepfefferte Sichtung der archivpolitischen Verlautbarungen samt ihrem Echo in den Medien zwischen 1990 und 2020 hinzu. Möge sie zur inhaltlichen Klärung der offenbar herrschenden Interessenkonfusion beitragen! Der Stettiner Archivar Paweł Gut gibt in seinem informativen Beitrag einen nützlichen Überblick zu den im Szczeciner Staatsarchiv bereitgehaltenen zeitgeschichtlichen Quellen für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Anders als im Vorpommerschen Landesarchiv Greifswald ist die dortige Benutzungssituation alles andere als desolat. Nur hindern zur Zeit noch die Einschränkungen der Pandemiebekämpfung die üblichen Zugangswege. Matthias Manke weist in seinem zweiten Beitrag auf das jüngst etablierte Frauenarchiv im Landeshauptarchiv Schwerin hin, dessen Erweiterung und Digitalisierung geplant ist. Unser ZGR-Redaktionsmitglied Ortwin Pelc steuert zwei Beiträge bei: eine eindrückliche Generalsichtung der Publikationen, die aus Anlass des 100-jährigen Gedenkjubiläums der Revolution von 1918/19 entstanden, sowie eine Vorstellung der Ausstellungen, die die KZ-Gedenkstätte Neuengamme im Hamburger Rathaus seit 2001 veranstaltete. Die bemerkenswerte Biographie des Rostocker Historikers, SED-Hochschulsekretärs und Dozenten Heinz Koch schildern Martin Buchsteiner und Wolf Karge in ihrem facettenreichen Nachruf. Im Leben Kochs, eines systemöffnenden Parteikaders, spiegeln sich Transformationen und Brüche des 20. Jahrhunderts, aber auch uneingelöste Konzeptionen fachübergreifender Lernmodelle, die dieser lernbereite Mann 1989/90 verfolgte. Wie immer folgen am Schluss des Heftes Rezensionen zu zeitgeschichtlichen Neuerscheinungen, die für manche unserer Leser zum ersten Teil der Lektüre gehören. Wir wünschen dabei viele spannende Entdeckungen.
Ihre Redaktion
Inhalt
I m p r e s s u m
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Werner Sarholz
Franz Goerke (1856-1931). Ein Kunstfotograf in Mecklenburg und Pommern
Jörg Kirchner
Der Architekt Paul Bonatz und das Getreidesilo von 1935 im Rostocker Hafen. Ein Vorratsbau für den Krieg zwischen Monumentalität und Heimatstil
Hans Hesse/Elke Purpus
„…für ein Wellenbad auf der Insel Rügen bestimmt…“ Skizzen zu einem nicht verwirklichten Bildprogramm für das „Kraft durch Freude“-Seebad Rügen/Prora
Eckhard Oberdörfer
Die sowjetischen Bezirksfriedhöfe in Greifswald
Hans-Martin Harder
Zur Entstehung und Fortentwicklung von Präambel und Grundbestimmungen der Pommerschen Kirchenordnung von 1950
Elise Catrain
„Ständiges visuelles Interesse für das Gebäude“ – Stasi-Überwachung am Demmlerplatz
D i s k u s s i o n
Matthias Manke
Traum oder Trauma? Die kurze und verwirrend-verworrene Geschichte des „Landeshauptarchivs für die Pommernakten“
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Paweł Gut
Staatsarchiv Stettin (Archiwum Państwowe w Szczecinie) und seine Relevanz für die deutsche Zeitgeschichte (1914-1945)
Matthias Manke
Das Frauenarchiv Mecklenburg-Vorpommern
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Frank Omland/Ortwin Pelc
Die Revolution erreicht die Öffentlichkeit. Publikationen und Veranstaltungen zum 100. Jubiläum der Novemberrevolution 1918 in Norddeutschland
Ortwin Pelc
Die Rathausausstellungen der KZ-Gedenkstätte Neuengamme
N a c h r u f
Martin Buchsteiner/Wolf Karge
Heinz Koch (1941-2020)
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Müller, Henning
Denkmal? Denk mal! Denkmale, Gedenksteine, Grenzsteine und Wegweiser in Mecklenburg-Vorpommern
(Ortwin Pelc)
Schlößer, Frank
Annäherung an Ahrenshoop
(Jürgen Tremper)
Ebel, Andreas (Hg.)
Dorfgeschichten vom Salzhaff bis Bad Doberan
(Wolf Karge)
Kasten, Bernd
Der Kapp-Putsch in Mecklenburg. Lokale Ereignisse und regionale Folgen eines Angriffs auf die Demokratie
(Ortwin Pelc)
Freudenberg, Dorothee
Geschichte der jüdischen Gemeinde Stavenhagen 1750-1942
(Wolfgang Wilhelmus)
Klietz, Wolfgang
Schutzlos auf See. Angriffe auf die zivile Schifffahrt der DDR
(Jürgen Tremper)
Mau, Steffen
Lütten Klein. Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft
(Clemens Villinger)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
Zeitgeschichte regional | 24. Jg., 2020, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2020
Umfang: 132 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Das vorliegende Heft von „Zeitgeschichte regional“ ist das erste mit neuem Layout. Die beiden wichtigsten Änderungen sind die Umstellung von Endnoten auf Fußnoten und die Anpassung an das öffentliche Erscheinungsbild der Geschichtswerkstatt Rostock e.V., die das Heft herausgibt. Dies bedeutete auch den Wechsel von der seit dem ersten Heft im Jahr 1997 verwendeten Farbe Grün zu dem jetzt von der Geschichtswerkstatt genutzten Blau. Dieser Band enthält mit immerhin acht wissenschaftlichen Aufsätzen eine Fülle gewichtiger Beiträge zur neueren Geschichte Mecklenburgs und Vorpommerns. Den Anfang macht Bernd Kasten mit einer Untersuchung zur Schweriner Volkshochschule, die wie die meisten dieser Einrichtungen in Deutschland im vergangenen Jahr an ihre Gründung vor 100 Jahren erinnerte. Die Volkshochschulen waren Geschöpfe der Weimarer Republik, eng mit dem linksliberalen und sozialdemokratischen Milieu verbunden, und sie gingen 1933 auch gemeinsam mit ihr unter. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnten sie neugegründet oder wiedereröffnet werden. Den inhaltlichen Schwerpunkt dieses Heftes bilden das Kriegsende 1945 und die frühe Nachkriegszeit. Sören Granzow und Rainer Szczesiak beschreiben den Abwurf einer fünf Tonnen schweren Bombe auf das ostmecklenburgische Dorf Genzkow am 16. April 1945. Der durch Flakfeuer beschädigte englische Lancaster-Bomber konnte nicht wie geplant an dem Angriff auf den in Swinemünde vor Anker liegenden schweren Kreuzer „Lützow“ teilnehmen und warf die Bombe daher über der nächstgelegenen Ansiedlung ab, was 32 Dorfbewohner das Leben kostete. Franz Stepanek befasst sich mit der 1943 für Mitarbeiter der Arado-Flugzeugwerke errichteten Finnenhaussiedlung an der Grabower Straße in Rostock. Der Verfasser, der selbst in dieser Siedlung aufgewachsen ist, kombiniert hier in anschaulicher Weise eigene Erfahrungen mit Archivrecherchen und gibt ein lebendiges Bild davon, mit welchen Veränderungen und Herausforderungen die Siedlergemeinschaft in den Jahren zwischen 1943 und heute zurechtkommen musste. Ulrich Peter setzt sich kritisch mit dem Bericht auseinander, den der Schweriner Pastor Theodor Rohrdantz im Mai 1945 über seinen Besuch im gerade von den Amerikanern befreiten KZ Wöbbelin an den Landesbischof Schultz sandte. Peters Ansicht nach zeichnet die Aussage von Rohrdantz, die evangelische Christenheit sei, was diese Verbrechen anging, völlig ahnungslos und unbeteiligt gewesen, ein arg beschönigendes Bild der Landeskirche und ihres Verhaltens zwischen 1930 und 1945. Brit Bellmann schildert mit viel Einfühlungsvermögen die schwierige Lage von Flüchtlingskindern in Mecklenburg in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Viele von ihnen haben erst spät, in fortgeschrittenem Alter, ihre Erinnerungen aufgezeichnet. Die Verfasserin schlägt den Bogen zur Ankunft zahlreicher minderjähriger Flüchtlinge in Deutschland seit 2015 und verdeutlicht damit, dass das Thema nach wie vor weltweit von beklemmender Aktua-lität ist. Die folgenden Aufsätze untersuchen verschiedene Aspekte der DDR-Geschichte. Ernst-Heinrich Haerter zeigt, wie die SED zwischen 1945 und 1955 die bis dahin recht autonome Universität Greifswald durch eine Vielzahl von Eingriffen nach ihren Vorstellungen politisch formte und in die staatliche Planwirtschaft einfügte. Widerstand hiergegen gab es, bis auf den Protest der Medizinstudenten gegen eine Umwandlung der Fakultät in eine Ausbildungseinrichtung für Militärärzte im Jahr 1955, nur wenig. In einem weiteren Beitrag schildert Konstanze Soch, mit welcher Härte das Ministerium für Staatssicherheit gegen die eher unfreiwillig ins Land gekommenen „Umsiedler“ vorging, die sich mit dem Verlust ihrer Heimat nicht abfinden konnten und insgeheim Kontakte zu westdeutschen Vertriebenenverbänden und Landsmannschaften unterhielten. Zum Abschluss befasst sich Wolfgang Matthäus mit dem Institut für Meereskunde Warnemünde und den im Auftrag der Volksmarine durchgeführten militärozeanographischen Forschungen in der DDR, wobei er auch die agierenden Personen in den Blick nimmt. Die Rubrik „Regionale Geschichtsarbeit“ beginnt mit einem Bericht von Eckart Schörle über eine im September 2019 in Neustadt in Holstein veranstaltete internationale Tagung zum Gedenken an die Cap-Arcona-Katastrophe, die zu dem Ergebnis kam, dass die tragischen Ereignisse in der Neustädter Bucht im Mai 1945 in der deutschen Erinnerungspraxis trotz ihrer Dimension leider eine eher untergeordnete Rolle spielen. Uta Rüchel und Andreas Wagner berichten dann über eine im November 2019 in Schwerin organisierte Tagung zu Gedenkstättenlandschaften in Ost und West 30 Jahre nach der Grenzöffnung. Diese machte deutlich, wie verschieden die Entstehungsgeschichten der Gedenkstätten in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sind, und illustrierte – angesichts der allen gemeinsamen aktuellen Herausforderungen – die Notwendigkeit weiterer Gespräche. In der Rubrik „Archivmitteilungen“ schildert Sebastian Eichler die Erschließung des Bestandes „Generalakten des Konsistoriums der Pommerschen Evangelischen Kirche“, der für die vorpommersche Kirchengeschichte eine ganze Fülle neuer und wichtiger Quellen sowie neben hochpolitischen Beratungen offensichtlich auch mancherlei Kurioses (wie Eisbärentaufen oder Gottesdienstverbote zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche) enthält. Eichler erläutert die bisher anhand der neu verzeichneten Akten durchgeführten Forschungen und gibt Anregungen für die künftige Nutzung. Den Schluss bilden wie immer die Rezensionen und Anzeigen von Neuerscheinungen zeitgeschichtlicher Veröffentlichungen aus der Region.
Ihre Redaktion
Inhalt
I m p r e s s u m
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Bernd Kasten
Die Volkshochschule Schwerin 1919 bis 1933
Sören Granzow/Rainer Szczesiak
Der verheerende Einschlag einer britischen Tallboy-Spezialbombe im ostmecklenburgischen Dorf Genzkow am Ende des Zweiten Weltkrieges
Franz Stepanek
Die Grabower Straße in Lichtenhagen – ein Kleinod im Rostocker Stadtbild. Die Geschichte einer Finnenhaussiedlung in Deutschland
Ulrich Peter
„Die Wahrheit wird Euch frei machen!“ Bericht eines Schweriner Pastors über seinen Besuch im KZ Wöbbelin im Mai 1945
Brit Bellmann
Geflüchtet, vertrieben, entwurzelt. Aspekte der Ankunft von Kindern in Mecklenburg 1945 bis 1952
Ernst-Heinrich Haerter
Die Universität Greifswald im ersten Nachkriegsjahrzehnt 1945-1955 Konstanze Soch
Die Sehnsucht nach der Heimat. Das Vorgehen der Stasi gegen „Umsiedler“ in Mecklenburg-Vorpommern
Wolfgang Matthäus
Das Institut für Meereskunde Warnemünde und die Volksmarine. Militärozeanographische Forschungen in der DDR
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Eckart Schörle
Erinnerung an die Cap-Arcona-Katastrophe 1945. Eine internationale Tagung in Neustadt in Holstein
Uta Rüchel/Andreas Wagner
Gedenkstättenlandschaften in Ost und West. 30 Jahre nach der Grenzöffnung – ein Tagungsbericht
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Sebastian Eichler
Die Erschließung des Bestandes „Generalakten des Konsistoriums der Pommerschen Evangelischen Kirche“ in Schwerin. Ein Projektbericht
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Koch, Ingo/Ostrop, Florian/Sommerfeld, Andrea
Miro & Milena
(Martin Buchsteiner)
Manke, Matthias/Wiese, René (Hg.)
Erinnerung an Mecklenburg. 50 Archivalien aus acht Jahrhunderten
(Antje Strahl)
Buddrus, Michael/Fritzlar, Sigrid unter besonderer Mitarbeit von Ute Eichhorn, Angrit Lorenzen-Schmidt und Martin Wiesche
Juden in Mecklenburg 1845-1945. Lebenswege und Schicksale. Ein Gedenkbuch
(Beate Meyer)
Manke, Matthias/Ostrop, Florian/Wiese, René (Hg.)
Novemberrevolution. Sturz der Monarchie und demokratischer Neubeginn in Mecklenburg 1918/19
(Ortwin Pelc)
Stamm-Kuhlmann, Thomas (Hg.)
November 1918. Revolution an der Ostsee und im Reich
(Ortwin Pelc)
Detjens, Florian
Am Abgrund der Bedeutungslosigkeit? Die Universität Rostock im Nationalsozialismus 1932/33-1945
(Bernd Kasten)
Szczesiak, Rainer
„Verflucht und doch beeindruckend“. Das KZ-Produktionslager „Waldbau“. Ein Tatort nationalsozialistischer Ausbeutung inhaftierter Frauen bei Neubrandenburg
(Natalja Jeske)
Winter, Martin Clemens
Gewalt und Erinnerung im ländlichen Raum
(Jürgen Tremper)
Zils, Jürgen/Hantke, Ingrid (Hg.)
Jahrgang 37 erzählt. Erinnerungen aus Mecklenburg-Vorpommern 1937-2002
(Wolfgang Wilhelmus)
Brose, Wolfgang
Pasewalk in Farbe. Vom Kriegsende bis zur Wende
(Jürgen Tremper)
Kaule, Martin
Mecklenburg-Vorpommern 1949-1990
(Jürgen Tremper)
Gill, Hartmut
Jochen Bertholdt. Zeichner – Grafiker – Visionär
(Wolf Karge)
Born, Hendrik
Es kommt Alles ganz Anders. Erinnerungen eines Zeitzeugen an die Volksmarine der DDR und das Leben danach
(Wolfgang Wilhelmus)
Elise Catrain (Hg.)
Stasi in Mecklenburg-Vorpommern. Die DDR-Geheimpolizei in den Bezirken Neubrandenburg, Rostock und Schwerin
(Konstantin Neumann)
Teichmann, Wolfgang
Der Chirurg. Mein geteiltes Leben in Ost und West
(Wolfgang Wilhelmus)
Creuzberger, Stefan/Mrotzek, Fred/Niemann, Mario (Hg.)
Land im Umbruch. Mecklenburg-Vorpommern nach dem Ende der DDR
(Kerstin Brückweh)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
Zeitgeschichte regional | 23. Jg., 2019, Heft 1+2
Erscheinungsdatum: 01.12.2019
Umfang: 228 Seiten
Preis: 16,00 Euro
Editorial
Das vorliegende Doppelheft von "Zeitgeschichte regional" umfasst ein zeitlich und thematisch weites Spektrum vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, unter anderem mit Beiträgen zur Demokratie-, Sport- und Industriegeschichte, zur NS-Zeit und dem Kriegsende 1945, zur Forschungs- und Museumsgeschichte, zur Stasi und einer spektakulären Fluchtgeschichte sowie zu zeitgeschichtlich interessanten Personen. Bernd Kasten nimmt die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren zum Anlass zu untersuchen, wie die männerdominierten Parteien in den Wahlkämpfen auf Frauen als neue Wählerinnen eingingen, vor allem aber, welche Rolle Frauen bis 1933 als Parlamentarierinnen im Landtag spielten. Der wichtigen Funktion des Rostocker Arbeiterfußballs widmet sich Heiko Meuser mit dem Schwerpunkt auf der Weimarer Republik sowie der Zäsur durch die NS-Zeit; er geht insbesondere auf die Vereine, die Spielorte und die wirtschaftlichen Probleme des Sports und der Sportler ein. Für die Industriegeschichte und Stadtentwicklung GreifswaIds spielte die Eisenbahnwerkstatt seit den 1860er Jahren bis zur Schließung 1926 als größter Betrieb eine wichtige Rolle; hier wurden Lokomotiven und Waggons gewartet und instandgesetzt. Das gewaltige NS-Bauprojekt "KdF-Seebad Rügen", heute unter dem Namen Prora bekannt, wurde zwar bis 1945 nicht fertiggestellt, jedoch kriegsbedingt genutzt, wie Susanna Misgajski und Philipp Bayerschmidt bei der näheren Untersuchung des Einsatzes von Zwangsarbeitern, der Ausbildung von Polizeibataillonen für brutale Mordaktionen in besetzten Gebieten und der militärischen Ausbildung von Marinenachrichtenhelferinnen darlegen. Die aktuelle Ablehnung des Gedenkens an die Opfer der NS-Zeit untersucht Hans Hesse, indem er die Zahl, Hintergründe, Reaktionen und regionale Verteilung der Schändungen der seit 1995 nicht nur in Deutschland verlegten Stolpersteine analysiert. Zur kampflosen Übergabe der Stadt Greifswald 1945 aus der Sicht der benachbarten Landpfarrer Gottfried Holtz, Otto Haendler und deren Familien bietet Gert Haendler auch persönliche Erinnerungen. Dieses Ereignis, dargestellt von Martin Onnasch, spielt auch in der bewegenden Biographie des Greifswalder Theologen Ernst Lohmeyer eine wichtige Rolle, der als Gegner der Nationalsozialisten dorthin versetzt und 1946 von einem sowjetischen Militärtribunal wegen angeblicher Kriegsverbrechen hingerichtet wurde. Mit ganz anderen Themen befassen sich die Autoren der folgenden Beiträge. Christoph Wunnicke betrachtet die Leninverehrung in Mecklenburg-Vorpommern in Form von Denkmälern, Gedenkstätten, Namensgebungen und Veranstaltungen, die bereits in den 1920er Jahren begann, nach 1945 fortgesetzt wurde, aber auch nach 1989 noch zu Diskussionen führte. Horst Alsleben recherchierte, wie das ehemalige Kloster Dobbertin neben seiner Funktion als Damenstift seit 1943 für Flüchtlinge und Ausgebombte, als Heim für werdende Mütter, Arbeitsort für Zwangsarbeiter, Durchgangslager für ehemalige Kriegsgefangene, Kaserne und schließlich als Landesaltersheim in wenigen Jahren wechselnd genutzt wurde. Die Bemühungen, die Meeresforschung in der SBZ und dann der DDR zwischen 1945 und 1965 als zivilen Forschungszweig gegenüber militärischen Interessen durchzusetzen, schildert Wolfgang Matthäus und geht dabei speziell auf die Leistungen des Wissenschaftlers Erich Bruns ein. Einen ganz anderen maritimen Aspekt hat die dramatische, von Gerüchten begleitete Fluchtgeschichte, die Wolfgang Klietz darstellt, bei der 1968 zwei Schiffe kollidierten und die zu politischen und juristischen Auseinandersetzungen führte. Ebenfalls zur Seefahrt gehören die gescheiterten Planungen der SED-Bezirksleitung Rostock für den Zusammenschluss der damaligen maritimen Museen zu Beginn der 1970er Jahre, die Peter Danker-Carstensen untersucht. Für das Ministerium für Staatssicherheit bedeuteten die 32 Intercampingplätze aufgrund der Kontaktmöglichkeiten von DDR-Bürgern und westlichen Reisenden ein Sicherheitsrisiko; Konstantin Neumann untersucht die vielfältigen Aktivitäten der Stasi in diesem Freizeitbereich am Beispiel des Campingplatzes Seehof bei Schwerin vom Ende der 1970er Jahre bis 1989. Der Aufsatzteil dieses Heftes schließt mit zwei biographischen Beiträgen. Rainer Körber betrachtet den langen Lebensweg des Juristen Wilhelm Thiemann in vier unterschiedlichen politischen Systemen. Dieser war ohne große Brüche in seiner Berufslaufbahn vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und die NS-Zeit bis in die SBZ/DDR in Mecklenburg und Magdeburg leitend im Justizdienst tätig. Und Wolf Karge wirft den Blick auf einen speziellen Aspekt der Biografie des Verlegers Peter E. Erichson, nämlich sein Engagement für die Kunst. In der Rubrik "Das Dokument" wird ebenfalls von Wolf Karge ein Erlebnisbericht der ehemaligen Gutsbesitzerin Mary von Viereck von ihrer Reise 1950 in die Bezirke Rostock und Schwerin wiedergegeben. Unter den Berichten aus der regionalen Geschichtsarbeit schreibt Eleonore Wolf über die Identifizierung der 98 Opfer des KZ-Außenlagers bei Neubrandenburg und die Errichtung einer Gedenktafel. Jana Frank fragt: "Die innerdeutsche Grenze - nach 30 Jahren ein Fall für die Archäologie?". Martin Mehlhorn berichtet unter "Historisches Lernen" von der Projektarbeit an einem digitalen Stadtrundgang zum Kriegsende in Demmin 1945. In den ,,Archivmitteilungen" beschreibt Matthias Manke das überwiegend personenbezogene NS-Archiv des MfS im Landeshauptarchiv Schwerin und ergänzt dies mit einem Exkurs zum Flieger-Lynchmord in Steffenshagen 1944. Zwei weitere Berichte befassen sich mit der zurückgekehrten Kirchenbibliothek von St. Marien in Neubrandenburg sowie der Bibliothek des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie in Rostock und Hamburg, die auch einen großen Bestand an Seekarten umfasst. Abschließend finden sich wieder Rezensionen und Anzeigen von Neuerscheinungen zeitgeschichtlicher Veröffentlichungen aus der Region.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Bernd Kasten
100 Jahre Frauenwahlrecht in Mecklenburg
Heiko Meuser
„Wankelmütige brauchen wir nicht!“ Arbeiterfußball in Rostock während der Weimarer Republik und der NS-Zeit
Sven Engberding
Die Bedeutung der Eisenbahnwerkstatt Greifswald für die Stadtentwicklung
Susanna Misgajski/Philipp Bayerschmidt
Prora 1939 bis 1945 – kriegsbedingte Nutzungen und Ausgangspunkt für Verbrechen des NS-Staates
Hans Hesse
Steine des Anstoßes – „Ich muss sagen, lieber keine Stolpersteine, als geschändete.“
Gert Haendler
Zur kampflosen Übergabe der Stadt Greifswald 1945 aus der Sicht der benachbarten Landpfarrer Gottfried Holtz und Otto Haendler
Martin Onnasch
Ernst Lohmeyer in Greifswald
Christoph Wunnicke
Dokumentarischer Abriss der Leninverehrung in Mecklenburg-Vorpommern
Horst Alsleben
Kloster Dobbertin vor und nach 1945: Von der Nutzung durch Flüchtlinge und als Mütterheim zur Verwendung für Aussiedler und als Landesaltersheim
Wolfgang Matthäus
Von der Abteilung Meereskunde in Berlin zum Institut für Meereskunde Warnemünde – die Meeresforschung in der DDR zwischen militärischer und ziviler Unterstellung
Wolfgang Klietz
Der Sprung in die Freiheit – die VÖLKERFREUNDSCHAFT kollidierte 1968 mit dem westdeutschen U-Bootjäger NAJADE
Peter Danker-Carstensen
„Von entscheidender Bedeutung ist die konzentrierte Einflußnahme auf die Museumspolitik unseres Bezirkes.“ Die SED-Bezirksleitung Rostock plant ein eigenes maritimes Museum
Konstantin Neumann
Sommer, Sonne, Stasi. Das Ministerium für Staatssicherheit auf dem Intercampingplatz Seehof bei Schwerin 1979-1989
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Rainer Körber
Wilhelm Thiemann – ein Richter und Staatsanwalt von der Monarchie bis zur DDR
Wolf Karge
Peter E. Erichson und die Kunst
D a s D o k u m e n t
Wolf Karge
Mary von Viereck – ihre Reise 1950 von Aumühle (bei Hamburg) in die Bezirke Rostock und Schwerin
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Eleonore Wolf
Zum Gedenken an 98 Opfer des KZ-Außenlagers
Jana Frank
Die innerdeutsche Grenze – nach 30 Jahren ein Fall für die Archäologie?
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Martin Mehlhorn
„Die Jugend sucht ihren eigenen Weg, wird ihn finden und gehen.“ Ein digitaler Stadtrundgang als historische Projektarbeit zum Kriegsende in Demmin 1945
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Matthias Manke
Das NS-Archiv des MfS im Landeshauptarchiv Schwerin. Mit einem Exkurs zum Flieger-Lynchmord in Steffenshagen am 25. August 1944
Eleonore Wolf
Die Kirchenbibliothek von St. Marien in Neubrandenburg
Antje Schröder
Die Bibliothek des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) – Deutschlands größte maritime Fachbibliothek
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Rudolph, Alexander
Von Gutsbesitzern und Schlossgeschichten
(Wolf Karge)
Kobsch, Andre/Zander, Ilka/Matuschat, Jörg
Gutshäuser und Schlösser in Vorpommern, Tl. 3
(Wolf Karge)
Röpcke, Andreas
Waidwerk, Wildnis, weite Welt. Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg 1873-1969
(Manfred Jatzlauk)
Diebold, Jan
Hochadel und Kolonialismus im 20. Jahrhundert. Die imperiale Biographie des „Afrika-Herzogs“ Adolf Friedrich zu Mecklenburg
(Reno Stutz)
Martin Farkas
Über Leben in Demmin
(Hans Clemens)
Steinhausen, Elke
Der Dwang. Die Geschichte einer kleinen Schweriner Halbinsel im Ostorfer See
(Henrik Bispinck)
Stude, Sebastian
Strom für die Republik. Die Stasi und das Kernkraftwerk Greifswald
(Olaf Strauß)
GanseI, Carsten/Stella, Kristina (Hg.)
Brigitte Reimann/Wolfgang Schreyer: Ich möchte so gern ein Held sein. Der Briefwechsel
(Jürgen Tremper)
Neumann, Tim
Boxen in der DDR. Die Geschichte des Boxverbandes der DDR
(Ralph Kaschka)
Diestel, Hans-Hermann
Schiffsunfälle der Deutschen Seereederei Rostock
(Jürgen Tremper)
Güth, Luise
Die Blockparteien im SED-System der letzten DDR-Jahre
(Ines Soldwisch)
Ebel, Andreas (Hg.)
Störtebeker Festspiele. Hinter den Kulissen
(Jürgen Tremper)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 22. Jg., 2018, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2018
Umfang: 135 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Die Themen gehen nicht aus. Erfreulich ist, dass sich auch immer mehr junge Autorinnen und Autoren der Zeitgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns zuwenden und die bereits bekannten "Gestandenen" immer wieder noch neue Facetten entdecken. Den Auftakt in diesem Heft bildet ein Beitrag, der sich am Beispiel von Rostock der 100-jährigen Geschichte der Novemberrevolution in Deutschland und ihrer unmittelbaren Folgen unter einem sehr speziellen Aspekt annimmt. Erstmals wird der heute so oft gescholtenen Macht der Medien (damals noch ausschließlich Printmedien) nachgegangen. Sie haben damals die Menschen tagesaktuell über die sich überstürzenden politischen Ereignisse informiert. Diesem Phänomen spürt Axel Weipert in seiner aufwändigen Untersuchung nach, wobei er das Verhältnis zwischen Peripherie und Zentrum der Revolution gegenüberstellt. Direkt daran schließt der in "Zeitgeschichte regional" bereits mehrfach aufgetretene Christoph Wunnicke mit seiner Darstellung der USPD in Mecklenburg an. Er geht aber (im Gegensatz zum Titel) auch auf einige Aspekte in Vorpommern ein, um schließlich weiteren Forschungsbedarf zu signalisieren. Damit erschöpft sich aber das Thema "Novemberrevolution" in diesem Heft. Einen ganz anderen Blick entwickelt Ingwer Momsen aus einer sehr persönlichen Perspektive. Der ausgewiesene Kieler Historiker kann aber aus seinem theoretischen Wissen die Quellen, die die Tätigkeit seines Vaters umfassen, ein detailreiches Bild der Siedlungsbewegung von Bauern in der Weimarer Republik aus Schleswig-Holstein nach Mecklenburg und Vorpommern zeichnen. Die Aufsiedlung zahlreicher in Konkurs gegangener Güter durch Siedlungsgesellschaften in dieser Region bildet eine wirtschaftliche und soziale Besonderheit, die in vielen Beispielen und Übersichten nachfühlbar geschildert wird. Die akribische Auswahl der Dokumente nimmt die Leser mit auf eine Zeitreise. Einem wohl unerschöpflichen Thema widmet sich das Redaktionsmitglied und der Autor bereits zahlreicher Beiträge in "Zeitgeschichte regional" Bernd Kasten. Das Kriegsgefangenenlager Stalag II E in Schwerin stand bisher weitgehend außerhalb der Forschung, die sich in den vergangenen Jahren stark auf das Stalag II A in Neubrandenburg konzentriert hatte. Der Autor schildert die Ausbeutung dieser Gefangenen als billige Arbeitskräfte, von denen besonders die Soldaten der Roten Armee einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt waren. Die zahlreichen Todesfälle durch Erschöpfung und Entkräftung belegen das eindrücklich. Ein interessanter Aspekt in diesen Untersuchungen ist auch, dass durch den Einsatz dieser Menschen tatsächlich der Mangel an männlichen deutschen Arbeitskräften teilweise kompensiert werden konnte. Andererseits war die physische Überforderung der Erfüllung der Arbeitsaufgaben eher hinderlich. Die Brutalität und die Rücksichtlosigkeit beim Einsatz der Gefangenen zeigen die Willkür der Lagerkommandanten und die Überforderung bei der Versorgung so großer Lager. Eine interessante Facette bildet die dagegen fast menschliche Behandlung französischer Kriegsgefangener, die sich teilweise relativ frei bewegen konnten. Aufschlussreich ist der angeschlossene Exkurs zum Umgang mit den Gräberfeldern der verstorbenen Gefangenen nach 1945. Matthias Manke widmet sich ebenfalls erneut dem Thema Kriegsende in Mecklenburg 1945. Akribisch geht er den in den vergangenen Jahren immer wieder durch "Erinnerungen" und Medienberichte kolportierten Massensuiziden beim Einmarsch der Roten Armee in den ersten Maitagen 1945 und in den folgenden Monaten nach. "Quellengesicherten" publizierten Zahlen geht er auf den Grund und kommt zu anderen Ergebnissen. Trotzdem lässt er keinen Zweifel an der Dramatik und der ausweglosen Wahrnehmung der damaligen Situation durch die betroffenen Menschen. Hervorzuheben ist auch seine Reflexion der gegenwärtigen Erinnerung an diese Ereignisse durch verschiedene politische Lager. Svenja Gierse aus Neubrandenburg nimmt ein eigentlich erfreuliches Kapitel der Geschichte unter die Lupe. Anlass war eine Sonderausstellung im dortigen Regionalmuseum, das sich in den Räumen des ehemaligen Franziskanerklosters befindet. In der DDR waren die mittelalterlichen Räume in der Backsteinarchitektur als Standesamt außerordentlich beliebt. Das Museum ging deshalb 2017 der Geschichte ziviler Eheschließungen in der Stadt seit der gesetzlichen Regelung von 1876 in einer Sonderausstellung nach. In der DDR wurde besonders versucht, die kirchliche Trauung zu verdrängen, und dafür die "sozialistische Eheschließung" erfunden. Eine Ironie der Geschichte ist es schon, dass dafür in Neubrandenburg ausgerechnet ein früher durch die Kirche genutztes Gebäude hergerichtet wurde. In der folgenden Rubrik in diesem Heft von "Zeitgeschichte regional" wird durch Michael Buddrus ein sehr spezielles Dokument vorgestellt. Er geht dem "Geschenk des Gaues Mecklenburg zum 50. Geburtstag Adolf Hitlers" nach. Das ordnet er in den historischen Kontext ein, um dann das Dokument selbst einer Analyse zu unterziehen. Ein zweites "Dokument" bilden dann mehrere Feldpostbriefe des Rostocker Chemikers Dr. Walter Turm aus dem Jahr 1942, die er von seinem Standort auf der Krim und später von der Ostfront an seine Frau schrieb. Seine Reflexion der Ereignisse an der Front wie auch die Reaktion auf die Bombardierung seiner Heimatstadt Rostock geben ein sehr sensibles Bild von den tatsächlichen und den selbst zugelassenen Gefühlswelten in jener Zeit. In der Rubrik "Regionale Geschichtsarbeit" berichtet Florian Ostrop von einem Projekt der Stiftung Mecklenburg, das queere Geschichte in Ausstellungen integrieren möchte. Über ein anderes Feld berichtet Constanze Jaiser in der Rubrik "Historisches Lernen". Sie beschreibt, wie ein pädagogisch angelegtes Projekt in Neubrandenburg mit der Reflexion von Geschichte an konkreten Orten umgeht und dies an Jugendliche vermittelt. Die Rubrik ,,Aus anderen Ländern" berichtet von einer Fotoausstellung im Landesverband Rheinland zur .Ruhrchemie". Den Abschluss bilden die obligatorischen Rezensionen und Neuerscheinungen. Insgesamt ist wieder ein pralles Heft mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Forschungen entstanden.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Axel Weipert
Die Novemberrevolution als mediales Ereignis. Das Beispiel Rostock
Christoph Wunnicke
Die USPD in Mecklenburg. Eine Unbekannte der mecklenburgischen Parteigeschichte
Ingwer Ernst Momsen
Dreihundert Bauern zogen 1934-1938 aus Schleswig-Holstein nach Mecklenburg und Vorpommern. Wie der Kieler Siedlungsbeamte Ernst Momsen die West-Ost-Siedlung organisierte
Bernd Kasten
Das Kriegsgefangenenlager Stalag II E in Schwerin 1940-1944
Matthias Manke
Ertrunken in der Torfgrube. Sterben in Stavenhagen, Ivenack, Kittendorf und Zettemin im Jahr 1945
Svenja Gierse
Neubrandenburg – ein Eldorado für Hochzeitswillige. Standesamtliche Eheschließungen in der Vier-Tore-Stadt
D a s D o k u m e n t
Michael Buddrus
Führergeburtstag 1939. Die Geschenke des Gaues Mecklenburg zum 50. Geburtstag Adolf Hitlers
Sabine Tunn
Sorge um die Heimat. Eine Auswahl der Feldpostbriefe des Dr. Walter Tunn von der Ostfront aus dem Jahr 1942
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Florian Ostrop
Selbstverständlich(?) erzählen: Die Stiftung Mecklenburg und das Kulturhistorische Museum Rostock integrieren queere Geschichte in ihren Ausstellungen
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Constanze Jaiser
Historische Orte und Räume des Gewahrens. Wie lebendige Erinnerung durch Kooperation gelingt
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Rainer Schlautmann
Stoffwechsel – die Ruhrchemie in der Fotografie. Eine Ausstellung des LVR-Industriemuseums und der LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Stutz, Reno/Keipke, Bodo/Lorenzen-Schmidt, Angrit/Münch, Ernst
Rostock Lexikon
(Ortwin Pelc)
Büsing, Anne/Büsing, Kirsten/Haarländer, Heide
Alumnen und ihre Exlibris
(Henrik Bispinck)
John, Anke
Köpfe. Institutionen. Bereiche. Mecklenburgische Landes- und Regionalgeschichte seit dem 19. Jahrhundert
(Martin Buchsteiner)
Mansee, Susanne
Die Kaiserbäder auf Usedom
(Jürgen Tremper)
Hirschfeld, Knut
Ein brandenburgischer Kreis auf dem Weg in die braune Diktatur
(Christoph Wunnicke)
Beyerle, Stefan
Studium und Terror. Jüdische Studierende in der Zeit des Nationalsozialismus
(Sabine Grauer)
Salomon, Ralf
Friedrich Hildebrandt
(Bernd Kasten)
Kuntsche, Siegfried
Die Akademie der Landwirtschaftswissenschaften 1951-1990
(Reno Stutz)
Braun, Peter/Straub, Martin (Hg.)
Ins Innere. Annäherungen an Franz Fühmann
(Jürgen Tremper)
Schröder, Klaus/Staadt, Jochen (Hg.)
Die Todesopfer des DDR-Grenzregimes an der innerdeutschen Grenze 1949-1989
(Andreas Wagner)
E h r u n g
Ingo Koch
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ehrt Angrit Lorenzen-Schmidt mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 22. Jg., 2018, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2018
Umfang: 123 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Diese Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ nimmt einmal mehr ihren chronologischen Ausgangspunkt bei der Jahrhundertzäsur Erster Weltkrieg. Und wieder ist es Falk Bersch, der unter dem Titel „Der Krieg ist Teufelswerk!“ über den (akribisch recherchierten) Lebensweg von sogenannt kleinen Leuten, Paul und Johanna Suhrbier, berichtet: über die Anfechtungen des Zwangs zu Kriegsdiensten, den Mut zu Verweigerung und Selbstbehauptung, die Leidensgeschichten in national- und anders sozialistischen Haftanstalten vor und nach 1945, verursacht durch das offene Glaubensbekenntnis der Betroffenen. Die Kriege des 20. Jahrhunderts haben in diesem Landstrich zahlreiche Spuren hinterlassen, von denen viele noch zu entdecken und zu deuten sind. So war bislang nicht viel mehr als die Existenz des Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlagers II C in Greifswald vom Beginn des Zweiten Weltkrieges im Herbst 1939 bis zu dessen Ende im Frühjahr 1945 bekannt. Thomas Bartels liefert Erkenntnisse zu dessen Strukturen, den Gefangenengruppen sowie dem Alltag der Kriegsgefangenen in Greifswald und Umgebung. Er regt weitere Forschungen und die Gründung einer Interessengemeinschaft Stalag II C an. Viele – insbesondere östliche – Städte und Gemeinden des heutigen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern erreichten die physischen und materiellen Verheerungen dieses Krieges erst zu dessen Ende, dafür aber umso dramatischer. Das bereits vorher erreichte Ausmaß seelisch-moralischer Zerrüttung erfuhr nochmals eine enorme Steigerung. Die Selbsttötungswelle des Jahres 1945 brachte es zum Ausdruck, und die Schockwellen beben bis heute nach. Eleonore Wolf, die Neubrandenburger Stadtarchivarin, skizziert dies für Neubrandenburg unmittelbar vor und in den ersten Jahren nach Kriegsende. Sie bilanziert die bisher für die Stadt ermittelten Opferzahlen von Ende April bis Ende September 1945, liefert aber auch Eindrücke zu den Lebensbedingungen der in der Stadt gebliebenen Menschen sowie dazu gekommenen Flüchtlinge und Vertriebenen und ergänzt so das in früheren Ausgaben dieser Zeitschrift begonnene Bild zum Thema. Die eigentliche chronologische Klammer dieser Ausgabe bilden aber zwei Beiträge mit schulgeschichtlichem Bezug. Gabriele Förster aus Greifswald bietet mit ihrem Beitrag über die besonderen Probleme der ländlichen Volksschulen Pommerns in der Zeit der Weimarer Republik interessante Einblicke in die institutionelle Verfasstheit der Volksschulen in den Dörfern der preußischen Provinz Pommern. Interessanter noch sind die sozial- und alltagsgeschichtlichen Informationen über die Schulkinder und die Lehrkräfte. Die 100 Jahre später abgelaufenen rasanten Veränderungen und Entwicklungen des Schulwesens in der Region Rostock-Land zwischen 1990 und 2017 lässt der Schulrat Klaus Scherer in seinen Erinnerungen Revue passieren. Den Untersuchungen von Jenny Linek aus Greifswald über Anspruch und Wirklichkeit der Gesundheitsvorsorge in der DDR verdanken wir für diese Ausgabe einen Beitrag über das Betriebsgesundheitswesen im Bezirk Rostock zwischen 1950 und 1980. Der Bedeutung und Ausprägung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in der DDR mit der Verankerung in den Betrieben spürt Frau Linek vor allem aus der Perspektive des Betriebsgesundheitswesens nach. Das Geflecht historischer Kontinuitäten und internationaler Verbindungen, das die DDR-Entwicklung wesentlich prägte, bietet noch viel Stoff für wissenschaftliche Forschung, die über politikgeschichtliche Fragestellungen und politische Interessen hinausgeht. Wolfgang Klietz aus Hamburg weist in diese Richtung, wenn er das Projekt „Rügenhafen“ in die Geschichte geopolitischer Auseinandersetzungen des 19. Und 20. Jahrhunderts einordnet. Der Museumsdirektor im Ruhestand, Peter Danker-Carstensen, setzt hier seine Reihe zum Umgang mit Kulturgut aus den Rostocker Museen in den 1970er und 1980er Jahren fort, indem er einen Fall aufgreift, der zum Beginn der 1990er Jahre ein Politikum in Rostock wurde: Stephan Jantzens verschwundene Möbel. Unser Redaktionsmitglied Wolf Karge hat auch sich selbst 2017 einen Wunsch erfüllt und mit der Ausstellung „FAK-tisch – Designed in MV – Designausbildung an der FachHochSchule für angewandte Kunst Heiligendamm 1953-2000“ dieser außergewöhnlichen Bildungseinrichtung an ungewöhnlichem Ort ein Erinnerungszeichen gesetzt. Er berichtet hier über das Projekt regionaler Geschichtsarbeit und dessen Präsentation im Schweriner Schleswig-Holstein-Haus. Die Reihe der Greifswalder Autoren in diesem Heft beschließt Max Hartung mit seinem Überblick über frei zugängliche, personenbezogene, private Quellenbestände mit Bezug zu Mecklenburg-Vorpommern im Internet. Von jenseits unseres Tellerrands erreichten uns zwei Beiträge, die auch uns betreffen. Unter dem Titel „Kommunismus unter Denkmalschutz? Denkmalpflege als historische Aufklärung“ hatten das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum sowie das Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam am 26. und 27. Oktober 2017 über den Umgang mit sozialistischen Denkmälern nach 1990 zur Diskussion eingeladen, worüber Bettina Altendorf berichtet. Über eine höchst aktuelle Ausstellung an berufener Stelle, der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde in Berlin, wo heute Geflüchtete aus Kriegs- und Krisengebieten in einem „Übergangswohnheim“ leben, erfahren wir etwas von Henrik Bispinck. Letzterer betreut auch die Rubriken Rezensionen/Annotationen bzw. Neuerscheinungen. Die Redaktion meint, dass ihm dafür Dank gebührt.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Falk Bersch
„Der Krieg ist Teufelswerk!“ Leben und Wirken von Paul und Johanna Suhrbier
Gabriele Förster
Ländliche Volksschulen Pommerns während der Weimarer Republik
Thomas Bartels
Das Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager II C – Neue Erkenntnisse zu den Strukturen sowie zum Alltag der Kriegsgefangenen in Greifswald und Umgebung
Eleonore Wolf
Flüchtlinge, Suizidopfer und Vertriebene zum Kriegsende 1945 in Neubrandenburg
Jenny Linek
„Denn es ist ja nicht immer leicht, Betriebsarzt zu sein“. Prävention und Gesundheitsförderung im Betriebsgesundheitswesen des Bezirks Rostock in den 1950er bis 1970er Jahren
Wolfgang Klietz
Rügenhafen
Peter Danker-Carstensen
„Eine Anzeige an die DVP zur Fahndung erfolgte nicht.“ Des Lotsenkapitäns verschwundene Möbel – zum Umgang mit Kulturgut aus den Rostocker Museen in den 1970er und 1980er Jahren
E r i n n e r u n g e n
Klaus Scherer
Veränderungen und Entwicklungen des Schulwesens in der Region Rostock-Land zwischen 1990 und 2017. Erinnerungen und Erfahrungen eines Schulrates
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Wolf Karge
FAKtisch – Designed in MV – Designausbildung an der FachHochSchule für angewandte Kunst Heiligendamm 1953-2000. Eine Ausstellung im Kulturforum Schleswig-Holstein-Haus Schwerin vom 10. Dezember 2017 bis 18. Februar 2018
Max Hartung
Uropa ist jetzt online. Frei zugängliche, personenbezogene, private Quellenbestände zu Mecklenburg-Vorpommern im Internet
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Bettina Altendorf
Kommunismus unter Denkmalschutz? Denkmalpflege als historische Aufklärung. Eine Tagung des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (BLDAM) sowie des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) am 26. und 27. Oktober 2017
Henrik Bispinck
Nach der Flucht – Wie wir leben wollen. Eine Sonderausstellung in der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde in Berlin
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Rosenthal, Erwin (Hg.)
Swinemünde – ´Swinouj´scie
(Helge Heidemeyer)
Karge, Wolf/Herold, Heiko/Ostrop, Florian (Hg.)
Stier und Adler. 200 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Mecklenburg-Schwerin und den Vereinigten Staaten von Amerika 1816-2016
(Ulf Morgenstern)
Arrieta, Katrin/Ehlert, Sebastian (Red.)
Lyonel Feininger
Arrieta, Katrin (Hg.)
Licht, Luft, Freiheit. 125 Jahre Künstlerkolonie Ahrenshoop
Karge, Wolf
Ahrenshoop. Künstlerkolonie zwischen Meer und Bodden
(Beatrice Vierneisel)
Garling, Nadine/Schweitzer, Diana (Hg.)
„… so blickt der Krieg in allen Enden hindurch“. Die Hansestadt Lübeck im Kriegsalltag 1914-1918
(Antje Strahl)
Die Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (Hg.)
Staatsdoping in der DDR
(Ralph Kaschka)
Handorf, Dirk/Kirchner, Jörg (Hg.)
Alles Platte? Architektur im Norden der DDR als kulturelles Erbe
(Jürgen Tremper)
Presse- und Informationsstelle der Hansestadt Rostock (Hg.)
Von ATA bis Zentralkomitee. DDR-Alltag in Objekten
(Henrik Bispinck)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 21. Jg., 2017, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2017
Umfang: 123 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Obwohl es in der Landesgeschichtsforschung in den letzten 30 Jahren wahrlich nicht an tätiger Betriebsamkeit gefehlt hat, weist die neuere Geschichte Mecklenburgs und Vorpommerns immer noch weiße Flecken auf. Es gehört zu dem besonderen Anliegen der Rostocker Geschichtswerkstatt, mit den Beiträgen in „Zeitgeschichte regional“ diese Lücken zu füllen, und sie ist dabei schon ein ganzes Stück vorangekommen. Auch das vorliegende Heft stellt einen Schritt auf diesem Weg dar, indem es neue Erkenntnisse zur Regionalgeschichte präsentiert. Die junge Potsdamer Historikerin Marie Ch. Behrendt untersucht die Geschichte der Juden in Wolgast in der Weimarer Republik und NS-Zeit. Erstaunlich viele von diesen waren keine alteingesessenen Bürger, sondern erst Anfang der 1920er Jahre als Flüchtlinge aus Westpreußen in die Stadt gekommen. Der Schweriner Stadtarchivar Bernd Kasten nimmt mit seiner Untersuchung über das Schicksal der in Mecklenburg lebenden bzw. das Land durchziehenden Sinti und Roma in der NS-Zeit eine andere Opfergruppe in den Blick. Die detailreiche Studie erläutert Abläufe und Mechanismen der Verfolgung und nennt in einem Anhang die Namen der Opfer. Auch was die DDR-Zeit angeht, gibt es für Historiker noch viel zu tun. Und nicht alles davon betrifft die Verfolgung politischer Gegner. Wolf Karge erläutert am Beispiel des 1968 errichteten Warnemünder „Teepotts“ und der von Ulrich Müther entwickelten Hyparschalen, dass die Architekten der DDR durchaus mehr konnten als Plattenbauten auf der grünen Wiese aneinanderzureihen. Der ingenieurtechnisch ausgesprochen innovative Bau steht heute zu Recht unter Denkmalschutz. Der japanische Historiker Nobuharu Kawai beschäftigt sich mit der Verteilung von Urlaubsplätzen im Bezirk Rostock, einem interessanten und bisher wenig untersuchten Thema der Sozial- und Alltagsgeschichte der DDR. Die staatlichen Pläne zur Organisation der Erholungspolitik standen in einem auffälligen Spannungsverhältnis zur Privatinitiative der Bürger, die die Gestaltung ihres Urlaubs keineswegs dem Staat allein überlassen wollten. Die von vielfältigen Umbrüchen und Neubesetzungen begleitete Entwicklung der Rostocker Geschichtsmethodik von 1945 bis 1962 untersucht der Lehrer Tino Reuter. Nach recht ermutigenden Anfängen machte sich der Einfluss der SED hier bald immer stärker bemerkbar, und vor allem in der letzten Phase von 1956 bis 1963 verschwammen die Grenzen zwischen intendierender und reflektierender Geschichtsmethodik zunehmend. Im Mittelpunkt der „Biografischen Skizze“ steht mit Johannes Lachs eine schillernde Persönlichkeit. Peter Danker-Carstensen zeigt, dass Lachs, der 1982 nicht zuletzt auf Betreiben des Ministeriums für Staatssicherheit als Direktor des Schifffahrtsmuseums abgesetzt wurde, selbst jahrelang als Inoffizieller Mitarbeiter tätig gewesen war. Opfer und Täter sind gerade in dieser Geschichte nicht immer klar zu trennen. Die Gründe für die Entlassung von Lachs lagen sicherlich weniger in seinen Westkontakten, seinen Alkoholproblemen und seinen außerehelichen Affären begründet als vielmehr in seiner ständigen Kritik an der mangelnden Unterstützung seines Museums durch Staatsorgane und die SED-Bezirksleitung. In der Rubrik „Das Dokument“ stellt der in Mainz arbeitende Martin Göllnitz das 1934 entwickelte Projekt, in Rügen eine „Universität des Nordens“ zu gründen, vor. Der an den Führer der Deutschen Studentenschaft Oskar Stäbel gesandte, vom Herausgeber mit ausführlichen Anmerkungen und Kommentaren versehene Plan wurde zwar nie realisiert, zeigt aber, wie groß anfänglich die Unsicherheit innerhalb der NSDAP darüber war, welches hochschulpolitische Konzept verfolgt werden sollte. Als Diskussionsbeitrag stellt Holger Björkquist vom Förderkreis für Luft- und Raumfahrt Mecklenburg-Vorpommern e.V. seine Sichtweise Ernst Heinkels vor. Nach Björkquists Auffassung stand im unternehmerischen Leben Heinkels immer die Erhaltung der Leistungsfähigkeit seiner Beschäftigten im Mittelpunkt, während das Verhältnis gegenüber seinen Direktoren und Ingenieuren oft von Misstrauen geprägt war, was der Autor auf Heinkels latentes Minderwertigkeitsgefühl zurückführt. Im Bereich „Regionale Geschichtsarbeit“ befasst sich Helga Radau mit dem Gedenken an das Stalag Luft I in Barth in den Jahren von 1985 bis 2017. In der vorpommerschen Kleinstadt hat sich aus sehr bescheidenen Anfängen seit 1996 mittlerweile ein die historischen Ereignisse detailliert vermittelnder Gedenkort entwickelt. Johanna Meyer-Lenz stellt unter der Rubrik „Aus anderen Ländern“ die Ergebnisse eines Symposiums am 29. und 30. Juni 2017 im Museum für Hamburgische Geschichte zur Revolution 1918/19 in Hamburg vor. Eine Vielzahl neuer Erkenntnisse aus den Bereichen der politischen Kulturgeschichte, der Diskurs- und Mentalitätsgeschichte ergibt insgesamt einen ganz neuen Blick auf diese bisher in der Forschung wie in der historischen Erinnerung wenig präsente Revolution. An dieser Stelle möchten wir den Autorinnen und Autoren sowie den Verfassern der Rezensionen und Annotationen herzlich danken. Wir hoffen auf Ihre weitere Mitwirkung.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Marie Ch. Behrendt
Vom „roten Wolgast“ zur braunen Durchschnittsstadt. Neue Forschungsergebnisse zur jüdischen Geschichte und zur Geschichte des Nationalsozialismus in Wolgast
Bernd Kasten
Die Verfolgung von „Zigeunern“ in Mecklenburg 1933-1945
Wolf Karge
Der „Teepott“ in Warnemünde
Nobuharu Kawai
Konflikte um die Verteilung von Urlaubsplätzen. Zur „Erholungspolitik“ der SED im Bezirk Rostock
Tino Reuter
Die Rostocker Geschichtsmethodik 1945-1962
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Peter Danker-Carstensen
„Zweifellos war das MfS die treibende Kraft im Hintergrund.“ Eine biografische Fallstudie zum Umgang des Ministeriums für Staatssicherheit mit unbequemen Inoffiziellen Mitarbeitern
D a s D o k u m e n t
Martin Göllnitz
Rügen und die Idee einer „Universität des Nordens“. Ein grotesker Projektantrag vom Februar 1934
D i s k u s s i o n
Holger Björkquist
Zur Widersprüchlichkeit der Person Ernst Heinkel – „Ein Minderwertigkeitskomplex fühlt sich ständig angegriffen“
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Helga Radau
Gedenken an das Stalag Luft I in Barth von 1985 bis 2017
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Johanna Meyer-Lenz
Die Revolution 1918/19 in Hamburg – Ergebnisse, Vergleiche und Bewertungen. Symposium am 29. und 30. Juni 2017 im Museum für Hamburgische Geschichte
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Heinlein, Anne/Gnaudschun, Göran
Wüstungen
(Henrik Bispinck)
Voss, Marcus (Hg.)
Stilles Land und großes Kino. Filme, Drehorte und Stars in Mecklenburg-Vorpommern entdecken
(Henrik Bispinck)
Uzulis, André
Hans Fallada
Walther, Peter
Hans Fallada
(Jürgen Tremper)
Maurel, Micheline
Die Liebe besiegt alles. Bericht aus einem Frauen-KZ
(Miriam Finkeldey)
Quartiersbüro Schönwalde II (Hg.)
40 Jahre Greifswald Schönwalde II
(Irmfried Garbe)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 21. Jg., 2017, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2017
Umfang: 127 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Wir, die Redaktionsmitglieder von "Zeitgeschichte reqional", versuchen in regelmäßigen Sitzungen die Hefte zu planen. Bisweilen erleben wir aber, dass uns dann ganz andere Ergebnisse begegnen. So war es diesmal nicht geplant, ein Themenheft zum Nationalsozialismus in Mecklenburg anzubieten. Gleichwohl, da ist es nun: Heft 1 des 21. Jahrgangs - wir sind damit zufrieden, verbunden mit der Hoffnung, dass Sie es nach der Lektüre auch sind. Die aus dem Erlebnishorizont der Zeitgenossen des frühen 21. Jahrhunderts allmählich entschwindende erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hat immer noch so viel Wirkungsmacht und bietet trotz der jahrzehntelangen Beforschung noch so viel Stoff, dass unsere "Zeitgeschichte“ noch lange nicht ohne die Einbeziehung der kritischen Betrachtung jener Jahrzehnte auskommen wird. Jakob Schwichtenberg hat sich mit der Inszenierung und Instrumentalisierung der Festung Dömitz als "Festung des nationalsozialistischen Geistes " aus Anlass der 700-Jahrfeier der Ersterwähnung von Dömitz 1935 befasst. Ein mit politisch begründeten Verbrechen verbundener Kulturfrevel anderer Art wirkt bis heute fort und verschafft einer historischen Teildisziplin eine eigene Bedeutung: Provenienzforschung zur Identifizierung von unrechtmäßig entzogenen Kulturgütern. Berichte über bedeutende Kunstsammlungen wie im Fall Gurlitt erreichten eine hohe mediale Aufmerksamkeit. Da davon ausgegangen wird, dass es sich bei Fällen wie jenem eher um die Spitze des Eisberges handelt, wird seit Jahren die gezielte Suche nach geraubtem Kunst- und Kulturgut in musealen oder wissenschaftlichen Sammlungen gefördert. Antje Strahl, die in der Universitätsbibliothek Rostock nach geraubten Büchern recherchierte, stellt die Mühen dieser Suche sowie einige Befunde über "außergewöhnliche Erwerbungen zwischen 1933 und 1945" vor. Sowohl der Beitrag von Rene Wiese über das Beispiel der Auseinandersetzungen um die Pastoren Johannes Beltz und Paul Nix in der Gemeinde Uelitz also auch der Aufsatz von Felix Seidel über die Spaltung der Kirchengemeinde Eldena und die sich daraus ergebenden kirchenpolitischen Auseinandersetzungen in den Jahren 1933-1937 beschäftigen sich mit dem "Kirchenkampf' im Nationalsozialismus und machen beide klar, dass damit eher der Kampf um einen Platz im politischen System der von der NSDAP dominierten Gesellschaft als dagegen geführt wurde. Der Versuch religiöser Selbstbehauptung der Bekenntnisgemeinden gegenüber den antisemitischen, rassistischen Ideologemen der Nazis wurde indes von diesen als Widerstand bekämpft. Die Lebenswege im Nationalsozialismus erscheinen bisweilen verschlungen, Bekenntnisse zu dessen amorpher Ideologie schillernd, zumal in Loyalitätskonflikten etwa mit christlichen Glaubensbekenntnissen. Daraus erwachsene Konflikte wurden nicht selten nach 1945 zur Exkulpation oder für die Entwicklung von Widerstandslegenden herangezogen. Ulrich Peter beschreibt in der biografischen Skizze über Werner May (1903-1975) so einen schillernden Lebensweg: Sohn aus gutbürgerlichem, protestantischem Elternhaus, abgebrochener Theologiestudent, Lehrer, dessen Weg in ein Pfarramt in Mecklenburg und spätere Wechsel zwischen den Konfessionen wohl nur mit der Konstellation unter der Führung des sogenannt deutschchristlichen Bischofs Walter Schultz erklärbar ist. Die Beziehung zwischen beiden muss wohl eine besondere gewesen sein, da May Schultz über dessen Tod hinaus mit Hilfe seiner weiteren Berufung – der Schriftstellerei - rehabilitieren wollte. Während jene beiden – Schultz und May – vergleichsweise glimpflich über den Bruch von 1945 hinwegkamen, brachte dieser für viele Andere den Zusammenbruch im Wortsinne. Das Sterben erreichte unter der deutschen Zivilbevölkerung in vielen Orten Vorpommerns und Mecklenburgs im Mai 1945 einen dramatischen Höhepunkt. Die Zahl der Selbsttötungen ging in einer Reihe von Städten in die Hunderte. Demmin hat in diesem Zusammenhang traurige .Berühmtheit" erlangt. Matthias Manke unterzieht in diesem Heft das Sterben in Dargun und Neukalen im Jahr 1945 auf der Grundlage verfügbarer Quellen einer Analyse. Er benennt dabei eine systematische, übergreifend vergleichende Analyse als Desiderat. Der erhoffte Neubeginn war mit vielen Hypotheken belastet. Die Entwicklung der DDR blieb immer auf ihre Vorgeschichte und auf die Konkurrenz zum anderen deutschen Staat bezogen. Diese Konfrontation durchdrang alle gesellschaftlichen Bereiche. Für den Sport hatte sie eine besondere Bedeutung. Ralph Kaschka beschreibt am Beispiel von Traktor Schwerin die Durchdringung einer Sportorganisation durch das MfS "im Kampf gegen den BND". Peter Danker-Carstensen, der vormalige Direktor des Schifffahrts- und Schiffbaumuseums Rostock, hat mit seinem Eintritt in den Ruhestand begonnen, Rostocker Museumsgeschichte, insbesondere die Geschichte der maritimen Museen, aufzuarbeiten. Für "Zeitgeschichte regional" hatte er bereits einen Abriss der Entwicklung des Rostocker Schifffahrtsmuseums verfasst. Hier folgt nun ein Überblick über die 20-jährige DDR-Geschichte des Schiffbaumuseums Rostock von 1970 bis 1990 - Museumsgeschichte wie aus einer anderen Welt: eine Geschichte von Enthusiasmus, ideologischer Enge, heute undenkbar scheinenden Kooperationsmöglichkeiten und erzwungenem Erfindungsreichtum. Diese Ausgabe von "Zeitgeschichte regional" wird fast vollständig durch Aufsätze gefüllt. Schlaglichter auf die Geschichtsarbeit im Land werden diesmal nur mit zwei Themen geworfen. Matthias Manke ergänzt in der Rubrik "Diskussion" seine hier bereits früher vorgetragenen „Ansichten über die Zukunft der Stasi-Unterlagen der drei Nordbezirke" und bricht einmal mehr eine Lanze dafür, der von zahlreichen Wissenschaftlern seit langem angemahnten ganzheitlichen Betrachtung der DDR-Geschichte durch eine Zusammenführung der archivischen Überlieferung von SED, Parteien und Massenorganisationen, Staatssicherheit und übrigem Staatsapparat zu entsprechen. Andreas Wagner erinnert mit einem Nachruf an eine ihm durch die Beschäftigung mit der Geschichte des Strafvollzugs in Bützow bekannt gewordene Zeitzeugin, die in dieser Rolle einen Beitrag zur Neugestaltung des Bützower "Krummen Hauses" geleistet hat: Margarete Wegener (1928-2017). Rezensionen bzw. Annotationen sowie Informationen über Neuerscheinungen von Publikationen zur Zeitgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns sind und bleiben auch weiter ein wichtiger Eckpunkt von "Zeitgeschichte regional".
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Jakob Schwichtenberg
Festung Dömitz 1935. Verortung und Inszenierung nationalsozialistischer Geschichtsvorstellungen in Mecklenburg
Antje Strahl
Geraubte Bücher. Außergewöhnliche Erwerbungen der Universitätsbibliothek Rostock zwischen 1933 und 1945
René Wiese
Völkische Bewegung im Kirchenkampf. Die Uelitzer Pastoren Johannes Beltz und Paul Nix im Nationalsozialismus
Felix Seidel
Die Spaltung Eldenas. Positionierungen innerhalb einer mecklenburgischen Kirchengemeinde im Kontext der kirchenpolitischen Auseinandersetzungen 1933-1937
Matthias Manke
In der Peene tot aufgefunden. Sterben in Dargun und Neukalen im Jahr 1945
Ralph Kaschka
Im Kampf gegen den BND. Der Chef des Sportclubs Traktor Schwerin als geheimer Informator des MfS
Peter Danker-Carstensen
Neue Museen braucht das Land. Das Schiffbaumuseum Rostock 1970-1990
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Ulrich Peter
Werner May (1903-1975). Lehrer – Pfarrer – Schriftsteller
D i s k u s s i o n
Matthias Manke
Noch einmal: Ansichten über die Zukunft der Stasi-Unterlagen der drei Nordbezirke
N a c h r u f
Andreas Wagner
Margarete Wegener (1928-2017)
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
March, Ulrich
Kleine Geschichte des Ostseeraums
(Christian Nestler)
Röpcke, Andreas (Hg.)
Biographisches Lexikon für Mecklenburg, Bd. 8
(Henrik Bispinck)
Sens, Ingo
Bier für Rostock
(Sebastian Schwanke)
Strahl, Antje/Stutz, Reno (Hg.)
Der Erste Weltkrieg in Mecklenburger Tagebüchern
(Ulf Morgenstern)
Fehling, Thomas (Hg.)
Lyonel Feininger in Ribnitz und Damgarten
(Beatrice Vierneisel)
Ahrberg, Edda/Drescher, Anne
„…bitte ich um Begnadigung…“ Der Arzt Johannes Hecker (1902-1946)
(Rahel Frank)
Gawlick, Henry (Hg.)
„Die Russen kommen“. Soldatenbilder von 1946.
(Martin Buchsteiner)
Köpp, Wolfgang
Heimat bleibst Du immer. Ein ostdeutsches Lesebuch
(Jürgen Tremper)
Högselius, Per
Die deutsch-deutsche Geschichte des Kernkraftwerkes Greifswald
(Sebastian Stude)
Lorenzen, Heidrun/Lorenzen, Andreas/Tiedemann, Klaus
Jo Jastram
(Wolf Karge)
Stude, Sebastian/Stirn, Andreas
„Und wir haben ja auch diesen Staat überdauert…“ Die evangelische Kirche in der Prignitz zwischen 1971 und 1989/90
(Christoph Wunnicke)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 20. Jg., 2016, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2016
Umfang: 103 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Dieses Heft von „Zeitgeschichte regional“ umfasst 100 Jahre Geschichte und ihre Rezeption in Mecklenburg-Vorpommern. Die Gedenkstätte Wöbbelin bietet gleichsam die Klammer. Wolf Karge nimmt in seinem Beitrag über die 1916 angelegten Gästebücher beim Grab für Theodor Körner auf den unauflöslichen Zusammenhang von Geschichtsschreibung und Rezeptionsgeschichte Bezug. Er stellt eine Quelle vor, die ihrerseits durch eine 100-jährige Geschichte der Rezeption des Mythos vom „Helden“ Theodor Körner vor geprägt war. 100 Jahre später sucht eine neue Generation nach anderen Zugängen zum Verstehen dieses Ortes. Über die vom Dachverein Mahn- und Gedenkstätten im Landkreis Ludwigslust-Parchim e.V. ausgerichtete Tagung „Archäologie und Geschichte – mit archäologischen Metho den Zeitgeschichte sichtbar machen“ berichtet Bernd Kasten. Er zeigt einen weiteren Horizont heutiger Rezeption, die überdies um kritische Reflexion bemüht ist. Die Verschränkung aktueller Debatten mit Geschichte zeigt sich bei weiteren Texten in diesem Heft. Die Rolle und Wahrnehmung Vorpommerns wird seit dem Wiederentstehen des „Bindesstrich-Landes“ Mecklenburg-Vorpommern 1990 immer wieder diskutiert. Mit der Einsetzung eines Staatssekretärs für Vorpommern im Herbst 2016 scheint eine neue Qualität erreicht zu sein; mitnichten, wie Matthias Manke anhand von Quellen aus dem Landeshauptarchiv Schwerin dokumentiert. Die Integrationsschwierigkeiten des 1945 erzwungenen Mecklenburg-Vorpommern hatten schon seinerzeit Überlegungen bei der Landesverwaltung veranlasst, einen „Bevollmächtigten“ für Vorpommern zu installieren. Der Ertrag wurde seinerzeit angezweifelt, die Idee verworfen. Vorpommern steht auch im Hintergrund einer doppelten Rezeptionsgeschichte. Im Mittelpunkt steht das im Landesarchiv Greifswald verwahrte Archivgut. Matthias Manke liefert hier eine engagierte Würdigung des nicht begangenen 70-jährigen Jubiläums eines aus der Not geborenen Provisoriums. Die Geschichte der Rettung eines Teils der archivischen Überlieferung Pommerns aus den Wirren von Krieg und Nachkrieg sieht ihrem Ende entgegen. Die bisher zur Perspektive des Archivs geäußerten Überlegungen ordnet der Autor einer „aus gewisser Geschichtsferne gespeisten und mühelos zu verlängernden Reihe historischer Unbekümmertheiten der Landespolitik“ zu. Einen anderen Entwicklungsstrang Vorpommerns beleuchtet Martin Albrecht am Torgelower Beispiel. Vorpommern hatte in den 1930er Jahren teil an einem Modernisierungsschub durch Aufrüstung. Anknüpfend an Keimzellen von Industrie entwickelte sich Torgelow zu einem Zentrum der Munitionsproduktion für die deutsche Kriegsmaschine. Martin Albrecht umreist den Auf- und Abbau der Rüstungsbetriebe in Torgelow von der Mitte der 1930er Jahre bis in die Nachkriegszeit. Was bleibt, ist – neben den Überresten – das 1946 rückwirkend zum 1. Juni 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht dekretierte Stadtrecht für Torgelow. Auch so wird Rezeption beeinflusst. 2017 wird sich die russische Oktoberrevolution zum 100. Mal jähren. Am Beispiel des Lenin-Denkmals in Schwerin liefert Andreas Röpcke einen interessanten rezeptionsgeschichtlichen Beitrag, wobei ihn besonders der teilweise skurrile Umgang von Verwaltung, Bevölkerung und Künstler mit dem Thema und dem Objekt Denkmal interessieren. Auch der Aufsatz von Peter Danker-Carstensen über das Rostocker Schifffahrtsmuseum steht in Beziehung zu einer hochemotional geführten Diskussion – über den Umgang mit Kultur und Museen. Hier ist das Verständnis von Rostock als Großstadt und regionales Zentrum mit langer maritimer Tradition berührt, das mit individueller Lebensgeschichte verbunden wird. Dazu gehörte die Intention, Rostock als wirtschaftliches Zentrum der DDR inszenieren zu helfen. Wie in der DDR-Zeit stehen die Ambitionen zur Entwicklung des Museums heute in keinem Verhältnis zu den vorhandenen Möglichkeiten der Hansestadt Rostock. Die Inszenierung von Sozialismus zerbrach nicht zuletzt an moralischer Diskreditierung. Die Entlarvung der DDR als Beteiligte am internationalen Waffenhandel infolge der Offenbarung des Waffenlagers bei Kavelstorf in der Nähe von Rostock Anfang Dezember 1989 war ein Beitrag zur Delegitimierung des politischen Systems der DDR. Die IMES GmbH war seinerzeit in aller Munde. Der bereits seit den 1960er Jahren bestehende Ingenieurtechnische Außenhandel (ITA) war hingegen kein Thema. Wolfgang Klietz zeichnet ein Bild dieses eher unbekannten Waffenhändlers der DDR. Er leistet hier einen Beitrag zur Rezeption der DDR als Rüstungsstandort und Teil des internationalen Waffengeschäfts. Kaum ein Aspekt hat die DDR stärker in Misskredit gebrachtals das Grenzregime mit seinen tödlichen Folgen. Nach dessen Ende entstand in den 1990er Jahren entlang des „Grünen Bandes“ eine Reihe von Erinnerungsstätten. In Mecklenburg-Vorpommern konnte sich in den letzten Jahren das „Grenzhus“ in Schlagsdorf weiter profilieren. Nun soll die Bildungs- und Erinnerungsarbeit vor Ort durch umfangreiche Investitionen, insbesondere in die Ausstellung, auf eine neue qualitative Stufe gehoben werden, wovon Andreas Wagner berichtet. Eine besondere Bedeutung für die Rezeptionsgeschichte des Themas DDR-Grenzregime hat das Grenzhus in Schlagsdorf schon heute. So abschreckend das Grenzregime der DDR auch war, es war nicht undurchlässig. Neben den Besuchsreisen aus dem Westen gab es zwischen 1949 und 1989 auch eine Rück- und Zuwanderung in der Größenordnung von ca. einer halben Million Menschen in die DDR. Dies behandelt die von Henrik Bispinck vorgestellte Ausstellung „Wechselseitig“ der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde. Wie leider fast immer kann der Dank an die Autoren der Rezensionen und Annotationen wieder nur summarisch erfolgen. Wir freuen uns, dass immer wieder neue Interessenten für diese Rubrik den Weg zu uns finden.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Wolf Karge
Wenn Gästebücher reden – eine rezeptionsgeschichtliche Betrachtung der Langzeitwirkung Theodor Körners in Wöbbelin
Martin Albrecht
Rüstungsbetriebe in Torgelow bis zum Ende des Nationalsozialismus
Peter Danker-Carstensen
Neue Museen braucht das Land. Zur Gründung und Entwicklung des Rostocker Schifffahrtsmuseums 1968-1982
Wolfgang Klietz
Der Ingenieurtechnische Außenhandel (ITA). Die unbekannten Waffenhändler der DDR
Andreas Röpcke
Das Schweriner Lenin-Standbild
D a s D o k u m e n t
Matthias Manke
Der Bevollmächtigte des Präsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern für Vorpommern
D i s k u s s i o n
Matthias Manke
Die langen Schatten des Zweiten Weltkrieges. 70 Jahre Landesarchiv Greifswald
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Bernd Kasten
Tagungsbericht zu „Archäologie und Geschichte – mit archäologischen Methoden Zeitgeschichte sichtbar machen“
Andreas Wagner
Grenzhus Schlagsdorf wird neugestaltet
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Henrik Bispinck
„Der Liebe wegen in die DDR“. Die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde zeigt die Ausstellung „Wechselseitig. Rück- und Zuwanderung in die DDR 1949 bis 1989“
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Wächter, Joachim (Hg.)
Geschichte Pommerns im Überblick
(Ortwin Pelc)
Schröder, Karsten (Hg.)
Rostocks Stadtgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart
(Henrik Bispinck)
Hegewisch, Niels/Spieß, Karl-Heinz/Stamm-Kuhlmann, Thomas (Hg.)
Geschichtswissenschaft in Greifswald
(Wolfgang Wilhelmus)
Sensen, Hedwig (Hg.)
Luftfahrtindustrie in Mecklenburg-Vorpommern und Luftverkehr in Ostdeutschland ab 1920
(Florian Müller)
Buddrus, Michael
Hennecke von Plessen (1894-1968)
(Juliane Srama)
Hendel, Joachim/Werner, Oliver
Regionale Mittelinstanzen im Nationalsozialismus
(Bernd Kasten)
Wiborg, Susanne/Wiborg, Jan Peter
Glaube, Führer, Hoffnung. Der Untergang der Clara S.
(Miriam Finkeldey)
Kaule, Martin/Specht, Arno
Geisterstätten. Vergessene Orte in Mecklenburg-Vorpommern
(Sebastian Schwanke)
Ewert, Günter/Hornei, Rolf/Maronde, Hans-Ulrich
Militärmedizinische Sektion 1955-1990
(Klaus-Ulrich Keubke)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 20. Jg., 2016, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2016
Umfang: 111 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Mit diesem Heft wird ein Jubiläumsjahrgang – der 20. – von "Zeitgeschichte regional" eingeleitet. Die Ausgabe steht weitgehend im Zeichen der auf den Zweiten Weltkrieg folgenden Geschichte. Gleichwohl zeigen die meisten Beiträge aber auch, wie sehr die Zeit vor der Zäsur 1945 präsent blieb und bis heute bleibt. Die Texte folgen Fragen, nicht "Gewissheiten", und fordern Klischees heraus. Der Bericht von Michael Heinz über den Sohn eines in der Weimarer Republik führenden Funktionärs der KPD, Franz Dahlem, zeigt die Tragik von Menschen zwischen kommunistischer Utopie und der nach 1917 im Osten Europas entstandenen gesellschaftlichen Realität. Der von der DDR-Führung als faschistischer Putsch denunzierte Juni-Aufstand von 1953 hatte erklärte kommunistische Anhänger, ja Anführer. Heinz beschreibt Robert Dahlem als Protagonisten des Werftarbeiterstreiks in Rostock, der zum Scheitelpunkt eines Lebensweges zwischen revolutionärem Enthusiasmus, Funktionärsmilieu und tragischem Ende wurde. Auch Beatrice Vierneisel zeigt Sensibilität für die Würdigung von Menschen in der Spannung zwischen gesellschaftlicher Gebundenheit und individueller Freiraumsuche. Am Beispiel des Malers Manfred Kastner, der im Stralsund der DDR-Zeit seinen Ansprüchen zu folgen suchte, skizziert sie seinen Lebensweg. Die Schicksale der 1945 in Ostpreußen allein zurückgebliebenen Kinder, die im Herbst 1947 in mehreren Transporten aus Kaliningrad nach Mecklenburg-Vorpommern kamen, waren durch Traumata vorgeprägt. Den neuerlichen Auszug aus der Dissertationsschrift von Karin W. Hall verdanken wir einmal mehr der über 90-jährigen Schwerinerin Ursula von Appen. Die Lasten und langen Nachwirkungen des Zweiten Weltkrieges verdeutlicht auch die Neubrandenburger Stadtarchivarin Eleonore Wolf mit ihrem Beitrag ,,Allen Toten ihre Namen". Sie beschreibt, wie in letzter Zeit die Dimensionen des Kriegsgefangenen-, Repatriierungs- und „Speziallaqer“-Komplexes Fünfeichen auf der Grundlage neuerer Forschungsergebnisse erfahrbar gemacht wurden, vor allem, nachdem deutlich geworden war, dass neben den in den vergangenen 25 Jahren mit besonderer Aufmerksamkeit recherchierten tausenden Opfern des sowjetischen „Speziallaqers" mindestens ebenso viele Opfer des Kriegsgefangenenlagers Fünfeichen in der Erde ruhen. Neuland beschreiten wir mit dem Bericht über das Kernkraftwerk Greifswald, das Ausdruck der Ambitionen und der Grenzen des DDR-Sozialismus war. Lange haben wir nach zu diesem Thema forschenden Autoren gesucht. In Sebastian Studes Beitrag steht der Umgang mit dem von der Kernspaltungstechnik ausgehenden Risiko in diesem Kraftwerk, insbesondere nach der Katastrophe von Tschernobyl und vor allem aus der Perspektive des Ministeriums für Staatssicherheit, im Vordergrund. Der Fluch „der Staatssicherheit“ wirkt fort, indem deren Hervorhebung immer noch die Geschichtsschreibung über die DDR-Zeit überlagert. Die derzeitige Diskussion über die Zukunft der BStU-Behörde und die Zuordnung der archivischen Hinterlassenschaft des Ministeriums für Staatssicherheit ist davon auch geprägt und lässt bisweilen irrationale Züge aufscheinen. Matthias Manke, im Landeshauptarchiv Schwerin für die neueste archivische Überlieferung zur Geschichte unseres Bundeslandes zuständig, setz t sich in pointierter Weise mit einer in der Ostsee-Zeitung inszenierten Debatte über die Zukunft der Stasi-Unterlagen der drei DDR-Nordbezirke auseinander. Die reale historische Entwicklung kennt keine „Stunde Null“, wo die Geschichtsschreibung sich begrifflicher Hilfsmittel wie „Zäsur“ o.ä. bedienen zu müssen meint. Wie die Geschichtslehrer/innen und deren Ausbilder/innen an den Hochschulen mit dieser Übergangssituation in Mecklenburg-Vorpommern umgingen, beschreibt Martin Buchsteiner. Damit leistet er einen wesentlichen Beitrag für die Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte des von ihm an der Universität Greifswald vertretenden Faches Didaktik und Methodik des Geschichtsunterrichtes. Die Geschichte dieser Transformation ist für Rostock mit dem langfristig wirkenden Stigma des Pogroms von Lichtenhagen im August 1992 verbunden. Seither hat es viele Ansätze der Auseinandersetzung damit gegeben. Einige wurden bereits in früheren Ausgaben von „Zeitgeschichte regional“ vorgestellt. Florian Frederik Manthey setzt sich mit neuen, im Theaterstück und Hörspiel „Sonnenblumenhaus“ von Dan Thy Nguyens und Iraklis Panagiotopoulos entwickelten erinnerungskulturellen Sichtweisen auseinander. Im Mittelpunkt stehen die vietnamesischen Opfer von damals: ,,Angst hatte ich nicht." In der Rubrik „Das Dokument“ stellt Klemens Grube zwei Berichte über die Auflösung des Wirtschaftswissenschaftlichen Seminars der Universität Greifswald und den Verbleib seiner Bibliothek (1950/51) vor. Der Verfasser der Berichte, der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Anton Fleck, war der nach 1945 einzig verbliebene, weil nicht Mitglied der NSDAP gewesene Hochschullehrer der früheren Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät. Dem Anspruch, Anregungen aus der regionalen Geschichtsarbeit und für das historische Lernen zu vermitteln, bleibt „Zeitgeschichte regional“ auch in dieser Ausgabe treu. Simone Labs beendet mit der Vorstellung der Wanderausstellung „Faces Of Cold War - Gesichter des Kalten Krieges“ die Berichtserie über das gemeinsam von Partnern aus Norwegen, Dänemark, Deutschland, Polen und Estland realisierte Projekt. Sandra Pingel-Schliemann fasst Erfahrungen über 2014 und 2015 durchgeführte Radtouren im Grenzland zwischen Bundesrepublik und DDR zusammen. Martin Buchsteiner kommt in seinem Bericht über die Veranstaltung „Zeugen der Shoah - Lehren und Lernen mit Video-Interviews“ zu dem Schluss, dass nach wie vor ein großer Bedarf an regelmäßigen Fortbildungen zu dem Themenkomplex besteht. Florian Ostrop liefert einen Zwischenbericht über ein landesweites Projekt über Homo- und Transphobie in Mecklenburg-Vorpommern. Zu einem Blick über den Landes-„Tellerrand“ verhilft uns Olaf Matthes aus Hamburg mit seinem Beitrag über das Symposium „Raubkunst? Silber aus ehemals jüdischem Besitz - wie gehen Museen damit um?“. Rezensionen, Annotationen und Neuerscheinungsanzeigen sollen auch diesmal das Informationsangebot abrunden.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Michael Heinz
Funktionär, Revolutionär, Republikflüchtling – das tragische Leben des Robert Dahlem
Karin W. Hall
Reformen und Rückschläge. Die Kindertransporte aus Kaliningrad im Herbst 1947
Sebastian Stude
Das geheime Risiko. Das Kernkraftwerk Greifswald, Tschernobyl und das Ministerium für Staatssicherheit
Beatrice Vierneisel
Manfred Kastner – Freiraum für einen Maler in der DDR
Florian Frederik Manthey
„Angst hatte ich nicht.“ – Dan Thy Nguyens und Iraklis Panagiotopoulos’ Theaterstück und Hörspiel „Sonnenblumenhaus“. Neue erinnerungskulturelle Perspektiven auf das Pogrom in Rostock-Lichtenhagen
Martin Buchsteiner
„Westimport“ oder Neuanfang? – Geschichtsmethodik und Geschichtsunterricht in Mecklenburg-Vorpommern in der Transformation
D a s D o k u m e n t
Klemens Grube
Zwei Berichte von Prof. Dr. Anton Fleck über die Auflösung des Wirtschaftswissenschaftlichen Seminars der Universität Greifswald (1950/51)
D i s k u s s i o n
Matthias Manke
Die Zukunft der Stasi-Unterlagen der drei Nordbezirke. Ansichten in Mecklenburg-Vorpommern
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Eleonore Wolf
Allen Toten ihre Namen
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Martin Buchsteiner
„Zeugen der Shoah – Lehren und Lernen mit Video-Interviews“, 17. und 18. März 2016
Sandra Pingel-Schliemann
Mit dem Rad Geschichte erleben. Ein Erfahrungsbericht über die Grenzradtouren 2014 und 2015
Florian Ostrop
Landesweites Projekt geht Homo- und Transphobie in Mecklenburg-Vorpommern auf den Grund
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Olaf Matthes
„Raubkunst? Silber aus ehemals jüdischem Besitz – wie gehen Museen damit um?“ Symposium im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg am 4. und 5. Februar 2016
Simone Labs
Faces Of Cold War – Gesichter des Kalten Krieges. Eine europäische Wanderausstellung
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Alvermann, Dirk/Jörn, Nils (Hg.)
Biographisches Lexikon für Pommern , Bd. 1 und 2
(Wolf Karge)
Kulturhistorisches Museum Rostock (Hg.)
Für den Kaiser an die Front. Rostocker und Mecklenburger im Ersten Weltkrieg
(Ingo Koch)
Buddrus, Michael
Roderich Hustaedt. Die Lebenserinnerungen eines mecklenburgstrelitzschen Staatsministers
(Jürgen Tremper]
Blöß, Wolfgang
Grenzen und Reformen in einer Umbruchsgesellschaft. Vom Land Brandenburg zu den Bezirken 1945-1952
(Wolf Karge)
Demminer Regionalmuseum (Hg.)
Güter – Kultur – Nachkrieg. Kulturgutbergung im Landkreis Demmin 1646-1950
(Jürgen Tremper]
Dreier-Horning, Anke
Pädagogisches Niemandsland. Die Durchgangseinrichtungen der ehemaligen Nordbezirke der DDR von 1949 bis 1989
(lngo Koch)
Kuntsche, Siegfried
Beiträge zur Agrargeschichte der DDR
(Jürgen Tremper]
Maurer, Jochen
Halt – Staatsgrenze! Alltag, Dienst und Innenansichten der Grenztruppen der DDR
(Andreas Wagner)
Steger, Florian/Schochow, Maximilian
Disziplinierung durch Medizin . Die geschlossene Venerologische Station in der Poliklinik Mitte in Halle (Saale) 1961-1982
(Harald J. Freyberger)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 19. Jg., 2015, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2015
Umfang: 127 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Das Jahr 2015 liegt hinter uns. Es war – wieder einmal – ein Jahr des Rückblicks auf eine Reihe historischer Zäsuren. Gleichzeitig haben die Entwicklungen der zurückliegenden Monate das Zeug dazu, zumindest den Weg zu einer neuerlichen Zäsur zu markieren. Wie weit uns die Auseinandersetzung mit unserer Geschichte dafür gewappnet hat, werden Historiker nach uns beurteilen. In diesem Jahr vollendete der diese Zeitschrift herausgebende Verein, die Geschichtswerkstatt Rostock e.V:, das 20. Jahr seines Bestehens. Der Spiritus rector des Vereins, Peter Köppen, wirft mit seinen Reminiszenzen an eine Vereinsgründung den Blick zurück auf die zahlreichen größeren und kleineren Projekte, deren schriftliche Hinterlassenschaften bereits einige laufende Regalmeter füllen. Allein die Fülle der Publikationen kann Peter Köppen nur andeuten. Während gerade Stolz über die umfangreiche Überlieferung im Archiv der Geschichtswerkstatt Rostock aufkommt, vermittelt Mattbias Manke von der Situation archivischer Überlieferung von 25 Jahren Landesgeschichte seit 1990 im Landesarchiv Mecklenburg-Vorpommern einen eher zwiespältigen Eindruck. Er macht deutlich, wie sehr die Sicherung dieses Gedächtnisses des Landes vom Verantwortungsbewusstsein der in Politik und Verwaltung tätigen Menschen abhängt. Jedenfalls wird angesichts der beschriebenen Lücken und offenen Fragen die Herausforderung deutlich. Gefördert durch die Jubiläen sind zahlreiche Dokumentationen mit Zeugnissen des Umbruchs von 1989 entstanden. Aber die Zeugnisse des alltäglichen Wandels nach 1990 im Land sind in Gefahr aus der Erinnerung zu verschwinden. Die Bedeutung von Zeugnissen und Zeugen illustriert auch der frühere Direktor des Rostocker Schifffahrtsmuseums Peter Danker-Carstensen, der in seinem Beitrag die Hintergründe eines Geschäfts mit Kulturgut aus den Rostocker Museen mit dem Deutschen Schiffahrtsmuseum Bremerhaven in den 1970er Jahren behandelt. Mit der Bewertung als „juristisch sauber, doch moralisch zweifelhaft" beschäftigte der Fall auch die Rostocker Stadtpolitik und belastete die Beziehungen zur Partnerstadt Bremen in den frühen 1990er Jahren. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation in den 1980er Jahren offenbart sich – nachträglich – auch am Umgang mit den Arbeitskräften in der DDR. Der Zwangsarbeitseinsatz der Bausoldaten bei Großprojekten wie dem Bau des Fährhafens Mukran auf Rügen zeigt dies schlaglichtartig. Wolfgang Klietz illustriert ihre ökonomische Bedeutung in der DDR der 1980er Jahre an diesem Beispiel. Parallel zu den 25 Jahren deutscher Einheit stand 2015 das Jahr 1945 mit den verschiedenen Facetten, die es repräsentiert, im Fokus. Vom Schicksal der vielen KZ-Häftlinge, die nach ihrer Befreiung noch starben, gibt das Tagebuch des Niederländers Johannes „Han“ van Beem, geschrieben in den letzten Tagen zwischen Befreiung und seinem Tod in Mirow am 20. Mai 1945, eine Ahnung. Die Vorstellung dieses anrührenden Dokuments in der Übersetzung von Matthias Heyl und Henrik Bispinck verdanken wir seinem Enkel Hans van Beem. Der Erinnerungsdiskurs über das Jahr 1945 stand auch 2015 in der deutschen Gesellschaft im Widerstreit zwischen deutscher Opferperspektive und der Forderung nach Einordnung deutscher Verantwortung. Vor diesem Hintergrund setzt sich Michael Buddrus im Rezensionsteil dieser Ausgabe kritisch mit zwei Publikationen über das Kriegsende 1945 in Rostock und Stralsund auseinander. Andreas Wagnerkommt dort in seiner Besprechung des Tagebuchs eines 1945 bis nach Rostock gekommenen Rotarmisten zu dem Schluss, die Dokumentation des erlebten, erlittenen und selbst verbrochenen Grauens als eine Mahnung gegen jeden Krieg zu begreifen. Eine Mahnung in diesem Sinne bleibt auch die Geschichte der kampflosen Übergabe von Greifswald am 30. April 1945. In der Stadtgeschichte wird ihr symbolischer Rang als Geschichte von Katharsis und Rettung zugeschrieben. Dahinein stellt die innerfamiliäre Erinnerung auch Paul Grams. Matthias Schubert stellt hier dar, wie das Handeln seines Schwiegervaters, Kapitänleutnant Grams, in seiner Familie überliefert wurde. Eine weitere Facette der Erinnerungsdebatte spiegeln die von Johanna Jawinsky vorgetragenen Gedanken zum Umgang mit den letzten Ruhestätten der Menschen, die sich dem Naziregime entgegenstellten oder verfolgt wurden, auf den Rostocker Friedhöfen. Berichte von Robert Kreibig über eine deutsch-polnische Veranstaltung zum Gedenken an die Deportation und Ermordung der Juden aus Pommern in Stettin und von Steffen Kliewe vom Rostocker Innerstädtischen Gymnasium über ein Schulprojekt ,,Auschwitz. Ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte" zeigen einmal mehr, dass die Auseinandersetzung mit diesem Thema in der Geschichtsarbeit der Region einen festen Platz hat. Eine neue Qualität der Dokumentation des Wissens über die Geschichte der Juden in unserem Land wird mit dem Gedenkbuch für die Juden in Mecklenburg angestrebt. Auf dem Weg zu diesem Gedenkbuch legen Michael Buddrus und Christoph Wegner in dieser Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ eine umfangreiche und beeindruckende Studie mit Zahlenangaben und Schicksalsbeschreibungen über jüdische Studenten und Professoren an der Universität Rostock zwischen 1843 und 1939 vor. Die Außenwahrnehmung von Mecklenburg-Vorpommern ist nicht selten von Klischees geprägt. Wir können das beklagen oder als Herausforderung begreifen. Dem Land hängt der Ruf an, in Europa zu den Gebieten mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch reinen Alkohols zu gehören. Gabriele Förster zeigt am Beispiel des Kampfes gegen Alkoholmissbrauch an den Schulen Pommerns während der Weimarer Republik, dass der Befund weit zurückreichende Wurzeln hat. Einer Herausforderung ganz anderer Art haben sich die Stiftung Mecklenburg und der Museumsverband für Mecklenburg und Vorpommern gestellt. Das in der Offline-Welt fehlende Landesmuseum ist virtuell im Bau und wird seit Dezember 2014 mit seiner ersten Ausbaustufe präsentiert. Florian Ostrop berichtet über das museale Online-Angebot www.landesmuseum-mecklenburg.de. Für die Mitwirkung am Rezensionsteil sowie die Anzeige von Neuerscheinungen danken wir wie immer und hoffen, dass Sie uns auch dabei die Treue halten.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Michael Buddrus und Christoph Wegner
Jüdische Studenten und Professoren an der Universität Rostock 1843-1939. Zahlen und Schicksale
Gabriele Förster
Kampf gegen den Alkoholmissbrauch an den Schulen Pommerns während der Weimarer Republik
Peter Danker-Carstensen
„Juristisch sauber, doch moralisch zweifelhaft“ – Zum Umgang mit Kulturgut aus den Rostocker Museen in den 1970er Jahren
Wolfgang Klietz
„Nie war der Bausoldat so wertvoll wie heute!“ Die ökonomische Bedeutung der Bausoldaten in der DDR der 1980er Jahre
Matthias Manke
25 Jahre Mecklenburg-Vorpommern. Die Überlieferung seiner Geschichte
D a s D o k u m e n t
Hans van Beem
Das Tagebuch von Johannes „Han“ van Beem. Auf der Suche nach den Spuren meines Großvaters
E r i n n e r u n g e n
Matthias Schubert
Die kampflose Übergabe von Greifswald am 30. April 1945. Erinnerungen an und von Paul Grams
Peter Köppen
20 Jahre Geschichtswerkstatt Rostock e.V. Reminiszenzen an eine Vereinsgründung
D i s k u s s i o n
Johanna Jawinsky
Zur Verantwortung der Bürger der Stadt Rostock für das Gedenken an die Menschen, die sich dem Naziregime entgegenstellten oder verfolgt wurden und ihre letzte Ruhestätte auf den Rostocker Friedhöfen fanden
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Robert Kreibig
Deutsch-polnisches Gedenken an die Deportation und Ermordung der Juden aus Pommern in Stettin
Florian Ostrop
Museales Erbe – virtuell präsentiert. Das kulturelle Online-Angebot www.landesmuseum-mecklenburg.de
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Steffen Kliewe
Auschwitz. Ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Strahl, Antje
Das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin im Ersten Weltkrieg
(Florian Ostrop)
Körnert, Jan/Grube, Klemens (Hg.)
100 Jahre Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät an der Universität Greifswald
(Holger Blisse)
Bock, Sabine
Großherzogliche Kunst im Schloss Ludwigslust
(Beatrice Vierneisel)
Drüding, Markus
Akademische Jubelfeiern
(Anita Krätzner-Ebert)
Boes, Wilhelm
Dr. med. Hans Deuschl – Der Begründer der „Führerschule der deutschen Ärzteschaft“ in Alt-Rehse
(Hans-Uwe Lammel)
Müssener, Helmut/Wilhelmus, Wolfgang (Hg.)
Stettin – Lublin – Stockholm. Elsa Meyring
(Jürgen Schröder)
Stutz, Reno
Forschung zum Wohle von Mensch und Tier
(Siegfried Kuntsche)
Kulturhistorisches Museum Rostock (Hg.)
Eine Stimme aus dem Jahr 1945
(Andreas Wagner)
Schade, Achim/Redieck, Matthias (Hg.)
Rostock: Ende des Krieges – Zeit des Werdens 1944 bis 1949/ Stralsund: Ende des Krieges – Zeit des Werdens 1944 bis 1949
(Michael Buddrus)
Halbrock, Christian
„Freiheit heißt, die Angst verlieren“. Verweigerung, Widerstand und
Opposition in der DDR
(Hermann Wentker)
Adam, Christian/Erdmann, Martin/Henkel, Horst/Scholz, Wolfgang
Sperrgebiete in der DDR
(Andreas Wagner)
Peters, Gerd
Meine seemännischen Fehler und andere Geschichten
(Kai Agthe)
N a c h r u f e
Peter Danker-Carstensen und Ortwin Pelc
Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt (1948-2015)
Andreas Wagner
Benno Prieß (1928-2015)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 19. Jg., 2015, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2015
Umfang: 139 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Wieder einmal sind wir unserem Vorsatz, nicht über einen Heftumfang von 120 Seiten hinausgehen zu wollen, untreu geworden. Die erste Ausgabe von "Zeitgeschichte regional" in 2015 nimmt den gesamten, für diese Zeitschrift definierten Horizont in den Blick. Im engen Verständnis von Zeitgeschichte als Geschichte der Lebenden ist der Erste Weltkrieg bereits hinter diesem Horizont versunken. Gleichwohl wird für das Verständnis des 20. Jahrhunderts die Einbeziehung dieser Zäsur unverzichtbar bleiben. Auch wenn die Schlachten des Ersten Weltkrieges weit außerhalb der Grenzen Mecklenburgs und Pommerns geschlagen wurden, hat dieser Krieg auch hier materielle Spuren hin terlassen. Der Geschäftsführer der Ernst Barlach Stiftung Güstrow, Volker Probst, berichtet über die interessante Geschichte eines Denkmals für die Toten des Kriegsgefangenenlagers "Große Bockhorst" in Güstroui, das 1918 noch während des Krieges entstand. 30 Jahre später warf der Zweite Weltkrieg noch viel größere und dunklere Schatten. Dessen Ende jährt sich 2015 zum 70. Mal, was bedeutet, dass heute Lebende diese Zeit und ihre Vorgeschichte nur als Kinder oder Jugendliche erlebt haben können. Die Erinnerungen des heute in Israel lebenden Abraham Grossmann an die „Polenaktion“, bei der 1938 aus dem 1918 neu entstandenen Polen nach Deutschland eingewanderte Juden wieder nach Polen abgeschoben wurden, sind die Rückblicke eines Erwachsenen. Er beschreibt die Geschichte eines Jungen, der mit dieser „Aktion" aus Güstrow nach Polen gebracht wurde, sich dieser aber widersetzte. Weitere Aufsätze und Berichte befassen sich ebenfalls mit dem Nationalsozialismus. Jan Mittenzwei ist bei seinen Forschungen über die „Kamptzeit“ der pommerschen NSDAP zwischen 1931 und 1934 in russischen Archiven auf hierzulande bislang unbekannte Quellen gestoßen. Die NSDAP-Politik im ländlichen Mecklenburg beleuchtet Hermann Behrens aus Neubrandenburg am Beispiel von Siedlungspolitik auf den Gütern Klein Vielen und Peckatel. Die Angebote zur Integration in die „Volksgemeinschaft" waren von Beginn an von mehr oder weniger gewaltsamem, letztlich mörderischem Ausschluss von Menschengruppen aus der Gesellschaft begleitet. Die Rostocker Kathleen Haack und Ekkehardt Kumbier fassen in diesem Heft ihre Forschungsergebnisse zu den "Euthanasie" genannten Krankenmorden in Mecklenburg zusammen. Falk Bersch dokumentiert anhand von zwischen 1936 und 1940 verfassten Briefen eines Zeugen Jehovas, der in den Strafanstalten Neustrelitz-Strelitz, Dreibergen-Bützow und dem Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert war, beispielhaft die Erfahrungen von aus der "Volksgemeinschaft" ausgeschlossenen Menschen. Wilhelm Wohler starb 1940 im Lager Sachsenhausen. Die Gewalterfahrungen von Deutsch en am Ende des Krieges, insbesondere östlich von Oder und EIbe, sind auch 70 Jahre nach Kriegsende noch ein Thema emotional geführter Auseinandersetzungen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die 1946 entstandenen Porträt- und Gruppenaufnahmen sowjetischer Soldaten aus dem Nachlass der Wittenburger Fotografin Elli Hartmann gleichsam unwirklich. Thomas Kühn vom Museum für Alltagskultur der Griesen Gegend in Hagenow beschreibt diesen Bestand von Glasplattennegativen, aus dem eine Ausstellung erarbeitet wurde, die .ein anderes Gesicht der Roten Armee" zeigt. 2015 wird auch an die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands vor einem Vierteljahrhundert erinnert. Forschungen zur DDR-Geschichte hatten in den vergangenen Jahren beispiellose Konjunktur. Die Diskussion über das Erbe der DDR war immer ein Teil dessen und wird es bleiben. Der Greifswalder Kunsthistoriker Bernfried Lichtnau schließt in dieser Ausgabe seine Erörterungen über die Charakterisierung der bis 1990 in Greifswald entstandenen baugebundenen Kunst ab. In Rostock finden seit Jahren hitzige Debatten über den richtigen Umgang mit dem maritimen Erbe statt. Der Untergang der lange Zeit als Wahrzeichen des Rostocker Stadthafens angesehenen GEORG BÜCHNER auf dem Weg zur Verschrottung 2014 wird gemeinhin als ein Tiefpunkt angesehen. Der langjährige Direktor des Rostocker Schifffahrtsmuseums Peter Danker-Carstensen beschreibt die Verschrottung des Dampfschiffs VORWÄRTS im April 1989 als Vorgeschichte für den heutigen Umgang mit dem maritimen Erbe in Rostock. Diese Zeitschrift hat mehrfach der Debatte über den Umgang mit der Geschichte der Bausoldaten, insbesondere in Prora, Raum gegeben. Für den Verein PRORAZENTRUM stellt Birte Kröncke das Ausstellungsprojekt "Opposition und Widerstand - Bausoldaten in Prora 1964-1989/90" vor. Die Darstellung der Geschichte der Schweriner Baptistengemeinde in der DDR-Zeit in dem vom Schweriner Stadtarchiv anlässlich der 850-Jahr-Feier herausgegebenen Sammelband zur Geschichte Schwerins stößt auf Widerspruch von Daniel Jung. Er unternimmt den Versuch einer Richtigstellung. Unter der Rubrik „Dokumente" weist Horst Sieber auf einen Altbestand im Schweriner Archiv der AOK Nordost hin: einen 255-seitigen Protokollband der Beratungen des Vorstandes der Sozialversicherungsanstalt Mecklenburg 1946-1950. Und Mathias Rautenberg fand im Archiv der Stiftung Mecklenburg einen Briefwechsel Annalise Wagners mit dem Vorstand der Stiftung Mecklenburg in Ratzeburg, in dem sie ihre Übersiedlung nach Ratzeburg mit ihrer Sammlung anbot. Die Übersiedlung kam nicht mehr zustande. 25 Jahre Geschichte deutscher Einheit sind nun selbst Gegenstand historischer Forschung und Auseinandersetzung. Sinnbildlich dafür steht der Bericht Eckart Schörles, der in den vergangenen zwei Jahren für die Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern eine Gedenkstättenkonzeption erarbeitet hat. Er berichtet über die beim Landesgedenkstättenseminar 2015 gezogene Bilanz und die dort vorgestellten Perspektiventwürfe für die Gedenkstättenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Rezension besonderer Art bietet Thomas Prenzel. Der Rostocker Politikwissenschaftler hat in „Zeitgeschichte regional" bereits 2012 seine Analyse der Ereignisse vom Sommer 1992 in Rostock-Lichtenhagen vorgestellt. Hier untersucht er Stärken und Grenzen des Spielfilms "Wir sind jung. Wir sind stark" über die Ausschreitungen von Lichtenhagen. Dieses Thema wird ein zentraler „Erinnerungsort" in der Geschichte unseres Landes bleiben, worauf auch die Gedenkstättenarbeit reagieren muss.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Volker Probst
Das Denkmal für die Toten des Kriegsgefangenenlagers „Große Bockhorst“, Güstrow 1918. Ein Beitrag zur Sepulkralkultur in Mecklenburg
Jan Mittenzwei
Höhepunkt der „Kampfzeit“ – Die pommersche NSDAP zwischen Auflösung und „Machtergreifung“ 1931-1934
Hermann Behrens
Landwirtschaftliche Siedlung in Mecklenburg während der NS-Zeit – am Beispiel der Güter Klein Vielen und Peckatel
Kathleen Haack/Ekkehardt Kumbier
Die nationalsozialistische „Euthanasie“-Aktion in Mecklenburg – Ein Überblick
Bernfried Lichtnau
Baugebundene Kunst in Greifswald aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – ein schwieriges Erbe?
Teil 11: Bildende Kunst im öffentlichen Raum von den 1960er Jahren bis zum Ende der DDR 1990
Peter Danker-Carstensen
Die Verschrottung des Dampfschiffs VORWÄRTS im April 1989. Ein unzeitgemäßer Beitrag zum Umgang mit dem maritimen Erbe in Rostock
D o k u m e n t e
Falk Bersch
Die Briefe des Zeugen Jehovas Wilhelm Wohler aus den Strafanstalten Neustrelitz-Strelitz, Dreibergen Bützow und dem Konzentrationslager Sachsenhausen 1936 bis 1940
Horst Sieber
Protokolle von den Beratungen des Vorstandes der Sozialversicherungsanstalt Mecklenburg 1946-1950
Mathias Rautenberg
„… eine Basis für ein Gedächtnis des einstigen Meckl. Strelitz…“ Annalise Wagner und die Stiftung Mecklenburg
E r i n n e r u n g e n
Abraham Grossmann
Erinnerungen eines polnischstämmigen Juden aus Güstrow an die .Polenaktion“ 1938
D i s k u s s i o n
Daniel Jung
Zur Geschichte der Schweriner Baptistengemeinde. Der Versuch einer Richtigstellung
Thomas Prenzel
Zeitgeschichte im Spielfilm. „Wir sind jung. Wir sind stark“ thematisiert die Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen im Sommer 1992
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Thomas Kühn
Ein anderes Gesicht der Roten Armee. Elli Hartmanns Fotografien sowjetischer Soldaten von 1946
Birte Kröncke
„Opposition und Widerstand – Bausoldaten in Prora 1964-1989/90″. Ein Ausstellungsprojekt des PRORAZENTRUMs
Eckart Schörle
Perspektiven der Gedenkstättenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern – Eine Bilanz nach 25 Jahren deutscher Einheit. Eindrücke vom Landesgedenkstättenseminar 2015
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
EleonoreWolf
Höher, schneller, weiter… Das Neubrandenburger Stadtarchiv ist umgezogen
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Simone Labs
Kalter Krieg im Baltikum – Erlebnisbericht einer Partnerschaft. TeilV: Abschied in Dänemark
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Nenz, Cornelia
Mt allen Fibern des Empfindens. Aus der 750-jährigen Geschichte von Stavenhagen
(Wolf Karge)
Höll,Rainer
Festschrift 750 Jahre Anklam
(Jürgen Tremper)
Rätzke, Dorian
Schloss Bothmer
(Jürgen Tremper)
Diederich, Ceorg M.
Gottvertrauen und Selbstbehauptung. Geschichte der Gemeinde St. Anna und ihrer Kirche
(Wolf Karge)
Neumärker, Klaus-Jürgen
Der andere Fallada
(Jürgen Tremper)
Jikeli, Günther/Werner, Frederic
Raketen und Zwangsarbeit in Peenemünde
(Andreas Wagner)
Foitzik, Jan
Sowjetische Kommandanturen und deutsche Verwaltung in der SBZ und frühen DDR
(Christoph Wunnicke)
Frank, Mario
Gauck. Eine Biographie; Legner, Johann, Joachim Gauck. Träume vom Paradies
(Christoph Wunnicke)
Cammin, Franziska
Die Deutsche Seereederei als Staatsreederei der DDR
(Andreas Stirn)
Wüsthoff, Hans-Jürgen
60 Jahre Weststadt. Ein Schweriner Stadtteil
(Bernd Kasten)
Uebachs, Peter
Stasi und Studentengemeinde
(Wolf Karge )
Achenbach, Björn
Hansa ist mein Leben. F.C. Hansa Rostock – seit 1965
(Matthias Glasow)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 18. Jg., 2014, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2014
Umfang: 147 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Das Erinnerungsjahr 2014, das von Debatten um die Zäsuren von 1914 und 1989 geprägt war, neigt sich dem Ende zu. Eckart Schörle lässt mit seinem Rückblick in dieser zweiten Ausgabe des Jahrgangs von "Zeitgeschichte regional" die Aktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern Revue passieren, die sich mit der Geschichte des Ersten Weltkrieges und den Spuren, die er in unserem Land hinterlassen hat, auseinandersetzten. Einen interessanten Überblick über Hinterlassenschaften dieses Krieges in Bibliotheken, Archiven und anderen Sammlungen verdanken wir der Direktorin der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, Julia Freifrau Hiller von Gaertrinqen, die auf das Portal www.kriegssammlungen.de hinweist, das einen Überblick über 236 Kriegssammlungen in Deutschland über die Zeit von 1914 bis 1918 bietet. Eine unmittelbare Folge dieses Krieges war die Abschaffung der Monarchie im Deutschen Reich. Die staatlichen Nachfolger führten langwierige, vor allem Vermögensauseinandersetzungen mit den vormals fürstlichen und königlichen Familien. Im Auftrag des im Aufbau befindlichen Kulturquartiers Neustrelitz hat sich Wolf Karge mit der Geschichte der Herzöge zu Mecklenburg im Freistaat Mecklenburg-Strelitz zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus beschäftigt. Gabriele Förster bietet uns erneut einen Einblick in ihre Forschungen an der Universität Greifswald mit einem Beitrag über die schulische Leibeserziehung während der Weimarer Republik in Pommern. Die dabei zitierte Zielvorstellung „Wir wollen keine Jugend schlaff und schmal" erinnert an das Hitlersche Idealbild deutscher – männlicher – (Hitler-)Jugend, formuliert in seiner berüchtigten "Windhund"-Rede. Der von der durch solche Leibeserziehung ertüchtigten Jugend geführte Krieg wird uns noch lange Zeit nicht zur Ruhe kommen lassen, auch wenn die Generation der überlebenden Akteure schwindet. Viele Geschichten sind bislang noch nicht erzählt. Die Ermordung polnischer und ukrainischer Zwangsarbeiter durch die Geheime Staatspolizei in Mecklenburg 1941-1945 hat in einzelnen Berichten Erwähnung gefunden. Bernd Kasten gibt mit seinem Beitrag wichtige Anregungen für eine zusammenfassende wissenschaftlich-historische Untersuchung. Einen besonderen Beitrag zu diesem Heft verdanken wir Ursula von Appen, auf deren Lebensgeschichte „Zeitgeschichte regional" vor einiger Zeit eingegangen ist. Sie vermittelte einen Aufsatz von Waltraut Karin Hall geb. Markgraf aus Sunnyvale in Kalifornien/USA, in dem sich diese einer bislang kaum beachteten Seite der Vergewaltigungen am Ende des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit im Osten Deutschlands beschäftigt: „Russenkinder" – Vergewaltigungskinder und die fehlende Zuständigkeit der Jugendwohlfahrt in Mecklenburg 1946-1952. Die Geschichte dieser Opfergruppe – und als solche müssen diese Kinder wohl angesprochen werden – ist bislang noch nicht erzählt, geschweige denn einer historisch-kritischen Analyse unterzogen worden. Den betroffenen Kindern späte öffentliche Genugtuung zu verschaffen ist höchste und kaum noch Zeit, bewegen diese sich doch auch schon im Rentenalter. 2015 sollte aber tunlichst nicht nur an die 70 Jahre zurückliegenden Schrecken am Ende des Zweiten Weltkrieges erinnert werden, auf dass von deutschem Boden nie mehr ein Krieg ausgehe. Ein Instrument, mit dem von 1941 bis 1945 an der Greifswalder Universität während des Krieges Ressourcensicherung angestrebt wurde, war das Marineobservatorium Greifswald. Karsten Jäger geht der Frage nach, ob hier wissenschaftliche Kriegsführung gefördert wurde. Am Ende jenes Krieges war Prof. Dr. Gerhardt Katsch als Oberstarzt und Standortarzt in Greifswald eine der wenigen Persönlichkeiten mit Reputation und Autorität, die als Verhandlungspartner für die kampflose Übergabe Greifswalds in Frage kamen. Diese Autorität war bis 1945 nicht unangefochten. Eine unterstellte „jüdische Abstammung" hätte ihm, zumindest seiner beruflichen Karriere, gefährlich werden können. Die Greifswalder Günter und Ralf Ewert haben in Zusammenarbeit mit Jürgen Boettiger aus Stuttgart versucht, der Geschichte auf den Grund zu gehen. Die Idee, mit sprichwörtlichen Stolpersteinen an die im Nationalsozialismus Ermordeten zu erinnern, hat eine bundesweite Bewegung ausgelöst. Auch in Mecklenburg-Vorpommern hat sie zahlreiche Spuren hinterlassen. Falk Bersch berichtet über Stolpersteine und Zeitzeugenstimmen in Wismar. Die DDR-Geschichte unseres Bundeslandes hatte Facetten, die gemeinhin nicht im Brennpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen. Umso mehr freut es uns, dass die Spezialisten für ihre Themen unsere Zeitschrift als Forum nutzen, um sie der Öffentlichkeit vorzustellen. Georg Diederich und Barbara Müller berichten über das Wirken von Bischof Heinrich Theissing als Apostolischer Administrator und die Bemühungen um einen Kirchenbau für die katholischen Christen in Schwerin. Der emeritierte Professor für Kunstgeschichte an der Universität Greifswald Bernfried Lichtnau bietet in dieser und der nächsten Ausgabe von "Zeitgeschichte regional" – die Redaktion hat sich auf eine Ausnahme von der Regel, dass wir keine Mehrteiler abdrucken wollen, verständigt – einen Überblick über die baugebundene Kunst in Greifswald. In diesem sich vornehmlich mit frühen Arbeiten der 1950er und 1960er Jahre befassenden Beitrag wird u.a. dem Friedrich-Loeffler-Forschungsinstitut auf der Insel Riems besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Architektennachlass der besonderen Art wird an der Hochschule Wismar verwahrt. Matthias Ludwig stellt das aus dem Nachlass Ulrich Müthers, des Erfinders der Hyperschalenbauweise, hervorgegangene, ehrenamtlich geführte Müther-Archiv vor. Zu Blicken über den Tellerrand regen in dieser Ausgabe Ortwin Pelc mit einem Bericht über das Willy-Brandt-Haus in Lübeck und Simone Labs, die weiter über den Fortgang des internationalen Projektes "Kalter Krieg im Baltikum" berichtet, an. Bei Letzterem geht es diesmal um ein Treffen der Projektgruppe in Schlagsdorf, wo das Gebiet der ehemaligen Trennlinie zwischen Ost und West besucht wurde. Das Projekt ging 2014 zu Ende. Ob und wie weit die entstandenen Partnerschaften tragen, wird die Zukunft zeigen. Wir werden darüber berichten. Wie immer schließen Rezensionen und Annotationen sowie Anzeigen von Neuerscheinungen das umfangreich gewordene Heft. Für Hinweise dazu sind wir immer dankbar.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Wolf Karge
Die Herzöge zu Mecklenburg im Freistaat Mecklenburg-Strelitz zwischen Demokratie und Nationalsozialismus
Gabriele Förster
„Wir wollen keine Jugend schlaff und schmal.“ Zur Bedeutung der schulischen Leibeserziehung während der Weimarer Republik in Pommern
Bernd Kasten
Die Ermordung polnischer und ukrainischer Zwangsarbeiter durch die Geheime Staatspolizei in Mecklenburg 1941-1945
Karsten Jäger
Eine Fabrik der wissenschaftlichen Kriegsführung? Das Marineobservatorium Greifswald 1941-1945
W. Karin Hall
„Russenkinder“ – Vergewaltigungskinder und die fehlende Zuständigkeit der Jugendwohlfahrt in Mecklenburg 1946 bis 1952
Georg Diederich und Barbara Müller
Bischof sucht Bischofskirche. Apostolischer Administrator und provisorische Kathedrale in Schwerin
Bernfried Lichtnau
Baugebundene Kunst in Greifswald aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – ein schwieriges Erbe? Teil I: Die frühen Arbeiten der 1950er und 1960er Jahre
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Günter Ewert, Ralf Ewert und Jürgen Boettiger
Der Greifswalder Arzt Prof. Dr. med. Gerhardt Katsch (14. Mai 1887 – 7. März 1961) und seine vermutete jüdische Abstammung
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Eckart Schörle
Der vergessene Krieg – Ein Rückblick auf das Erinnerungsjahr 2014
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Falk Bersch
„Was wir noch sagen sollten“ – Stolpersteine und Zeitzeugenstimmen in Wismar
A r c h i v m i t t e i I u n g e n
Matthias Ludwig
Müther-Archiv Wismar
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Julia Freifrau Hiller von Gaertringen
Kriegssammlungen in Deutschland 1914-1918
Ortwin Pelc
Das Willy-Brandt-Haus in Lübeck
Simone Labs
Kalter Krieg im Baltikum – Erlebnisbericht einer Partnerschaft. Teil IV: Von Ost nach West und umgekehrt
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Stutz, Reno
Leitfaden für Ortschronisten in Mecklenburg und Vorpommern
(Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt)
Kasten, Bernd
Alles 50 Jahre später? Die Wahrheit über Bismarck und Mecklenburg
(Ulf Morgenstern)
Brunners, Christian/Bichel, Ulf/Grote, Jürgen (Hg.)
Güstrow – Eine Stadt der Dichter
(Kai Agthe)
Hampel, Heide/Becker, Erika/Ditzen, Achim (Hg.)
Hans Fallada und die liebe Verwandtschaft
(Kai Agthe)
Möller, Kathrin
Lilienthal, Fokker & Co.
(Martin Albrecht)
Kaule, Martin
Prora. Geschichte und Gegenwart des „KdF-Seebads Rügen“/ Peenemünde. Vom Raketenzentrum zur Denkmal-Landschaft
(Henrik Bispinck)
Wilhelmus, Wolfgang
Fäden eines Teppichs. Spuren jüdischen Lebens in Pommern und der Welt
(Jürgen Schröder)
Albrecht, Martin/Radau, Helga
Stalag Luft I in Barth
(Ulrike Winkler)
Pingel-Schliemann, Sandra
„Ihr könnt doch nicht auf mich schießen!“ Die Grenze zwischen Lübecker Bucht und EIbe 1945 bis 1989
(Christian Halbrock)
Baumann, Christiane
Die Zeitung „Freie Erde“ (1952-1990)
(Anke Fiedler)
Schmidt, Lothar/Gödde, Klaus-Peter/Schädlich, Wolfgang
Die Küstenraketentruppen der Volksmarine
(Jürgen Tremper)
Pentzien, Hans-Helmut
Ostseestudio Rostock 1962-1991
(Jürgen Tremper)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 18. Jg., 2014, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2014
Umfang: 149 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Dass vor genau 100 Jahren am 1. August 1914 die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" (George F. Kennan) ihren Anfang nahm und der Erste Weltkrieg begann, hat Wissenschaftler und Journalisten in diesem Jahr erkennbar in rege Tätigkeit versetzt. Niemand, der eine Buchhandlung betritt oder den Fernseher anschaltet, kann sich dem entziehen. Eine große Fülle neuer Bücher und Fernsehdokumentationen beschäftigen sich mit diesem Gegenstand. Auch das vorliegende Heft von „Zeitgeschichte regional" befasst sich schwerpunktmäßig mit diesem Thema. Antje Strahl, eine ausgewiesene Kennerin der Zeit, schildert den Kriegsalltag in Rostock-Warnemünde. Obwohl der Bädertourismus anfänglich durch den Krieg existentiell bedroht schien und starke soziale Spannungen und Anfeindungen hervorrief, überwand Warnemünde im Hinblick auf den Gästebetrieb schon 1916 den durch den Kriegsbeginn entstandenen Einbruch, und es gelang erstaunlich gut an das Badeleben der Vorkriegszeit anzuschließen. Hermann Langer berichtet über die Geschichte der mecklenburgischen Jugendtruppen 1914-1918 und beleuchtet mit diesem recht düsteren Kapitel nicht nur die Ernteeinsätze und die vormilitärische Ausbildung der Jugendlichen, sondern auch ihre intensive politische Indoktrination. Die anderen beiden Beiträge zum Ersten Weltkrieg weisen dann noch deutlich über die Landesgrenzen hinaus. Wolf Karge schreibt über den in Russland lebenden Herzog Carl Michael zu Mecklenburg und seinen eventuellen Anspruch auf die Nachfolge des 1918 verstorbenen letzten Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz. Auch das von Bernd Kasten vorgelegte Dokument, das von Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg 1915 präsentierte Kriegszielprogramm, zeigt einen mecklenburgischen Herzog, der durchaus auch in der deutschen und internationalen Politik eine (wenn auch eher unrühmliche) Rolle spielte. Während es sich bei der Zeit von 1914 bis 1918 zugegebenermaßen schon um einen echten Grenzbereich der Zeitgeschichte handelt, befassen sich die weiteren Aufsätze in diesem Heft dann vor allem mit der Zeit des Nationalsozialismus und der DDR. Manfred Faust schreibt über die wechselvolle Geschichte des „arisierten" Sethe-Hofes und seiner verschiedenen Besitzer auf der Insel Hiddensee. Die Anwesenheit zahlreicher Soldaten der Roten Armee bestimmte nach 1945 das Leben in Mecklenburg. Rainer Neumann beschreibt mit Hilfe von zahlreichen Erinnerungsberichten die Verhältnisse im sowjetischen Quartier in Greifswald zwischen 1945 und 1956. Christian Halbrock untersucht an Hand der Akten der Staatssicherheit das politisch abweichende Verhalten an der Universität Rostock zwischen 1949 und 1961. Er kommt zu dem Schluss, dass es zwar eine recht große Anzahl von kleineren Akten widerständigen Verhaltens an der Universität gab, SED, Universitätsverwaltung und Ministerium für Staatssicherheit aber durch gemeinsame Anstrengungen insgesamt für ein recht konformes Erscheinungsbild sorgen konnten. Unter der Rubrik „Diskussion" antworten Thomas Balzer und Olaf Jacobs auf den Beitrag von Martin Buchsteiner und Martin Nitsche im Heft 1/2013 zum NDR-Zeitgeschichtsformat „Zeitreisen". Die Redaktion begrüßt es ausdrücklich, dass die Fernsehmacher hiermit die Chance wahrnehmen, auf die Kritik mit ihren konzeptionellen Erwägungen zu antworten. Im Interview gibt dann der neue Lehrstuhlinhaber für Zeitgeschichte an der Rostocker Universität Stefan Creuzberger Auskunft über seinen Werdegang und seine künftigen Forschungsschwerpunkte. Der Bereich „Regionale Geschichtsarbeit" ist mit einem Bericht über ein Seminar zum Ersten Weltkrieg im Dezember 2013 in Waren (Müritz) und mit einer Darstellung der konzeptionellen Überlegungen zur Abteilung „Pommern im 20. Jahrhundert" der landesgeschichtlichen Dauerausstellung im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald vertreten. Hierbei erwies sich vor allem die Frage, wann eine solche Ausstellung enden und in welcher Form die Region Stettin und Hinterpommern in der Zeit nach 1945 behandelt werden sollte, als große Herausforderung. Marco Pahl beschreibt die neue Dauerausstellung im Grenzturm in Kühlungsborn. Außerdem präsentiert Helmut Schnatz eine neue Quelle zur Opferzahl des Luftangriffs auf Swinemünde vom 12. März 1945, und Eckart Schörle von der Landeszentrale für politische Bildung untersucht das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zum 27. Januar in Mecklenburg-Vorpommern. Unter der Rubrik „Historisches Lernen" bringen wir einen Bericht von Lutz Müller zu einem Projekt an der Nordlicht-Schule Rostock-Lichtenhagen über das Schicksal der Besatzungen amerikanischer Bomber im Raum Rostock. Die „Archivmitteilunqen“ enthalten eine Beschreibung der Archive der katholischen Kirche in Schwerin durch Barbara Müller und einen Tagungsbericht zum ersten „Tag der Bestandserhaltung" am 2. September 2013 in Stralsund durch Sonja Annette Lehmann. Ein interessantes und auch zum Thema des Heftes gut passendes Projekt aus einem anderen Bundesland ist die für eine sachliche Online-Suche aufbereitete Sondersammlung „Krieg 1914“ der Staatsbibliothek zu BerIin. Zum Abschluss schildert Simone Labs, ebenfalls in der Rubrik „Aus anderen Ländern“, eine Reise zu den Erinnerungsorten des Kalten Krieges in Norwegen. An dieser Stelle möchten wir den Autoren unserer Zeitschrift danken, für deren namentliche Würdigung der Platz dieser Einführung regelmäßig nicht ausreicht: den Verfassern der Rezensionen und Annotationen. Wir hoffen auf Ihre weitere Mitwirkung.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Antje Strahl
„Herr Dr. möge sehen, wo er etwas für die Badegäste herbekäme.“ Kriegsalltag im Urlaubsort Wamemünde
Hermann Langer
„Das Vaterland ruft…!“ Aus der Geschichte der GroßherzogIich Mecklenburgischen Jugendtruppen 1914 bis 1918
Wolf Karge
Zwischen Provinzstreit und Europapolitik im Ersten Weltkrieg – Carl Michael zu Mecklenburg
D a s D o k u m e n t
Bernd Kasten
Das Kriegsziel-Programm Herzog Johann Albrechts zu Mecklenburg aus dem Frühjahr 1915
A u f s ä t z e
Manfred Faust
Die Geschichte des Sethe-Hofes in Kloster – Beispiel eines „arisierten“ Hauses auf der Insel Hiddensee
Rainer Neumann
Das sowjetische Quartier in Greifswald 1945-1956
Christian Halbrock
Politisch abweichendes Verhalten in den Akten der Staatssicherheit – die Universität Rostock 1949 bis 1961
D i s k u s s i o n
Thomas Balzer/Olaf Jacobs
Regionale Geschichte für die überregionale Bildung. Mit seinem Zeitgeschichtsformat „Zeitreisen“ unternimmt der NDR einen einmaligen Spagat zwischen regionalem Primetime-Programm und überregionalem Bildungsangebot
I n t e r v i e w
„Ich sehe mich grundsätzlich in einer Scharnier- und Grenzgängerfunktion.“ Interview mit dem neuen Rostocker Zeithistoriker Stefan Creuzberger
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Günter Kosche
100 Jahre Erster Weltkrieg – „Die große Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“. Ein Seminar vom 6. bis 8. Dezember 2013 in Waren (Müritz)
Stefan Fassbinder/Tomasz Slepowronski/Heiko Wartenberg
Herausforderung Pommern – Konzeptionelle Überlegungen zur Abteilung „Pommern im 20. Jahrhundert“ der landesgeschichtlichen Dauerausstellung des Pommersehen Landesmuseums
Helmut Schnatz
Eine neue Quelle zur Opferzahl des Luftangriffs auf Swinemünde vom 12. März 1945
Eckart Schörle
Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Der 27. Januar in Mecklenburg-Vorpommern
Marco Pahl
Horizonte – von Kühlungsborn in die Freiheit. Neue Dauerausstellung im Grenzturm Kühlungsborn
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Lutz Müller
Auf Spurensuche: Das Schicksal der Besatzungen amerikanischer Bomber im Raum Rostock – Ein Projekt an der Nordlicht-Schule Rostock-Lichtenhagen
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Barbara Müller
Archive der katholischen Kirche in Schwerin
Sonja Annette Lehmann
Zum ersten „Tag der Bestandserhaltung“ am 2. September 2013 in Mecklenburg-Vorpommern
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Heike Krems
Die Sondersammlung „Krieg 1914“ der Staatsbibliothek zu Berlin – aufbereitet für eine sachliche Online-Suche
Simone Labs
Kalter Krieg im Baltikum – Erlebnisbericht einer Partnerschaft. Teil III: Eisfronten
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Schadewaldt, Christiane
Bauernhäuser in Mecklenburg
(Jürgen Tremper)
Michaelis, Konrad
Das Lotsenwesen im Seegebiet vor Rostock und Warnemünde
(Jürgen Tremper)
Gramenz, Jürgen
Ladewig – Dokumentation eines jüdischen Familienverbandes aus Mecklenburg
(Wolfgang Wilhelmus)
Ogrin, Mircea
Ernst Bernheim (1850-1942)
(Werner Buchholz)
Gothe, Johannes
Karl Schmaltz. Leben und Werk 1867-1940
(Johann Peter Wurm)
Buchsteiner, Martin
Von Städten, Gütern und Dörfern
(Anke John)
Weber, Gerhard (Hg.)
Kempowskis Rostock
(Henrik Bispinck)
Boeck, Gisela/Lammel, Hans-Uwe (Hg.)
Die Universität Rostock in den Jahren 1933-1945
(Bernd Kasten)
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (Hg.)
Der Golm und die Tragödie von Swinemünde
(Martin Albrecht)
Schmidt, Leo/Mense, Uta K.
Denkmallandschaft Peenemünde
(Sabine Bock)
Bleeck, Iris
Vertrieben ins Paradies. Als Flüchtlingskind auf Rügen
(MirjamSeils)
Köhler, Siegfried
Der Überseehafen Rostock unter Kontrolle der Staatssicherheit
(Christian Halbrock)
N a c h r u f e
Wolf Karge/Peter-Joachim Rakow
Johannes Kornow (* 17. Februar 1932 in Schwedt – †31. Januar 2014 in Greifswald)
Falk Bersch
„Es ist ein Schatz, ein gutes Gewissen.“ Nachruf auf Siegfried Merz (1938-2014)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 17. Jg., 2013, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2013
Umfang: 131 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
In diesem Heft sticht unter den Aufsätzen ein Beitrag hervor. In seinem seitenstarken und umfangreich bebilderten Text behandelt Thomas Werner die Entwicklung der Berufsfotografie in Rostock vor allem am Beispiel eines Ateliers. Während Volker Janke in früheren Ausgaben von „Zeitgeschichte regional“ auf quellenkritische Anforderungen beim Umgang mit historischem Fotomaterial eingegangen ist, nähert sich Werner diesem Aspekt von der fotografiegeschichtlichen Seite, indem er die Fotografen, ihre Ateliers als Wirtschaftsunternehmen sowie den Wandel von Technik und Produkten vorstellt. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung, um den Charakter und Wert von Bildern aus Quellen angemessen bewerten zu können. Die Auseinandersetzung mit der Quellengattung zeitgeschichtliches Bildmaterial sollte auch an dieser Stelle weitergeführt werden. Dieses Heft hat einen deutlichen mecklenburgischen Schwerpunkt. Jeder der folgend genannten Autoren bezieht sich auf dieses Territorium. Hermann Langer hat einmal mehr sein Wissen und seine Quellenkenntnis eingesetzt, um für uns die Geschichte des Reichsarbeitsdienstes in Mecklenburg zu skizzieren – nicht ohne ein engagiertes Plädoyer, diesen unkritisch als Vorbild für die Gegenwart zu nutzen. Eine andere Facette mecklenburgischer NS-Geschichte schildert Andreas Röpcke unter Hinzuziehung von Akten des Landeskirchlichen Archivs der vormals Evangelisch-lutherischen Landeskirche Mecklenburgs: die Hochzeit Josef Goebbels' in Severin 1931. Jene Akten erzählen eine Geschichte hinter dem Rührstück über die Königin im Herzen von Goebbels und den vor Ergriffenheit weinenden Hitler, nämlich die Auseinandersetzung um eine Hakenkreuzfahne auf dem Traualtar. Schlaglichtartig scheinen darin bereits Momente des späteren „Kirchenkampfes" auf. Vom Kampf um die Stellung der evangelischen Kirche in der Gesellschaft, in der die SED-Führung die politische Macht beanspruchte, berichten die Aufsätze von Christian Halbrock und Rainer Hering. Während es 1953, als der Jugenddiakon Herbert Büdke in Wismar verhaftet und in einem Schauprozess in Rostock verurteilt wurde, worüber Halbrock berichtet, noch um die Durchsetzung des Machtmonopols der SED, hier insbesondere um den Einfluss auf die Jugend, im Land ging, zeichnet Rainer Hering in seinem dem früheren mecklenburgischen Landesbischof Heinrich Rathke zum 85. Geburtstag gewidmeten Aufsatz das Bild von einer DDR am Scheideweg. Der Besuch Helmut Schmidts 1981 in Güstrow und dem Güstrower Dom stand bzw. steht symbolisch für eine Entwicklung, in der u.a. die mecklenburgische Landeskirche Mittler für eine Zukunftssuche jenseits der Grenzen des kleinen Landes wurde. Diese Geschichte ist auch Ausdruck dafür, dass beide deutsche Staaten Zeit ihrer parallelen Existenz aufeinander bezogen blieben, und zeigt, wie die politischen Akteure auf die jeweils andere Seite Einfluss zu nehmen versuchten. Die DDR-Seite war bei der Durchdringung der bundesrepublikanischen Gesellschaft auch durchaus erfolgreich und versuchte dabei auch Wege jenseits politischer Klischees zu gehen. Georg Herbstritt beschreibt hier den – letztlich gescheiterten – Versuch in den 1950er Jahren, den Bundestagsabgeordneten Otto Wittenburg über einen Kontaktmann in Schwerin unter Ausnutzung beider persönlicher Beziehung für eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit zu werben. Beziehungen und Lebenserfahrungen prägen Lebenswege wesentlich mit. Der Weg des Wismarers Harry Weltzin endete 1983 am Grenzzaun. Stefan Appelius skizziert die tragisch endende Lebensgeschichte eines jungen Mannes, der durch die tödliche Grenze keine Chance hatte, für seine Individualität Erfüllung im anderen Teil der Welt zu finden. Menschliche Befindlichkeiten, „Identitäten“, also die Frage, worin sich Menschen wiederfinden und woran sie sich festhalten, wenn die Welt um sie herum im ständigen Wandel begriffen ist – konkret die Frage, was des Mecklenburg-Vorpommern Vaterland ist, treibt Matthias Manke um und dazu, seine Ansicht zur Diskussion zu stellen: Wie definieren sich Menschen in einem „Bindestrich-Bundesland“? Geschichte spielt dabei – bewusst oder unbewusst – immer eine Rolle. Volker Janke ruft mit seiner Dokumentation des Buches „Die Namen der Kämpfer im Gau Mecklenburg-Lübeck“ die Geschichte des NSDAP-„Gaues“ von dessen Höhepunkt betrachtet in Erinnerung. Jedoch soll dessen Darstellung eher zur Identifizierung mit Alternativen anregen helfen, wie auch die hier regelmäßig referierte regionale Geschichtsarbeit den Anspruch hat, im besten Sinne aufklärerisch zu wirken – sei es durch Auseinandersetzung mit historischen Gegenständen im Sinne der Berichte von Uwe Kiel über eine Tagung „Zwangsarbeit in Pommern von 1939 bis 1950. Sachstand und Perspektiven der Forschung und der historischen Bildungsarbeit in Deutschland und Polen“ am 29./30. November 2012 in Greifswald und von Matthias Tuve zur Geschichte der Greifswalder Stolpersteine oder durch Arbeit zur Verankerung demokratischer Kultur in unserer Gegenwart, wie sie Ingmar Dette für Anklam vorstellt. Einer, der exemplarisch für die ständige Suche nach Identifizierungsmöglichkeiten steht und auf diesem Gebiet Bleibendes geleistet hat, ist – zumindest durch seinen Nachlass – in die Heimatregion zurückgekehrt: Uwe Johnson. Andre Kischel stellt Rostock als das neue Zentrum der Uwe-Johnson-Forschung vor. Dass Mecklenburg-Vorpommern immer auch Teil der großen Welt ist, daran soll unsere Rubrik „Aus anderen Ländern“ erinnern. Mit Simone Labs' Fortsetzungsreportage „Kalter Krieg im Baltikum – Erlebnisbericht einer Partnerschaft“, hier mit Teil II, einem Projektbericht aus Borne Sulinowo in Polen, bleiben wir international. Einen besonderen Hinweis verdienen die 18 Besprechungen von neu erschienener Literatur. So viele hatten wir noch nie. Dank an die fleißigen Autoren! Der Strom von Neuerscheinungen und damit auch der Stoff für viele weitere Rezensionen reißen nicht ab, wie die letzten Seiten zeigen.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Rainer Hering
Helmut Schmidt und die Kirchen in der DDR. Von Güstrow nach Rostock
Christian Halbrock
Die Inhaftierung und Verurteilung des Jugenddiakons Herbert Büdke 1953. Ein Abschreckungs- und Schauprozess in Rostock vor 60 Jahren
Georg Herbstritt
Bonner Politik im Schweriner Franzosenweg. Wie die Stasi versuchte, den Bundestagsabgeordneten Otto Wittenburg anzuwerben
Thomas Werner
Vom Visitporträt zur Ansichtskarte. Das Atelier Blutstraße 14 als Beispiel für den Wandel der Berufsfotografie in Rostock
Hermann Langer
„Jeder Spatenstich – ein Gebet für Deutschland.“ Zur Geschichte des Reichsarbeitsdienstes in Mecklenburg
Andreas Röpcke
Goebbels’ Hochzeit
D a s D o k u m e n t
Volker Janke
Ein Buch mit den Namen der Kämpfer im Gau Mecklenburg-Lübeck aus dem Jahr 1935
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Stefan Appelius
Tod am Grenzzaun. Der Fall Harry Weltzin (1955-1983)
D i s k u s s i o n
Matthias Manke
Was ist des Mecklenburg-Vorpommern Vaterland? Die Gegenwart historischer Identitäten in einem Bindestrich-Bundesland
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Uwe Kiel
„Zwangsarbeit in Pommern von 1939 bis 1950. Sachstand und Perspektiven der Forschung und der historischen Bildungsarbeit in Deutschland und Polen“. Tagung am 29. und 30. November 2012 in Greifswald
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Matthias Tuve
Zur Geschichte der Greifswalder Stolpersteine
Ingmar Dette
Immer auf dem Weg – Das RAA-Regionalzentrum für demokratische Kultur Vorpommern-Greifswald in Anklam
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
André Kischel
Ein „Jugendfreund, der jetzt aus Rostock war“. Zu Uwe Johnsons später Heimkehr nach Rostock
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Simone Labs
Kalter Krieg im Baltikum – Erlebnisbericht einer Partnerschaft. Teil II: Die Linden sind Zeugen
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Röpcke, Andreas (Hg.)
Biographisches Lexikon für Mecklenburg, Bd. 7
(Henrik Bispinck)
Targan, Edmund
Das Jagdschloss Hohen Niendorf
(Katja Schlenker)
Witzke, Christiane
Domjüch
(Sabine Grauer)
Armbruster, Jan/Freyberger, Harald J. (Hg.)
Verwahrung, Vernichtung, Therapie
(Sabine Grauer)
Rapp, Angela
Der Hiddensoer Künstlerinnenbund
(Wolf Karge)
Passig, Willi
„Er war kein lauter Autor“. Karl-Ewald Tietz über Max Dreyer
(Martin Buchsteiner)
Buddrus, Michael/Fritzlar, Sigrid
Landesregierungen und Minister in Mecklenburg 1871-1952
(Christian Nestler)
Demminer Regionalmuseum (Hg.)
Demminer Familienbilder und ihr Fotograf Bruno Heiser 1884 bis 1963
(Gerald Freyer)
Kalhorn, Armtraut
Alexander Neroslow
(Beatrice Vierneisel)
Raillard, Susanne
Die See- und Küstenfischerei Mecklenburgs und Vorpommerns 1918 bis 1960
(Klaus-J. Lorenzen-Schmidt)
Herms, Michael (Hg.)
Zum Stand der Forschung der regionalen NS-Geschichte in Mecklenburg-Vorpommern
(Kurt Schilde)
Mrotzek, Fred/Sens, Ingo (Hg.)
Ilja Ehrenburg „Töte!“
(Jörg Morré)
Wegener, Peter P.
Die Raketenforschung in Peenemünde
(Matthias Uhl)
Demminer Regionalmuseum (Hg.)
Das Kriegsende in Demmin 1945
(Mathias Rautenberg)
Seils, Mirjam
Die fremde Hälfte
(Andreas Wagner)
Gerhold, Kirsten
Widerstand und Opposition in der ehemaligen DDR
(Ines Soldwisch)
Bersch, Falk/Dirksen, Hans Hermann
Strafvollzug Berndshof/Ueckermünde (1952-1972)
(Tobias Wunschik)
Klietz, Wolfgang
Ostseefähren im Kalten Krieg
(Andreas Stirn)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 17. Jg., 2013, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2013
Umfang: 129 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Zunächst möchten wir Sie mit einigen Informationen aus der Redaktion verstehen: Wir freuen uns, dass wir Martin Buchsteiner als neues Mitglied in unseren Reihen begrüßen können, der in diesem Heft auch gleich eine – aus unserer Sicht wichtige – Diskussion anzustoßen versucht. Gemeinsam mit Martin Nitsche setzt er sich mit dem Wert der „Zeitreisen“ des NDR für die Förderung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins auseinander, wobei es zu einer zwiespältigen Einschätzung kommt. Andreas Wagner, der eine neue berufliche Aufgabe übernommen hat, wird zwischenzeitlich pausieren, auch wenn dieses Heft einen anderen Eindruck vermittelt: Produktiv und präsent wie immer berichtet er vom mittlerweile 10. Bützower Häftlingstreffen, das wesentlich mit seiner Person verbunden ist. Daneben war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Landesfachstelle für Gedenkstättenarbeit bei Politische Memoriale e.V. in Schwerin gemeinsam mit Vertretern der Universität Rostock sowie den Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin an dem EU-Regioprojekt „Bildung und Erziehung nach dem Holocaust – Erinnern und Gedenken“ im Rahmen des Comenius-Programms für lebenslanges Lernen beteiligt. Er berichtet über die Zusammenarbeit von Schulen aus Wien und Mecklenburg-Vorpommern. À propos EU-Projekt: Simone Labs liefert einen ersten Bericht über ein Projekt, das sie auf deutscher Seite gemeinsam mit Andreas Wagner verantwortet. Im Rahmen einer GRUNDTVIG-Lernpartnerschaft zur Geschichte des Kalten Krieges in Europa beschreibt sie unter dem Titel „Kalter Krieg im Baltikum – Von Waldbrüdern und Besatzern“ ein erstes Treffen der Projektpartner im Okkupationsmuseum in Tallinn. In den kommenden Ausgaben von „Zeitgeschichte regional“ wird über weitere Ergebnisse dieser Zusammenarbeit zu lesen sein. Nach längerer Diskussion in der Redaktion haben wir uns entschieden, bis auf weiteres auf die Planung von Schwerpunkt-Themen für die einzelnen Ausgaben von „Zeitgeschichte regional" zu verzichten. Die Realitäten haben unsere Planungen zu oft eingeholt. Außerdem haben wir von unseren Lesern häufig Rückmeldungen bekommen, dass gerade die thematisch „bunten“ Hefte gut angekommen sind. Vor diesem Hintergrund lautet das Thema dieses und der folgenden Hefte Aktuelles aus zeitgeschichtlicher Forschungs- und Vermittlungsarbeit über Mecklenburg-Vorpommern. Wolf Karge ist bei seiner Publikationsarbeit zu Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern auf die Geschichte der Aufsiedlung der insolventen Gutswirtschaft Matgendorf mit katholischen Bauern in den 1920er Jahren gestoßen. Eine Siedlerschule im dortigen Herrenhaus sollte die potentiellen Neusiedler aus dem Rheinland auf ihr neues Leben vorbereiten. – Kalauer wie „Keiner soll hungern, ohne zu frieren!“ sind sicher vielen geläufig. Dass sich dahinter jedoch ein eher sarkastischer Bezug zur Geschichte des NS-Winterhilfswerkes verbirgt, verdeutlicht Hermann Langer mit seinem Aufsatz. Ein wesentlicher Teil jener Institution war Propaganda, die jedoch durch ihre mobilisierende Kraft auch praktische Wirkung entfaltete. Auf vielen Gebieten wurde damals der Ressourcenknappheit mit Propaganda begegnet, und es wurden damit viele Menschen erreicht. Ein während des Krieges entstandener Schüleraufsatz zur „KohIenklau“-Propagandaaktion 1942/43 wird ebenfalls von Hermann Langer vor diesen Hintergründen beleuchtet. – Bernd Kasten referiert über einen Vorfall, der pars pro toto in vieler Hinsicht Sinnbild für den Krieg sein kann: der amerikanische Tieffliegerangriff am 21. Mai 1944 auf Ziele in Mecklenburg und Vorpommern. Die DDR-Zeit nimmt in dieser Ausgabe wieder breiten Raum ein und wird in verschiedenen Facetten gezeigt. Ralph Kaschka berichtet über ein Thema, dass uns (in anderer Form) auch heute wieder berührt: der Jahre währende Bau an der Eisenbahnstrecke Rostock-Neustrelitz-Berlin, hier in den 1950er/1960er Jahren. – Dass Erziehungsberatung in der „Erziehungsdiktatur“ wie vieles andere eher Mangelware war, verwundert denn doch. An der Universität Greifswald versuchten engagierte Wissenschaftler diesem Mangel seit den 1960er Jahren zu begegnen. Gabriele Förster stellt die Arbeit der Greifswalder Erziehungsberatungsstelle vor. Der DDR-Militärstandort Prora hat in „Zeitgeschichte regional“ (bisher mit Blick auf die sogenannten Bausoldaten) schon mehrfach seinen Platz gehabt. Klaus Storkmann zeigt uns einen Aspekt von DDR-Militärgeschichte, über den es außerhalb eingeweihter Kreise eher Spekulationen als Wissen gab: die militärische Ausbildung von Ausländern an den NVA-Offizierhochschulen. Die Standorte Prora und Stralsund haben dabei offenbar eine besondere Rolle gespielt. – Ahnung bzw. Ahnungslosigkeit ist der zentrale Topos der Untersuchungen von Melanie List. Sie versucht zu ergründen, ob der mangelnde Zugang zum Westfernsehen ein Einflussfaktor für Ausreiseantragsteller war. – Ein besonderes Zeitzeugnis stellen aus unserer Sicht die Erinnerungen Ursula von Appens über ihre Zeit als Lehrerin an der Goethe-Oberschule 11 im Schwerin der 1950er Jahre dar, die mehr sind als nur ein Bericht über diese Schule. Sie nehmen auch einen großen Teil ihres Lebens (in vorbildlicher Weise reflektiert) in den Blick. Aus der regionalen Geschichtsarbeit wird über das bereits Genannte hinaus durch Christine Kindt berichtet, die ihre Schüler des Gymnasium Fridericianum Schwerin bei dem internationalen Schultheaterprojekt „Esther leben“ im Rahmen des Projektes „ESTHER – Europäische Strategien zur Holocausterinnerung“ begleitete. Außerdem wird die Laudatio von Irmela von der Lühe für Constanze Jaiser und Jacob David Pampuch zur Verleihung des Annalise-Wagner-Preises 2012, den die beiden für ihre Arbeit „Ein Schmuggelfund aus dem KZ“ erhalten haben, abgedruckt. Unter der Rubrik Archivmitteilungen lässt Eleonore Wolf Neubrandenburger Archivgeschichte Revue passieren und überrascht damit, dass die Institution, der sie vorsteht, erst 30 Jahre alt ist. Eine doppelt so lange, mit dem Leben zahlreicher gebürtiger Mecklenburger und Pommern verbundene Geschichte, die Gründung des Notaufnahmelagers Marienfelde in Berlin vor 60 Jahren, war Anlass zu einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm, von dem Henrik Bispinck als Mitwirkender berichtet. An dieser Stelle möchten wir den Autoren unserer Zeitschrift danken, für deren namentliche Würdigung der Platz dieser Einführung regelmäßig nicht ausreicht: den Verfassern der Rezensionen und Annotationen. Wir hoffen auf Ihre weitere Mitwirkung.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Wolf Karge
Die Aufsiedlung der insolventen Gutswirtschaft Matgendorf mit katholischen Bauern und die Siedlerschule im Herrenhaus
Hermann Langer
„Keiner soll hungern, ohne zu frieren!“ – Zur Geschichte des NS-Winterhilfswerkes 1933 bis 1945
Bernd Kasten
Der amerikanische Tieffliegerangriff am 21.Mai 1944 auf Ziele in Mecklenburg-Vorpommern
Ralph Kaschka
Die Errichtung der Eisenbahnstrecke Rostock/Überseehafen-Neustrelitz-Berlin 1956/58-1967
Gabriele Förster
Die Erziehungsberatungsstelle an der Emst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Klaus Storkmann
„Wir haben keine Preußen vor uns.“ Die Ausbildung ausländischer Militärs an den NVA-Offizierhochschulen Prora und Stralsund
Melanie List
Ahnungslose Bürger? – Die Ausreiseantragsteller aus den Bezirken Dresden und Rostock in den 1980er Jahren. Zwischenergebnisse eines Forschungsprojektes und ein Zeitzeugenaufruf
D a s D o k u m e n t
Hermann Langer
„Fasst ihn, den Bösewicht!“ – Zur „Kohlenklau“-Propagandaaktion 1942/43
E r i n n e r u n g e n
Ursula von Appen
Erinnerungen an meine Zeit als Lehrerin an der Goethe-Oberschule II in Schwerin
D i s k u s s i o n
Martin Buchsteiner/Martin Nitsche
„Zeitreisen“ des NDR – Dokutainment oder regionalgeschichtliche Unterrichtsfilme zur Förderung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins?
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Andreas Wagner
„Die Gegenwart der DDR-Vergangenheit: Warum wir nicht aufhören, darüber zu reden.“ 10. Bützower Häftlingstreffen vom 23. bis 25. September 2012
Irmela von der Lühe
Laudatio für Constanze Jaiser und Jacob David Pampuch zur Preisverleihung des Annalise-Wagner-Preises 2012 auf Schloss Rattay am 17. Juni 2012
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Andreas Wagner
Bildung und Erziehung nach dem Holocaust – Erinnern und Gedenken
Christine Kindt
Internationales Schultheaterprojekt „Esther leben“. Der Versuch einer Zwischenbilanz
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Eleonore Wolf
Das Neubrandenburger Stadtarchiv wurde 30. Archivgeschichte einmal anders
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Henrik Bispinck
60 Jahre „Tor zur Freiheit“ – Veranstaltungen anlässlich des 60. Jahrestages der Gründung des Notaufnahmelagers Marienfelde
Simone Labs
Kalter Krieg im Baltikum – Erlebnisbericht einer Partnerschaft. Teil I: Von Waldbrüdern und Besatzern
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Herrmann-Winter, Renate
Sprachatlas für Rügen und die vorpommersche Küste
(Wolfgang Dahle)
Berking, HelmuthJSchwenk,Jochen
Hafenstädte. Bremerhaven und Rostock im Wandel
(DetlevBrunner)
Nieske,Christian
„… habe ich mir einen bedeutenden, festen Kundenkreis erworben“ – Der Weg einer Mecklenburger Handwerkerfamilie in den Jahren 1790 bis 1950
(Gesine Kröhnert)
Pehnke, Andreas (Hg.)
Johannes Tews (1860-1937)
(Gabriele Förster)
Negendanck, Ruth
Künstlerkolonie Ahrenshoop
(Beatrice Vierneisel)
Schade, Achim/Redieck,Matthias
Rostock im Feuersturm
(Bemd Kasten)
Heinz, Jakob
Neulehrer in Mecklenburg und Vorpommem
(Henrik Bispinck)
Schekahn, Jenny/Wunschik,Tobias
Die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Rostock
(Christian Schwießelmann)
Thomas-Morus-Bildungswerk(Hg.)
Wagnis Weltkirche. Bischöfe aus dem Osten Deutschlands berichten vom Konzil
(Christian Nestler)
Fleury, Alain
Von Paris nach Warnemünde
(Sabine Grauer)
N a c h t r a g
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 16. Jg., 2012, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2012
Umfang: 119 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Dieses Heft könnte unter dem Titel erscheinen: Planungen und was davon übrig bleibt. So sieht diese Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ ganz anders aus als vorgesehen und ist – vielleicht gerade deshalb – eine sehr interessante Mischung. In der unvorhergesehenen Situation haben Mitglieder der Redaktion in ihren Schubladen gestöbert. Bernd Kasten skizziert in seinem Beitrag, warum Friedrich Hildebrandt als Reichsstatthalter bei der Vereinigung von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz 1933/34 erfolgreich war, während er mit anderen Ambitionen scheiterte. Wolf Karges Forschungen zum Redefiner Gestüt verdanken wir einen Aufsatz über den Weg der Mecklenburger Pferdezucht in Volkseigentum von 1945 bis 1952. Die Freiheit zwingt einen freien Autor zu thematischer Breite. So verwundert es vielleicht nicht, aus derselben – elektronischen – Feder auch noch ein Vortragsskript über eine Ausstellung zur Geschichte der Stiftung Mecklenburg zu finden. Wolf Karge ist es auch, der dieses Heft mit einer Anmerkung zum schulgeschichtlichen Aufsatz von Hermann Langer in der letzten Ausgabe sowie mit einem Nachruf auf den zu Beginn dieses Jahres verstorbenen Helge Bei der Wieden, dem die Wiederbegründung des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde sowie der Historischen Kommission Mecklenburg wesentlich zu verdanken ist, abrundet. Henrik Bispinck erläutert ein Dokument, das die Diskussion über die Ausreiseproblematik innerhalb der Evangelisch- Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs während einer Tagung der Landessynode im April 1977 aus der Sicht des Ministeriums für Staatssicherheit wiedergibt. Der „Berliner“ in der Redaktion berichtet außerdem über eine Ausstellung aus Anlass des 775. Stadtgeburtstages Berlins, die den Umgang mit den Jubiläen in den Jahren 1937 und 1987 verglich. „Aus anderen Ländern“ kommt auch die Darstellung von Ortwin Pelc über die im Frühjahr 2011 neueröffnete Gedenkstätte für die Kinder vom Bullenhuser Damm in Hamburg. Eleonore Wolf ergänzt die Rubrik „Regionale Geschichtsarbeit“ um eine Vorstellung des Standes der Arbeit am Wegweiser zu „Orten der Gewalt“ in Neubrandenburg, der mittlerweile vier Angebote umfasst. Nach Lehrpfaden zu jüdischem Leben, zu Zwangsarbeiterlagern der NS-Zeit und zur Bezirksverwaltung der Staatssicherheit in Neubrandenburg ist 2012 der Gedenkort Fünfeichen einbezogen worden. Hier wird an die ab 1939 eingerichteten Kriegsgefangenenlager, die 1945 kurzzeitig als Repatriierungslager, anschließend als Speziallager der sowjetischen Besatzungsmacht weitergenutzt wurden, erinnert. Ein Thema bestimmte die regionale – nicht nur historische – Bildungsarbeit in unserer Region 2012 besonders: der Umgang mit dem Pogrom vom August 1992 in Rostock-Lichtenhagen. Dem Selbstverständnis der Zeitschrift entsprechend findet dieses Thema in dieser Ausgabe breiten Raum. Zwei junge Politikwissenschaftler der Rostocker Universität haben sich dem Thema aus verschiedenen Blickwinkeln genähert. Während Roman Guski den Pogrombegriff für die Nachwendezeit im vereinten Deutschland durchdekliniert, setzt sich Thomas Prenzel mit Gedenken und Politik, insbesondere in der Region zum 20. Jahrestag der Ereignisse von Rostock-Lichtenhagen, auseinander. Für die Reflexion zweier konkreter Beispiele regionaler Geschichtsarbeit zu diesem Anlass sind wir besonders dankbar: Kristina Koebe, Mitherausgeberin des kleinen, feinen, seit 1995 bestehenden Rostocker Magazins „Stadtgespräche“, berichtet über eine von ihrer Redaktion initiierte Verteilaktion von 10.000 DVD mit dem Film „The truth lies in Rostock“ und die von ihr wahrgenommenen „Rostocker Wahrheiten im Umfeld des 20. Jahrestages der Pogrome von Rostock-Lichtenhagen“. Die 2002 auf den Weg gebrachte Ausstellung „Lichtenhagen – von Menschen, Ansichten und Gesetzen“ regt erfreulicherweise immer noch zum Nachdenken an. Lena Weber, Schülerin auf dem Weg zum Abitur, hat dafür als Ausstellungsbegleiterin gearbeitet. Wir hoffen, dass ihr Beitrag andere junge Leute zum Schreiben auf unseren Seiten anregt und dass sie uns als Autorin erhalten bleibt. Dann sind da die in jedem Heft erscheinenden Beiträge, die der Zeitschrift die Vielfalt des weiten Horizonts, nicht mit Beliebigkeit zu verwechseln, sichern sollen – auch mit dem Anspruch, die Weltläufigkeit vermeintlicher Provinz wenigstens aufscheinen zu lassen. Jens-Uwe Rosts „Politthriller – made in GDR“ über eine Städtepartnerschaft Schwerin-Nikosia gehört ebenso dazu wie Rainer Neumanns Blick auf die zeitgenössische kirchliche Musiklandschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Einen besonderen Dokumentenschatz stellt Falk Bersch mit den 1965 verfassten Briefen eines Wehrdienstverweigerers aus dem Strafvollzugskommando Berndshof bei Ueckermünde vor. Wenn wir mit Rainer Neumann den über mehrere Ausgaben behandelten musikalischen Schwerpunkt hinter uns lassen, bereiten wir mit den folgenden, wenigstens noch summarisch vorzustellenden Texten den Boden für die Behandlung von Industriegeschichte unseres Landes im vergangenen Jahrhundert. Axel Föhl lässt 40 Jahre Industriedenkmalpflege in Ost und West Revue passieren. Sabine Bock und Günther Jikeli nehmen sich eines besonderen Industriedenkmals in Mecklenburg-Vorpommern an. Während erstere zur Frage „Heeresversuchsanstalt Peenemünde – Weltkulturerbe oder Kompensationsfläche?“ Partei ergreift, berichtet Jikeli über eine im Oktober 2012 in Trassenheide auf Usedom durch geführte Tagung „Peenemünde aus der Opferperspektive. Verantwortung von Wissenschaft und Gesellschaft. Neue Impulse für eine Erinnerungskultur an die verbrecherische Kriegsindustrie der Nationalsozialisten“. Kathrin Möller kann erfreut vermelden: „Mit dem phanTECHNIKUM eröffnete im Dezember 2012 in Wismar ein neues Ausstellungs- und Bildungszentrum zum Thema Technik und Technikgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns“. Dem Thema Ausstellung widmen sich noch zwei weitere Beiträge. Eckard Oberdörfer würdigt die von „Zeitgeschichte regional“ bereits angekündigte Exposition für Friedrich Loeffler, den „Vater der Virologie“, auf der Insel Riems bei Greifswald. Und Andrea Kaltofen präsentiert die im niedersächsischen Landkreis Emsland gelegene, als europäischer Gedenkort neugestaltete Gedenkstätte Esterwegen. Potenziellen Rezensenten und Autoren sei wie immer unser mit „Rezensionen/Annotationen“ und „Neuerscheinungen“ überschriebener Blick in die historiografische Landschaft empfohlen. Wir hoffen auch 2013 auf Ihre Mitarbeit.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Bernd Kasten
Die Vereinigung von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz 1933/34
WolfKarge
Mecklenburger Pferdezucht in Volkseigentum 1945 bis 1952
Jens-Uwe Rost
Schwerin – Nikosa. Ein „Politthriller“ made in GDR
Roman Guski
„Das Wort Pogrom kannte ich nur aus Geschichtsbüchern“ – Nachwendepogrome im vereinten Deutschland
Thomas Prenzel
Umkämpfte Erinnerung: Gedenken und Politik zum 20. Jahrestag von Rosteck-Lichtenhagen
Rainer Neumann
Die kirchliche Musiklandschaft in Mecklenburg-Vorpommern
D o k u m e n t e
Falk Berseh
„Wichtig ist ja letzten Endes die innere Freiheit.“ Die Briefe des Wehrdienstverweigerers Alfred Eckardt aus dem Strafvollzugskommando Berndshof (1965)
Henrik Bispinek
Die Evangelische Kirche und die Ausreiseproblematik im KSZE-Prozess. Eine Tagung der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs vom April 1977 im Blick des Ministeriums für Staatssicherheit
E r i n n e r u n g e n
Axel Föhl
„Die Feuer verlöschen nie“ – 40 Jahre Industriedenkmalpflege in Ost und West
D i s k u s s i o n
Sabine Boek
Die Heeresversuchsanstalt Peenemünde – Weltkulturerbe oder Kompensationsfläche?
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Günther Jikeli
„Peenemünde aus Opferperspektive. Verantwortung von Wissenschaft und Gesellschaft. Neue Impulse für eine Erinnerungkultur an die verbrecherische Kriegsindustrie der Nationalsozialisten“. Tagung am 12. und 13. Oktober 2012 in Trassenheide auf Usedom
Kathrin Möller
Neu in Wismar: Mit dem phanTECHNIKUM eröffnete im Dezember2012 ein neues Ausstellungs-und Bildungszentrum
zum Thema Technik und Technikgeschichte des Landes Mecklenburg-Vorpommern
Eekhard Oberdörfer
Ein Haus für den Vater der Virologie
Eleonore Wolf
Wegweiser zu „Orten der Gewalt“ in Neubrandenburg
WolfKarge
Die Stiftung Mecklenburg – Butenmeckelnbörger geben ihre Erinnerungen an Mecklenburg-Vorpornmern zurück. Gedanken zu einer Ausstellung im Schleswig-Holstein-Haus in Schwerin
Kristina Koebe
„The truth lies in Rostock“. Eine aufschlussreiche Verteilaktion und Rostocker Wahrheiten im Umfeld des 20. Jahrestages der Pogrome von Rostock-Lichtenhagen
Lena Weber
Lichtenhagen – von Menschen, Ansichten und Gesetzen.
Bericht einer Ausstellungsbegleiterin
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Henrik Bispinek
Party, Pomp und Propaganda. Die Berliner Stadtjubiläen 1937 und 1987. Eine Ausstellung aus Anlass des 775. Jahrestages der Gründung der Stadt Berlin
Andrea Kaltofen
Die Gedenkstätte Esterwegen – ein europäischer Gedenkort im niedersächsischen Landkreis Emsland
Ortwin Pelc
Die neue Gedenkstätte für die Kinder vom Bullenhuser Damm in Harnburg
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Grewolls, Grete
Wer war wer in Mecklenburg-Vorpommern
(Wolf Karge)
Röder, Kornelia/Napp,Antonia (Hg.)
Sommergäste. Von Arp bis Werefkin
(Beatrice Vierneisel)
Freundeskreis Oberschule Bützow (Hg.)
150 Jahre gymnasiale Bildung in Bützow
(Henrik Bispinck)
Jaiser, Constanze/Pampuch, Jacob David
Ein Schmuggelfund aus dem KZ
(Andreas Wagner)
Voelker, Johannes
Die letzten Tage von Kolberg
(Sabine Grauer)
Hirsch, Helga
Gehen oder bleiben?
(Wolfgang Wilhelmus)
Wagner, Andreas/Engelhardt, Kerstin
Geschichtskoffer. DDR-Lebensläufe aus Mecklenburg-Vorpommern
(Ingo Koch)
Jahnke, Siegfried
Hinter der weißen Wand
(Falk Bersch)
Krätzner, Anita
Verraten. Verhaftet. Vermisst
(Henrik Bispinck)
N a c h r u f
Wolf Karge
Helge Bei der Wieden (1934-2012)
V e r m i s c h t e s
Wolf Karge
Anmerkung zu: Langer, Hermann, Zur Ausbildung von Mecklenburgs Volksschullehrern unterm Hakenkreuz (1932-1945)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 16. Jg., 2012, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2012
Umfang: 127 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Im letzten Heft vorbereitet, soll Musik in dieser Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ den thematischen Schwerpunkt bilden. Wir freuen uns, dass es gelungen ist, mit Ekkehard Ochs eine Institution der Publizistik über Musikkultur in Mecklenburg-Vorpommern gewonnen zu haben. Mit seinem Beitrag „Greifswalds Musikfeste 1920-1939“ eröffnet er die Reihe musikbezogener Institutionengeschichte(n) in Mecklenburg und Vorpommern. Seine Darstellung zeigt das Bemühen des Greifswalder bildungsbürgerlichen Milieus, mit Glanzlichtern deutscher Musikgeschichte und der Moderne auch die pommersche Provinz kulturell zu erhellen. Die Universität war dabei sicher ein wesentlich fördernder Faktor. Ganz in diesem Sinne dürfte auch Lutz Winkler mit seiner Abhandlung über Emanuel Voß, den spiritus rector und Gründungsdirektor des Greifswalder Theaters, zu lesen sein. Sein Aufsatz steht bereits im Zeichen des 2015 anstehenden 100jährigen Jubiläums des Greifswalder Stadttheaters, das ohne die Initiative und das über mehr als fünf Jahrzehnte währende Engagement von Voß kaum denkbar erscheint. Das musikpädagogische Personal der Greifswalder Universität hatte in diesem Kontext immer seinen festen, ja unverzichtbaren Platz. Aus den universitären Nischen konnte es allerdings erst mit der akademischen Aufwertung der pädagogischen Ausbildung, insbesondere der Musiklehrer, im Zuge der Wiedereröffnung der Universitäten nach dem Zweiten Weltkrieg heraustreten. Bernd Fröde skizziert die Musiklehrerbildung in der Region während der SBZ- und frühen DDR-Zeit bis zum Ende der 1950er Jahre beispielhaft an den Universitäten Rostock und Greifswald sowie den später eingerichteten Instituten für Lehrerbildung in Güstrow, Putbus, Alt Rehse und Neukloster als einen Weg zwischen fachorientierter Tradition und ideologischer Okkupation. Es ging darum, ein neues, dem neuen Staat DDR verbundenes pädagogisches Personal heranzubilden. Gesellschaftsverändernde Ambitionen in der DDR waren vielfach mit strukturpolitischen Experimenten verknüpft. Die Entwicklung der kleinen Landstadt Neubrandenburg im mecklenburgischen Binnenland zu einem regionalen Zentrum gehört dazu. Bereits wenige Jahre nach der Konstituierung eines Kreisorchesters Neubrandenburg mit bescheidenen Möglichkeiten hatte die Stadt ein Staatliches Sinfonieorchester. Ohne die Rolle als Bezirksstadt hätte es diese Entwicklung wohl kaum gegeben. Anke Völker-Zabka bietet einen Abriss zu 60 Jahren Orchestergeschichte der Neubrandenburger Philharmonie. Fünf Ensembleleiter, vom Orchestergründer bis zum derzeitigen Chefdirigenten, kommen zu Wort. In der Zusammenschau mit den anderen Aufsätzen in diesem Heft scheint ein weiteres Schwerpunktthema durch: schulische Bildung. Gabriele Förster von der Universität Greifswald hat Schulärzte und Schulzahnärzte in Pommern während der Weimarer Republik in den Blick genommen, wohingegen Hermann Langer, einer der Kenner mecklenburgischer Schulgeschichte, sich zur Ausbildung von Mecklenburgs Volksschullehrern unterm Hakenkreuz zwischen 1932 und 1945 äußert. Dabei zeichnet er die Etappen der Umformung des Pädagogischen Instituts in Rostock zu einer Hochschule für Lehrerbildung, auf die während des Krieges die Lehrerbildungsanstalten folgten, nach. Der in Güstrow für die Lehrerbildungsanstalt errichtete Neubau diente später dem oben bereits erwähnten Institut für Lehrerbildung, nachfolgend der Pädagogischen Hochschule Güstrow und ist heute Sitz der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern. In der Rubrik Aufsätze sollen auch die Beiträge von Bernd Kasten sowie von Sophie Große/Maria Sparfeld Ihrer Aufmerksamkeit empfohlen sein. Nicht, weil der Schweriner Stadtarchivar Mitglied der Redaktion dieser Zeitschrift ist, sondern weil es ihm gelingt, die Auswirkungen der amerikanischen Bombenangriffe auf Schwerin 1944/45 plastisch und bisweilen drastisch zu schildern, halten wir seine Ausführungen für beachtenswert. Und weil es bislang so selten ist, freuen wir uns besonders, dass sich die beiden Rostocker Autorinnen mit ihrer Analyse auf einen Diskussionsbeitrag in der letzten Ausgabe dieser Zeitschrift beziehen. Sie nehmen Lesarten von Fotografien Karl Eschenburgs zwischen Romantik und Nazipropaganda wahr und knüpfen damit an Volker Jankes kritische Reflexion des Umgangs mit Eschenburgs fotografischem Nachlass an. Zeitgeschichte ist im Bereich der ehemals sozialistisch genannten Länder seit dem Epochenbruch von 1990 kaum ohne die Auseinandersetzung mit der Geschichte der hier gewirkt habenden geheimpolizeilich organisierten Sicherheitsdienste denkbar. Die Öffnung der Akten des Ministeriums für Staatsicherheit der DDR schuf neue Bedingungen. Zwei Leiter der für den damaligen Bezirk Rostock zuständigen Außenstelle der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen DDR hatten am 1. Februar 2012 in der Rostocker Petrikirche im Rahmen der Veranstaltung „Wissen, wie es war – Einsicht durch Einsicht?!“ anlässlich des 20. Jahrestages der Öffnung der Stasi-Akten ihre Erinnerungen daran zusammengefasst. Volker Höffer schildert die Herausforderungen für die Behördenmitarbeiter, die weder auf die Bewältigung der Aktenhinterlassenschaft noch auf die damit verbundenen Schicksale vorbereitet waren. Sein Amtsvorgänger Christoph Kleemann beantwortet in einer sehr persönlichen Darlegung „Warum ich meine Akte wollte“. Bei der Beobachtung der regionalen Geschichtsarbeit in unserem Bundesland mussten wir uns diesmal auf einen Schwerpunkt beschränken. Andreas Wagner berichtet über die am 27. April 2012 erfolgte Eröffnung einer neuen, der Geschichte des Kraftwerkes gewidmeten Abteilung der Dauerausstellung im Historisch-Technischen Museum Peenemünde. Nachrufe sollen Erinnerungen bewahren und Trauer bearbeiten helfen. Mitglieder der Redaktion von „Zeitgeschichte regional“ haben ihr Gedenken an die viel zu früh verstorbene Prof. Dr. Kyra T. Inachin in Worte zu fassen versucht. Dem Leben und Wirken des im 85. Lebensjahr verstorbenen Dr. Dr. h.c. Hartwig Bernitt, langjähriger Vorsitzender des Vereins ehemaliger Rostocker Studenten (VERS), ist ein Nachruf von Peter Moeller gewidmet. Der Fleißarbeit einzelner Redaktionsmitglieder ist die wieder umfangreiche Anzeige von Neuerscheinungen zu verdanken. Die Rezensionen/Annotationen sollen die das Programm abrundende Selbstverständlichkeit bleiben.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Ekkehard Ochs
Greifswalds Musikfeste 1920-1939 – eine Übersicht
Lutz Winkler
Emanuel Voß – ein Leben für das Greifswalder Theater und die Oper
Bernd Fröde
Zwischen fachorientierter Tradition und ideologischer Okkupation. Musiklehrerbildung in der Region während der SBZ- und frühen DDR-Zeit
Anke Völker-Zabka
60 Jahre Neubrandenburger Philharmonie. Aus der Orchestergeschichte
A u f s ä t z e
Gabriele Förster
Schulärzte und Schulzahnärzte in Pommern während der Weimarer Republik
Hermann Langer
Zur Ausbildung von Mecklenburgs Volksschullehrern unterm Hakenkreuz (1932-1945)
Bernd Kasten
Amerikanische Bombenangriffe auf Schwerin 1944/45
Sophie Große und Maria Sparfeld
Zwischen Romantik und Nazi-Propaganda. Lesarten von Fotografien am Beispiel von Karl Eschenburg
E r i n n e r u n g e n
Volker Höffer
Stasi-Aufarbeiter hatte niemand gelernt. Die ersten Tage einer Weltneuheit und die Dimension der Schicksale. Vortrag, gehalten in der Rostocker Petrikirche am 1. Februar 2012 im Rahmen der Veranstaltung „Wissen, wie es war – Einsicht durch Einsicht?!“ anlässlich des 20. Jahrestages der Öffnung der Stasi-Akten
Christoph Kleemann
Warum ich meine Akte wollte. Motive, Erlebnisse und Erfahrungen. Vortrag, gehalten in der Rostocker Petrikirche am 1. Februar 2012 im Rahmen der Veranstaltung „Wissen, wie es war – Einsicht durch Einsicht?!“ anlässlich des 20. Jahrestages der Öffnung der Stasi-Akten
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Andreas Wagner
Neue Abteilung der Dauerausstellung im Historisch-Technischen Museum Peenemünde eröffnet
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Müller-Waldeck, Gunnar
Literarische Erkundung des Nordens
(Kai Agthe)
Karge, Wolf
Schlösser und Herrenhäuser in Mecklenburg
(Kai Agthe)
Rehmer, Hans-Joachim/Strasen, Gustav-Adolf
Mecklenburg-Strelitz 1918-1945
(Siegfried Kuntsche)
Kuhnke, Manfred
Falladas letzter Roman; Müller-Waldeck, Gunnar/Ulrich, Roland unter Mitarbeit von Uli Ditzen (Hg.)
Hans Fallada. Sein Leben in Bildern und Briefen; Kuhnke, Manfred Schreiben und Leben
(Kai Agthe)
Winter, Friedrich
Friedrich Schauer (1891-1958)
(Jens Langer)
Maibaum, Thomas
Die „Führerschule der deutschen Ärzteschaft“ Alt Rehse
(Andreas Wagner)
Szczesiak, Rainer
Nationalsozialistische Zwangslager im Raum Neubrandenburg
(Matthias Pfüller)
Rzepczak, Remigius/Lazowski, Andrzej
Gestohlener Glaube, gestohlene Hoffnung
(Andreas Wagner)
N a c h r u f
Erinnerung an Prof. Dr. Kyra T. Inachin (1968 New York – 2012 Lampertheim)
Peter Moeller
Dr. Dr. h.c. Hartwig Bernitt ist am 2. März 2012 verstorben
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 15. Jg., 2011, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2011
Umfang: 135 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Unser aktuelles Heft nimmt auf eine Reihe von Anlässen Bezug, die in den letzten Monaten historiografische Bedeutung hatten. Der 21. Landesarchivtag in Neubrandenburg am 21./22. Juni 2011 war explizit den Implikationen und Auswirkun gen der Geschichte des vergangenen Jahrhunderts gewidmet. So beginnen wir die Rubrik „Aufsätze“ mit dem Vortrag über das Geheime und Hauptarchiv Schwerin zwischen 1933 und 1945 des Schweriner Archivars Matthias Manke. Einen Überblick über den Ablauf dieser Tagung bietet die diesjährige Gastgeberin, die Neubrandenburger Archivarin Eleonore Wolf, unter „Archivmitteilungen“. Erinnerungspolitisch stand das Jahr 2011 im Zeichen des Mauerbaus in Berlin und der weiteren Befestigung der deutsch-deutschen Grenze vor 50 Jahren. Kay Kufeke hatte vor einigen Jahren im Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern ein Gutachten über Entwicklungsmöglichkeiten der Gedenkstätten, die in Mecklenburg-Vorpommern an die Grenze und ihre Opfer erinnern, verfasst. In diesem Heft skizziert er nun mit seinem Beitrag über die Durchlässigkeit der innerdeutschen Grenze in Mecklenburg vor 1952 die Anfänge des Aufbaus eines Grenzregimes. Michael Heinz von der Rostocker Außenstelle des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) und Anita Krätzner von der Universität Rostock nehmen die zeitgenössischen Reaktionen auf den Mauerbau im damaligen Ostseebezirk Rostock im Sommer und Herbst 1961 in den Blick. Ablehnende Äußerungen bei den Bürgern waren keine Seltenheit. Diese wurden als „staatsgefährdende Hetze“ massiv verfolgt und propagandistisch instrumentalisiert. Ein weiterer Schwerpunkt des Heftes liegt auf der Geschichte von Jugend und Jugendpolitik in den 1980er Jahren in unserer Region. Mit Christoph Wunnickes Aufsatz über die Offene evangelische Jugendarbeit in der Mecklenburgischen Landeskirche wird eine Seite nichtstaatlicher Jugendarbeit untersucht. Die Darstellung wird durch ein Interview ergänzt, dass der Autor mit Bernd Schröder, in den 1980er Jahren als Jugendwart für die Offene Jugendarbeit bei der Pommerschen Evangelischen Kirche verantwortlich, für „Zeitgeschichte regional“ führte. Caroline Fricke hingegen untersucht in ihrem Aufsatz Selbstbild und Realität der von SED und FDJ geführten Jugendpolitik, wie sie sich zu dieser Zeit im Bezirk Schwerin darstellten. Sie zeigt, dass Bemühungen, Jugendliche mit abweichend wahrgenommenem Verhalten zu integrieren, an der eigenen holzschnittartigen Ideologie, mehr jedoch an den Schwächen, die letztlich auch zum Untergang des Staates führten, scheitern mussten. Im September dieses Jahres jährte sich der 65. Todestag des evangelischen Theologen und Universitätsprofessors D. Dr. Ernst Lohmeyer. Aus diesem Anlass haben zwei Autoren, die sich über viele Jahre mit dieser Persönlichkeit und ihrem Schicksal beschäftigten, der Redaktion einen Beitrag angeboten. Sie ergänzen sich auch da, wo sie anscheinend denselben Gegenstand referieren. Beide Autoren gehen auf eine Quelle besonders ein: eine 1946 bei der Landesleitung der SED entstandene Akte, die – wie beide Autoren übereinstimmend feststellten – aktuell in den beiden Landesarchiven nicht auffindbar ist. Wolfgang Wilhelmus legt hier das Skript einer Rede vor, die er im September 1990 anlässlich der Feier des 100. Geburtstages Ernst Lohmeyers hatte halten wollen, ergänzt um einen Bericht aus der Perspektive des bis 1990 als Professor an der Sektion Geschichte der Universität Greifswald und als Leiter der Forschungsgruppe Universitätsgeschichte tätig gewesenen Wissenschaftlers. Mathias Rautenberg hingegen analysiert die Auseinandersetzung mit dem Schicksal Lohmeyers von 1946 bis in die Gegenwart aufgrund der Fülle bis heute zugänglich gewordener Literatur und Archivalien und zeichnet dabei ein differenziertes Bild vom Wirken der involvierten SED-Funktionäre. Ernst Lohmeyer spielte auch bei der Gedenktafelenthüllung 2011 für die Retter Greifswalds eine Rolle. Interessierte sollten also auch den Beitrag des Greifswalder Stadtarchivars Uwe Kiel zur Rezeptionsgeschichte der kampflosen Übergabe der Stadt an die Rote Armee 1945 lesen. Zwei Autorinnen verdanken wir die Möglichkeit, die folgend angezeigten Dokumente veröffentlichen zu können: Elke Scherstjanoi fand – bisher einmalig – in russischen Archiven ein russisches Protokoll zur ersten Besprechung des Chefs der Sowjetischen Militäradministration für Mecklenburg (-Vorpommern) mit den Mitgliedern des Präsidiums und den Ministerialdirektoren der deutschen Landesverwaltung am 12. Juli 1945 in Schwerin, die als offizieller Auftakt der sowjetischen Besatzungsherrschaft in Mecklenburg-Vorpommern anzusehen ist. Hieran ist besonders der Vergleich des nun übersetzten russischen Dokuments mit der damals aufgesetzten deutschen, deutlich kürzeren Niederschrift aufschlussreich. Demgegenüber bietet die Schweriner Kulturwissenschaftlerin Sabine Steffens einen eher amüsanten Extrakt aus ihrer Arbeit an der Ausstellung zur Geschichte des Instituts für Tierseuchenforschung auf der Insel Riems: den Werdegang des Begründers des Riemser Instituts, Prof. Dr. Friedrich Loeffler, in lustigen Versen und Bildern zu seinem 60. Geburtstag aus der Feder seiner Mitarbeiter. Ein letzter Schwerpunkt ist die Musik. Der Leiter des Anklamer Knabenchores Mike Hartmann lässt 40 Jahre Geschichte dieses Klangkörpers aus der Perspektive dreier Sängergenerationen Revue passieren. Während dieser Beitrag für Kontinuitäten steht, zeigt der vom Leiter des Schweriner Konservatoriums Volker Ahmels vorgelegte Bericht über die zwischen 1996 und 2011 durchgeführten Projekte zum Thema „Verfemte Musik“ den Zugewinn an Möglichkeiten seit 1990. Dem ist auch das Entstehen der Annalise-Wagner-Stiftung in Neubrandenburg zuzurechnen. Gudrun Mohr verdeutlicht mit ihren Erinnerungen an Annalise Wagner deren Bedeutung für die Regionalforschung. Wie immer, wenn der Platz für das Editorial fast verbraucht ist, ist die Reihe der hervorhebenswerten Beiträge noch lange nicht erschöpft. Die quellenkritischen Anmerkungen Volker Jankes zum Umgang mit Fotos von Karl Eschenburg verdiente eine ebenso ausführliche Einführung wie der diese Zeitschrift insbesondere betreffende Text von Julia Rinser über eine Tagung zu regional- und landesgeschichtlichen Zeitschriften im 19. und 20. Jahr hundert. Die von der Redaktion dankbar publizierten Berichte von Mirko Wetzel über das Portal www.stolpersteine-mv.de und von Helge Heidemeyer zu Kinderführungen in der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde seien hier wenigstens noch erwähnt. Die erfreulich zahlreichen Rezensionen und Anzeigen bitten wir Sie sich selbst zu erschließen.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Matthias Manke
Unter braunen Schatten. Das Geheime und Hauptarchiv Schwerin zwischen 1933 und 1945
Mathias Rautenberg
Der Tod und die SED. Zum 65. Todestag Ernst Lohmeyers
Kay Kufeke
„Jeder, ob Genosse oder nicht, ist schon ,drüben‘ gewesen.“ Die Durchlässigkeit der innerdeutschen Grenze in Mecklenburg vor 1952
Michael Heinz/Anita Krätzner
Verurteilt wegen „staatsgefährdender Hetze“. Reaktionen im Bezirk Rostock auf den Mauerbau 1961
Christoph Wunnicke
Die Offene Evangelische Jugendarbeit in der Mecklenburgischen Landeskirche in den 1980er Jahren
Caroline Fricke
„Negativ-dekadent“? Jugendkulturen im Bezirk Schwerin in den 1980er Jahren
D o k u m e n t e
Sabine Steffens
Der Werdegang von Herrn Geheimrat Loeffler, in lustigen Versen und Bildern zum 60. Geburtstag gewidmet von Ernst Walter und Hugo Zipfel
Elke Scherstjanoi
„Wir werden uns oft treffen.“ Der Auftakt der Besatzungsherrschaft in Mecklenburg-Vorpommem am 12. Juli 1945
E r i n n e r u n g e n
Wolfgang Wilhelmus
Noch einmal Ernst Lohmeyer. Eine Rede, die nicht gehalten werden konnte, und eine Akte
Gudrun Mohr
Erinnerungen an Annalise Wagner
Mike Hartmann
40 Jahre Anklamer Knabenchor
D i s k u s s i o n
Volker Janke
Ausstellung „Rostock Schwarzweiß. Karl Eschenburg und sein Rostock“, 25. Februar bis 22. Mai 2011 im Kulturhistorischen Museum Rostock
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Volker Ahmels
Die Projekte zum Thema „Verfemte Musik“ des Konservatoriums Schwerin und des Landesverbands Jeunesses Musicales Mecklenburg-Vorpommern e.V. 1996 bis 2011
Uwe Kiel
April 2011 – Gedenktafelenthüllung für die Retter Greifswalds. Anmerkungen zur Rezeptionsgeschichte der kampflosen Übergabe der Stadt an die Rote Armee 1945
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Mirko Wetzel
www.stolpersteine-mv.de – ein Projekt der Produktionsschule Barth
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Eleonore Wolf
21. Archivtag des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern
D a s I n t e r v i e w
„Man muss auch als Diakon immer wissen, was man
tut.“ Interview mit Bernd Schröder, dem ehemaligen Greifswalder Jugendwart, über die Offene Evangelische Jugendarbeit der 1980er Jahre
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Julia Rinser
Medien des begrenzten Raumes: Regional- und landesgeschichtliche Zeitschriften im 19. und 20. Jahrhundert. Eine Tagung des Instituts für westfälische Regionalgeschichte beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe am 12. und 13. Mai 2011 in Münster
Helge Heidemeyer
Flucht und Neuanfang für Kinder verständlich erzählen. Kinderführungen in der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde
Ruth Wunnicke
„Keine Matchboxautos in der DDR“. DDR-Geschichte als Lokalgeschichte in den alten Bundesländern. Ein Schülerworkshop in der Kester-Haeusler-Stiftung Fürstenfeldbruck
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Jancke, Peter (Hg.)
Kirchen und kirchliches Leben im deutschen Kolberg
(Sabine Grauer)
von Thadden, Rudolf
Trieglaff. Eine pommersche Lebenswelt zwischen Kirche und Politik 1807-1948
(Kai Agthe)
Moeller, Richard
Lebenserinnerungen
(Henrik Bispinck)
Brunner, DetIev
Stralsund. Eine Stadt im Systemwandel vom Ende des Kaiserreichs bis in die 1960er Jahre
(Christian Halbrock)
Buddrus, Michael/Fritzlar, Sigrid
Die Städte Mecklenburgs im Dritten Reich
(Hermann Langer)
Piper, Joachim
„Lobetal habe ich säubern lassen.“ Arbeit und Schicksal der Lübtheener Diakonissen
(Sabine Grauer)
Borchardt, Hans Dieter
Kriegsende in Wollin, Kreis Usedom-Wollin in Pommern
(Hans-Gerd Warmann)
Schneider, Heinz
Die Normalität des Absurden
(Wolfgang Stemmer)
Schwießelmann, Christian
Die Christlich-Demokratische Union Deutschlands in Mecklenburg und Vorpommern
(Steffen Schoon)
Brunner, Detlev/Niemann, Mario (Hg.)
Die DDR – eine deutsche Geschichte. Wirkung und Wahrnehmung
(Henrik Bispinck)
Schnauer, Arvid
Zur Arbeit des Rostocker Gerechtigkeitsausschusses. Teil 2: 1990 bis 1994
(Christian Schwießelmann)
Rogge, Christian
Postsozialistischer Wandel ländlicher Siedlungen in Mecklenburg. Determinanten – Prozesse – Modelle
(Michael Heinz)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 15. Jg., 2011, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2011
Umfang: 113 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Zeitgeschichte als die Geschichte der Miterlebenden, der Erlebnisgeneration bereitet sich auf einen Umbruch vor, der sich mit dieser Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ einmal mehr abzuzeichnen scheint. Die DDR- Zeit steht deutlich im Mittelpunkt dieses Heftes. Dies ist jedoch mitnichten Ausdruck einer strategischen Neuausrichtung dieser Zeitschrift. Sicher, die Zeitgenossen kaiserzeitlicher, selbst Weimarer Verhältnisse sind heute kaum noch unter den Lebenden. Auch an die Zeit des Nationalsozialismus und der frühen Nachkriegszeit erinnern sich heute vor allem Menschen, die diese als Kinder oder Jugendliche erlebten, wohingegen die Gruppe der diese Perioden Gestaltenden im Schwinden begriffen ist. Die Redaktion wird sich mit dieser Entwicklung weiter auseinandersetzen. Die Menschen in Deutschland haben – statistisch betrachtet – eine immer höhere Lebenserwartung. Der Zeitgeschichte eine ebensolche einzuräumen erscheint da nur folgerichtig. Für dieses Heft ergab sich die thematische Konzentration jedoch aus dem Umstand, dass eine Reihe von geplanten Beiträgen aufgeschoben werden musste, da die angefragten Autoren darum gebeten hatten. Das ursprüngliche Rahmenthema „Musik“ wird also später behandelt werden. Hinter die Erscheinung zu sehen – dies ist der erklärte Antrieb von Daniel Hechler und Peer Pasternack, den Umgang der Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern mit ihrer DDR-Geschichte zu analysieren. Der Ausgangspunkt ist ein Vorurteil (im Wortsinn), wonach schlichtweg der Wille zur Aufarbeitung fehle. Soviel sei vorweg genommen: Die Einschätzung der Autoren fällt weitaus differenzierter aus. Der DDR-Geschichte im Kleinen, ja Kleinsten, widmet sich der Beitrag von Wolfgang Gräfe. Er schildert den 1963 peinlich gescheiterten Versuch der Greifswalder Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit, die dortige evangelische Studentengemeinde mit einem Abhörsender, einer „Wanze“, zu überwachen. Der Überwachungsauftrag des Ministeriums für Staatssicherheit steht auch im Mittelpunkt der Untersuchung von Daniela Münkel. In der Rubrik „Das Dokument“ stellt sie einen Auszug aus der gerade erschienenen Edition „Die geheimen Berichte an die SED-Führung“, Jahrgang 1961, über die Stimmung der Bevölkerung in den drei Nordbezirken der DDR im September 1961, also nach der Grenzabriegelung, vor. Einen interessanten anderen Blick auf die DDR finden wir in dem Bericht Peter Nöldechens, der sich als Korrespondent der „Westfälischen Rundschau“ im Norden der DDR auf Spurensuche nach dem Jerichow Uwe Johnsons gemacht hatte und über dessen Literatur Mecklenburg entdeckte. Eine Entdeckung anderer Art dürfte der Erinnerungsbericht von Tilo Braune über die Entstehung der „Eldenaer Jazz Evenings“ zu Beginn der 1980er Jahre verheißen. Initiative und Selbsthilfe unter Nutzung, Instrumentalisierung oder Umgehung der vorgegebenen Strukturen gehören zur nachgerade mythischen Sozialisationserfahrung DDR-Geborener. Wie die 1980 geborene Idee, „,dem einzigen Dorf der DDR mit Universität‘ […] ein wenig Jazz einzuhauchen“, zur bis heute spürbaren materiellen Gewalt wurde, weil sie ein Lebensgefühl ausdrückte, ist eine Geschichte (noch dazu die einzige Musikgeschichte in diesem Heft, der noch weitere folgen sollen), die geeignet ist, manche Vorstellungen über die DDR, insbesondere in Bezug auf das nördliche „Tal der Ahnungslosen“, gegen den Strich zu bürsten. Die biographische Skizze in dieser Ausgabe bezieht sich auch auf die Greifswalder Universität, durchbricht aber den dominanten DDR-Fokus. Günter und Ralf Ewert präsentieren nach Porträts über Alfred Lublin und Victor van der Reis die Geschichte eines weiteren Mediziners, der 1933 die Medizinische Universitätsklinik verlassen musste: Heinrich Lauber. Wie bei seinen Kollegen referieren die Autoren die zusammengetragenen Zeugnisse für den Lebensweg Laubers (von seiner Geburt über seine akademische Karriere in Deutschland bis zu seinem englischen Exil, das ihm bis zu seinem Tod Heimat bot) als einen Forschungsbericht. Berichte über die Arbeit an zeitgeschichtlichen Themen im Land gehören wie immer zum Profil von „Zeitgeschichte regional“. Simone Labs hatte im Herbst 2009 eine Tagung „Omas Pole“ über Zwangsarbeit in Mecklenburg während des Zweiten Weltkrieges organisiert. Der „Polenfriedhof“ von Conow im Landkreis Ludwigslust spielte in deren Verlauf eine Rolle. RegionalschülerInnen aus Malliß recherchierten und engagierten sich mit ihrer Lehrerin im Rahmen eines Geschichtsprojektes „Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit im Bereich Ludwigslust“ für eine fundierte öffentliche Wahrnehmung dieses Gedächtnisortes in ihrer Region. Des Weiteren gibt der Leiter des Archivs der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Mecklenburgs Johann Peter Wurm einen Überblick über das Programm einer im November 2010 im Schweriner Dom durchgeführten Tagung „Kirche im Sozialismus – Die Landeskirche Mecklenburgs 1945-1989“. Schließlich referiert Andreas Wagner ausführlich Ergebnisse und Verlauf der im Frühjahr 2011 auf Rügen durchgeführten Tagung „Waffenverweigerer in Uniform“ über die Geschichte der Bausoldaten in Prora. Die unter breiter Beteiligung von ehemaligen Bausoldaten und Fachleuten vom Hannah- Ahrendt-Institut für Totalitarismusforschung, der Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen, der Robert-Havemann-Gesellschaft, dem Prora-Zentrum und Politische Memoriale e.V. durchgeführte und von der Landeszentrale für politische Bildung und der Landesbeauftragen für die Stasiunterlagen unterstützte Veranstaltung ist ein deutliches Zeichen für das engagierte fachliche Bemühen, dem allenthalben kolportierten Mythos vom KdF-Seebad die Realgeschichte, die jahrzehntelang durch Kasernierte Volkspolizei und NVA/Bausoldaten geprägt war, entgegenzustellen. Die Wirkmächtigkeit jenes Mythos dokumentierten die vielen Berichte anlässlich der Eröffnung der „längsten Jugendherberge“ im Block V zum Ferienbeginn 2011 eindrücklich – ein Argument mehr, die NS-Geschichte nicht aus der Zeitgeschichte zu entlassen. Den Abschluss dieses Heftes bilden die diesmal etwas ausführlicheren, weil uns (nicht nur regional) nahen, Berichte „Aus anderen Ländern“ und eine gute Anzahl von Rezensionen sowie die Übersicht über Neuerscheinungen in unserem Land.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Matthias Manke
„Schwer aber hat uns die Verlegung des Hauptarchivs getroffen.“ Die Vereinigung des Hauptarchivs Neustrelitz mit dem Geheimen und Hauptarchiv Schwerin im Jahre 1935
Daniel Hechler/Peer Pasternack
Zwischen Aufarbeitung und Traditionsbeglaubigung. Der Umgang der Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern mit ihrer DDR-Geschichte
Wolfgang Gräfe
Ein Abhörsender des MfS in der Greifswalder Jakobikirche 1962-1963
D a s D o k u m e n t
Daniela Münkel
Nach dem Mauerbau: Bevölkerungsstimmung und besondere Vorkommnisse in den drei Nordbezirken. Dokumentation der Berichterstattung durch das Ministerium für Staatssicherheit
D i e b i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Günter Ewert/Ralf Ewert
Henry Charles John Lauber (früher Heinrich Karl Johann Lauber, 24. Oktober 1899 – 19. März 1979). Emigrant aus der Medizinischen Universitätsklinik Greifswald
E r i n n e r u n g e n
Peter Nöldechen
Wege nach Jerichow. Auf Uwe Johnsons Spuren in Mecklenburg vor 1989
Tilo Braune
„Das sanfte Jazzfestival von der Küste“. 30 Jahre „Eldenaer Jazz Evenings“
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Simone Labs
Der „Polenfriedhof“ von Conow
Johann Peter Wurm
Tagung „Kirche im Sozialismus“ – Die Landeskirche Mecklenburgs 1945-1989
Andreas Wagner
Erste Tagung zur Geschichte der Bausoldaten in Prora
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Robert Gahde
Leben am Wasser: Flüsse in Norddeutschland. Tagung am 18./19. Februar 2011 in Hamburg
Dennis Riffel
Einweihung der Gedenkstätte für das KZ-Außenlager Hailfingen/Tailfingen in Baden-Württemberg
Carmen Lange
Gedenkstätte Todesmarsch im Belower Wald nach umfassender Neugestaltung wieder eröffnet
Karl Lau
Die „Gedächtniskirche Rosow“ als deutsch-polnische Gedenkstätte für Flucht, Vertreibung und Neuanfang
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Reihe „Die Entwicklung eines Badeortes“; Eggert, Wolfgang.
Ostseeheilbad Zingst
(Kai Agthe)
Lorenzen, Heidrun/Probst, Volker (Hg.)
Bildende Kunst in Mecklenburg 1900 bis 1945
(Michael Lissok)
Lorenzen-Schmidt, Angrit/Lorenzen-Schmidt, Klaus-J./Ruppert, Rüdiger (Bearb.)
„Da kann sich so eine Landratte nicht reindenken.“
(Heide Cerstenberger)
Hinz-Wessels, Annette/Thiel, Jens
Das Friedrich-Loeffler-Institut 1910-2010
(Wolfgang Wilhelmus)
Garbe, Irmfried (Hg.)
Die erste Deportation von deutschen Juden vor 70 Jahren aus Pommern
(AndreasWagner)
Jeske, Natalja
Das KZ-Außenlager Barth. Geschichte und Erinnerung
(Wolfgang Wilhelmus)
Musekamp, Jan
Zwischen Stettin und Szczecin. Metamorphosen einer Stadt von 1945 bis 2005
(Gero Lietz)
Schacht, Ulrich
Vereister Sommer. Auf der Suche nach meinem russischen Vater
(Andreas Wagner)
Peters, Jan
Menschen und Möglichkeiten. Ein Historikerleben in der DDR und anderen Traumländern
(Wolfgang Wilhelmus)
Wendelborn, Gert
Christentum und Sozialismus. Als Theologieprofessor in der DDR
(Kai Agthe)
Wunnicke, Christoph
Der Bezirk Neubrandenburg im Jahr 1989
(Christian Schwießelmann)
Frank, Rahel/Klähn, Martin/Wunnicke, Christoph
Die Auflösung. Das Ende der Staatssicherheit in den drei Nordbezirken
(Annette Leo)
Axthelm, Wolfgang (Hg.)
20 Jahre CDU-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern
(Christian Schwießelmann)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 14. Jg., 2010, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2010
Umfang: 112 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Wie im letzten Heft angekündigt, galt in diesem Jahr der Rezeption von Geschichte(n) und deren Geschichte die besondere Aufmerksamkeit von „Zeitgeschichte regional“. Das Jahr 2010 hielt dafür eine Reihe von Anlässen bereit. Die Sehnsucht nach dem guten König zieht sich durch die Geschichte, nicht nur der Deutschen. Zuweilen wird aus dem König auch ein Kaiser oder Führer. Was für den deutschen Nationalmythos der Kyffhäuser ist, ist für Mecklenburg-Vorpommern Hohenzieritz. Die dort aufgestellte Plastik der Luise von Mecklenburg-Strelitz, verehelichter Königin von Preußen, stand im Sommer 2010 im Zentrum aufwändiger Inszenierungen um die 200 Jahre zuvor jung verstorbene Mutter des späteren ersten Wilhelms des zweiten deutschen Kaiserreiches. Luise Schorn-Schütte spürt den Anfängen und Entwicklungen der Erinnerungsinszenierungen um die „Königin der Herzen“ nach. Als am 7. November Fritz Reuters 200. Geburtstages in seiner Heimat feierlich gedacht wurde, lag bereits ein arbeits- und ereignisreiches „Reuter 200“-Jahr hinter Cornelia Nenz, der Leiterin des Fritz-Reuter-Literaturmuseums in Stavenhagen. Pünktlich zum Jahrestag lag ihr Beitrag für „Zeitgeschichte regional“ vor, der sich mit der posthumen Nutzung Reuterscher Werke für Bühne und Film in den 100 Jahren nach seinem Tod im deutsch sprachigen Raum auseinandersetzt. So wie historisches Geschehen bleibt auch dessen Rezeption an Raum, Zeit und den „Zeitgeist“ in Goetheschem Sinn gebunden. Erinnerungen haben Konjunktur, je nachdem, nach welcher Herren Geist die Zeiten bespiegelt werden sollen. Der Aufruf der Körber-Stiftung Hamburg für den Geschichtswettbewerb um den Preis des Bundespräsidenten 2008/09 zum Thema „Helden“ war unter diesem Gesichtspunkt anregend und verdienstvoll zugleich, förderte er doch eine Reihe von Geschichten zutage, die vormalige „Helden“ kritisch beleuchteten. Die Arbeit von Carolin Mahlburg und Christin Fritzsche über den Heldenkult um den Ribnitzer Ulrich Steinhauer, der als DDR-Grenzsoldat in Berlin erschossen wurde, erhielt als beste Arbeit aus Mecklenburg- Vorpommern einen 3. Bundespreis. Im Jahr 2010 wurde einmal mehr deutlich, dass sich für die Wahrnehmung des Untergangs des nationalsozialistischen „Reiches“ am Ende des Zweiten Weltkrieges nach dem Bruch von 1990 eine weitere Verschiebung des Blickwinkels abzeichnet. Das Kriegsende 1945 in den von der Roten Armee überrannten deutschen Gebieten mit den bislang mehr dargestellten denn tatsächlich erforschten Todesopfern unter den Deutschen gehört dazu. Nils Köhler hatte im letzten Heft von „Zeitgeschichte regional“ ein exzellentes Beispiel für eine Annäherung an dieses schwierige Kapitel gegeben. Eva-Maria Muschik und Eleonore Wolf versuchen auf der Grundlage des verfügbar gewordenen Zahlenmaterials neu zugänglich gewordener Quellen für Neustrelitz und Neubrandenburg ein differenziertes Bild über die vor allem im Mai 1945 von eigener Hand oder der naher Verwandter zu Tode Gekommenen zu zeichnen. Für politisch induzierte, institutionalisierte Erinnerungsarbeit potenzieren sich die oben angedeuteten Spannungen. Sie muss sich – soll der auf die Würde des Menschen gerichtete demokratisch-pluralistische Anspruch nicht zur Farce werden – immer wieder mit kritischen Fragen auseinandersetzen. So schwierig es sein mag, dass das ressourcenschwächste Bundesland mit einigen die Möglichkeiten des Landes eigentlich überfordernden Hinterlassenschaften der politischen Regime des letzten Jahrhunderts wie Peenemünde oder Prora belastet ist, so dringend ist es, sich der Herausforderung zu stellen. Dabei prallen dann Betroffenheiten und Interessenlagen wie in der Diskussion zum Umgang mit der Geschichte von Prora, vor allem aber zur Einrichtung einer Bildungsstätte am Ort, aufeinander. Stefan Wolter, Waffendienstverweigerer und in der DDR-Zeit als Bausoldat hier stationiert gewesen, knüpft mit seinem Beitrag an eine frühere, in „Zeitgeschichte regional“ veröffentlichte Meinungsäußerung an. Offenbar hat sein Insistieren die Entwicklung und Umsetzung der Konzeption für die zukünftige Bildungsstätte in Prora beeinflusst. Die Texte von Jürgen Rostock für das am Ort tätige Dokumentationszentrum Prora und von Hubertus Buchstein, Vorsitzender des Kuratoriums der für die Gedenkstättenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern zuständigen Landeszentrale für politische Bildung, beziehen sich auf die Vergabeentscheidung des Kuratoriums für die Förderung jener geplanten Bildungsstätte in Prora mit Landesmitteln. Rolf Bartusel bewahrt die Erinnerung an einen auf den ersten Blick abseitig erscheinenden Aspekt der Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns: die erste Dekade des Faltbootbaus bei der Matthias-Thesen-Werft Wismar. Hier wird gezeigt, wie sich unter Bedingungen der DDR der 1950er und 1960er Jahre Ambitionen und Leistungen zu Lokal-, Industrie-, politischer und Personengeschichte verbanden. Günter und Ralf Ewert knüpfen mit der hier vorgelegten biographischen Skizze über Victor van der Reis an ihre biographische Spurensuche nach in der NS-Zeit emigrierten, vormals in Greifswald tätig gewesenen jüdischen Medizinern an und verfolgen auch hier den weiteren Lebensweg. Über die Bewahrung der würdigenden Erinnerung an das Engagement und die Leistungen von (wiederum jüdischen) Ärzten im Spanischen Bürgerkrieg auf der Seite der Republik 1936-1939 berichtet Hannelore Rabe. Durch das Bemühen der VVN/BdA entstand in Ueckermünde ein neuer Gedenkstein, nachdem der noch 1988 beim dortigen NVA-Lazarett errichtete zu Beginn der 1990er Jahre zerstört worden war. Der Arbeit mit Zeitzeugen sind zwei Berichte aus der regionalen Geschichtsarbeit gewidmet. Andreas Wagner berichtet über das 8. Bützower Häftlingstreffen im September 2010. Dirk Mellies und Frank Müller stellen ein studentisches Zeitzeugenprojekt zur Friedlichen Revolution in Greifswald 1989 vor, aus dem 21 Interviews veröffentlicht werden konnten. Der obligatorische Hinweis auf die auch diese Ausgabe vervollständigenden Rezensionen, Annotationen und Neuerscheinungsmeldungen sei abschließend ergänzt um die Anzeige eines neuen (des vierten) Sonderheftes von „Zeitgeschichte regional“. Unter dem Titel „Da kann sich so eine Landratte nicht reindenken“ haben Angrit und Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt das von 1910 bis 1939 geführte Tagebuch des Rostocker Schiffsingenieurs Fritz Ruppert mit Unterstützung durch dessen Sohn Rüdiger Ruppert bearbeitet. Eine anregende Lektüre im neuen Jahr 2011 wünscht Ihnen
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Luise Schorn-Schütte
Königin Luise und die Erinnerungskultur im 19./20. Jahrhundert
Cornelia Nenz
Der Fluch der Popularität. Dramatisierungen der epischen Werke Fritz Reuters
Eva-Maria Muschik
Selbsttötungen in Neustrelitz gegen Ende des Zweiten Weltkrieges
Eleonore Wolf
Das Ende des Zweiten Weltkrieges in Neubrandenburg – eine Untersuchung zu den Verstorbenen
Rolf Bartusel
Delphin, Kolibri und Scalare. Die turbulente erste Dekade des Faltbootbaus bei der Mathias-Thesen-Werft in Wismar
Caroline Mahlburg/Christin Fritzsche
Grenzwertig. Ulrich Steinhauer und die Schöpfung seines Heldenkultes in Ribnitz
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Günter Ewert/Ralf Ewert
Victor van der Reis (14. Mai 1889 – 23. Dezember 1957) – Spurensuche nach einem Emigranten aus der Medizinischen Universitätsklinik Greifswald
D i s k u s s i o n
Stefan Wolter
Prora – vom „doppelten Trauma“ im Kampf ums Erinnern zu den ersten Ansätzen für eine gelingende Wende
Jürgen Rostock
Ein Beitrag zur Diskussion um das Begegnungszentrum Prora
Hubertus Buchstein
Entgegnung auf die Einschätzung von Dr. Jürgen Rostock (Dokumentationszentrum Prora) zum Ablauf des Interessenbekundungsverfahrens für den Betrieb der Bildungsstätte bei der Jugendherberge Prora
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Hannelore Rabe
Gedenkstätte „Deutsche Ärzte in Spanien 1936-1939″ – Wer denkt bei diesem Titel an die Stadt am Haff, an Ueckermünde?
Andreas Wagner
Bützower Häftlingstreffen: „Zeugen und Zeugnisse des Unrechts in der DDR“
Dirk Mellies/Frank Möller
„Greifswald 1989. Zeitzeugen erinnern sich“ – Bilanz eines studentischen Zeitzeugenprojekts zur friedlichen Revolution in Greifswald
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Gundula Tschepego
Bleibende Verdienste der Neustrelitzer Ehrenbürgerin Annalise Wagner
D a s I n t e r v i e w
„Es gibt Dinge, die nicht vergessen werden sollten!“ Interview mit Zwi Helmut Steinitz aus Israel im Fridericianum Schwerin anlässlich seines Besuches am 29. Januar 2010
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Ortwin Pelc
Deutsch-jüdische Geschichte nach 1945. Ein Kolloquium der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft des Leo Baeck Instituts am 25. Oktober 2010 in Berlin
Ortwin Pelc
Themenfelder und Probleme der jüngeren Zeitgeschichtsforschung. Workshop der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Harnburg am 27. Oktober 2010
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Billwitz, Konrad/Porada, Haik Thomas (Hg.)
Die Halbinsel Fischland-Darss-Zingst und das Barther Land
(Frank Braun)
Oberdörfer, Eckhard
Die Universität Rostock
(Bernd Kasten)
Schröder, Karsten (Hg.)
Die Bestände des Archivs der Hansestadt Rostock
(Bernd Kasten)
Krüger, Egon
Jüdisches Leben in Pasewalk
(Frank Flemming)
de Bok, Pauline
Blankow oder Das Verlangen nach Heimat
(Andreas Wagner)
Börner, Daniel
„Wenn Ihr überhaupt nur ahntet, was ich für einen Lebenshunger habe!“ – Hans Fallada in Thüringen
(Kai Agthe)
Schleinert, Dirk/Wartenberg, Heiko
Das alte Pommern. Leben und Arbeiten auf dem platten Land
(Kai Agthe]
Wilhelmus, Wolfgang
Schweden im Fadenkreuz. Deutsch-Schwedische Beziehungen 1918-1945
(Christian Halbrock)
Mallasch, Eva-Maria
Erinnerungen an Zimmerhausen. Eine aufgehaltene Flucht. Leben und Arbeit auf einem ostpommerschen Gut in polnischer Hand
(Irmfried Garbe)
Johnson, Uwe
„Ich wollte keine Frage ausgelassen haben“. Gespräche mit Fluchthelfern
(Kai Agthe]
Biskupek, Andreas/Jacobs, Olaf
DDR ahoi! Kleines Land auf großer Fahrt
(Kai Agthe)
Baumann, Christiane
Manfred „Ibrahim“ Böhme. Ein rekonstruierter Lebenslauf
(Kai Agthe)
Baumann, Christiane
Greifswald – Dom und Stadt im Jahr 1989/90
(Irmfried Garbe)
Mellies, Dirk/Möller, Frank (Hg.)
Greifswald 1989. Zeitzeugen erinnern sich
(Heide Zimmermann)
Oberdörfer, Eckhard/Binder, Peter
Auferstanden aus Ruinen. Greifswald 20 Jahre nach der Wende
(Irmfried Garbe)
N a c h r u f
Carina Baganz
Historiker, Zeitzeuge und wahrer Freund. Nachruf auf Werner Tom Angress
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 14. Jg., 2010, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2010
Umfang: 123 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Das Jahr 2009 war das Jahr der "Jahrestage" des Uwe Johnson. Landauf, landab wurde an seine Person, ihre Geschichte und seine Werke anlässlich seines 75. Geburtstages, den er, der 25 Jahre zuvor aus dem Leben geschieden war, nicht mehr erlebte, lesend und analysierend erinnert. Die persönlichen „Jahrestage" des großen Analytikers der Zeitgeschichte des Landes, "wo [er] in Wahrheit hingehör[t]e", waren für die Redaktion Anstoß, die häufig an eben jenen „Jahrestagen" erkennbar werdende Rezeptionsgeschichte von Persönlichkeiten und ihren Werken in den Blick zu nehmen. In Bezug auf Uwe Johnson wird in dieser Ausgabe von "Zeitgeschichte regional" Gundula Engelhard den Umgang der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft mit dieser Person der Zeitgeschichte seit 1990 behandeln. Dieser Gesichtspunkt historiografischer Reflektion wird uns durch dieses Heft und soll uns in zukünftigen Ausgaben begleiten. Hier berichtet Eckhard Oberdörfer als „teilnehmender Beobachter" über die weit über Greifswald hinausgreifende Debatte um den Namenspatron Ernst Moritz Arndt und "seine" Universität. Oberdörfers Resümee lässt offen, ob mit der politischen Entscheidung die inhaltliche Befassung mit dem Patron eine neue Qualität erreicht. Die Greifswalder Universität hat ihr 550jähriges Jubiläum hinter, die akademische „Leuchte des Nordens" in Rostock die Feier ihres 600jährigen Bestehens im Jahre 2019 vor sich. Für universitätsgeschichtliche Darstellungen gibt es rühmliche und weniger rühmliche Vorbilder. Grund genug, sich mit der Frage „Wie schreibt man Universitätsgeschichte?" auseinanderzusetzen. Gisela Boeck, Christian Dahlke und Hans-Uwe Lammel berichten über einen Workshop in Rostock, der am 30. Januar 2010 fast in der "weißen Pracht' versank. Die Geschichte hat im Nordosten der Bundesrepublik Deutschland die Bodenreform zu einem herausgehobenen Erinnerungsort werden lassen. Die Auseinandersetzungen um das Für und Wider und die konkrete Umsetzung reichen weit vor unseren Betrachtungszeitraum zurück und beschäftigen uns bis in die Gegenwart. Matthias Manke versucht eine Analyse der in einer Bodenreform-Debatte des Landtages Mecklenburg-Vorpommern am 19. November 2009 vertretenen Positionen. Eine weitere historische Konstante der Geschichte dieses Landstrichs scheint ein negativer Bevölkerungssaldo durch Abwanderung zu sein. Den relativ kurzen Abschnitten massiven Zuzugs in der Folge politisch gesetzter Rahmenbedingungen wie im Hochmittelalter, der nationalsozialistischen Aufrüstungspolitik oder der durch Flucht und Vertreibung von jenseits der Oder erzwungenen Bevölkerungsverdichtung folgten länger anhaltende Abwanderungsbestrebungen, denen die jeweiligen Herrschaftsregime administrative, gewaltsame Grenzen zu setzen versuchten. Die sogenannte „zweite Leibeigenschaft" oder der "Todesstreifen" sind weitere wichtige Erinnerungsorte in diesem Land. Im Verlautbarungsdeutsch der DDR wurde die sich der Administration widersetzende Abwanderungsbewegung zur "Republikflucht", die umso schwerer wog, wenn mühsam ausgebildete oder schwer zu ersetzende Fachleute das Land zu verlassen suchten. Lehrer gehören – übrigens bis heute – dazu. Henrik Bispinck hat in einem Aufsatz die Oberschullehrer aus Mecklenburg im ersten Jahrzehnt der DDR in den Blick genommen. An anderer Stelle ist in "Zeitgeschichte regional" die Geschichte des Naturschutzes in Mecklenburg erörtert worden. In dieser Ausgabe beleuchtet Hermann Behrens nun die Entwicklung in Pommern und das Wirken der Naturschutz-Protagonisten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Diese Zeit brachte auch auf anderen Gebieten eine beschleunigte Entfaltung wissenschaftlicher Erkenntnis und ihrer Institutionalisierung. Die moderne Orthopädie ist so ein Kind des vorigen Jahrhunderts, für das in Mecklenburg wohl Rostock als Geburtsort gelten kann. Paul Heller erörtert, welchen Einflüssen das Fach Orthopädie während der nationalsozialistischen Herrschaft in Mecklenburg ausgesetzt war. Nationalsozialismus wurde besonders im letzten Jahrzehnt im Zusammenhang mit Zwangsarbeit in Deutschland während des Zweiten Weltkrieges erörtert. Die Berichte von Bernd Kasten und Sebastian Ludwig über Artikel zu Zwangsarbeitern im "Niederdeutschen Beobachter" zwischen 1939 und 1945 sowie vom Leiter des Neubrandenburger Regionalmuseums, Rolf Voß, über ein Schülerprojekt zu Albert Bockstael, einem belgischen Künstler in deutscher Kriegsgefangenschaft, liefern weitere Details. Erfreut vermelden wir die Bewegung um den Erinnerungsort Prora. Die Beiträge von Andreas Wagner über einen Workshop zum Aufbau einer Bildungsstätte in der zukünftigen Jugendherberge Prora und von Rüdiger Wenzke, dessen dort gehaltenes Referat über die Bedeutung des Militärstandortes Prora für die Auseinandersetzung mit der DDR-Militärgeschichte hier abgedruckt werden kann, knüpfen an die bisherige Berichterstattung von „Zeitgeschichte regional" zu diesem Thema an. In der Fülle der Berichte über wichtige Projekte darf der Text des Leiters der Jugendbildungs- und Begegnungsstätte Golm des Volksbundes für Kriegsgräberfürsorge Nils Köhler über das Drama von Alt Teterin im Frühjahr 1945 nicht nur nicht untergehen, sondern verdient die Empfehlung besonderer Aufmerksamkeit der Leserinnen und Leser. Aus Vorpommern ist auch der Lebensbericht von Renate Freiberg, die auf Rügen aufgewachsen Ernst Moritz Arndt an die Greifswalder Universität folgte und dort ,,Abbruch und Aufbruch" erlebte. Aus anderen Bundesländern ist diesmal Christine Brecht aus Berlin zu Gast, die den Verein Grenzläufte e.V. vorstellt, der „Mauergeschichte" an lokalen Beispielen, konkret Grenzspuren am Flutgraben zwischen Treptow und Kreuzberg, erlebbar macht. Selbstverständlich erwarten Sie auch in dieser Ausgabe Rezensionen und Hinweise zu Neuerscheinungen.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Hermann Behrens
Zur Entwicklung des Naturschutzes in Pommern 1908-1945
Paul Heller
Orthopädie in Mecklenburg unter dem Einfluss des Nationalsozialismus 1933-1945
Bernd Kasten/Sebastian Ludwig
Berichte über ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene im Niederdeutschen Beobachter (1939-1945)
Henrik Bispinck .
„Sie werden meinen Schritt mit Leidenschaft vor Kollegium und Klasse verurteilen.“ Zur Republikflucht von Oberschullehrern in Mecklenburg
Eckhard Oberdörfer
Die Universität Greifswald wird weiter den Namen Ernst Moritz Arndt tragen
D i s k u s s i o n
Matthias Manke
„Die Geschichte lehrt, aber sie hat keine Schüler“. Die Bodenreformdebatte am 19. November2009 im Landtag Mecklenburg-Vorpommern
Rüdiger Wenzke
Die Bedeutung des Militärstandortes Prora für die Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte
AndreasWagner
Workshop zum Aufbau einer Bildungsstätte/Ort der Information bei der zukünftigen Jugendherberge Prora
Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung
Mecklenburg-Vorpommern gibt Votum für Trägerschaft einer Bildungs- und Begegnungsstätte in Prora ab
L e b e n s e r i n n e r u n g e n
Renate Freiberg
Leben ist Veränderung – Abbruch und Aufbruch
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Gisela Boeck/Christian Dahlke/Hans-Uwe Lammel
Wie schreibt man Rostocker Universitätsgeschichte? Workshop am 30. Januar 2010
Rolf Voß
Der Belgier Albert Bockstael in deutscher Kriegsgefangenschaft. Ein Projekt mit vielen Facetten und Partnern in Neubrandenburg, Waasmunster, Ueckermünde und Berlin
Nils Köhler
Das Drama von Alt Teterin 1945 – ein Projektbericht
Gundula Engelhard
„Gegen die Eile unserer Wahrnehmung“. Seit 1990 schafft die Mecklenburgische Literaturgesellschaft Zugänge zum Werk von Uwe Johnson
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Christine Brecht
Grenzläufte e.V. macht Mauergeschichte am lokalen Beispiel sichtbar
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Müller-Waldeck, Gunnar (Hg.)
Die Ostsee meiner Erinnerungen. Kindheiten in Mecklenburg und Pommern
(Kai Agthe)
Bluhm, Dörte
Die Kaiserbäder in alten Ansichten
(Kai Agthe)
Winter, Friedrich
Ein pommersches Pfarrerleben in vier Zeiten. Bischof Karl von Scheven (1882-1954)
(Jens Langer)
Garbe, Irmfried (Hg.)
Kirche im Profanen. Studien zum Verhältnis von Profanität und Kirche im 20. Jahrhundert
(Gert Haendler)
Kreplin, Klaus-Dieter (Bearb.)
Über Schulen, ihre Lehrer und Schüler im ehemaligen Kreis Bütow in Pommern
(Dirk Mellies)
Nelle, Susann
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Pasewalk
(Frank Flemming)
Gustavs, Owe
Reichsgottesdienst auf Hiddensee 1933-1945. Arnold Gustavs – Inselpastor im Dritten Reich
(Irmfried Garbe)
Buchheim, Anita
Blondinen wurden aussortiert. Rügenwalder Briefe
(Johanna Hertzsch)
von Zitzewitz, Lisaweta (Hg.)
Rodzinne Pomorze – dawniej i dziś/Heimat Pommern – einst und jetzt
(Bernd Aischmann)
Baumann, Christiane (Hg.)
Rückblende. Junge Autoren in Neubrandenburg (DDR)
(Kai Agthe)
Stippekohl Siv
Grenzenlos im Norden. Menschen und der Mauerfall
(Andreas Wagner)
Schnauer, Arvid
Zur Arbeit des Rostocker Gerechtigkeitsausschusses. Tl. 1: 1989/90
(Christian Schwießelmann)
A u f r u f
Hans-Hermann Dirksen
Strafvollzug in Ueckermünde – ein Forschungsprojekt
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 13. Jg., 2009, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2009
Umfang: 139 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Nachdem wir Ihre Geduld mit dem ersten Heft von „Zeitgeschichte regional“ des Jahrgangs 2009 über Gebühr beansprucht haben, hoffen wir, Sie mit der Lieferfrist dieser Ausgabe wieder versöhnt zu haben. Das Dezemberheft wird wohl vor allem Menschen aus Vorpommern oder die an diesem Landstrich Interessierten ansprechen, denn (Zeit-)Geschichten aus dem Gebiet zwischen Oder und Ryck dominieren dieses Heft. Den chronologischen Anfang macht ein Beitrag von Benjamin Müsegades, der den Ersten Weltkrieg sowie die – in Pommern so gar nicht revolutionär scheinende – Nachkriegszeit in der vorpommerschen Provinz untersucht. Anhand der Kirchenchronik („Memorabilien-Buch“) des Kirchspiels Groß Kiesow, zwischen Stralsund und Greifswald gelegen, macht er diese Zeit für uns nacherleb bar. Es folgt ein Aufsatz aus der Tastatur des Leiters der Ernst Barlach Museen in Güstrow. Volker Probst hat „Zeitgeschichte regional“ eine bearbeitete Fassung seines Vortrages über die Beziehung des Bildhauers, Zeichners und Schriftstellers Ernst Barlach zu Bernhard A. Böhmer überlassen. Letzterer war umtriebiger Kunsthändler, Hehler, aber auch Bewahrer so genannter entarteter Kunst. Teile des in Rostock überlieferten „Böhmer-Nachlasses“ wurden kürzlich im Kulturhistorischen Museum Rostock gezeigt. Bernd Aischmann knüpft mit seinem Text über den „Pölitzer Bezirk“ an seine 2008 herausgegebene Publikation über das Schicksal Stettins nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges an. Von dem kurz vor dem Zweiten Weltkrieg auf ehemaligen Spargelfeldern aus dem Boden gestampften Hydrierwerk, das der „materiellen Absicherung nationalsozialistischer Welteroberungspläne“ dienen sollte, kündet heute noch eine riesige Trümmerlandschaft. Greifswald, vor allem seine Universität als wichtige Station im Leben von Julius Moses, Alfred Lublin und Horst Eduard Beintker bildet den Hintergrund für die folgenden Geschichten. Günter und Ralf Ewert aus Greifswald geben Prof. Dr. med. Alfred Lublin, 1935 aus dem Amt eines Oberarztes und Assistenten des Direktors der Greifswalder Medizinischen Klinik entlassen, hat nun für die Historiographie wieder ein Gesicht. Die Autoren verfolgen die (durch dessen im Jahre 1939 noch gelungene Auswanderung nach Bolivien) spärlichen Lebensspuren. In einer Verknüpfung von biographischer Skizze und der Edition von erhaltenen, aber unvollendet gebliebenen Lebenserinnerungen stellt Wolfgang Wilhelmus den in Hinterpommern geborenen und in Greifswald ausgebildeten Mediziner sowie späteren sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Dr. Julius Moses vor, der als Jude 1942 nach Theresienstadt gezwungen wurde und dort umkam. Der 1945 aus dem Krieg zurückgekehrte, heute hochbetagte Theologe Horst Beintker erinnert sich anhand eigener Briefe an das „Weiterleben nach dem Untergang“. In einem großen zeitlichen Sprung von über vier Jahrzehnten führt uns Irmfried Garbe an einen anderen Untergang, den der DDR, heran. Anhand der Reden der damaligen Greifswalder Studentin Anette Schwerin und des Pfarrers Oswald Wutzke, die im November 1989 auf der Herbstsynode der Evangelischen Landeskirche Greifswald vorgetragen wurden, beleuchtet er die innerkirchliche Auseinandersetzung mit dem Erbe der DDR im Nordosten des Landes und der Suche nach Zukunft, zu deren Scheidepunkt der damalige Bischof Dr. Horst Gienke wurde. Aus aktuellem Anlass – kurz vor Weihnachten 2009 wird der Lückenschluss der Autobahn A 14 zwischen Wismar und Schwerin dem Verkehr übergeben – präsentiert Wolf Karge Extrakte seiner Forschungen zu „Autobahnplanung und -bau im Norden der DDR“. Er stellt Hintergründe und Episoden der Entstehung der heutigen A 19 Berlin-Rostock, der A 24 Berlin-Hamburg sowie der in diesem Jahr zur Vollendung gebrachten A 14 zwischen Schwerin und Wismar vor und präsentiert unter der Rubrik „Interview“ einen der damals beteiligten Ingenieure, Niels Nielsen. Der dokumentarische Teil des Heftes wird einmal mehr mit Berichten von Andreas Wagner bestritten. Zum einen berichtet er über eine Tagung zu „Marinegerichten als Bestandteil der NS-Militärjustiz“ am historischen Ort, dem ehemaligen Wehrmachtgefängnis Anklam, an dem sich seit einigen Jahren die Stiftung „Zentrum für Friedensarbeit“ um einen neuen, auch in die Region ausstrahlenden Charakter bemüht. An dieser Stelle kann mitgeteilt werden, dass kürzlich ein vom Rostocker Filmemacher Jörg Herrmann verantworteter Dokumentarfilm über die Geschichte des Wehrmachtgefängnisses Premiere hatte, für dessen Besprechung in einer der nächsten Ausgaben dieser Zeitschrift Platz wäre. Andreas Wagner liefert uns auch einen Bericht über eine Tagung in Neubrandenburg, die sich mit dem Kriegsgefangenenlager Stalag II A, dem späteren sowjetischen so genannten Speziallager Fünfeichen, in den unterschiedlichen Nutzungsperioden befasste. Mit der Frage, ob Erinnern „Befreiung von der Vergangenheit“ bewirken kann, befasste sich das VII. Häftlingstreffen in Bützow, über das wiederum Andreas Wagner Bericht erstattet. Am Ende des chronologischen Bogens dieses Heftes, im Fluss zwischen (vergangener) Gegenwart und Zukunft, finden wir die verbalen Destillate zweier mehrjähriger Projekte. Martin Buchsteiner fasst die Ergebnisse des Geschichtswettbewerbes des Bundespräsidenten (Körber-Stiftung Hamburg) 2008/09 aus der Perspektive Mecklenburg-Vorpommerns zusammen. Und Susann Wolf referiert die Ergebnisse einer Sozialforschungsstudie zu dem für Mecklenburg-Vorpommern, vor allem für seine Jugend, allgegenwärtigen Thema „Bleiben oder Gehen?“, hier am Beispiel der Region Mecklenburgische Seenplatte. In der Rubrik „Aus anderen Ländern“ bietet Dennis Riffel aus Berlin eine Zusammenfassung des im Mai 2009 in Berlin abgehaltenen „Geschichtsforums 1989 | 2009. Europa zwischen Teilung und Aufbruch“. Wie immer wird auch dieses Heft durch Literaturbesprechungen und -anzeigen abgerundet. Die Ausgaben des Jahrgangs 2010 von „Zeitgeschichte regional“ sollen sich zum einen mit „Jahrestagen“ (Persönlichkeiten und ihre Rezeptionsgeschichte) und zum anderen mit Musikgeschichte befassen. Potentielle Autoren dafür wie auch für andere Bereicherungen dieser Zeitschrift sollen sich ausdrücklich ermuntert fühlen, Beiträge einzusenden.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Benjamin Müsegades
„Wir haben sie auf dem Altar des Vaterlandes geopfert.“ Das vorpommersche Kirchspiel Groß-Kiesow im Ersten Weltkrieg
Volker Probst
Zwei ungleiche Männer. Ernst Barlach und Bernhard A. Böhmer
Bernd Aischmann
Der „Pölitzer Bezirk“ 1945/46 – Mecklenburg-Vorpommerns Exklave auf Zeit an der Oder
Wolf Karge
Autobahnplanung und -bau im Norden der DDR
D a s D o k u m e n t
Irmfried Garbe
Die Bischofsfrage in der Greifswalder Landeskirche 1989. Zwei Dokumente der damaligen Herbstsynode
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e n
Günter Ewert und Ralf Ewert
Alfred Lublin (4. Mai 1895 – 20. August 1956) hat wieder ein Gesicht
Wolfgang Wilhelmus
Der jüdische Reichstagsabgeordnete Dr. Julius Moses und Greifswald
L e b e n s e r i n n e r u n g e n
Horst Beintker
Vom Weiterleben nach dem Untergang. Die Jahre 1945 bis 1950 im Spiegel eigener Briefe und Erinnerungen
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Andreas Wagner
„Marinegerichte als Bestandteil der NS-Militärjustiz“ – Tagung in Anklam
Andreas Wagner
Das Lager Fünfeichen in seinen unterschiedlichen Nutzungsperioden – ein Tagungsbericht
Andreas Wagner
„20 Jahre nach dem Ende der Diktatur: Erinnern als Befreiung von der Vergangenheit?“ VII. Häftlingstreffen in Bützow
Susann Wolf
Bleiben oder Gehen? Jugendstudie zu beruflichen Perspektiven und Chancen im Raum Mecklenburgische Seenplatte
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Martin Buchsteiner
Spurensuchen in Mecklenburg-Vorpommern, Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2008/09 in unserem Bundesland
D a s I n t e r v i e w
Autobahnbau im Grenzgebiet im Norden der DDR. Interview mit Niels Nielsen (*2.6.1940) am 28. Juli 2009
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Matthias Manke
Personenstandsrechtsreform und zeitgeschichtliche Forschung
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Dennis Riffel
Geschichtsforum 1989 I 2009
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
North, Michael
Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns
(Klaus-J. Lorenzen-Schmidt)
Frankenstein, Willi
Die Familie Weyergang
(Matthias Manke)
Neubrandenburger Mosaik, 2008, Nr.32
(AndreasWagner)
Stommer, Rainer (Hg.)
Medizin im Dienste der Rassenideologie. Die „Führerschule der Deutschen Ärzteschaft“ in Alt Rehse
(Beatrice Vierneisel)
Buddrus, Michael (Bearb.)
Mecklenburg im Zweiten Weltkrieg. Die Tagungen des Gauleiters Friedrich Hildebrandt mit den NS-Führungsgremien des Gaues Mecklenburg 1939-1945
(Hermann Langer)
Leo, Annette
„Das ist so‘n zweischneidiges Schwert hier unser KZ… “ Der Fürstenberger Alltag und das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück
(AndreasWagner)
Beutin, Heidi/Beutin, Wolfgang/Heilmann, Ernst Menachem (Hg.)
Widerstand – gestern und heute. Beiträge der Konferenz vom 18.-20.April 2008 im Dokumentationszentrum Prora/Rügen
(Christoph Kopke)
N a c h r u f
Ingo Koch
Zum Tod des Rostocker Historikers Prof. Dr. Karl Heinz Jahnke
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 13. Jg., 2009, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2009
Umfang: 133 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Die Gründung der DDR 1949 und ihr Zusammenbruch 1989 stellten und stellen für diesen Landstrich und seine Bewohner wichtige Zäsuren dar. So stehen Aspekte der DDR-Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns in dieser ersten Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ im Jahr der „Jahrestage“ nicht zufällig im Vordergrund. Die Entwicklung zur Gründung der DDR 1949 ist ohne die Zäsur von 1945 undenkbar. Die DDR war nicht nur Ergebnis eines verlorenen, vor 70 Jahren endgültig entfesselten Eroberungskrieges und nachfolgender militärischer Besetzung. Die Hypotheken dieses Krieges und seiner Folgen lasteten schwer auf diesem Staatsversuch. Aus diesem Blickwinkel untersucht der Schweriner Archivar Matthias Manke die Versuche der SED, die Rückführung von deutschen Kriegsgefangenen aus dem alliierten Gewahrsam, insbesondere aus sowjetischen Gefangenenlagern, und ihre Integration in die Nachkriegsgesellschaft der SBZ der Jahre 1948/49 zu politischer Starthilfe für ihre Ziele zu nutzen. Dabei arbeitet er einen wesentlichen Grundzug für das langfristige Scheitern heraus: Aus Realitäten, Interessen und Bedürfnissen entstandene Fragen verlangen praktische, nicht propagandistische Antworten. Die Ressourcen, um auf Interessen und Bedürfnisse anders zu reagieren, waren in jener SBZ-Gesellschaft indes sehr beschränkt, sodass – auch ohne den Charakter eines Faustpfandes für die Sowjetunion an der Demarkationslinie des Kalten Krieges – die Wahrscheinlichkeit des Ergreifens administrativer Maßnahmen mit Hilfe von „Sicherheitsorganen“ bei der Wahl der Mittel zum Umgang mit Problemen groß war. Henrik Bispinck beschreibt dies – Bezug nehmend auf seine vor einiger Zeit vorgelegte Dissertation – am Beispiel der „Bearbeitung“ der Schweriner Goethe-Oberschule durch die Apparate von SED und Staatssicherheit in den frühen 1950er Jahren. Das Ergebnis waren neue Wunden, zusätzliche Hypotheken für die Zukunft der DDR. In der Zusammenschau der Texte in diesem Heft fällt auf, dass einige der auf die DDR-Geschichte bezogenen Beiträge auch als Fortsetzung des Themenheftes zur Militärgeschichte gelesen werden können. Dies ist kein Zufall, war die DDR doch bis zu ihrer Aufgabe nicht zuletzt Hinterland einer militärisch ausgebauten Demarkationslinie in Erwartung einer globalen, zuerst auf deutschem Boden ausgetragenen Auseinandersetzung, zusätzlich moralisch desavouiert durch enttäuschte Hoffnungen und Ideale. Die vor diesem Hintergrund vollzogene Militarisierung – allein eine weitere Hypothek für die Entwicklungsfähigkeit der DDR – führte zu neuen Konflikten, für deren Bearbeitung wiederum hauptsächlich der Propaganda- und der Sicherheitsapparat eingesetzt wurden. Falk Bersch und Marcus Herrberger zeigen dies am Beispiel des Umgangs mit den jungen Männern aus den Nordbezirken der DDR, die sich der Vereinnahmung durch den Militärapparat zu entziehen suchten. Wehrdienstverweigerung wurde in der DDR wie im Vorläuferstaat – von dem sie doch alles unterscheiden sollte – als staatsgefährdendes Delikt behandelt und mit Strafen belegt, die den Systemvergleich einmal mehr vorentschieden. Die vermeintliche Alternative – militärischer Arbeitsdienst als „Bausoldat“, eine Besonderheit im Rahmen des Warschauer Vertrages – war ein weiterer Pyrrhussieg der Diktatoren im Namen des Proletariats. Von den Folgen berichtet Stefan Wolter mit seinen Erinnerungen an Block V, die Bausoldatenkaserne in Prora. Die Darstellungsweise Wolters, mit der er sich für eine Erinnerungsstätte in Prora engagiert, war in der Redaktion umstritten. Deshalb wurde der Text mit einer Vorbemerkung ausdrücklich zur Diskussion gestellt, zu der Sie als Leser hiermit eingeladen sind. Das Prora-Zentrum e.V. hat mit einem kurzen Referat über die historisch-politische Bildungsarbeit des Vereins den Anfang dazu gemacht. Den umfangreichsten Beitrag dieses Heftes verdanken wir Christian Schwießelmann, der mit seinem Blick hinter die Kulissen der Blockpartei CDU in den Nordbezirken der DDR seit der Länderauflösung 1952 an seine Dissertation über die Geschichte des CDU-Landesverbandes Mecklenburg bis 1952 anknüpft. Er beleuchtet dabei, wie sich CDU-Mitglieder und -Funktionäre im Norden der DDR zu der ihnen im Rahmen der Blockpolitik der SED zugedachten Transmissionsfunktion verhielten. In der Rubrik „Aufsätze“ äußern sich einige der dieser Zeitschrift seit Längerem verbundenen Autoren. Aus berufener Feder erfahren wir, dass der aktuell zu beobachtende, durch den so genannten Gesundheitsfonds forcierte Konzentrationsprozess unter den Krankenkassen historische Vorläufer hat. Horst Sieber skizziert die Fusionsgeschichte der mecklenburgischen Ortskrankenkassen von ihrer Entstehung bis in die 1930er Jahre. Annegret Dirksen und Falk Bersch sind auf die Geschichte einer Gruppe Jugendlicher, die während des Zweiten Weltkrieges in Wismar als „Ringbande“ durch unangepasstes Verhalten – ähnlich dem der „Edelweißpiraten“ – auffiel, gestoßen. Mit einer biografischen Skizze über den Lagerältesten des Stalag Luft I in Barth Colonel Hubert Zemke erhellt Martin Albrecht nicht nur eine weitere Facette der Geschichte des nationalsozialistischen Lagerstandortes Barth. Eine biografische Miniatur von Andreas Röpcke illustriert die Laufbahn von Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg als Sportler und Sportfunktionär in Kaiserreich, Weimarer Republik, nationalsozialistischem Deutschen Reich und Bundesrepublik Deutschland. Durch Andreas Voss zum „Grenzhus“ in Schlagsdorf sowie Gerd Giese gemeinsam mit Falk Bersch über „Stolpersteine“ in Wismar werden zwei Beispiele regionaler Geschichtsarbeit aus unserem Bundesland vorgestellt. Auf instruktive und kritische Weise gibt Martin Buchsteiner in Auswertung von Ergebnissen einer Studie der Hamburger Forschungs- und Arbeitsstelle „Erziehung nach Auschwitz“ über den Einsatz von Medien zum Thema Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht in Mecklenburg-Vorpommern Anregungen zum historischen Lernen. Als Symbol und als praktischer Ausdruck des Lernens entstand vor 40 Jahren aus der evangelischen Kirche heraus die „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“. Christian Staffa aus Berlin zeichnet ihren Weg nach. Zum Abschluss weist noch einmal Matthias Manke auf eine interessante, mit dem Wortungetüm „Personenstandsrechtsreformgesetz“ verbundene Entwicklung hin: Bislang ausschließlich standesamtlich genutzte Personenstandsbücher werden Archivgut! Rezensionen und Anzeigen neuer Literatur mit Bezug zur jüngeren Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns ergänzen wie immer die Beiträge der anderen Rubriken.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Matthias Manke
Das Jahr der Heimkehrer. Die mecklenburgische SED und die Repatriierung der deutschen Kriegsgefangenen in den Jahren 1948/49
Henrik Bispinck
Die Schweriner Goethe-Oberschule in der ersten Hälfte der 1950er Jahre – Dissens, Opposition und Widerstand im Visier der Staatssicherheit
Falk Bersch/Marcus Herrberget
Die Verfolgung religiöser Wehrdienstverweigerer in den drei Nordbezirken der DDR (1962-1989)
Christian Schwießelmann
Die CDU im Norden der DDR 1952 bis 1961. Ein Blick hinter die Kulissen einer Blockpartei in den Bezirken Neubrandenburg, Rostock und Schwerin
A u f s ä t z e
Horst Sieber
Fusionen von Ortskrankenkassen in Mecklenburg – ein dorniger Weg zu größerer Leistungsfähigkeit
Andreas Röpcke
Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg und der Sport
Annegret Dirksen/Falk Bersch
Die Wismarer Ringbande. „Spitzbuben“ oder Widerstandskämpfer
Martin Albrecht
Colonel Hubert Zemke. Aus der Biographie des alliierten Lagerkommandanten im deutschen Stalag Luft I in Barth 1944/45
D i s k u s s i o n
Stefan Wolter
Erinnerung braucht einen Ort, an den sie sich knüpfen kann. Block V, die Bausoldatenkaserne, in Prora – Erfahrungen im Umgang mit realer DDR-Geschichte
PRORA-ZENTRUM e.V.
Die historisch-politische Bildungsarbeit des PRORAZENTRUMs
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Andreas Voss
Das „Grenzhus“ in Schlagsdorf – ein Beispiel regionaler Geschichtsarbeit
Gerd Giese/Falk Bersch
„Stolpersteine“ in Wismar
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Martin Buchsteiner
Zur politischen Orientierung für den Umgang mit der NS-Vergangenheit in Mecklenburg-Vorpommern
Eleonore Wolf
Drei Lehrpfade arbeiten Diktaturgeschichte in Neubrandenburg auf – oder: Die Lehrpfade sind auf dem Weg
A r c h i v m i t t e i I u n g e n
Matthias Manke
Personenstandsunterlagen zwischen Standesämtern und Archiven
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Christian Staffa
„Aber man kann es einfach tun.“ Die „Aktion Sühnezeichen“ als protestantische Initiative zur Umkehr
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Hartwig, Angela/Münch, Ernst
Die Universität Rostock. Geschichte der „Leuchte des Nordens“ in Bildern
(Bernd Kasten)
Schoon, Steffen
Wählerverhalten und politische Traditionen in Mecklenburg und Vorpommern (1871-2002)
(Christian Schwießelmann)
Kaule, Martin
Ostseeküste 1933-1945. Der historische Reiseführer
(Andreas Wagner)
Pfau, Arne
Die Entwicklung der Universitäts-Nervenklinik (UNK) Greifswald in den Jahren 1933 bis 1955
(Thomas Beddies)
Kasten, Bernd
Verfolgung und Deportation der Juden in Mecklenburg1938-1945
(Florian Ostrop)
Salinger, Gerhard
Die einstigen jüdischen Gemeinden Pommerns. Zur Erinnerung und zum Gedenken „…und wie ein Traum, der verfliegt“
(Irmfried Garbe)
Kavčič, Silvija
Überleben und Erinnern. Slowenische Häftlinge im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück
(Andreas Wagner)
Scherstjanoi, Elke
SED-Agrarpolitik unter sowjetischer Kontrolle 1949-1953
(Siegfried Kuntsche)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 12. Jg., 2008, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2008
Umfang: 141 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Wie angekündigt, steht in dieser Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ der Natur- und Umweltschutz in Mecklenburg und Vorpommern im Vordergrund. Naturschutz- und Umweltbewegung haben in vielerlei Gestalt ihre Spuren in diesem Landstrich hinterlassen und sind durch eindrucksvolle Persönlichkeiten getragen und geprägt worden. Den Anfängen der – noch unter dem Dach von Heimatschutz bzw. -pflege im 1906 gegründeten Heimatbund Mecklenburg bzw. 1910 entstandenen Pommerschen Heimatschutzbund – organisierten Bemühungen zur Entdeckung und Bewahrung der Naturreichtümer Mecklenburgs und Pommerns in Kaiserreich, Weimarer Republik und nationalsozialistischem Deutschen Reich spürt Reno Stutz nach. Nach 1945 gewann die Bewegung unter neuen Bedingungen an Breite und institutioneller Qualität. Steigender Natur- und Landschaftsverbrauch durch Besiedlungszunahme, Industrialisierung und Militarisierung machten den Handlungsbedarf deutlich. Vielfach waren es wissenschaftlich gebildete Fachleute und engagierte ehrenamtliche Heimatpfleger, denen wichtige Anregungen zu verdanken sind, auf die die staatliche Verwaltung reagierte, reagieren musste oder die unter dem Dach des Kulturbundes zahlreiche Initiativen hervorriefen. Mit Gerhard Klafs bietet ein ausgewiesener Experte einen Abriss über diese Entwicklung in den vorpommerschen Kreisen seit 1945. Irmfried Garbe verdanken wir ein Interview mit Prof. Dr. Michael Succow. Mit dessen Namen wird die Krönung der Arbeit jener engagierten Umwelt-, vor allem Naturschützer in der DDR verbunden, außerdem war die von ihm als Stellvertretender Minister zwischen Januar und Mai 1990 auf den Weg gebrachte Ausweisung von Großschutzgebieten auf dem Territorium der ehemaligen DDR bedeutsam, die als Teil ihres „Tafelsilbers“ mit in die Vereinigung gebracht werden konnten. Natur- bzw. Umweltschutz haben nur Chancen, wirksam zu werden, wenn die damit verbundenen Anliegen von vielen Menschen mitgetragen werden. Dafür sind Persönlichkeiten unverzichtbar, die, anerkannt und verwurzelt in ihren Regionen, vorbildhaft dafür wirken. Mit Walter Karbe für Mecklenburg-Strelitz, vorgestellt von Klaus Borrmann, und Karl Bartels für die Müritz-Region, skizziert von Renate Seemann, wird stellvertretend das Wirken solcher Persönlichkeiten gewürdigt. Der gesellschaftliche Umbruch von 1989/90 brachte zahlreiche neue Entwicklungen auch für die Umwelt- und Naturschutzbewegung. Es entstanden neue Institute und Lehrstühle an den Universitäten und Hochschulen des Landes. Prof. Dr. Succow steht dafür, aber auch das Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. an der Hochschule Neubrandenburg, das seit 1991 mit seinem „Studienarchiv Umweltgeschichte“ Zeugnisse der Umweltforschung, der Umweltpolitik, des ehrenamtlichen Naturschutzes, der Heimat- und Denkmalpflege sammelt, aufarbeitet und in einer Zeitschrift mit gleichem Namen veröffentlicht. Hermann Behrens und Jens Hoffmann stellen diese, nach ihren Worten „umfangreichste Sammlung zur ostdeutschen Umwelt- und Naturschutzgeschichte“ vor. Der Wegfall des DDR-Grenzregimes zur Bundesrepublik, der vorher sichtbaren Frontlinie des Kalten Krieges, erschloss die über die Jahrzehnte immer hermetischer abgeschlossenen Naturräume für die öffentliche Wahrnehmung. Der hunderte Kilometer lange ehemalige Grenzstreifen gehört zu jenen Großschutzgebieten, die im letzten Jahr der DDR noch eingerichtet werden konnten. Simone Labs beschreibt einen Edelstein aus dieser Kette: das Biosphärenreservat Schaalsee. Stefan Brauckmann berichtet über eine in den 1920er Jahren in Sachsen entstandene Bewegung, die gerade auch in Mecklenburg zahlreiche Anhänger fand. Anknüpfend an den Indogermanen-Mythos „Artamanen“ (= „Hüter der Scholle“) genannt, propagierten und pflegten sie eine völkisch-nationalistisch inspirierte Art von Heimatpflege, in deren Zentrum der Mythos von „Blut und Boden“ stand. Bernd Kasten, Leiter des Schweriner Stadtarchivs, hat anlässlich der Erinnerung an die Pogrome vom 9. November 1938 in Deutschland eine neue Publikation über die Geschichte der Verfolgung und Deportation jüdischer Mecklenburger vorgelegt. Sein Beitrag in diesem Heft, entstanden in Verbindung mit der Ausstellung „Kirche, Christen, Juden in Nordelbien und Mecklenburg 1933-1945“, befasst sich mit Schicksalen von Christen jüdischer Herkunft in Mecklenburg. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass „Zeitgeschichte regional“ im Januar 2009 in einer Sonderausgabe editorisch bearbeitet und kommentiert die Liste der im Februar 1940 aus Stettin in das so genannte Generalgouvernement deportierten pommerschen Juden, die Wolfgang Wilhelmus in Yad Vashem gefunden hat, vorlegen wird. Wilhelmus ist auch in diesem Heft mit einer kurzen Darstellung eines 1944 geglückten Fluchtversuchs von Kriegsgefangenen aus Greifswald nach Schweden vertreten. Die Kriegsgefangenschaft deutscher Soldaten in der Sowjetunion ist der Hintergrund für das von Matthias Manke vorgestellte Dokument: eine 1947 in der Gefangenschaft entstandene Glückwunschkarte zum Geburtstag. Gewissermaßen im Vorgriff auf das Jahr der Jubiläen 2009 bieten wir Ihnen mit dem Aufsatz von Christian Schwießelmann zu den Christdemokraten im Norden der DDR in der politischen „Wende“ 1989/90 einen Einstieg in die für das kommende Jahr sicherlich zu erwartenden Debatten. „Zeitgeschichte regional“ hat bereits angekündigt, sich mit der ersten regulären Ausgabe des Jahrgangs 2009 daran zu beteiligen. Berichte und Rezensionen sollen auch in diesem Heft wieder Auskunft darüber geben, wer an welcher Stelle sich in diesem Land auf die eine oder andere Arbeit mit der neuesten Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns befasst hat. Und schließlich war uns das Berliner Projekt „Online gegen Rechtsextremismus“ so wichtig, dass wir darüber auch in unserem Bundesland berichten wollten. Dass „Zeitgeschichte regional“ Ihnen wichtig bleibt, hofft
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Reno Stutz
Zur Geschichte der Heimatschutzbewegung in Mecklenburg und Vorpommern bis 1945
Gerhard Klafs
Naturschutz in Vorpommern seit 1945
Jens Hoffmann und Hermann Behrens
Das Studienarchiv Umweltgeschichte des Instituts für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. an der Hochschule Neubrandenburg
Simone Labs
Moderlieschen und Moorochs. Das Biosphärenreservat Schaalsee
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e n
Klaus Borrmann
Walter Karbes Weg (1877-1956) vom Vereins-Wanderwart zum engagierten Naturschützer
Renate Seemann
„Auf den guten Willen kommt’s an.“ Karl Bartels (1884-1957) – Ornithologe und Naturschutzaktivist der ersten Stunde
D a s I n t e r v i e w
„Außenseiter Spitzenreiter – in der Endphase der DDR“. Prof. Dr. Michael Succow und die ostdeutsche Naturschutzbewegung. Interview in Wackerow am 22. Juli 2008
A u f s ä t z e
Stefan Brauckmann
Die Artamanenbewegung in Mecklenburg
Bernd Kasten
Ausgegrenzt, verfolgt, ermordet – Christen jüdischer Herkunft in Mecklenburg1933-1945
Christian Schwießelmann
Die politische „Wende“ 1989/90 und die Christdemokraten im Norden der DDR
Wolfgang Wilhelmus
Flucht von Kriegsgefangenen 1944 aus Greifswald nach Schweden mit deutscher Hilfe?
D a s D o k u m e n t
Matthias Manke
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“ in sowjetischer Kriegsgefangenschaft
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Jörg Pink
Der Verein „Freundeskreis Sachsenberg“ e.V. und die Aufarbeitung der Geschehnisse auf dem Sachsenberg während der Zeit des Nationalsozialismus. Zur Geschichte der Entstehung des Gedenkzeichens
Eleonore Wolf
Fünfeichen – Ort mit mehrfacher Vergangenheit
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Andreas Eberhardt/Birgit Luig/Martin Ziegenhagen
Online gegen Rechtsextremismus
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Brinckmann, Andrea/Gabrielsson, Peter (Hg.)
„Seht, wie sie übers große Weltmeer ziehn!“ Die Geschichte der Auswanderung über Harnburg
(Kai Agthe)
Buchsteiner, Martin/Viereck, Gunther (Hg.)
Richard Ehrenberg (1857-1921)
(Klaus-J. Lorenzen-Schmidt)
Eschenburg, Karl
Warnemünde in alten Ansichten
(Kai Agthe)
Reich, Konrad
Ehm Welk. Der Heide von Kummerow
(Kai Agthe)
Malinowski, Stephan
Vom Kaiser zum Führer. Deutscher Adel und Nationalsozialismus
(Mathias Rautenberg)
Politische Memoriale e.V. Mecklenburg-Vorpommern (Hg.)
Beiträge zur Geschichte des Strafvollzuges und der politischen Strafjustiz in Mecklenburg-Vorpornmern
(Thomas Krause)
KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hg.)
Hilfe oder Handel? Rettungsbemühungen für NS-Verfolgte
(Andreas Wagner)
Rengert, Hans
Mit siebzehn durch die Hölle. Meine Kriegserinnerungen
(Mathias Rautenberg)
AG Fünfeichen (Hg.)
Streng verboten. Das Tagebuch des Pastors Bartelt
(Andreas Wagner)
Aischmann, Bernd
Mecklenburg-Vorpommern, die Stadt Stettin ausgenommen
(Irmfried Garbe)
Muschik, Alexander
Die beiden deutschen Staaten und das neutrale Schweden
(Christian Halbrock)
Lichtnau, Bernfried (Hg.)
Architektur und Städtebau im südlichen Ostseeraum von 1970 bis zur Gegenwart
(Jörg Kirchner)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 12. Jg., 2008, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2008
Umfang: 139 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Das Epoche-Jahr 1918 kommt – 90 Jahre später – kaum in der öffentlichen Wahrnehmung vor. Einer der wenigen Erinnerungsorte ist zurzeit die Landeshauptstadt Schwerin, wo eine sehr materialreiche Ausstellung „Mecklenburg und der Erste Weltkrieg“ zu sehen ist. Erwähnt sei dies, weil das aktuelle Heft von „Zeitgeschichte regional“ sich vornehmlich militärischen Aspekten der Landesgeschichte im 20. Jahrhundert widmet. Nahezu alle Texte dieser Ausgabe bewegen sich – wie für das 20. Jahrhundert kaum anders zu er warten – in der Spannung von (mehr) Krieg und (weniger) Frieden. Der erste und längste Beitrag, der wegen seines Umfangs auf diese und die kommende Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ verteilt werden muss, entspricht dieser Beschreibung in besonderer Weise. Marcus Herrberger und Falk Bersch schildern hier mit Blick auf militärgerichtliche Verfolgung religiöser Kriegsdienstverweigerer in Mecklenburg und Pommern vom Ersten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges neben einem Stück Geschichte der Kriegsdienstverweigerung in Deutschland vor allem Lebenswege zwischen menschlicher Kraft und – vorsichtig ausgedrückt – schuldhafter Verstrickung, denn es waren Menschen, die Lebenswege von Kriegsdienstverweigerern zu Schicksalen werden ließen. Militär war spätestens seit den 1930er Jahren in Mecklenburg und Pommern durch einen auf Rüstung unter Einsatz modernster Technologien beruhenden industriellen Aufschwung mit Fliegerei verbunden und in dieser Form vielfach positiv besetzt. „Das deutsche Volk […] ein Volk von Fliegern […]“ war Propaganda wie „Kraft durch Freude“ oder „Volkswagen“, aber es war auch die – so oft angenommene – Einladung, sich der Faszination von Modernität und Fortschritt sowie einer Illusion von „Volksgemeinschaft“ hinzugeben. Angesichts der Erfahrungen der Bombentage und -nächte hätte jeder und je dem Deutschen klar werden müssen, warum sie Teil eines Volkes von Fliegern hatten werden sollen. Hermann Langer erzählt die Geschichte der Luftwaffenpropaganda an Spielfilmbeispielen der Jahre 1938-1944. Vorbereitung und Verlauf des Zweiten Weltkrieges haben in vielen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns ihre Spuren hinterlassen. Neubrandenburg „profitierte“ als in den 1930er Jahren ausgebauter Rüstungs- und Militärstandort und musste 1945 einen unvergleichlich höheren Preis zahlen. Die von Oliver Zimmermann skizzierte kurze Geschichte der Torpedo-Versuchs-Anstalt Neubrandenburg der deutschen Kriegsmarine endet mit dem Untergang des alten Neubrandenburg, kurz vor der bedingungslosen deutschen Gesamtkapitulation. Auch das Gesicht der Stadt Barth wurde durch das nationalsozialistische Regime und seinen Krieg verändert. Martin Albrecht beschreibt die Besonderheiten des Stalag Luft I, Kriegsgefangenenlager für alliierte Piloten bei Barth, v.a. die spektakuläre Geschichte der Auflösung dieses Gefangenenlagers nach Kriegsende. Geschichte wird von Menschen gemacht und erlitten. Wolfram Rothe beschreibt diese Dualität am Beispiel Helmuth Brückners, der als ehemaliger NSDAP-Gauleiter Schlesiens bis 1934 einen rasanten Aufstieg erlebt hatte, dann, aller seiner Ämter enthoben, zunächst in Neustrelitz, später in Rostock Wohnsitz nahm und dort über eine Beschäftigung bei den Ernst-Heinkel-Flugzeugwerken sich wie der zu integrieren suchte. Das Jahr 1945 wurde für ihn zur lebensentscheidenden Zäsur: Verhaftung, Internierung im Lager Fünfeichen, Deportation in die Sowjetunion, Tod im Lager. Die gleiche Zeit, einen anderen Lebensweg beschreibt Thomas Bausch. Er bietet mit seiner biografischen Skizze über Viktor Bausch (Papierfabrik Neu Kaliß) gleichzeitig einen kleinen Ausschnitt der jüngeren Bausch’schen Familiengeschichte und eine Hommage an eine Persönlichkeit, die sich im Widerstand gegen die NS-Herrschaft bewährte, nach dem Krieg, als von der sowjetischen Besatzungsmacht eingesetzter Bürgermeister von Neu Kaliß, in seinem Betrieb trotz Demontage Tatkraft im Sinne seiner Vorstellungen von sozialer Demokratie für den Wiederaufbau bewies und nach Flucht aus der gerade ausgerufenen DDR die Kraft für einen nochmaligen Neuanfang fand. Wolfgang Stemmer ergänzt das biografische Bild des Greifswalder Mediziners und nachmaligen Universitätsrektors Gerhardt Katsch um Facetten, die sich aus von diesem verfassten Berichten über seinen Einsatz als „Beratender Internist“ in der besetzten Ukraine 1943 sowie der Teilnahme an den „Arbeitstagungen Ost“ der Beratenden Ärzte in Berlin ergeben, die jüngst im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg i.Br. gefunden wurden. Die Jahre des Zweiten Weltkrieges bilden den Rahmen für die Darstellung von Katharina Kühne-Schnittler, die gewissermaßen die Vorgeschichte der Kirchenmusik an der Universität Greifswald mit ihrem Bericht über das Seminar für evangelische Kirchenmusik in Stettin-Kückenmühle und Finkenwalde erzählt und darauf verweist, dass beide durch die Geschichte der mittlerweile 90jährigen Annelise Pflugbeil verbunden sind. Greifswald ist auch der Ort des darauf folgenden Beitrages über ein 1951 früh errichtetes – vielleicht das älteste in der DDR – Friedensmahnmal, das sein Entstehen nicht zentraler politischer Oktroyierung durch die SED, sondern der Initiative von Reichsbahnern verdankte. Eckhard Oberdörfer beschreibt deren Wirken als weitgehend freiwilliges Engagement, das allerdings letztlich auch der „Zentralisierung“ unterworfen wurde. Angeregt durch den Beitrag von Wolf Karge im letzten Heft von „Zeitgeschichte regional“ äußert Hermann Grothe – Erinnerungen an seine Jugend in Malchow befragend – Zweifel daran, ob das von Wilhelm Wandschneider nach dem Ersten Weltkrieg geschaffene Kriegerdenkmal in Malchow trotz des von ihm (1919) verwendeten Hakenkreuzes eindeutig zu interpretieren sei, will es und seine Geschichte in Erinnerung gerufen wissen und stellt die Frage, ob Wandschneider auf dieses Hakenkreuz und antijüdische Gesinnung – angesichts seines Stavenhagener Reuter-Denkmals, des Teterower Hechtes – zu reduzieren sei. Die Diskussion sei hiermit eröffnet. Platz für eine diese Fragen beleuchtende biographische Skizze über Wilhelm Wandschneider aus Plau am See bieten die Seiten von „Zeitgeschichte regional“ allemal. Wenn Sie dieses Heft in den Händen halten, wird für die meisten Leser der Sommer 2008 bereits (Zeit-)Geschichte sein, die Redaktion wird sich zur Bewertung dieser und zur Vorbereitung der nächsten Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ getroffen haben, und für die Herausgeberin beginnt aufs Neue das Einwerben von finanzieller Unterstützung für einen Jahrgang 2009 dieser Zeitschrift. Sollten Sie Themen umtreiben, die Sie immer schon behandelt gesehen haben wollten, empfehlen wir uns als ein interessiertes Gremium.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Marcus Herrberger/Falk Bersch
Die militärgerichtliche Verfolgung religiöser Kriegsdienstverweigerer in Mecklenburg und Pommern vom Ersten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges
Hermann Langer
„Ein Volk von Fliegern.“ Zur Luftwaffenpropaganda in Spielfilmen des „Dritten Reiches“ (1938-1944)
Oliver Zimmermann
Die Torpedo-Versuchs-Anstalt Neubrandenburg. Zur Geschichte einer Versuchs- und Erprobungsstelle der deutschen Kriegsmarine
Martin Albrecht
Besonderheiten des Kriegsgefangenenlagers Stalag Luft I in Barth während des Zweiten Weltkriegs
Wolfram Rothe
Von Hitler verbannt, unter Stalin umgekommen. Helmuth Brückner – vom Gauleiter zum Gulag-Häftling
D a s D o k u m e n t
Wolfgang Stemmer
Gerhardt Katsch im Zweiten Weltkrieg. Neue Dokumente zu seinem Militäreinsatz
A u f s ä t z e
Katharina Kühne-Schnittler
Das Seminar für evangelische Kirchenmusik in Stettin-Kückenmühle und Finkenwalde 1939-1945
Eckhard Oberdörfer
Das Wirken des Greifswalder Friedensrates bis zu seiner Auflösung. Eine Spurensuche nach der Wiederentdeckung des ältesten Friedensmahnmals der DDR
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Thomas Bausch
Viktor Bausch. Eine biographische Skizze
D i s k u s s i o n
Rüdiger Bernhardt
Grenzen des Rückblicks auf den DDR-Antifaschismus
Beatrice Vierneisel
Erwiderung auf die Kritik von Herrn Rüdiger Bernhardt
Hermann Grothe
Jedes Denkmal hat seine Geschichte: das Kriegerdenkmal in Malchow
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Kai Hampel
Ergebnisse einer Besucherbefragung im Historisch-Technischen Informationszentrum Peenemünde
Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt
Ungebrochenes Interesse an der Heinkel-Geschichte
Johann Peter Wurm
Kirche, Christen, Juden in Nordelbien und Mecklenburg 1933-1945. Eine gemeinsame Ausstellung von Nordelbischem Kirchenarchiv und Landeskirchlichem Archiv Schwerin im Dom Schwerin
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Andreas Wagner
„Lernen aus der NS-Geschichte? Historische Projektarbeit in der schulischen und außerschulischen Bildung“ – ein Workshop in Barth
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Matthias Manke
Wert und Last des DDR-Schriftgutes in den Archiven. Tagung im Landeshauptarchiv Schwerin
Eleonore Wolf
Das Neubrandenburger Stadtarchiv wird 25
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Henrik Bispinck
Geschichtsforum 2009 „Aufbruch 1989 – Wege aus
der deutschen und europäischen Teilung“
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Nixdorf, Wolfgang
150 Jahre Augustenstift Schwerin – Zuflucht und Heimstätte für den Lebensabend
(Irmfried Garbe)
Berg, Klaus/Jordan, Bernd
Herrenhäuser und Familien um Lassan
(WolfVölker)
Pieper, Julia
„Grypswaldia, du magst ruhig sein, denn die Studentin zieht jetzt ein“. Die Anfänge des Frauenstudiums in Greifswald 1873 bis 1925
(Henning Rischer)
Lowtzow, Christian von (Hg.)
Dietrichine soll sie heißen. Tagebuchaufzeichnungen der Luise von Plessen 1918-1920
(Matthias Manke)
Laur, Elisabeth (Bearb.)
Ernst Barlach. Das Plastische Werk. Werkverzeichnis II
(Wolf Karge)
Buddrus, Michael/Fritzlar, Sigrid
Die Professoren der Universität Rostock im Dritten Reich
(Andreas Wagner)
Inachin, Kyra T.
Von Selbstbehauptung zum Widerstand. Mecklenburger und Pommern gegen den Nationalsozialismus 1933 bis 1945
(Frank Flernming)
Mangelsdorf, Günter (Hg.)
Zwischen Greifswald und Riga. Auszüge aus den Tagebüchern des Greifswalder Rektors und Professors der Ur- und Frühgeschichte, Dr. Carl Engel, vom 1. November 1938 bis 26. Juli 1945
(Mathias Rautenberg)
Krakauer, Max
Lichter im Dunkel. Flucht und Rettung eines jüdischen Ehepaares im Dritten Reich
(Sabine Grauer)
Majerski, Michael (Regie und Produktion)
Meiner Mutter Land/Kraj mojej matki. Dokumentarfilm aus Pommern/Pomorze
(Brit Bellmann)
Dietmar Kausch
„… sie wollten sich nicht verbiegen lassen“. Repressalien – Widerstand – Verfolgung an den Oberschulen in Bad Doberan, Bützow, Grevesmühlen, Ludwigslust und Rostock 1945-1989
(Andreas Wagner)
Gabler, Wolfgang
Vom Wandel der Literaturgesellschaft. Zur Geschichte des Literaturzentrums Neubrandenburg 1971-2006
(Kai Agthe)
Garbe, Irmfried/Nixdorf, Wolfgang (Hg.)
Dom St. Nikolai Greifswald. Gemeindekirche zwischen Politik und Polemik. Studien zur Greifswalder Landeskirche und zur Wiedereinweihung des Domes 1989
(Rahel Frank)
V e r m i s c h t e s
Mathias Rautenberg
Dr. Werner Lamprecht (1929-2008). Zur Erinnerung
Wolfgang Wilhelmus
Nachtrag zum Beitrag: Stand und einige Probleme der deutschen und deutschsprachigen Forschungen zur Geschichte der Juden in Pommern, in: Zeitgeschichte regional. Mitteilungen aus Mecklenburg Vorpommern, 11. Jg., 2007, H. 1, S. 16-23
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 11. Jg., 2007, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2007
Umfang: 137 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Kultur zwischen künstlerischer Betätigung und symbolischer Handlung, die für den Alltag Bedeutung hat, ist die thematische Klammer dieser Ausgabe. Vielfach wird kulturelles Entwicklungsniveau mit dem Umfang und der Qualität von Theaterangeboten identifiziert. Obwohl Theater mitnichten die Kultur einer Gesellschaft in ihrer Breite abzubilden vermag, gibt es Anhaltspunkte dafür, dass seine Situation mit gesellschaftlichen Entwicklungen korrespondiert. In diesem Sinn beschreiben Antje Strahl und Werner Stockfisch kulturelle Entwicklung in Mecklenburg-Schwerin mit dem Fokus auf Theatergeschichte. Antje Strahl verfolgt Auswirkungen des Ersten Weltkrieges auf Institutionen der bürgerlichen Kultur, wobei sie Theater, insbesondere das Schweriner Hoftheater, in einer doppelten, zunehmenden Stresssituation beschreibt: in Konkurrenz mit einer Vielfalt von Kleinkunst, Varieté und Lichtspielhäusern sowie in kriegsbedingter Mangelrestriktion. Werner Stockfisch und seine Mitautoren fragen nach den Auswirkungen des Nationalsozialismus auf den Betrieb des Mecklenburgischen Staatstheaters. Der ideologisch als Gegenprivilegierung fixierte Anspruch in den ambitionierten ersten Jahren der DDR hat in Mecklenburg-Vorpommern Spuren hinterlassen. Eine davon ist das für das ländliche Umfeld überdimensioniert wirkende Kulturhaus im vorpommerschen Murchin. Michael Lissok analysiert die architekturgeschichtlichen Zusammenhänge seiner Entstehung im Kontext herrschender kulturpolitischer Vorstellungen der 1950er Jahre. Das Kulturhaus als architektonischer Ausdruck politischer Ansprüche fand seine Entsprechung in einer durch Veranstaltungen geprägten Repräsentationskultur. Lu Seegers untersucht die fast über zwei Dekaden durchgeführte „Rostocker Ostseewoche“ unter diesem Blickwinkel. Sie beschreibt, wie diese eng mit der Außenpolitik verbundene Veranstaltung für die Stadt und den Bezirk Rostock Ressourcen und Möglichkeiten erschloss und – zumal in der Retrospektive – auch von der Bevölkerung als Zugewinn erlebt wurde. Eine in der DDR gewollte, geförderte und kontrollierte Form, künstlerische, kulturelle Betätigung anzuregen, zu entwickeln und zu steuern, waren Volkskunstzirkel. Mit seinen Erinnerungen an Ruth Holst porträtiert Wolfgang Jacobeit eine tragende Persönlichkeit für einen solchen Zirkel im Kreis Grimmen. Künstler und ihre Kunst sind – wie jeder Mensch und sein Tun – nicht ohne Reflektion ihrer gesellschaftlichen Gebundenheit zu verstehen. Diese Binsenweisheit ist bis heute bisweilen heiß umstritten, umso mehr, wenn die eigene Lebenszeit berührt ist und überdies noch Fragen nach Verantwortungsbewusstsein gestellt werden. Detlef Witt versucht, in dieser Spannung mit seiner biografischen Skizze dem pommerschen Restaurator und Bildschnitzer Max Uecker in sachlicher Form gerecht zu werden. Eher polemisch knüpft Mathias Rautenberg an den Bericht Bernd Kastens über die Schweriner Arno-Breker-Ausstellung (2006) an. Auf Grundlage einer im Frühjahr 2007 erschienenen Dokumentation kritisiert er die Diskussion um Breker und die Ausstellung, bei der er Aspekte von gesellschaftlicher Gebundenheit und Verantwortung weitgehend ausgeblendet sieht. Der Wechselbeziehung von Geschichtsschreibung, Politik und Erinnerungskultur, der sich „Zeitgeschichte regional“ von jeher widmet, wird auch diesmal breiter Raum gegeben. Regimewechsel lösen Reflexe aus, die bis dahin in Gunst stehenden Erinnerungen und mit ihnen verbundene Zeichen auszulöschen oder wenigstens umzuformen. Wolf Karge skizziert in seinem Beitrag den Prozess, in dem nach dem Zweiten Weltkrieg Denkmale aus dem öffentlichen Raum verschwanden, denen nationalsozialistische, militaristische und revanchistische Aussagen zugeschrieben worden waren. Dass Geschichte damit nicht vergeht, zeigte einmal mehr die Debatte um Hitlers Ehrenbürgerschaft in Bad Doberan im Vorfeld des „G-8-Gipfels“ in Heiligendamm. Hermann Langer widmet sich dem „Schatten“, der die mediale Vorbereitung des politischen Großereignisses zu verdunkeln drohte. Eine wichtige Seite von Erinnerungskultur ist die Würdigung und Bewahrung von Geschichte(n) und historischer Leistung. Kai Agthe stellt zwei Beispiele aus beiden Enden Mecklenburg-Vorpommerns vor: die Präsentation der Nachlässe von Hans-Werner Richter und Carola Stern in Bansin auf Usedom sowie das Uwe-Johnson-Literaturhaus in Klütz. Zudem lässt er im Interview den Germanisten Gunnar Müller-Waldeck über die Beziehung zwischen Wolfgang Köppen und seiner „Mutterstadt“ Greifswald reflektieren. Erinnerungskultur charakterisiert zudem, welche Aspekte von Geschichte warum, wie, wann und wo Aufmerksamkeit erfahren. Parallel mit der Stiftungsinitiative „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ erfuhr das Interesse an der Geschichte von Zwangsarbeit in Deutschland während des Zweiten Weltkrieges deutlichen Auftrieb. Zu den regionalen Initiativen, die sich hierzu professionell und mit Ausdauer engagierten, gehört eine Projektgruppe im Amt Niepars, Kreis Nordvorpommern, um Petra Clemens. Sprichwörtliche Stolpersteine haben inzwischen auch in Mecklenburg-Vorpommern beachtliche Verbreitung gefunden. Christine Kindt und Sabine Klemm erzählen von einem Schweriner Projekt, mit dem an frühere jüdische Bewohner erinnert werden soll. Über 30 Schweriner Lebensgeschichten und Schicksale kann man mittlerweile stolpern. In einem eigenen Beitrag berichten Bernhard Rosenkranz und Ulf Bollmann aus Hamburg, dass bundesweit mehr als 100 Stolpersteine an Menschen erinnern, die als Homosexuelle dem nationalsozialistischen Regime zum Opfer gefallen sind. Der begrenzte Raum des Heftes erlaubt leider wieder nur, einen kleinen Ausschnitt der regionalen Geschichtsarbeit abzubilden. Hugo Rübesamens Artikel über eine Tagung des Historischen Instituts der Universität Rostock zum „mittelmäßigen Jahr 1957“ in der DDR und Beatrice Vierneisels Schilderung der Gedenkfeier zur Befreiung des Lagers Wöbbelin vor 62 Jahren von verweisen angesichts des Alters teilnehmender Zeitzeugen auf einen bevorstehenden Umbruch in der zeitgeschichtlichen Forschung und Erinnerung. Schon verraten werden kann jedoch, welche Themen „Zeitgeschichte regional“ demnächst behandeln wird. 2008 stehen Militärgeschichte sowie Umwelt- und Naturschutz im Mittelpunkt. Für 2009 ist neben einer Sportretrospektive ein der Jahreszahl angemessener Blick auf die DDR-Geschichte geplant. Wir hoffen wie stets, Sie auf die Lektüre neugierig gemacht und zur Debatte eingeladen zu haben.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Antje Strahl
„Für Theatervorstellungen kein Verständnis“? Zum kulturellen Leben in Mecklenburg-Schwerin während des Ersten Weltkrieges 1914-1918
Werner Stockfisch
„Meistersinger“ vor Hakenkreuzen. Das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin 1933-1945
Wolf Karge
Denkmalsturz nach dem Zweiten Weltkrieg in Mecklenburg und Vorpommern. Die Entfernung und Vernichtung von Denkmälern mit revanchistischen, militaristischen und nationalsozialistischen Aussagen zwischen 1945 und 1950
Michael Lissok
Ein Geschenk der Staatsmacht an das werktätige Volk: das Kulturhaus in Murchin bei Anklam. Analyse zur Architektur und Ausgestaltung
Lu Seegers
„Die Ostsee muss ein Meer des Friedens sein“ – Die Ostseewoche in Rostock als Herrschafts- und Stadtrepräsentation der DDR (1958-1975)
Wolfgang Jacobeit
Erinnerungen an Ruth Holst (1913-2002) und ihren Volkskunstzirkel in Vorland-Splietsdorf/Kreis Grimmen
D e r A u f s a t z
Hermann Langer
Hitlers langer Schatten über Doberan
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Detlef Witt
„Volkstumsarbeit wollte ich leisten, heimatlich gestalten, einfach und derb“. Der Restaurator und Bildschnitzer Max Uecker (1887-1978)
D i s k u s s i o n
Mathias Rautenberg
Arno Breker – „Zur Diskussion gestellt“ oder: Legenden im Schweriner Spiegel der Eitelkeiten. Eine polemische Reminiszenz
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Kai Agthe
Die Schreibtische der Autoren stehen bei der Feuerwehr. Das Hans-Werner-Richter-Haus in Bansin ehrt auch Carola Stern
Kai Agthe
Die Jahrestage im Getreidespeicher. Das Uwe-Johnson-Literaturhaus in Klütz ist eine rundum wundervolle Einrichtung
Hugo Rübesamen
1957 – das Jahr im Schatten oder ein Wendejahr? Ein Tagungsbericht
Beatrice Vierneisel
62. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Wöbbelin am 2. Mai 2007
Simone Labs
Im Geisterschiff der Bunkerwelten
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Petra Clemens
Zwangsarbeit. Geschichte eines lokalen Projektes und zukünftige Möglichkeiten für Erinnerungsarbeit
Christine Kindt/Sabine Klemm
Gegen das Vergessen. STOLPERSTEINE in Schwerin
I n t e r v i e w
Die Ehrendoktorwürde als „Pflaster auf eine alte Wunde“. Prof. Dr. Gunnar Müller-Waldeck über Wolfgang Koeppen (1906-1996) und Greifswald
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Bernd Kasten
Landesarchivtag in Neustrelitz
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Bernhard Rosenkranz/Ulf Bollmann
Gemeinsam gegen das Vergessen – Stolpersteine für homosexuelle NS-Opfer
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Garbe, Irmfried/Beyrich, Tilman/Willi, Thomas (Hg.)
Greifswalder theologische Profile
(Gert Haendler)
Heinrich-Theissing-Institut Schwerin (Hg.)
Chronik des Bischöflichen Kommissariates Schwerin 1946 bis 1973
Diederich, Ceorg M.
Chronik der Katholischen Gemeinden in Mecklenburg 1709 bis 1961
(Irmfried Garbe)
Röhricht, Waldemar
Das Deutsche Rote Kreuz in Rostock
(Robert Kreibig)
Köhn, Andreas
Der Neutestamentler Ernst Lohmeyer
(Irmfried Garbe)
Grundel, Felix/Fanning, Harold
Der Zweite Weltkrieg. Bomben auf Stralsund
(Frank Flemming)
Warmann, Hans-Gerd
Was bleibt, ist die Hoffnung
(Bernd Aischmann)
Seils, Mirjam
Willkommen in Rostock? Aufnahme und Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in Rostock nach 1945
(Matthias Manke)
Baumann, Christine
Das Literaturzentrum Neubrandenburg 1971-2005
Lange, Sabine
Fallada – Fall ad acta?
(Kai Agthe)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 11. Jg., 2007, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2007
Umfang: 129 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Die im Schatten vermeintlich Größerer Stehenden sind häufig bemüht, Indizien und Argumente zur Betonung der eigenen Besonderheit – im Guten wie im Bösen – zu finden, um auf sich aufmerksam zu machen. Ein Sommer in diesem Landstrich südlich der Ostsee mit seinen glazialen Prägungen scheint dem in der Regel förderlich zu sein. „Zeitgeschichte regional“ hat in den vergangenen zehn Jahren das eine oder andere Exempel dafür dokumentiert und findet auch mit dieser Ausgabe wieder Bezugspunkte zu – keineswegs nur romantisch verklärenden – Sommergeschichten aus Mecklenburg-Vorpommern. Sommer, Tourismus, Mecklenburg-Vorpommern prägen als positiv besetzte Synonyme Hochglanzbroschüren über dieses Land. Idealisierungen dieser Art sind ohne Retuschen nicht zu haben. Die heilen Welten des „ersten deutschen Seebades“ Heiligendamm wie der neuerdings „Kaiserbäder“ genannten Badeorte auf der Insel Usedom waren bzw. sind ohne den Ausschluss und die Ausblendung störender Momente nicht zu haben. Frank Bajohr aus Hamburg beschäftigt sich seit Jahren mit einem Phänomen dieser Art an den deutschen Küsten, dem „Bäder-Antisemitismus“. In dieser Ausgabe skizziert er dessen Entwicklungen und Ausprägungen in den Badeorten an der Ostseeküste als einen Aspekt historischer bürgerlicher Lebenswelt. En passant konstatiert er den Gegensatz zwischen der Bedeutung des Tourismus’ für dieses Land und dem Fehlen einer fundierten Sozial- und Kulturgeschichte über ihn in Mecklenburg-Vorpommern. Die Ostsee war neben ihrer wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Bedeutung als Grenz- und Verkehrsgebiet immer auch ein Politikum, zumal unter den Bedingungen des Kalten Krieges. Christian Halbrock aus Berlin und Alexander Muschik aus Ahrensburg untersuchen die Einflussnahmen zwischen Rostocker Ostseewoche und Kieler Woche, die aus der Ostsee „ein Meer des Friedens“ nach jeweils eigenem Verständnis machen sollten. Frieden, selbst „kalter“ Krieg waren auf’s Ganze gesehen eher selten in diesem Land. Umso mehr Besonderheiten hiesiger Landesgeschichte ergaben sich aus kriegerischen oder militärischen Zusammenhängen. Giftgas-Kampfstoff-Erprobungen an der Müritz dokumentiert Hans-Joachim Deppe aus Berlin. Eine markante Geschichte über Erfindungen, Lizenzen und deren Nutzung im Krieg erzählt Martin Albrecht aus Berlin am Beispiel der in den Ernst-Heinkel-Werken Rostock zur Serien- und Lizenzreife entwickelten „Sprengniete“ als Weiterentwicklung herkömmlicher Nietverfahren für die Bedürfnisse des Metallflugzeugbaus und wie sie sich in Bilanzen und Konten niederschlug. Die Übergabe der Stadt Greifswald an die Rote Armee am 30. April 1945 kann – trotz Instrumentalisierungen – eine besondere historische und moralische Bedeutung beanspruchen. Dies wird umso deutlicher, je mehr das Bild dieses Ereignisses von der Schlacke ideologischer Überformungen und politischer Inanspruchnahmen befreit wird. Die Beiträge des Greifswalder Stadtarchivars Uwe Kiel, der die Geschichte von Buch und Film „Gewissen in Aufruhr“ über die Rolle Oberst Petershagens aufzeichnet, und von Irmfried Garbe (Universität Greifswald) über bislang unveröffentlichte, in Greifswald 1945 entstandene Tagebuchtexte weisen in diese Richtung. Ein ehemaliger Greifswalder, Wolfgang Wilhelmus, legt in diesem Heft die überarbeitete Fassung eines bereits 2006 anlässlich einer polnisch-deutschen Tagung in Stettin vor getragenen Forschungsberichtes über das deutschsprachige Schrifttum zur Geschichte der Juden in Pommern vor. Der Aufsatz des Rostockers Horst Sieber über Ortskrankenkassen und Krankenhausbehandlung in Mecklenburg in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts kann gleichsam als Beginn der Parabel gelesen werden, an deren heutigem Ende die aktuellen Gesundheitsreformdebatten stehen. In der Rubrik „Biographische Skizze“ zeichnet Solveig Simowitsch aus Bad Segeberg die Entwicklung des nachmaligen Landtagspräsidenten Carl Moltmann vom mecklenburgischen SPD-Funktionär zum Landesvorsitzenden der SED nach. Hoffentlich weitere Diskussionen anregend – nicht zuletzt für das kommende, dem Thema Kulturpolitik gewidmeten Heft – liefert der Schweriner Stadtarchivar Bernd Kasten als teilnehmender Beobachter einen Rückblick auf die genau vor einem Jahr in Schwerin begonnene Arno-Breker-Schau; eine weitere Sommergeschichte in Mecklenburg. Wie angekündigt ist diese Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ ein besonderes Heft. Es ist das „Jubiläumsheft“, das ohne thematische Klammer auskommt – vor zehn Jahren erschien die erste Nummer der Zeitschrift. Als krönenden Abschluss der ersten zehn Jahrgänge legen wir Ihnen neben der neuen, 21. Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ einen Index vor. Vor allem Irmfried Garbe sei an dieser Stelle für die Fleißarbeit gedankt. Dank zu sagen ist an dieser Stelle auch den Unterstützern dieses Projektes: dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern, dem Amt für Kultur und Denkmalpflege der Hansestadt Rostock, „unserem“ Grafiker Marco Pahl, den Autorinnen und Autoren – und natürlich Ihnen, sehr geehrte Leserinnen und Leser, für Ihr Interesse. Wir sind jung und ehrgeizig genug, für dessen Anhalten auch im begonnenen zweiten Jahrzehnt der Zeitschrift sorgen zu wollen. In diesem Sinne empfehlen wir uns, auf dass Sie uns empfehlen.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
G r u ß w o r t e
Henry Tesch, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpornmern
Klaus-J. Lorenzen-Schmidt
„Zeitgeschichte regional“ – ein außergewöhnliches Projekt
A u f s ä t z e
Frank Bajohr
Bürgerliche Lebenswelt und Bäder-Antisemitismus an der Ostseeküste Mecklenhurgs und Vorpommerns
Wolfgang Wilhelmus
Stand und einige Probleme der deutschen und deutschsprachigen Forschungen zur Geschichte der Juden in Pommern
Horst Sieber
Freie Kur und Verpflegung im Krankenhaus. Zu den Beziehungen mecklenburgischer Ortskrankenkassen zu den Krankenhäusern
Hans-Joachim Deppe
Giftgas-Kampfstoff-Erprobung an der Müritz
Martin Albrecht
Heinkels Sprengniete gehen um die Welt
Uwe Kiel
Das Buch „Gewissen in Aufruhr“ von Rudolf Petershagen, Entstehungsgeschichte und gesellschaftspolitische Funktion eines „Bestsellers“ und seiner Verfilmung
Christian Halbrock
Grenzraum Ostsee, Operationsgebiet Schweden. Das Verhältnis DDR-Schweden
Alexander Muschik
Rostocker Ostseewoche versus Kieler Woche: Die deutsch-deutsche Festwochenkonkurrenz um die Gunst der nordischen Länder
D a s D o k u m e n t
Irmfried Garbe
Die Greifswalder Stadtübergabe 1945 und ihre unmittelbaren Folgen. Eine Quellensynopse aus Anlass eines neuen Fundes
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Solveig Simowitsch
Zur Biografie des mecklenburgischen SED-Landesvorsitzenden und Landtagspräsidenten Carl Moltmann (1884-1960). Analyse seiner Konversion
D i s k u s s i o n
Bernd Kasten
Ein Rückblick auf die Arno-Breker-Ausstellung in Schwerin
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Kyra T. Inachin
„Liebe ohne Gegenliebe“ – Juden in Pommern im 19. und 20. Jahrhundert und ihre Nachbarn
Frank Flemming
Das Jahr 1968 im roten Jahrzehnt von 1967 bis 1977. Notiz zum 6. Greifswalder Kolloquium zur Zeitgeschichte des Landes Mecklenburg-Vorpommern am 9. November 2006
Karolin Steinke
„Züge nach Ravensbrück“. Über die Dauerausstellung in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück und den Weg des ausgestellten Güterwagens von Rostock nach Ravensbrück
Andreas Wagner
Denkmal-Landschaft. Ein Rundweg zu Überresten der Versuchsanstalten Peenemünde
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Falk Koop/Matthias Manke
Audioquellen im Landeshauptarchiv Schwerin
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Karin Schawe
Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme und ihre Zeitspuren. Geschichte der Gedenkstätte und die neue Konzeption
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Kniesz, Jürgen/Schrader, Volker
Mühlen in Mecklenburg-Vorpommern
(Wolf Karge)
Buchsteiner, Martin/Viereck, Gunther (Hg.)
Thünen-Jahrbuch der Thünengesellschaft, 1
(Klaus-J. Lorenzen-Schmidt)
Strahl, Antje
Rostock im Ersten Weltkrieg. Bildung, Kultur und Alltag in einer Seestadt zwischen 1914 und 1918
(Bernd Kasten)
Garbe, Irmfried
Theologie zwischen den Weltkriegen. Hermann Wolfgang Beyer (1898-1942)
(Gerd Haendler)
Bernhardt, Rüdiger
Gerhart Hauptmann. Eine Biographie
(Kai Agthe)
Woyke, Meik
Albert Schulz (1895-1974)
(Klaus Schwabe)
Vierneisel, Beatrice (Hg.)
Aspekte zur kulturellen Integration von Umsiedlern in Mecklenburg und Vorpommern 1945 bis 1953
(Matthias Manke)
Bersch, Falk/Hesse, Hans
„Wie ein dumpfer Traum, der die Seele schreckt“. DDR-Frauenstrafvollzug in Bützow-Dreibergen nach autobiografischen Aufzeichnungen von Meta Kluge
(Andreas Wagner)
Erdmann, Alexander
Deutsch-deutsche Kirchepartnerschaften vor und nach der Wende 1989/90. Das Beispiel der Landeskirchen Pommern und Nordelbien
(Wolfgang Nixdorf)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 10. Jg., 2006, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2006
Umfang: 143 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
Mit Mecklenburg-Vorpommern wird gemeinhin eine reizvolle Landschaft assoziiert, deren Schönheiten umso stärker wirken, da sie durch vergleichsweise wenige Menschen gestört werden. Historische Gutsanlagen und die so genannte norddeutsche Backsteingotik runden diese landschaftlichen Reize ab – Gesichtspunkte, die für eine touristische Vermarktung interessant sind. Die Lebensrealität der hier wohnenden Menschen hingegen wird nicht zuletzt von profaneren architektonischen Schöpfungen geprägt. Die ländlichen und städtischen Siedlungen in Mecklenburg-Vorpommern haben im vergangenen Jahrhundert ihr Erscheinungsbild in großem Maße geändert. Krieg, seine Vorbereitung wie die Folgen waren wesentliche Katalysatoren dieses Wandels. Daneben kamen jedoch auch langfristiger wirkende soziokulturelle Faktoren zum Tragen. Diesen Einflüssen auf Architektur und Bauen im 20. Jahrhundert sowie den bis heute in Mecklenburg-Vorpommern zu besichtigenden Ergebnissen sind die Texte gewidmet, die den thematischen Rahmen für diese Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ bilden. Carsten Liesenberg und Michael Lissok widmen sich der ländlichen Siedlungsarchitektur, die in Mecklenburg zwischen der Wende zum 20. Jahrhundert und den 1950er Jahren entstanden ist. Beide Autoren zeigen den engen Bezug des ländlichen Bauens zu den Besiedlungskampagnen im Großherzogtum Mecklenburg, im Freistaat Mecklenburg der Weimarer Republik, im nationalsozialistischen Gau Mecklenburg wie im nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Land Mecklenburg und arbeiten dabei durch die unterschiedlichen politischen Regime allenfalls überformte Kontinuitätslinien heraus. Sabine Bock verfolgt die Geschichte des Gutes Klockow in Mecklenburg-Strelitz, insbesondere die komplizierte Entwicklung seiner Aufsiedlung und die Folgen für das dortige Gutshaus. Sie zeigt, dass mit dem Wegfall der Gutsherrschaft – in diesem Fall seit den 1930er Jahren – sein Gebrauchswert in Frage gestellt war. Diese wurde erst mit dem Krieg auf eine für Mecklenburg-Vorpommern typische Weise durch eine erzwungene kollektive Nutzung für Notunterkünfte, später dörfliches Gemeindezentrum bzw. Schule, für mehrere Jahrzehnte beantwortet. Am Beispiel der mecklenburgischen Kleinstadt Malchow zeigt Martin Albrecht, wie infolge beispielloser Aufrüstung besonders im Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommern quasi neue städtische Siedlungsstrukturen geschaffen wurden, die für Malchow mindestens eine Verdopplung der Bevölkerung in wenigen Jahren bedeutete. Das riesige Munitions- und Sprengstoffwerk im Malchower Wald, dessentwegen die „Neue Stadt“ in Malchow noch während des Krieges in Angriff genommen wurde, hat eine Konversion nicht mehr erlebt. Seine Ruinen werden mehr und mehr Teil des Waldes. Die Backsteinarchitektur der frühen 1940er Jahre hingegen prägt bis heute Teile des Malchower Stadtbildes. Eines der eindringlichsten Beispiele durch vermeintlich grenzenlose Machbarkeit und umfassenden Ressourceneinsatz korrumpierten Architektenelans und baulicher Gigantomanie behandelt Rainer Stommer. Der als so genanntes KdF-Seebad geplante Komplex in Prora vereint Maßlosigkeit, ermöglicht durch die Ausplünderung fremder Ressourcen, mit zeitgenössischer Modernität und zum Mythos geronnenem sozialem Anspruch, dessen instrumentellen Charakter Stommer eindringlich darstellt. Er geht ebenso auf die heutigen Schwierigkeiten des Umgangs mit diesem Ausdruck an Maßlosigkeit ein. Prora ist auch ein Anknüpfungspunkt im Aufsatz von Heinz-Peter Schmiedebach und Hans-Uwe Lammel, die ihm das so genannte NS-Musterdorf Alt Rehse gegen überstellen. Sie vertiefen den Ansatz Stommers, indem sie die Ideologie verdeutlichen, die auf die Nützlichkeit für den „Volkskörper“ zielte. Während Prora der Stärkung von Gesundheit und Nerven der „Volksgenossen“ dienen sollte, ging es in Alt Rehse darum, die medizinischen Funktionäre ideologisch dazu zu befähigen, aus der „Volksgemeinschaft“ Ausgeschlossene als „Schädlinge“ am „Volkskörper“ „auszumerzen“. Die oben erwähnte „gestaltende“ Kraft des Zweiten Weltkrieges hinterließ auch in vielen Städten des heutigen Mecklenburg-Vorpommerns „Baufreiheit“. Die Altstädte von Neubrandenburg und Rostock erscheinen auf frühen Nachkriegsfotos als weite planierte Flächen. Die Bemühungen und Schwierigkeiten, Neubrandenburg nach 1945 als Stadt neu entstehen zu lassen, untersucht Brigitte Raschke in ihrem Beitrag. Der letztlich entwickelte Planungsoptimismus sah in den 1960er Jahren aus der ehemaligen Ackerbürgerstadt ein großstädtisches Zentrum in einer durch und durch ländlich geprägten Region werden. Kai Berdermann beschreibt den Aufbau der Rostocker Südstadt in den 1960er Jahren als ein Modellprojekt sozialistischer Stadtplanung und sozialistischen Städtebaus. In seiner umfang reichen Studie schildert er, wie und in welchem Maße die ökonomischen Engpässe und der große Wohnungsmangel auf die Entwicklung von Architektur und Technologie Einfluss nahmen, wenngleich das industrielle Bauen mit Großelementen kein Ergebnis der DDR-Mangelgesellschaft war. Die DDR-Charakteristik zeigte sich vielmehr in der weitgehenden Reduktion des Wohnungsbaus auf diese Verfahrensweise und in der zunehmenden Verarmung der Architektur der Plattenbauten. Die neuen Stadtteile waren ursprünglich durchaus mit einigem Anspruch als „sozialistische Wohnkomplexe“ geplant. Kai Berdermann stellt in seinem Text die Planungen zur neuen Südstadt den schließlich realisierten Ergebnissen gegenüber. Dem Thema dieses Heftes ist auch ein Projektbericht von Frank Braun gewidmet, der ein an der Hochschule Wismar entstandenes digitales Informationssystem „Baustruktur Altstadt Wismar 2002“ als Quelle für Untersuchungen zur jüngeren Baugeschichte Wismars vorstellt. Mit einer biografischen Skizze umreißt Meik Woyke in diesem Heft die Lebensgeschichte von Albert Schulz, der – als Arbeiterkind in Rostock geboren – einer der wichtigsten jüngeren Sozialdemokraten in Rostock und Mecklenburg sowie nach dem Zweiten Weltkrieg Rostocks Oberbürgermeister wurde. Weitere Projektberichte sowie Rezensionen und Literaturanzeigen ergänzen diese Ausgabe. Das Heft 1 des Jahrgangs 2007 soll unser Jubiläumsheft werden, das vieles und damit hoffentlich vielen etwas bringen wird, somit also nicht unter einem bestimmten Thema steht. Vor zehn Jahren, im Sommer 1997, haben wir den Versuch gewagt, eine Zeitschrift zu begründen. Das zweite Heft 2007 wird das Thema „Kulturpolitik“ beleuchten. Vorher wünscht Ihnen für das Jahr 2007 alles Gute und hofft auch zukünftig auf Ihre geneigte Aufmerksamkeit.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Carsten Liesenberg
Zur Architektur des landwirtschaftlichen Kleinsiedlungswesens in Mecklenburg und Vorpommern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Michael Lissok
Ländliche Wohn- und Siedlungsarchitektur in Mecklenburg von 1900 bis um 1950
Sabine Bock
Über die Schwierigkeiten, ein Gut aufzusiedeln und für das Herrenhaus eine sinnvolle Nutzung zu finden
Martin Albrecht
Rüstungsbau und Stadtentwicklung im „Dritten Reich“. Das Beispiel der „Neuen Stadt“ in Malchow
Rainer Stommer
Zum Umgang mit nationalsozialistischer Architektur am Beispiel von Prora
Brigitte Raschke
Wege zur neuen Stadt – Neubrandenburg zwischen 1945 und 1970
Kai Berdermann
Planung und Bau der Südstadt in Rostock 1960-1968
Heinz-Peter Schmiedebach/Hans-Uwe Lammel
Züchtung, Leistung und Gesundheit als nationalsozialistische Leitideen am Beispiel von Alt Rehse und Prora
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Meik Woyke
Vom Werftarbeiter zum Oberbürgermeister von Rostock: Albert Schulz (1895-1974)
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Frank Braun
Das digitale Informationssystem „Baustruktur Altstadt Wismar 2002“ als Quelle für Untersuchungen zur jüngeren Baugeschichte Wismars
Andreas Wagner
Erinnerung an Michael Gartenschläger – Landesgedenkstättenseminar in Boizenburg
Andreas Wagner
4. Häftlingstreffen in Bützow: Politische Verfolgung und Formen der Wiedergutmachung
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Ute Augustat
Internationale Jugendbegegnung in Peenemünde
Andreas Wagner
Hiltgunt Zassenhaus (1916-2004) – ein Projekt am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Bützow
I n t e r v i e w
Wo liegt die Heimat eines jüdischen Europäers aus Berlin, London und Schwerin? Interview mit Landesrabbiner William Wolff am 4. April 2006 in Rostock
A u s a n d e r e n L ä n d e r n
Gero Lietz
„Ein fremder Name unverstanden war stets der deutschen Zunge schwer…“ NS-Umbenennungen von Ortschaften und ihr Schicksal in der SBZ/DDR
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Verein für Rostocker Geschichte e.V. (Hg.)
Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock, Bd. 28
(Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt)
Klawuhn, Horst
Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Römer Dorfgeschichten aus dem 20. Jahrhundert
(Dieter Dümcke)
Inachin, Kyra T.
Parlamentarierinnen. Landespolitikerinnen in Mecklenburg und Pommern 1918 bis heute
(Anke John)
Diederich, Georg M.
Anpassung, Verfolgung, Widerstand. Katholische Kirche und Nationalsozialismus in Mecklenburg 1933-1939
(Gert Haendler)
Forschungsstelle für Zeitgeschichte (Hg.)
Hamburg im „Dritten Reich“
(Kurt Schilde)
Bernhardt, Rüdiger
„… geschehen ist der Götter Ratschluß“. Gerhart Hauptmanns Delphi lag auf Hiddensee. Der Dichter in der Zeit von 1933 bis 1945
(Kai Agthe)
Meinhof, Renate
Das Tagebuch der Maria Meinhof. April 1945 bis März 1946 in Pommern – Eine Spurensuche
Bonow, Fritz
Zu Hause fremd. Dorfleben in Hinterpommern 1945-1957
(Beatrice Vierneisel)
Leide, Henry
NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR
(Udo Scheer)
Domino-Film
DDR – Was war das? 7 Beiträge für den Unterricht mit Begleitmaterial
(Kerstin Engelhardt)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 10. Jg., 2006, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2006
Umfang: 144 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
Mit der neuen Ausgabe nimmt „Zeitgeschichte regional“ einmal mehr auf Jahrestage Bezug und dokumentiert dabei die Zeitlosigkeit von Diskursen und menschengemachten Konstellationen. Die dafür aufgesuchten historischen Orte sind die Hohen Schulen dieses Landes, seine Universitäten. Die Entwicklungswege beider – der Rostocker und der Greifswalder – Universitäten im heutigen Mecklenburg-Vorpommern weisen mehr als eine Gemeinsamkeit auf. Die Greifswalder Universität blickt in diesem Jahr auf eine 550jährige Geschichte zurück. Mehr unfreiwillig stand die einige Jahrzehnte ältere Universität Rostock bei der Entstehung der alma mater gryphiswaldensis Pate. Beiden Universitäten war bis ins 20. Jahrhundert gemeinsam, dass sie hinsichtlich ihrer Größe und ihrer Bedeutung die kleinsten universitären Forschungs- und Lehranstalten im Deutschen Reich waren. Das Stigma des „akademischen Sibirien“ fand offenbar für beide Hochschulen Anwendung. Juliane Deinert zitiert mit diesem Diktum in ihrem Aufsatz über die Rostocker Studentenschaft zwischen den Untergängen von Weimarer Republik und „Drittem Reich“ Helmut Heiber, der an anderer Stelle in seinem opus „Universität unterm Hakenkreuz“ auch Greifswald mit dem Etikett „akademisches Sibirien Preußens“ versah. Beide Einrichtungen erlebten mit ihrer Wiedereröffnung im Februar 1946 eine Neukonstituierung unter neuen politischen Vorzeichen, wesentlich beeinflusst durch den Zusammenbruch des Deutschen Reiches und die sowjetische Besetzung. Ob und wie weit der mit dieser Neukonstituierung begonnene – zunächst politisch inspirierte – Wandel den Charakter der Universitäten veränderte, versuchen Martin Handschuk für Rostock und Mathias Rautenberg für Greifswald zu beleuchten. Beider Aufmerksamkeit ruht auf Auseinandersetzungen, die – vordergründig um Entnazifizierung und Demokratisierung geführt – eine strukturelle Abkehr von der seit dem 19. Jahrhundert heraus gebildeten Universitätsverfassung einleiten sollten. Dass wir danach den Rahmen menschengemachter Geschichte nicht verlassen haben, zeigen die aktuellen Debatten über Entwicklungsvereinbarungen oder -vorgaben. Auch hier geht es – in veränderter Kräftekonstellation und mit neuen Beteiligungsspielräumen – um längerfristig wirkende Entscheidungen über Ressourceneinsatz und -verteilung. Interessant ist, dass sich im Ergebnis der aktuellen Debatten Spezialisierungs- und Konzentrationstendenzen von Fachbereichen abzuzeichnen scheinen, wie sie seit jener Wiedereröffnung mit vermeintlich revolutionärem Anspruch oktroiert worden waren. Das für die gesellschaftliche Perspektive entscheidende soziale Terrain an den Universitäten war bei den Studierenden zu gewinnen oder zu verlieren. René König für die Universität Rostock und Ingrid Miethe für die Universität Greifswald zeigen, dass die Entscheidungen im Sinne einer sich ausprägenden SED-Hochschulpolitik trotz der Etablierung von politischen „Brückenköpfen“ durchaus nicht ausgemacht waren. Gerade in den Studentenschaften der Universitäten traf die Radikalität der „Revolutionäre“ auf die Beharrlichkeit studentischer Resistenz, die in Teilen sicher antikommunisitsch motivierter Widerstand, in nicht geringem Umfang jedoch auch Reaktion auf Rücksichtslosigkeit und professionelles Unvermögen der neuen Administration waren. Mit seinem Beitrag über die Rückführung des Croy-Teppichs 1956 nach Greifswald beleuchtet Dirk Alvermann scheinbar nur eine Facette eines weiteren, des 500. Jahrestages der Gründung der Universität Greifswald. Neben der über das Symbolische hinausgehenden Bedeutung des Croy-Teppichs für das Selbstbewusstsein der Greifswalder Universitätsangehörigen offenbart der Text in einem kleinen Ausschnitt unerwartete, weil Klischees nicht unbedingt bedienende Eindrücke von Auseinandersetzungen um Traditionen und Rechte an nationalen Kultursymbolen unter den Bedingungen des Kalten Krieges. Im Anschluss an das Thema widmet sich Johann Peter Wurm einem für die evangelischen Kirchen schmerzhaften, weil für die in der Folge Betroffenen vielfach verhängnisvollen Thema: Kirchenbücher im Dienst der NS-Rassenpolitik. Hier werden die Mecklenburgische Sippenkanzlei als Vorbild für die Entstehung vergleichbarer Strukturen im gesamten Deutschen Reich und ihr Protagonist, der als Auf- und Absteiger Klischees nationalsozialistischer Funktionäre bedienende Pastor Edmund Albrecht beschrieben. Eleonore Wolf skizziert einen wichtigen, in vieler Hinsicht den wichtigsten Aspekt des Alltags der Neubrandenburger Nachkriegsgesellschaft, die Sicherung der Ernährung in einer verwüsteten Region. Mit seinem Aufsatz über „vier Leben eines Dampfschleppers“, der Gegenstand eines Verfahrens zur Vermögensrückübertragung in der vereinigten Bundesrepublik wurde, führt uns Peter Danker-Carstensen fast an die Gegen wart heran. Der Dampfer begann kein fünftes Leben, sondern blieb, was er seit nahezu drei Jahrzehnten war, ein Museumsexponat, verdankt allerdings nicht zuletzt dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, dass jene „Leben“ nun nachvollziehbar geworden sind. Der versöhnliche Abschluss der Aufsatzsammlung wird konterkariert durch die auszugsweise Wiedergabe von Berichten von bzw. über Menschen, die ärztlicher und juristischer Anmaßung, scheinbar legitimiert durch ein „Erbgesundheitsgesetz“, oder eine Hitlersche Verfügung zur „Euthanasie“, zum Opfer gefallen sind. Auch dieses Heft wird durch Berichte über Projektarbeit in Mecklenburg-Vorpommern und natürlich Literaturbesprechungen abgerundet. Mit der Lektüre hoffen wir, Sie auf die nächsten Ausgaben neugierig gemacht oder, mehr noch, interessiert zu haben, sich mit einem eigenen Beitrag zu beteiligen. Das zweite Heft des Jahrgangs 2006 wird Architektur- und Siedlungspolitik auf dem Gebiet Mecklenburg-Vorpommerns im 20. Jahrhundert in den Mittelpunkt stellen. Die beiden Ausgaben des Jahres 2007 sollen sich mit Kunstpolitik und Militärpolitik in gleicher zeitlicher und räumlicher Konstellation befassen. Damit wäre dann der zehnte Jahrgang von „Zeitgeschichte regional“ eingeläutet. Dass Sie uns als Leser, Kritiker, Autoren auf diesem Weg weiter begleiten werden, hofft
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Juliane Deinert
Die Rostocker Studentenschaft im „Dritten Reich“
Martin Handschuck
Zwischen Erneuerung und Reglementierung. Zur Wiedereröffnung der Universität Rostock 1945/46
Rene König
Die Studentenschaft der Universität Rostock von 1945/46 bis 1952. Entwicklung nach Plan?
Mathias Rautenberg
Universitätsangehörige zwischen Erneuerung, Beharrungsstreben und Anpassungsdruck – einige Aspekte der Entnazifizierung am Beispiel der Greifswalder Universität
Ingrid Miethe
Vorstudienabteilungen und Arbeiter-und-Bauern-Fakultäten (ABF) als „Brückenköpfe“ der SED-Hochschulpolitik? Das Beispiel der Studentenratswahlen an der Universität Greifswald (1946-1951)
Dirk Alvermann
Deutsche Beutekunst im Kalten Krieg. Die Rückführung des Croy-Teppichs nach Greifswald 1951-1956
A u f s ä t z e
Johann Peter Wurm
Kirchenbücher im Dienst der NS-Rassenpolitik. Pastor Edmund Albrecht und die Mecklenburgische Sippenkanzlei
Eleonore Wolf
Lebensmittelrationierung und Markensystem nach 1945 in Neubrandenburg
Peter Danker-Carstensen
Die vier Leben eines Dampfschleppers. Was ein Entschädigungsverfahren zur Erhellung der ostdeutschen Schifffahrtsgeschichte beitragen kann
D o k u m e n t e
Erwin Walraph
Gedanken und Meinungen von Menschen aus Vorpommern, denen während des Nationalsozialismus unbeschreibliches persönliches Leid zugefügt wurde
Michael Buddrus
Ausländische Arbeitskräfte in Mecklenburg 1943/44. Zahlen, Orte, Firmen. Eine kommentierte Dokumentation
Christoph Wunnicke
Der 13. Dezember 1981 in Cüstrow. Ein Bischof, Polen und wenig Öffentlichkeit
L e b e n s e r i n n e r u n g e n
Gert Haendler
Erinnerungen an das Theologiestudium in Greifswald 1946-1950
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Andreas Wagner
Ausstellungseröffnung in der Jugendbildungsstätte Alte Synagoge Röbel
Heidi Vormann
„Modell-Synagogen“ in der Alten Synagoge in Röbel – Notizen zum Synagogenbau in Mecklenburg
Falk Bersch
Vergessene Opfer? Veranstaltungen zur Verfolgung der Zeugen Jehovas in zwei Diktaturen
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Christine Kindt
Von Magazinen, Internetseiten, Konferenzen – Projektarbeit an Schweriner Gymnasien
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Andreas Röpcke
Luftschutzmaßnahmen im Schweriner Archiv und die Folgen
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Gesellschaft für Schulgeschichte Mecklenburgs und Vorpommerns e.V. (Hg.)
Zur Schulentwicklung im Lande Ratzeburg
(Henrik Bispinck)
Wilhelmus, Wolfgang
Geschichte der Juden in Pommern
(Christfried Böttrich)
Dagan, Batsheva
Gesegnet sei die Phantasie – verflucht sei sie! Erinnerungen an „Dort“
(Florian Ostrop)
KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hg.)
Die Ausstellungen
(Andreas Wagner)
Garbe, Detlef/Lange, Carmen (Hg.)
Häftlinge zwischen Vernichtung und Befreiung. Die Auflösung des KZ Neuengamme und seiner Außenlager durch die SS im Frühjahr 1945
(Andreas Wagner)
Häntzschel, Hiltrud und Günter (Hg.)
„Ich werde eine Romanfigur“
(Kai Agthe)
Köhler, Siegfried
Die Staatssicherheit und der Fährverkehr über die Ostsee
(Kai Agthe)
Langguth, Gerd
Angela Merkel
Müller-Vogg, Hugo
Angela Merkel. Mein Weg
Krauß; Matthias
Das Mädchen für alles. Angela Merkel – ein Annäherungsversuch
(Christoph Wunnicke)
Winter, Friedrich
„Weiß ich den Weg auch nicht…“ Das Leben der Vikarin Annemarie Winter (1912-1945)
(Irmfried Garbe)
N a c h r u f
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 09. Jg., 2005, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2005
Umfang: 149 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
In der letzten Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ standen im Zusammenhang mit dem Thema „60. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus“ Themen zur Geschichte des Naziregimes im Vordergrund. In diesem Heft sollen die Entwicklungen der unmittelbaren Nachkriegszeit in Mecklenburg und Vorpommern exemplarisch betrachtet werden. Das Gebiet des heutigen Bundeslandes wurde Bestandteil der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und damit eines der wirtschaftlichen und politischen Ausgangsterritorien der künftigen DDR, die sich im Oktober 1949 konstituierte. Die politischen Voraussetzungen für diese Entwicklungen wurden durch die Besatzungsmacht der Sowjetunion geschaffen. Ebenso, wie im Westen die politische und wirtschaftliche Entwicklung der künftigen Bundesrepublik Deutschland von den westlichen Besatzungsmächten bestimmt wurde, diktierte die UdSSR ihre Vorstellungen über die Zukunft des verbliebenen östlichen Teils Deutschlands. Selbstverständlich gab es bezüglich der geplanten gesellschaftlichen Entwicklung in Ost und West viele Illusionen und Hoffnungen. Schon unmittelbar nach der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde Deutschlands in Berlin-Karlshorst äußerte der deutsche General Jodl: „Mit dieser Unterschrift sind das deutsche Volk und die deutschen Streitkräfte auf Gedeih und Verderb der Hand des Siegers ausgeliefert [...]. Ich kann in dieser Stunde nur die Hoffnung ausdrücken, dass die Sieger sie mit Großmut behandeln werden.“ Der Psychiater und Philosoph sowie Begründer des deutschen Existentialismus Carl Jaspers schrieb: „Dass wir am Leben sind, soll einen Sinn haben. Vor dem Nichts raffen wir uns auf.“ Er wies mit dieser Aussage darauf hin, dass es auch nach den unglaublichen Verbrechen der Nazis und den Folgen des Krieges durchaus lohnenswert sein könnte, sich den Aufgaben der friedlichen Gestaltung seiner künftigen Lebensumwelt zu widmen, auch wenn sich die übergroße Mehrheit des deutschen Volkes in den Jahren des nationalsozialistischen Regimes falsch orientiert hatte. Es musste einen Sinn ergeben, dass die siegreichen Gegner dem deutschen Volk die Chance für einen Neubeginn ihres Denkens und Handels geben wollten. Theodor Heuss brachte die Ambivalenz der historischen Situation auf die Formel: „Wir sind erlöst und vernichtet in einem gewesen.“ Zweifellos traf er mit dieser Aussage auf die Gefühlswelt sehr vieler Deutscher. Das Zentralkomitee der KPD formulierte in ihrem Aufruf vom 11. Juni 1945: „Unsere Städte sind zerstört, weite und ehemals fruchtbare Gebiete verwüstet und verlassen. Die Wirtschaft ist desorganisiert und völlig gelähmt. Millionen und aber Millionen Menschenopfer hat der Krieg verschlungen, den das Hitlerregime verschuldete. Millionen wurden in tiefste Not und größtes Elend gestoßen […]. Die Schuld und Verantwortung tragen die gewissenlosen Abenteurer und Verbrecher, die die Schuld am Kriege tragen. Es sind die Hitler und Göring, Himmler und Goebbels, die aktiven Anhänger und Helfer der Nazipartei.“ Im Potsdamer Abkommen hieß es letztendlich: „Das deutsche Volk muss überzeugt werden [...], dass es sich nicht der Verantwortung entziehen kann für das, was es selbst dadurch auf sich geladen hat, dass seine eigene mitleidlose Kriegsführung und der fanatische Widerstand der Nazis die deutsche Wirtschaft zerstört und Chaos und Elend unvermeidlich gemacht haben.“ Die aktuelle Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ will versuchen, die Kompliziertheit der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Nachkriegsentwicklung in Mecklenburg und Vorpommern zu erfassen. So analysiert Dirk Schleinert die Geschichte des Kreises Usedom-Wollin von Mai bis Oktober 1945. Ihm gelingt dabei ein bemerkenswerter Einblick in bisher verborgene Bereiche der Regionalgeschichte. Arne Pfau widmet sich der Entwicklung der Psychiatrie in der SBZ und der DDR unter besonderer Berücksichtigung der Bedingungen in Mecklenburg und Vorpommern. Über die wirtschaftlichen Probleme des Helfens in einer schier ausweglosen Situation berichtet Friedrich Bartels in seinem Beitrag über die Züssower Diakonieanstalten. Eleonore Wolf gelingt es mit ihrem Aufsatz „Trümmerfrauen schufen die Grundlage für den Wiederaufbau der Stadt“, wichtige Aspekte des Lebens nach dem Zusammenbruch zu betrachten. Zweifellos ist der Beitrag von Martin Holz über die sudetendeutschen Flüchtlinge für die frühe wirtschaftliche Entwicklung der Insel Rügen nach dem Zweiten Weltkrieg ein bemerkenswerter Einblick in die Gestaltung des Wirtschaftslebens im Nordosten der Sowjetischen Besatzungszone. Der Aspekt der wirtschaftlichen und sozialen Integration der deutsch stämmigen Flüchtlinge nach 1945 gehört ohnehin zu den Desideraten historischer Forschung. Den schwierigen Problemen der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in der Pommerschen Evangelischen Kirche während der ersten Nachkriegsjahre wendet sich Friedrich Winter zu. Nochmals der Geschichte Neubrandenburgs widmet sich Rainer Szczesiak in seinem Aufsatz über die Rolle der Stadt als mecklenburgischer Militär- und Rüstungsstandort. Weiterhin spielt in diesem Heft die konkrete Bedeutung zeitgeschichtlich relevanter Quellen archäologischen und fotografischen Ursprungs eine Rolle. Die quellenkritische Analyse scheint diesbezüglich besonders wichtig. Die Redaktion wünscht sich auch für diese Ausgabe streitbare Resonanz aus der Leserschaft und würde sich besonders freuen über engagierte individuelle Werbung für die Zeitschrift. Wie auch der Verlag im Kontakt mit Kunden bei Büchertischen, Messen und Werbeveranstaltungen bemerkt, ist „Zeitgeschichte regional“ insbesondere bei Geschichtslehrern im Lande auch fast zehn Jahre nach Gründung unserer Zeitschrift noch nicht flächendeckend bekannt. Oft kann nur die Werbung unserer Leser helfen, diese Lücke zu schließen. Seien Sie uns also nicht nur gewogen durch Ihre Aktivität als Leser und Autor, sondern auch als „Vertreter” für „Zeitgeschichte regional“. Wir denken dabei auch daran, über diesen Weg Ideen und Themen für die Zukunft zu gewinnen. Und was ist interessanter, als Fragen an die Vergangenheit zu stellen?
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Dirk Schleinert
Der Kreis Usedom-Wollin von Maibis Oktober 1945 und sein erster Nachkriegslandrat
Arne Pfau
Die Entwicklung der Psychiatrie in der SBZ/DDR, insbesondere im Land Mecklenburg-Vorpommern nach 1945
Friedrich BarteIs
„Es fehlt an allem…“ – der Beginn der Züssower Diakonieanstalten im Herbst 1945
Martin Holz
„Die Sudetendeutschen, die konnten aus nichts alles machen.“ Die Gründung der Rügener Flachsindustrie in Lauterbach durch vertriebene Sudetendeutsche im Jahre 1947
Friedrich Winter
Zur „Entnazifizierung“ in der Pommerschen Evangelischen Kirche (1945-1948). Bericht über drei Jahre Auseinandersetzung mit der Vergangenheit
Eleonore Wolf
Trümmerfrauen schufen die Grundlage für den Wiederaufbau der Stadt
A u f s ä t z e
Rainer Szczesiak
Neubrandenburg zur Zeit des „Dritten Reiches“. Ein Militär- und Rüstungsstandort in Mecklenburg
Sven Müller
Der nicht geleistete Eid des Rostocker Griechisch-Professors Kurt von Fritz auf Adolf Hitler – „preußisch-starre Haltung“ oder staatsbürgerliche Verantwortung von Wissenschaft?
Martin Albrecht
Der Leitturm des Fliegerhorstes Barth. Zur Archäologie und Geschichte eines vergessenen Ortes
Kathrin Becker
Regionalperspektive. Die Verwendung von Fotografien in den „Mecklenburgischen Monatsheften“ (1925-1943)
D a s D o k u m e n t
Irmfried Garbe
Deportiert aus Pommern nach Piaski. Mitteilungen aus den Briefen der Anklamerin Anna Grüneberg
L e b e n s e r i n n e r u n g e n
Horst Beintker
Mein Kriegsende 1945 in Mecklenburg-Vorpornmern und der Neuanfang danach
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Frank Flemming
Notiz zum 5. Greifswalder Zeitgeschichtlichen Kolloquium am 12. Mai 2005 im Landesarchiv Greifswald
Andreas Wagner
Zehn Jahre Geschichtswerkstatt Rostock e.V.
Heike Müller
Johan Viktor Bausch – aus einem Schicksal wurde Engagement
Andreas Wagner
„12 von 750 Jahren“. Ausstellung zur NS-Geschichte der vorpommerschen Stadt Barth eröffnet
AndreasWagner
Drittes Häftlingstreffen in Bützow vom 14. bis 16. September 2005. Formen des Erinnerns in Familie und Gesellschaft
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Michael Thoß
Der Schülerwettbewerb „Greifswald im Nationalsozialismus“ – eine Bilanz
Andreas Wagner
„Ja, so fing unsere neue Heimat an…“ Auf Spurensuche zur Geschichte der Umsiedlerlager im Landkreis Güstrow
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
May Hempel
Das Mecklenburgisch-Vorpommersche Gewerbe- und Wirtschaftsarchiv
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Röpcke, Andreas (Hg.)
Die Bestände des Landeshauptarchivs Schwerin. Nichtstaatliches Archivgut und Sammlungen
(Wolf Karge)
Wulfert, Martin
Bad Sülze. Eine Chronik in Bildern (I und II)
(Wolf Karge)
Blechle, Irene
„Entdecker“ der Hochschulpädagogik – die Universitätsreformer Ernst Bernheim (1850-1942) und Hans Schmidkunz (1863-1934)
(Kyra T. Inachin)
Niemann, Mario
Ländliches Leben in Mecklenburg in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
(Klaus-J. Lorenzen-Schmidt)
Schnatz, Helmut
Der Luftangriff auf Swinemünde. Dokumentation einer Tragödie
(Andreas Wagner)
Jahnke, Karl Heinz
Endpunkt KZ Auschwitz. Frühere Angehörige der Universität Rostock
(Nadine Centner)
Jortzik, André
Nacht über St. Marien. Wismar 1945. Mit Bildchronik und Augenzeugenberichten
(Florian Ostrop)
Jochims-Bozic, Sigrun
„Lübeck ist nur eine kurze Station auf dem jüdischen Weg.“ Jüdisches Leben in Schleswig-Holstein 1945-1950
(Kurt Schilde)
Fischer, Bernd Erhard
Wolfgang Koeppen in Greifswald
(Kai Agthe)
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 09. Jg., 2005, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2005
Umfang: 129 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die deutschen Medien nicht müde, den Krieg und dessen Folgen für die Welt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu analysieren. Politiker aller Parteien gaben Statements zu diesem wichtigen historischen Jahrestag ab. Bundeskanzler Gerhard Schröder formulierte in einem Grußwort für die Sonderbeilage der Mittelbayerischen Zeitung zum 60. Jahrestag des Kriegsendes: „Wir tragen Verantwortung vor unserer Geschichte und für unsere Geschichte. Nur wer sich erinnert und sich der Vergangenheit stellt, auch wenn er keine persönliche Schuld auf sich geladen hat, kann verantwortungsvoll mit der eigenen Geschichte umgehen.“ Wenngleich der politische Tenor der einzelnen Reden und Bekundungen der demokratischen Parteien auch heute noch sehr unterschiedlich ausfällt, werden Annäherungen in der Bewertung der Niederschlagung des Nationalsozialismus durch die Alliierten deutlich. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, bezeichnete den Sieg der Alliierten über Hitler-Deutschland als einen „Sieg der Freiheit und der Menschlichkeit“. Unter Hinweis auf die unterschiedliche gesellschaftspolitische Entwicklung in Ost- und Westeuropa sowie den 40 Jahre anhaltenden Kalten Krieg könne man nunmehr dieses Datum auch als „Tag der Kapitulation und der Befreiung“ sowie als „Tag für die Demokratie“ begehen. Zweifellos müssen sich die Deutschen in Ost und West zu ihrer gemeinsamen und getrennten Geschichte bekennen. Dazu ist auch die schonungslose Erforschung und Darstellung der im deutschen Namen begangenen Verbrechen des Nazi-Regimes am eigenen Volk und an anderen Völkern erforderlich. Gleichermaßen müssen wir aber viel mehr wissen über die komplizierten Mechanismen der Etablierung und Sicherung der Macht der Nationalsozialisten in den Unternehmen, auf lokaler und regionaler Ebene. Diesbezüglich besteht nach wie vor ein weites Betätigungsfeld für die akademische historische Forschung und zahlreiche Geschichtsinitiativen von Laien. Von vielen Menschen wird aber auch heute Wachsamkeit eingefordert, wenn die Naziherrschaft verharmlost, relativiert oder schöngeredet wird. Dies gilt auch für die unterschiedliche Bewertung, Einordnung und Verurteilung des Nationalsozialismus sowie für den Umgang mit den Eliten dieses Regimes in beiden deutschen Staaten. Neue Forschungsergebnisse, neu aufgefundene Dokumente, Interviews mit Zeitzeugen und politischen Aktivisten wurden anläßlich des öffentlichen Gedenkens an das Ende des Krieges einer breiteren Öffentlichkeit bewußter. Allein diese Tatsache rechtfertigt die gesellschaftlichen Aktivitäten zu Jubiläen. Allzu oft würde die notwendige Erinnerung an die Geschichte sonst Opfer der politischen und sozialen Entwicklungen der Gegenwart, der Schnellebigkeit unserer Zeit. In diesem Gedenkjahr ist eine Gesamtschau des Geschriebenen und Gesendeten nur schwer möglich; aber es dürfte insgesamt ein umfassendes und auch differenziertes Bild der historischen Ereignisse dieses Krieges und der sich daraus veränderten Welt entworfen worden sein. Kaum aber gingen Autoren und Regisseure auf konkrete regionale Aspekte ein, schon gar nicht auf die Entwicklungen abseits der großen Ballungszentren. Dieses Heft will einige weitere Bausteine zur Geschichte des Nationalsozialismus und des Kriegsendes in Mecklenburg und Vorpommern hinzufügen. So berichtet Eleonore Wolf über die letzten Kriegstage in Neubrandenburg, einer Stadt im verschlafenen ehemaligen Mecklenburg-Strelitz – die Realität des Krieges packte nun mit aller Härte auch hier zu. Der Historiker und Museologe Wolf Karge schreibt über die Kriegs- und Nachkriegsverluste von Kulturgut aus den Museen Mecklenburgs und Vorpommerns. Das Schicksal von NS-Tätern in Westmecklenburg nach 1945 stellt Bernd Kasten dar. Betrachtungen zum 60. Jahrestag der Befreiung des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück im Jahre 2005 liefern Wolfgang Jacobeit und Wolfgang Stegemann. In einem Aufsatz widmet sich Bernhard Scholz der Rolle der Zeugen Jehovas in KZ-Außenkommandos in Vorpommern. Mit diesem Beitrag wird ein weiteres wichtiges Forschungsergebnis zur Geschichte dieser Glaubensgemeinschaft in „Zeitgeschichte regional“ veröffentlicht. Susanna Misgajski stellt das Ausstellungsprojekt „Prora – mehr als nur ein schöner Strand 1933-1945“ vor. Auch das aktuelle Interview widmet sich unmittelbar der Problematik: Professorin Annelise Pflugbeil sprach mit Irmfried Garbe über das Kriegsende und die Entwicklung der Kirchenmusik in dieser Zeit. Auch in diesem Heft widmen sich Autoren wieder der Nachkriegsentwicklung in Mecklenburg und Vorpommern. So meldet sich Christoph Wunnicke in der Rubrik „Diskussion“ zu den Auswirkungen des Kalten Krieges in Mecklenburg mit Ausführungen über den Tod des Arthur D. Nicholson in Techentin zu Wort. Kai Steffen Völkers Aufsatz untersucht die Konstitution der Landeskirche in Vorpommern auf der Grundlage der Entstehung der Pommerschen Kirchenordnung von 1950. Für die aktiv Forschenden dürften die Archivmitteilungen in diesem Heft wieder von besonderem Wert sein. Ein Beitrag informiert über die Bestände des Stadtarchivs der Hansestadt Stralsund, ein zweiter über das Kreisarchiv Nordwestmecklenburg und ein letzter über die Online-Archivlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns. Insgesamt hofft die Redaktion erneut, daß das vorliegende Heft Anregung zur Diskussion, zum Mitmachen oder einfach nur interessante Lektüre ist.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Eleonore Wolf
Das Kriegsende 1945 in Neubrandenburg
Wolf Karge
Kriegs- und Nachkriegsverluste von Kulturgut aus Museen Mecklenburgs und Vorpommerns
Martin Holz
Die doppelte Flucht. Ein Spezifikum des Kriegsendes 1945 am Beispiel Vorpommern
Hans-Joachim Deppe
Der letzte Flug. Geschichten und Legenden um die Ernennung des letzten Oberbefehlshabers der deutschen Luftwaffe im April 1945
Bernd Kasten
NS-Täter in Westmecklenburg und ihr Schicksal nach 1945
Wolfgang Jacobeit/Wolfgang Stegemann
Betrachtungen zum 60. Jahrestag der Befreiung des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück 2005
A u f s ä t z e
Bernhard Scholz
Zeugen Jehovas in KZ-Außenkommandos in Vorpommern
Kai Steffen Völker
Konstitution einer Landeskirche: Zur Entstehung der Pommerschen Kirchenordnung von 1950
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e n
Christian Schwießelmann
Sozialpolitiker und Unternehmer aus christlicher Verantwortung – Zum politischen Wirken Fritz Dettmanns in Mecklenburg
Friedrich Bartels
Einer mit dem großen Namen „Bruder“. Zum Gedenken an Friedrich (Fritz) Onnasch (1911-1945)
D i s k u s i o n
Christoph Wunnicke
Kalter Krieg in Mecklenburg. Der Tod des Arthur D. Nicholson in Techentin
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Susanna Misgajski
DasAusstellungsprojekt „Prora – mehr als nur ein schöner Strand 1933-1946“. Eine Kooperation zwischen dem Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium in Bergen und dem Prora-Zentrum e.V.
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Hans-Joachim Hacker
Die Bestände des Stadtarchivs der Hansestadt Stralsund
Gabriele Arndt
Das Kreisarchiv Nordwestmecklenburg
Matthias Manke
Archivlandschaft online
I n t e r v i e w
„Laß dir nicht grauen und entsetze dich nicht…“ Kriegsende und Wiederaufbau 1945 aus dem Geist der Kirchenmusik. Interview mit Prof. Annelise Pflugbeil am 18. März 2005
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Frank, Rahel,
„Realer – exakter – präziser“? Die DDR-Kirchenpolitik gegenüber der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs von 1971 bis 1989
(Irmfried Garbe)
Werz, Nikolaus/Nuthmann, Reinhard (Hg.),
Abwanderung und Migration in Mecklenburg und Vorpommern
(Markus Heckmann)
Johanek, Peter/Post, Franz-Joseph (Hg.),
Städtebuch Hinterpommern
(Martin Holz)
Brunner, Detlev (Hg.),
Inventar der Befehle der Sowjetischen Militäradministration Mecklenburg(-Vorpommem) 1945-1949 Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern unter sowjetischer Besatzung 1945 bis 1949
(Natalja Jeske)
Inachin, KyraT.,
Durchbruch zur demokratischen Moderne – Die Landtage von Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz und Pommern während der Weimarer Republik
(Bernd Kasten)
Nehring, Dietwart,
Vom Hakenkreuz zu Hammer, Zirkel, Ährenkranz. Stationen meines Lebens
(Florian Ostrop)
Kempowski-Archiv Rostock. Ein bürgerliches Haus e.V. (Hg.),
Die Spatien. Texte und Bilder aus dem Kempowski-Archiv Rostock, H.2
(Alexander Schacht)
Peters, Jan-Henrik,
Verfolgt und Vergessen. Homosexuelle in Mecklenburg und Vorpommern im Dritten Reich
(Alexander Schacht)
Schmidt-Pohl, Jürgen,
Christlich-Demokratische Union Deutschlands. Sichtbare und geheime Parteitransformation der CDUD in der SBZ und Mitverantwortungs-Diktatur DDR. Von der „kleinbürgerlich-demokratischen
Blockpartei“ der SBZ zum mitverantwortlichen Bündnispartner in der zweiten deutschen Diktatur
(Christian Schwießelmann)
Kaven, Ewald,
„Denn einmal kommt der Tag, dann sind wir frei…“ DDR-Strafvollzug in Bützow-Dreibergen
(Andreas Wagner)
Zwangsarbeit und Gesellschaft. Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, H. 8
(Andreas Wagner)
Engombe, Lucia,
Kind Nr. 95. Meine deutsch-afrikanische Odyssee
Rüchel, Uta,
„Wir hatten noch nie einen Schwarzen gesehen“. Das Zusammenleben von Deutschen und Namibiern rund um das SWAPO-Kinderheim in Bellin 1979-1990
(Christoph Wunnicke)
Links, Christoph/Nitsche, Sybille/Taffelt, Antje,
Das wunderbare Jahr der Anarchie. Von der Kraft des zivilen Ungehorsams 1989/90
(Christoph Wunnicke)
Schöne, Jens,
Frühling auf dem Lande. Die Kollektivierung der Landwirtschaft
(Christoph Wunnicke)
N a c h r u f
Wolfgang Severin-Iben
Die Arbeit ist getan – ein Engel unterwegs in neuen aufgetanen Welten. Ein Nachruf auf Hiltgunt Zassenhaus
N e u e r s c h e i n u n g e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 08. Jg., 2004, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2004
Umfang: 105 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
Zum ersten Mal seit langem erscheint diese Ausgabe von Zeitgeschichte regional wieder ohne ein besonderes zeithistorisches Schwerpunktthema. Zu dem ursprünglich geplanten Thema „Migration“ ging allein der Beitrag von Matthias Manke zur Ausweisung der Gutsbesitzer in Mecklenburg-Vorpommern nach der Bodenreform im Herbst 1945 ein. Erstmals wird hier die Vertreibung dieser die Landesgeschichte über Jahrhunderte prägenden Personengruppe im Detail untersucht. Die anderen Aufsätze decken wie immer ein weites Themenfeld ab. Falk Bersch berichtet über die eindrucksvolle Widerstandsaktion der Zeugen Jehovas, die sich am 7. Oktober 1934 auch in Mecklenburg in vielen Städten versammelten und mit Briefen an die Reichsregierung gegen die Verfolgung ihrer Religionsgemeinschaft protestierten. Mehr als 70 Beteiligte wurden verhaftet. Da die Zeugen Jehovas dem staatlichen Machtanspruch trotzdem hartnäckig widerstanden, gingen Gestapo und Gerichte schließlich mit immer größerer Härte gegen sie vor. Beatrice Vierneisel schildert an Hand der Auseinandersetzungen zwischen dem Stralsunder Maler Manfred Kastner und dem Bezirksverband Bildender Künstler Rostock in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts den Umgang von Staat und Verbandsfunktionären mit schwierigen, künstlerisch und politisch eher unbequemen Künstlern. Auch bei Michael Heinz stehen die 1970er Jahre im Mittelpunkt seiner Darstellung. Er beleuchtet die ambitionierten Bemühungen zur Industrialisierung der Landwirtschaft am Beispiel des Kreises Bad Doberan. Obwohl dieser Prozess unter den Bedingungen der Planwirtschaft mit erheblichen Problemen behaftet war, die der Autor kenntnisreich und detailliert schildert, waren die entstehenden Großbetriebe doch der artig zukunftsfähig, daß sie auch heute noch die Landwirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns dominieren. Das Dokument führt dann wieder zurück in die Zeit des Nationalsozialismus. Bernd Kasten kommentiert einen anonymen Brief an den mecklenburgischen Gauleiter Hildebrandt als authentische Reaktion aus der Bevölkerung auf das Novemberpogrom 1938. Die biographische Skizze führt aus dem Bereich der Zeitgeschichte hinaus in das 19. Jahrhundert, beschreibt aber mit dem Lebenslauf von Helene von Bülow, der Gründerin des „Stiftes Bethlehem“ in Ludwigslust, zugleich auch die Traditionen des heute noch bestehenden Krankenhauses und die Anfänge der Diakonie-Bewegung in Mecklenburg. In der Rubrik „Lebenserinnerungen“ schildert Wilfried Seiring seine Flucht von Greifswald nach Westberlin, nachdem er wegen seiner Unterstützung der ungarischen Reformer 1957 von der Universität Greifswald relegiert worden war. Die fünfziger Jahre standen auch im Rahmen der regionalen Geschichtsarbeit im Mittelpunkt eines Schülerprojektes zu den staatlichen Unterdrückungsmaßnahmen an der Schweriner Goetheschule, das mit einer preisgekrönten Ausstellung abgeschlossen wurde. Andere Projekte der regionalen Geschichtsarbeit befaßten sich mit dem zweiten Häftlingstreffen in Bützow, der Nachweisbeschaffung für ehemalige NS-Zwangsarbeiter durch die Archive des Landes und der Wanderausstellung zu „Zwangsarbeit im Ostseeraum 1939-1945“. Vorbildlich und beispielgebend ist in diesem Zusammenhang auch die Ausstellung der nordelbischen evangelischen Kirche zu „Luthertum, Antisemitismus und Nationalsozialismus“ zu nennen. Für Mecklenburg und Vorpommern wäre ein ähnliches Projekt über die Kirche im Dritten Reich sehr wünschenswert. Wie gewohnt schließt ein umfangreicher Informationsteil das Heft ab. Wir haben uns entschlossen, unserer Leserschaft bereits längerfristig die Schwerpunktthemen der nächsten Hefte anzukündigen, um potentielle Autoren zu ermuntern, ihre Beiträge an die Redaktion zu senden. Zeitgeschichte regional lebt von der Mitarbeit der Leserschaft! Die nächsten Schwerpunktthemen lauten: Heft 1/ 2005: Das Kriegsende 1945 Heft 2/ 2005: Essen, Trinken, Kleidung – Zur Geschichte des Alltags. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre des thematisch sehr breit angelegten Heftes und würden uns über Kritiken, Hinweise und natürlich zahlreiche Leserinnen und Leser sehr freuen.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
A u f s ä t z e
Falk Bersch
Protestaktionen der Zeugen Jehovas vor 70 Jahren – Der 7. Oktober 1934 in Mecklenburg
Matthias Manke
Die Exmittierung der Familien. Das Schicksal der Gutsbesitzer in Mecklenburg-Vorpommern nach der Bodenreform im Herbst 1945
Beatrice Vierneisel
Der Stralsunder Maler Manfred Kastner und der Bezirksverband Bildender Künstler Rostock in den siebziger Jahren
Michael Heinz
Im Zeichen der Industrialisierung – Landwirtschaftliche Entwicklung im Kreis Bad Doberan in den
1970er Jahren
D a s D o k u m e n t
Bernd Kasten
„Aufgeblasener Knecht!“ – Ein anonymes Schreiben an den Gauleiter Hildebrandt vom 11. November 1938
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Manfred Berger
Helene von Bülow (1816-1890) – Leben und Wirken der Stifterin und ersten Oberin des Diakonissenmutterhauses „Stift Bethlehem“ in Ludwigslust
L e b e n s e r i n n e r u n g e n
Wilfried Seiring
Mein einsamster Geburtstag oder die Wende meines Lebens. Hintergründe und Folgen der Flucht eines Studenten aus Greifswald
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Anna-Maria Lemcke und Ramona Ramsenthaler
„Tatort Goethe-Schule“ – Die Geschichte der Schweriner Goethe-Oberschule in den Jahren 1949 bis 1953
Andreas Wagner
Vergangenheitsaufarbeitung als Gegenwartsaufgabe – Zweites Häftlingstreffen in Bützow
Alexander Rehwaldt
Projekt „Nachweisbeschaffung für ehemalige NS-Zwangsarbeiter“ abgeschlossen
Reno Stutz
„Zwangsarbeit im Ostseeraum 1939-1945″ – eine Wanderausstellung von Schülern für Schüler
Karl Naujoks
Befreier waren auch Besatzer – Uecker-Randow-Geschichtsverein legte erste Publikation vor
A u s a n d e r e n B u n d e s l ä n d e r n
Stephan Linck
Luthertum, Antisemitismus und der Nationalsozialismus. Rückblick auf ein Ausstellungsprojekt der
Nordelbisehen Evangelisch-Lutherischen Kirche
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Schlenker, Katja
Das unbequeme Erbe: Mecklenburgische Gutsanlagen und Herrenhäuser seit 1945
(Chritiane Heyn)
Rosenkötter, Bernhard
Die „Haupttreuhandstelle Ost“ und der Raub polnischen Vermögens 1939-1945
Dingell, Jeanne
Zur Tätigkeit der Haupttreuhandstelle Ost, Haupttreuhandstelle Posen 1939 bis 1945
(Kurt Schilde)
Bosinski, Ilse
Bitter oder Süß? Erinnerungen aus acht Jahrzehnten
(Rainer Paarsch-Beeck)
Friedenberger, Martin/Gössel, Klaus-Dieter/Schhönknecht, Eberhard (Hrg.)
Die Reichsfinanzverwaltung im Nationalsozialismus
(Andreas Wagner)
Weber, Hermann/Herbst, Andreas
Deutsche Kommunisten – Biographisches Handbuch 1918 bis 1945
(Klaus Schwabe)
Kempowski-Archiv Rostock. Ein bürgerliches Haus e.V. (Hrg.)
Die Spatien. Texte und Bilder aus dem Kempowski-Archiv Rostock, Heft 1
(Alexander Schacht)
Findeis, Hagen/Pollack, Detlef (Hrg.)
Selbstbewahrung oder Selbstverlust. Bischöfe und Repräsentanten der evangelischen Kirchen in der DDR über ihr Leben. 17 Interviews
(Irmfried Garbe)
N a c h r u f
Kipar, Bärbel
Gustave Vandepitte (1924-2004)
T e r m i n e
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 08. Jg., 2004, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2004
Umfang: 141 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
Es brauchte lange, bis wir Ihnen nun diese Ausgabe von Zeitgeschichte regional – umfänglicher als üblich – vorlegen konnten. Inzwischen ist der Sommer des Jahres 2004 Vergangenheit, in dem an vielen Orten Deutschlands und in unterscheidlichen Formen an die „Männer des 20. Juli“ 1944 erinnert wurde. Keine Frage, der Zweite Weltkrieg und damit im Zusammen hang die nationalsozialistische Herrschaft sind wegen der Folgen und ihrer bis heute spürbaren Präsenz aus dem öffentlichen und privaten Bewußtsein der Deutschen nicht wegzudenken. Gleichwohl ist dadurch eine historische Erfahrungsschicht überlagert, die wahrzunehmen für das Verständnis des vergangenen Jahrhunderts unverzichtbar ist. Vor 90 Jahren, im Sommer des Jahres 1914, nahm mit dem Beginn eines Krieges zwischen den Mächten der Entente um die Republik Frankreich, das Britische Empire und das Russische Zarenreich auf der einen und den sogenannten Mittelmächten um das Deutsche Kaiserreich und die K. u. K.-Monarchie Österreich-Ungarn auf der anderen Seite eine Entwicklung ihren Anfang, die sich zu einem Weltkrieg und in die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ auswachsen sollte. Das Unvermögen, die der Potenz menschlichen Handelns innewohnende Gefährlichkeit in ihrer Wechselwirkung zu erkennen und adäquat zu berücksichtigen, brachte angesichts der quantitativ und qualitativ potenzierten technischen Fähigkeiten und Ziele Millionen und aber Millionen Menschen seit 1914 den Tod. Krieg wird als Thema in diesem Heft immer wieder auftauchen. Sehr persönliche Sichten darauf treten bei der Lektüre von Feldpostbriefen und anderen „Ego-Dokumenten“ zutage, die von Matthias Manke unter Bezugnahme auf Quellen aus dem Landeshauptarchiv Schwerin behandelt werden. Die Tragweite ihrer Entscheidung für einen Krieg zu überblicken, waren die politisch Verantwortlichen 1914 nicht in der Lage. Damit standen und stehen sie in der Geschichte nicht allein. Diese mit dem Duktus einer Binsenweisheit daher kommende Feststellung birgt bei genauerer Betrachtung einige Brisanz, steht doch dahinter das grundsätzliche Hinterfragen von Machtansprüchen. Im 20. Jahrhundert waren die Beispiele Legion, da – Beleg für die Begrenztheit des menschlichen Horizonts in einer komplexen Welt – die Ergebnisse von Entscheidungen ihren Intentionen entgegenstanden. Wolf Karge geht am Beispiel der Überlieferung der Zentralstelle für Frauenarbeit in Mecklenburg-Schwerin aus den Jahren 1917-1919 der Frage nach, welche Bedeutung die während des Ersten Weltkrieges erzwungene massenhafte Mobilisierung von Frauenarbeitskraft als Ersatz für die in den Millionenheeren verblutenden Männer für die Frauenemanzipation hatte. Dem Bombenkrieg, der seit den 1930er Jahren die Unterscheidung von Front und Hinterland zunehmend aufhob und die Zivilbevölkerung in neuen Formen und Dimensionen dem Kriegsgeschehen aussetzte, galt in historiographischen Darstellungen der letzten Jahre verschiedentlich besondere Beachtung. An dieser Stelle wird in zwei Beiträgen der Behandlung alliierter Flieger, die in deutsche Gefangenschaft geraten waren, nachgegangen. Gewissermaßen aus erster Hand erhalten wir Informationen über die Geschichte eines Kriegsgefangenenlagers für gefangenes alliiertes Fliegerpersonal bei Barth, dem sogenannten Stalag Luft I von Helga Radau und Martin Albrecht. Bernd Kasten hingegen rekonstruiert den Mord an amerikanischen Fliegern, die 1944 über Mecklenburg abgesprungen waren. Das Landesgedenkstättenseminar Mecklenburg-Vorpommern im Mai 2004 war der Auseinandersetzung mit dem Diskurs über die deutschen Opfer des Zweiten Weltkrieges gewidmet. Andreas Wagner zieht eine Bilanz. Neben dem Themenschwerpunkt erfährt die Entwicklung des evangelisch-kirchlichen Lebens in Pommern eine – gleich mehrfache – Würdigung durch Friedrich Winter, der den ökumenischen Aufbruch der Pommerschen Evangelischen Kirche nach 1945 beschreibt, durch Christoph Wunnicke, der in einem Rückblick auf den Kirchentag vom Juni 1978 in Stralsund die politischen Rahmenbedingungen verdeutlicht, unter denen Kirche in der DDR seit den 1970er Jahren agierte und durch Karin A. Oehlmann, die ein Lebensbild Stephanie Mackensens von Astfeld in der pommerschen Bekennenden Kirche skizziert. Auch Uwe Kiel mit seiner Darstellung der jüngeren Geschichte des Greifswalder Stadtarchiv und Uta Rüchel mit ihrer Längsschnittbetrachtung der Entwicklung des Denkmalschutzes in Stralsund in verschiedenen politischen Systemen von der Weimarer Republik bis zum Ende der DDR bleiben mit ihrem Gegenstand in Vorpommern. Wie immer wird auch in diesem Heft der Darstellung historischer Projektarbeit Raum gegeben. Vor allem auf dem Territorium des heutigen Mecklenburg-Vorpommern befanden sich die Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück. Die gegenwärtige Situation des Umgangs mit diesem Teil der Geschichte jener Orte analysiert Alexandra Klein in ihrem Beitrag. Rolf Feige und Andreas Handy referieren jeweils über ihre in Nordvorpommern und im Müritzkreis realisierten historisch-politische Bildungsprojekte, die aus den Förderprogrammen CIVITAS des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit unterstützt wurden. Auf die Initiative von Politische Memoriale e.V. geht der Runden Tisch „Historisch-politische Bildungsarbeit in Mecklenburg-Vorpommern“ zurück, der zahlreiche Bildungsträger und -initiativen aus Mecklenburg-Vorpommern zu einer themenbezogenen Zusammenarbeit, etwa zur Erarbeitung eines aktuellen Gedenkstättenführers, versammelt. Michael Thoß und Andreas Wagner stellen die Idee im einzelnen dar. Neuigkeiten aus der Archivlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns werden aus dem Stadtarchiv Güstrow vermeldet. Aus anderen Bundesländern stellen Andreas Kurschat und Victoria Overlack Projekte vor, die „evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts“ und Hamburger Kirchgemeinden in der NS-Zeit untersuchen werden. Wie gewohnt, werden Ihnen auch in diesem Heft zahlreiche jüngst erschienene Titel mit Bezug zur Zeitgeschichte unseres Landes per Annotation und Rezension vorgestellt, um die Informationspalette abzurunden. In der Hoffnung, daß Sie durch die Qualität dieser Ausgabe und der Beiträge für die Wartezeit entschädigt sind, wünschen wir Ihnen eine anregende Lektüre.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
WolfKarge
Der Erste Weltkrieg und die Emanzipation der Frau. Die Zentralstelle für Frauenarbeit in Mecklenburg-Schwerin 1917 bis 1919
Matthias Manke
Feldpostbriefe im Landeshauptarchiv Schwerin
Bernd Kasten
„Auf der Flucht erschossen“. Die Ermordung abgesprungener amerikanischer Flieger in Mecklenburg 1944
Helga Radau/Martin Albrecht
„Wir wachten eines Morgens auf, und die Wachen waren verschwunden.“ Aus der Geschichte des Stalag Luft I Barth
A u f s ä t z e
Uwe Kiel
„Bezüglich des Greifswalder Stadtarchivs sind wir wieder einmal gründlich überrascht worden.“ Die Wiedereinrichtung des Stadtarchivs Greifswald vor 50 Jahren
Uta Rüchel
Denkmalschutz und Macht. Die Entwicklung des Denkmalschutzes in Stralsund zwischen 1930 und 1990
Friedrich Winter
Kirche zwischen den Fronten. Der ökumenische Aufbruch der Pommerschen Evangelischen Kirche nach 1945
D o k u m e n t e
Matthias Manke
Die Widerspiegelung des Zweiten Weltkrieges in Ego-Dokumenten aus mecklenburgischen Verwaltungsakten
Christoph Wunnicke
„Auf der Suche nach Leben.“ Das MfS, die Westmedien, die CDU und auch ein wenig Friedensbewegung. Der Kirchentag in Stralsund vom 16. bis 18. Juni 1978
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Karin A. Oehlmann
„Der einzige Mann der pommerschen Bekennenden Kirche“. Stephanie Mackensen von Astfeld (18941985) im Kirchenkampf
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Alexandra Klei
Gedenkstätten an Orten ehemaliger Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück in Mecklenburg-Vorpommern. Kennzeichnung, Zustand und Wahrnehmung
Rolf Feige
Wer das Gestern versteht – kann das Morgen verändern! Projektkoffer für Geschichtswerkstätten
Andreas Handy
Denk-mal-Ort im Schatten. Ein Gemeinschaftsprojekt der Europäischen Akademie Mecklenburg-Vorpommern und des Christlichen Jugenddorfwerkes Waren (Müritz)
Falk Bersch
„Jehovas Zeugen in der DDR“ – eine Wanderausstellung
Andreas Wagner
Deutsche Opfer? Bombenopfer, Flüchtlinge und Vertriebene im aktuellen Erinnerungsdiskurs der Bundesrepublik. Landesgedenkstättenseminar am 7./8. Mai 2004 in Binz
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Michael Thoß/Andreas Wagner
Runder Tisch „Historisch-politische Bildungsarbeit in Mecklenburg-Vorpommern“
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Petra Langkau
Das Stadtarchiv Güstrow
A u s a n d e r e n B u n d e s l ä n d e r n
Andreas Kurschat
Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Ein Forschungsprojekt
Victoria Overlack
Hamburger Kirchengemeinden in der NS-Zeit. Ein Projekt des Kirchenkreises Alt-Hamburg
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Guntau, Martin (Hg.)
Mecklenburger im Ausland. Historische Skizzen zum Leben und Wirken von Mecklenburgern in ihrer Heimat und in der Ferne
(Wolf Karge)
Bürgerstolz. 1841 – 1903 – 2003. Museum in Rostock (= Kleine Schriften des Schiffahrtsmuseums Rostock, 3)
(Wolf Karge)
Schmiegelow Powell, Angelika (Hg.),
Güstrow im 20. Jahrhundert. Geschichte und Geschichten einer mecklenburgischen Kleinstadt – 75 Augenzeugenberichte
(Peter Starsy)
Hempe , Mechthild
Ländliche Gesellschaft in der Krise. Mecklenburg in der Weimarer Republik (= Industrielle Welt, 64)
(Bernd Kasten)
Wiebel, Arnold (Hg.)
Rudolf Hermann – Erich Seeberg. Briefwechsel 1920-1945 (= Greifswalder theologische Forschungen, 7)
(Reinhold Garbe)
Reichardt, Sven
Faschistische Kampfbünde. Gewalt und Gemeinschaft im italienischen Squadrismus und in der deutschen SA (= Industrielle Welt, 63)
(Kurt Schilde)
Strebel, Bernhard
Das KZ Ravensbrück, Geschichte eines Lagerkomplexes
(Martin Albrecht)
Friedrich, Jörg
Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945
(Klaus-J. Lorenzen-Schmidt)
Liszka, Arnaud/Stutz, Reno (Hg.)
B. 304. Französische Geistliche in einem Rostocker Kriegsgefangenenlager – Eine Chronik 1941-1945 (= Kleine Schriftenreihe des Archivs der Hansestadt Rostock, 13)
(Ulrike Winkler)
Holz, Martin
Evakuierte, Flüchtlinge und Vertriebene auf der Insel Rügen 1943-1961
Kliß,Ingrid
Wie ich das salzige Wasser gehaßt
(Andreas Wagner)
Kriegsgräberstätte Golm. Lernort der Geschichte, hg, vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.
(Irmfried Garbe)
Goschler, Constantin/Lillteicher, Jürgen (Hg.)
„Arisierung“ und Restitution. Die Rückerstattung jüdischen Eigentums in Deutschland und Österreich nach 1945 und 1989
(Matthias Manke)
Herbert, Ulrich (Hg.)
Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Belastung, Integration, Liberalisierung 1945-1980 (= Moderne Zeit, 1)
(Henrik Bispinck)
Behrens, Heidi/Wagner, Andreas (Hg.)
Deutsche Teilung, Repression und Alltagsleben. Erinnerungsorte der DDR-Geschichte
(Bert Pampel)
Eppelmann, Rainer/Faulenbach, Bernd/Mählert, Ulrich (Hg.)
Bilanz und Perspektiven der DDR-Forschung
(Christoph Wunnicke)
Reinke, Helmut
Weil wir hier zu Hause sind. Die zwei Leben einer Zeitung – 50 Jahre Ostsee-Zeitung
(Frank Petzold)
Findeis, Hagen
Das Licht des Evangeliums und das Zwielicht der Politik. Kirchliche Karrieren in der DDR
(Christoph Wunnicke)
Mäkinen, Aulikki
Der Mann der Einheit. Bischof Friedrich-Wilhelm Krummacher als kirchliche Persönlichkeit in der DDR in den Jahren 1955-1969 (= Greifswalder theologische Forschungen, 5)
(Johanna Hertzsch)
Rohrbach, Carmen
Solange ich atme. Dramatische Flucht über die Ostsee ans „Ende der Welt“. Ein Lebensbericht
(Christoph Wunnicke)
Eichwede, Wolfgang (Hg.)
Forschungsstelle Osteuropa: Samisdat. Alternative Kultur in Zentral- und Osteuropa: Die 60er bis 80er Jahre
(Christoph Wunnicke)
Wiegmann, Ulrich
Machtprobe: die Staatssicherheit und der Kampf um die Schule in M…z (= ZeitgeschichteN, 1)
(Henrik Bispinck)
T e r m i n e
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 07. Jg., 2003, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2003
Umfang: 125 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
Zu den kritischen Einwänden, die Hans-Ulrich Wehler an dem großartigen Projekt seiner „deutschen Gesellschaftsgeschichte“ im Vorwort zum gerade erschienenen vierten Band akzeptiert hat, gehört der: daß neben den von ihm angenommenen vier Gesellschaftsfundamenten „Demographie, Ökonomie, Kultur und Politik“ als fünftes eigentlich „das Recht“ betrachtet werden müßte. Und in der Tat: Wenn wir überschlagen, welchen Einfluß das Recht und die Rechtsprechung auf das Leben des Einzelnen wie der Gesellschaft ausüben, werden wir gut daran tun, diese Empfehlung ernst zu nehmen. Die Macht des Rechts scheint allgegenwärtig. Und die Geschichte der Rechtsbeugung ist ebenso lang wie die Geschichte der Rechtssetzung, weil Unrecht eben nicht nur durch Beugung von Recht, sondern ebenso sehr durch Setzung von Recht entsteht. Das neue Heft von „Zeitgeschichte regional“ widmet sich dem Thema der Justizgeschichte in unserer Region. Es werden einige ausgewählte Aspekte in den Blick gehoben. Wir schließen damit an Beiträge an, die in früheren Heften schon eingestreut waren. Das Heft beginnt mit einem Aufsatz von Kai Langer. Seine Perspektive ist einigermaßen ungewöhnlich: Mit dem „Fall Flotow“ wird einmal die Opfergeschichte eines Überzeugungstäters geschildert und andererseits dessen justizielle Folgen für Personen, die den Verdacht des Mordes öffentlich aussprachen. Andreas von Flotow, der 1932 die SA-Führung der drei Nordbereiche Pommern, Mecklenburg und Lübeck erhalten hatte, verlor seine Macht bereits Anfang 1933. „Aufstieg und Fall“ des unter dubiosen Umständen am Hitlergeburtstag 1933 erschossenen SA-Führers werden beleuchtet. Einen anderen Aspekt stellt Dirk Alvermann in den Mittelpunkt: die „Aberkennung akademischer Grade“ an der pommerschen Landesuniversität nach 1933 „und ihre Aufhebung 1945-1966“. Alvermann weist damit auf eine noch bis in die jüngste Gegenwart vergessene Opfergruppe des totalitären Zeitalters hin. Eine der letzten Stufen nationalsozialistischer Kriminalisierungskriminalität nimmt Andreas Wagner in den Blick. Er geht auf die gnadenlose Strafpraxis gegen Plünderer im Zweiten Weltkrieg ein. Auffällig viele Rostocker Bürger wurden mit Tötung bestraft. Ganz sachlich-schlicht und gerade darum anrührend wird von extrem kurzen Prozessen und von letzten Lebensstunden anhand des Sterberegisters der eigentlich illegalen Hinrichtungsstätte Bützow-Dreibergen berichtet. Vom selben Verfasser ist in der Rubrik „Regionale Geschichtsarbeit“ ein Bericht zum erstmaligen Treffen ehemaliger politischer Häftlinge in Bützow zu finden. In dem Beitrag „Die Staatsmacht und das Recht der Gnade“ dokumentiert Irmfried Garbe zwei Gnadengesuche, die der Greifswalder Rektor Gerhardt Katsch für Studenten seiner Universität im Jahr des großen Jubiläums (1956) aufsetzte. Diese Dokumente gehören einerseits in die Geschichte politischer Justiz, andererseits in Geschichte couragierten Anstands. Sie zeigen aber auch den komplexen Hintergrund der wiederholten Gnadengesuche. Hans-Hermann Dirksen nimmt in seiner bewegenden Fall-Beschreibung der Martha Knie aus dem vorpommerschen Leopoldshagen die Perspektive eines Justizopfers ein. Mit Martha Knie, einer einfachen, unpolitischen Frau vom Lande, tritt eine Person in unseren Gesichtskreis, die lediglich ihr Menschenrecht auf Gewissens- und Religionsfreiheit in Anspruch genommen hatte. Dies war ihr nach den auch damals gültigen Verfassungen zugesichert. Und doch fiel sie als Angehörige der Gemeinschaft der „ernsten Bibelforscher“ (Zeugen Jehovas) unter die Kriminalisierung beider deutscher Diktaturen. Martha Knie überstand neun Jahre KZ bzw. Zivilhaft. Die Haftbedingungen der frühen DDR setzten ihrem Leben vor genau 50 Jahren ein frühes Ende. Neben diesen Aspekten der „Justizgeschichte“ konnten drei Nachträge zur „Mediengeschichte“ (siehe Heft 1/2003) aufgenommen werden: Hermann Langer berichtet über einen Mann, dessen religiös-mythologische Spekulationen in die Religionspolitik des Dritten Reiches hinüberführen. Mit Herman Wirths Aspiration auf eine Honorarprofessur in Rostock 1932/33 wird zugleich ein Baustein zur Mediengeschichte geboten, der ihren weltanschaulich-politischen Sektor zwischen 1930 und 1934 kennzeichnet. Kyra T. Inachin erzählt die Geschichte des Propagandafilms „Kolberg“, der in der Schlußphase des Zweiten Weltkrieges entstand. Unter enormem Aufwand als „Durchhaltefilm“ konzipiert und von Veit Harlan mit prominenter Besetzung produziert, beleuchtet er den deutschen Wahnwitz auf eigentümlich tragikomische Weise. Stefan Matysiak schließt an, indem er den sowjetisch-deutschen „Militärzeitungen“ im Frühsommer 1945 nachgeht. Es dürfte sich um die erste Zusammenschau der Militärzeitungsproduktion unter sowjetischer Administration auf mecklenburgisch-pommerschem Territorium handeln. Als ein Dokument eigener Güte kommen Paul Fordrans Erinnerungen an seine Tätigkeit im Konstruktionsbüro der Rostocker Flugzeugwerke Ernst Heinkels zur Sprache. Damit wird der Heinkel-Debatte des letzten Jahres ein weiterer Aspekt hinzugefügt. Fordran beschreibt anschaulich, gewürzt mit einem kräftigen Schuß Esprit und reich an Details, Höhenflüge und Verstiegenheiten des deutschen Flugzeugwesens. Sein Rückblick führt von Rostock über Wien bis nach Mittweida durch die Jahre 1936-1946. Einen spannenden Blick auf die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ entwirft Harald Schmid, der zu den ständigen Begleitern des Peenemünder Ausstellungsereignisses gehörte. Er weist darauf hin, daß die seit 2001 völlig neu konzipierte Exposition des Hamburger Instituts für Sozialforschung zum ersten und einzigen Mal an einem Ort zu sehen war, der unmittelbar im Zusammenhang der Wehrmacht und ihrer Verbrechensgeschichte steht. Gerechtigkeit – Justizia ist nach Ovid die letzte Göttin gewesen, die die Erde gen Himmel verlassen hat: „im eisernen Zeitalter“. Leibhaftig tauchte sie dann aber im 19. und frühen 20. Jahrhundert vor deutschen Gerichtsgebäuden wieder auf. Seitdem gibt es Bildnisse der Göttin der Gerechtigkeit auch an mecklenburgischen und pommerschen Gerichtsstätten. In ihrer formvollendeten Schönheit verkörpert sie die reine Lauterkeit, die in ihren Händen Waage und Schwert hält, also über Unparteilichkeit und Strenge verfügt. Verbundene Augen deuten Unbestechlichkeit an. Es ist uns willkommen, wenn weitere Aspekte des Verhältnisses von Recht und Justiz in unserer Region erschlossen werden. Wir wollen Sie ermuntern zu lesen, zu fragen und zu forschen.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Kai Langer
Der „Fall Flotow“ – vom Aufstieg und Fall eines mecklenburgischen SA-Führers
Dirk Alvermann
Die Aberkennung akademischer Grade während der NS-Zeit und ihre Aufhebung an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald 1945-66
Andreas Wagner
Die Hinrichtung der „Rostocker Plünderer“ 1942 in Bützow
A u f s ä t z e
Hermann Langer
Der Mann, der mit den Medien tanzte. Zum Wirken Herman Wirths in Mecklenburg 1932/33
Kyra T. Inachin
Prädikat „Film der Nation“. Veit Harlans Durchhaltefilm „Kolberg“ (1943/44)
Stefan Matysiak
„Bäckereien wieder eröffnet“. Mit sowjetischen Militärzeitungen begann 1945 die lokale Berichterstattung in Mecklenburg-Vorpommern
D a s D o k u m e n t
Irmfried Garbe
Die Staatsmacht und das Recht der Gnade: Zwei Gnadengesuche für Greifswalder Studenten im Jubiläumsjahr 1956 von Universitätsrektor Prof. Dr. Gerhardt Katsch an Staatspräsident Wilhelm Pieck
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Hans-Hermann Dirksen
Martha Knie – Das Zeugnis einer Frau aus Vorpommern (1900-1953)
L e b e n s e r i n n e r u n g e n
Paul Fordran †
Meine Zeit bei den Heinkel-Flugzeugwerken
D i s k u s s i o n
Beatrice Vierneisel
17. Juni 1953 in Mecklenburg und Vorpommern. Anmerkungen zu einem immer noch offenen Thema
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Harald Schmid
„Erinnern statt verdrängen“. Die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ in Peenemünde
Andreas Wagner
Politische Haft in der SBZ/DDR. Häftlingstreffen in Bützow vom 17. bis 19. Juni 2003
Ortwin Pelc
Stadtlich. Historisches Selbstporträt – die Kröpeliner-Tor-Vorstadt in Rostock. Eine Ausstellung im Kulturhistorischen Museum Rostock vom 3. Oktober 2003 bis 7. März 2004
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Dirk Alvermann/Stephan Block/Alexander Weidauer
Archive Mecklenburg-Vorpommerns online
D a s I n t e r v i e w
Justiz im Wandel – Von der DDR zum Rechtsstaat. Der Präsident des Landesverfassungsgerichtes MeckIenburg-Vorpommern und des Landgerichts Rostock Dr. Gerhard Hückstädt im Gespräch mit Dr. Ingo Koch
A u s a n d e r e n B u n d e s l ä n d e r n
Victoria Overlack
„1923 – 1933 – 1943 – 1953. Schlüsseljahre der hamburgischen und deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts im nationalen und internationalen Städtevergleich“. Eine Tagung der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg am 22. und 23. Oktober 2003 in der Universität Hamburg
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Schröder, Karsten (Hg.)
In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. Eine Geschichte der Stadt Rostock von ihren Ursprüngen bis zum Jahre 1990
(Klaus-J. Lorenzen-Schmidt)
Mecklenburg-Strelitz. Beiträge zur Geschichte einer Region, zsgst. und bearb. von Frank Erstling, Frank Saß, Eberhard Schulze und Harald Witzke, hg. vom Landkreis Mecklenburg-Strelitz anlässlich des 300. Jahrestages der Gründung des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz, Band 2
(Klaus-J. Lorenzen-Schmidt)
Bajohr, Frank
„Unser Hotel ist judenfrei“. Bäder-Antisemitismus im 19.und 20.Jahrhundert
(Andreas Wagner)
Redieck, Matthias/Schade, Achim/Schimler, Hans Heinrich
Rostocker Blitzlichter 1900/2000
(Ortwin Pelc)
Niemann, Mario
Der Fall Kadow. Ein Fememord in Mecklenburg 1923
(AndreasWagner)
Inachin, Kyra T.
Der Aufstieg der Nationalsozialisten in Pommern
(Hermann Langer)
Thiele, Dieter/Saloch, Reinhard
Auf den Spuren der Bertinis. Ein literarischer Spaziergang durch Hamburg-Barmbek
(Kurt Schilde)
Buddrus, Michael
Totale Erziehung für den totalen Krieg. Hitlerjugend und nationalsozialistische Jugendpolitik
(Hermann Langer)
Block, Nils
Die Parteigerichtsbarkeit der NSDAP
(Kurt Schilde)
Schlaefer, Kristine
Die mißglückte Auswanderung des Hugo Renner. Ein jüdisches Schicksal in Mecklenburg
(Ortwin Pelc)
Leibner, Günter
Die Festung „Oder-Warthe-Bogen“
(Robert Conrad)
gruppe offene rechnungen (Hg.)
THE FINAL INSULT. Das Diktat gegen die Überlebenden. Deutsche Erinnerungsabwehr und Nichtentschädigung der NS-Sklavenarbeit
(Florian Ostrop)
Mählert, Ulrich (Hg.)
Vademekum DDR-Forschung. Ein Leitfaden zu Archiven, Forschungsinstituten, Bibliotheken, Einrichtungen der politischen Bildung, Vereinen, Museen und Gedenkstätten
(Florian Ostrop)
Lengsfeld. Vera
Von nun an gings bergauf… Mein Weg zur Freiheit
(Christoph Wunnicke)
Strobel, Dietrich
Die Warnemünder Werft
(Kathrin Möller)
Urich, Karin
Die Bürgerbewegung in Dresden 1989/90
(Christoph Wunnicke)
Linton, Sören
Erkenne den Feind
(Georg Herbstritt)
N a c h r u f
Gunther Viereck
Zum Tod von Frau Prof. Dr. Ilona Buchsteiner (Universität Rostock, Historisches Institut, Neuere Geschichte, Schwerpunkt Agrargeschichte)
T e r m i n e
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 07. Jg., 2003, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2003
Umfang: 151 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
Soll die heutige Gesellschaft charakterisiert werden, wird sehr häufig der Begriff der „Mediengesellschaft“ benutzt. Gemeint sind die vielfältigen Informationsmöglichkeiten – von Printmedien, Hörfunk und Fernsehen bis zum Internet und anderen Formen der Telekommunikation. Noch vor 80 Jahren gab es ausschließlich die Printmedien in Gestalt der heute noch üblichen Zeitungen und Zeitschriften. Sie waren nur noch nicht so bunt. Die „Illustrierte“ war gerade erst auf den Markt gekommen und damit die Möglichkeit einer besseren Bildberichterstattung. Seitdem hat das Bild dem geschriebenen Wort als Information immer mehr den Rang abgelaufen. Trotzdem können wir registrieren, daß das geschriebene Wort lebt und auch an Macht als Meinungsbildner nichts verloren hat. Eher hat sich diese Macht noch vergrößert – denkt man dabei auch an die Größe der gedruckten Buchstaben. „Heute lesen, was morgen Meinung ist“, lautet ein dazugehöriger Slogan. Es lag deshalb für „Zeitgeschichte regional“ nahe, die Medien oder Massenmedien (wie sie auch genannt werden) einmal zum Thema zu machen. In den sechs Beiträgen wird dann auch in erfreulicher Breite über die Pressearbeit und Pressewirksamkeit im vergangenen Jahrhundert berichtet. Deutlich wird einerseits besonders die inhaltliche Abhängigkeit der Presse von Eigentümern und Herausgebern, auch in Gestalt von Parteien, wie das Kyra T. Inachin in ihrem Beitrag über die nationalsozialistische Presse vor 1933 in Vorpommern überzeugend darlegt. Andererseits haben die Konsumenten immer auch die Möglichkeit gehabt, Informationen, die vordergründig gar nicht genannt werden wollten, aus den gedruckten oder gesendeten Berichten zu filtern. Sensibel hat Florian Ostrop diese Stellen, die Zwangsarbeiter betreffend, aus einer Wismarer Lokalzeitung für die Zeit von 1939 bis 1944 herausgesucht und widerlegt damit (wieder einmal) die Schutzbehauptung des „Von-nichts-gewußt-haben“. Besonders die DDR-Bevölkerung hat eine hohe Sensibilität für die Informationen „zwischen den Zeilen“ entwickelt. Medieninformation als Staats- oder Parteiauftrag mit Selbst- und anderer Zensur zwischen Unterhaltung und Manipulation wird dann auch im Beitrag von Lothar Lentz über die Rundfunkgeschichte in Mecklenburg-Vorpommern deutlich. Ganz gewiß muß das Thema fortgesetzt werden. Fernsehen und IT fehlen noch völlig. Es bleibt auch hier noch viel zu tun. Fortgesetzt wurde auch das Thema „Kirche“ des vergangenen Heftes – nicht nur in der Kombination mit dem Thema „Medien“ im Beitrag zur „Mecklenburgischen Kirchenzeitung“ von Wolfgang Nixdorf, sondern auch von Christoph Wunnicke im Aufsatz zur FDJ und zu den kirchlichen Basisgruppen in Rostock sowie im Dokument über die Beziehung Stadt – Kirche – Kultur im Bezirk Neubrandenburg. Permanentes Thema bleibt auch der Nationalsozialismus. Über das Jahr 1933 in Mecklenburg-Schwerin schreibt Hermann Langer „70 Jahre danach“, über Zwangssterilisation in Schwerin berichtet Jens-Uwe Rost, und auch in der Rubrik „Diskussion“ bleibt das Thema aktuell – die Forschungen zum antifaschistischen Widerstandskampf an der Rostocker Universität und die Dauerdebatte „Heinkel“ werden kontrovers betrachtet. Bleibt zu hoffen, daß speziell Heinkel in der Hansestadt Rostock nach den außerordentlich energiegeladenen Debatten nun nicht wieder für Jahre in Vergessenheit gerät, sondern die Stadt ernst macht mit ihrer Initiative zur Aufarbeitung dieser komplexen Geschichte. Berichte über wissenschaftliche Tagungen zur Zeitgeschichte in anderen Bundesländern ergänzen die aktuellen Meldungen zur Geschichtsarbeit in unserer Region. Ein besonders interessantes Projekt wird in der Rubrik „Historisches Lernen“ vorgestellt. Am Boizenburger Gymnasium wurde das Thema „Leben in der DDR“ ausführlich behandelt. Die Ergebnisse lassen auf Nachahmer hoffen. Umfangreich und kritisch wie immer präsentieren sich die Rezensionen im Themenspektrum von „Zeitgeschichte regional“. Informiert wird auch über neueste Publikationen und Projekte in Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der „Neuerscheinungen“ und „Termine“.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Helge Matthiesen
Vom Parteiblatt zum Parteiblatt. Die Greifswalder Zeitung von 1919 bis 1948
Kyra T. Inachin
Die regionale NS-Presse. Nationalsozialistische Tageszeitungen und Parteiblätter im NSDAP-Gau Pommern 1924-1933
Florian Ostrop
„Der Zeitungsleser begreift alle Zusammenhänge!“ Eine Mecklenburger Lokalzeitung und ihre Berichterstattung über Zwangsarbeit 1939-1944
Annegret Dirksen
„Nie wieder Ravensbrück!“ Die mecklenburgische Presse als Waffe gegen Andersdenkende
Wolfgang Nixdorf
Kirchliche Pressearbeit unter den Bedingungen der DDR – die Wochenzeitungen „Die Kirche“ (Greifswalder Ausgabe) und „Mecklenburgische Kirchenzeitung“ 1976-1989
Lothar Lentz
Unterhaltung – Information – Manipulation. Betrachtungen zur Rundfunkgeschichte in Rostock
und Mecklenburg-Vorpommern / 80 Jahre Rundfunk in Deutschland 1923-2003
A u f s ä t z e
Hermann Langer
Vor 70 Jahren: Mecklenburg-Schwerins Marsch ins Dritte Reich
Jens-Uwe Rost
Der Schweriner Zwangssterilisationsprozeß
Eckhard Oberdörfer
Nicht nur eine Männerfreundschaft. Vor 20 Jahren wurde die erste Greifswalder Studentenverbindung der Nachkriegszeit gegründet
Christoph Wunnicke
„In die Kirche können sie ruhig gehen, laß sie beten, da stören sie keinen.“ Die FDJ und kirchliche Basisgruppen im Jahr 1983 in Rostock
D o k u m e n t e
Arnold Wiebel
Die Reise nach Brunshaupten. Jochen und Hanni Kleppers Besuch der Ostseeküste 1934. Zum 100. Geburtstag von Jochen Klepper
Christoph Wunnicke
„Dort, wo wir kein interessantes Kulturleben entwickeln, gibt es unausbleiblich mehr kulturelle kirchliche Aktivitäten.“ Kontinuitäten der Stadt-Kirche-Beziehungen im Bezirk Neubrandenburg
D i s k u s s i o n
Kurt Schilde
Forschungen zum antifaschistischen Widerstandskampf der deutschen Jugend an der Rostocker Universität 1968 bis 1989
Grit Stunnack
„Wie weiter mit Heinkel?“ – Ideenwerkstatt der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. am 3. März2003
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Andreas Wagner
Landesgedenkstättenseminar in Schlagsdorf
Norbert Buske
Protestanten und Katholiken in Pommern in der Zeit des Nationalsozialismus und Stalinismus. Tagung in Stettin am 24. April 2002 (Einführung)
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Annegret Panz / Julia Breiholdt
Leben in der DDR – Ein Projekt zur DDR-Geschichte am Gymnasium Boizenburg
A u s a n d e r e n B u n d e s l ä n d e r n
Henrik Bispinck
Die „menschliche Sturmflut“ aus der „Ostzone“. Die Flucht aus der DDR und ihre Folgen für Berlin und die Bundesrepublik. Wissenschaftliche Tagung aus Anlaß des 50. Jahrestages der Einweihung des Notaufnahmelagers Marienfelde am 13. April 2003
Melanie Arndt
10 Jahre Forschungen zur ostdeutschen Agrarentwicklung und zur Geschichte der ländlichen Gesellschaft 1945 bis 1989. Bilanz und Aussicht. Ein Kolloquium des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin am 14. und 15. März 2003 in Berlin-Lichterfelde
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
Stadt Güstrow (Hg.)
Betrachtungen – 775 Jahre Güstrow
(Wolf Karge)
Förderverein Wassermühle Kuchelmiß e.V. (Hg.)
Geschichte und Geschichten. Wassermühle Kuchelmiß
(Wolf Karge)
Müller, Werner/Mrotzek, Fred/Köllner, Johannes
Die Geschichte der SPD in Mecklenburg und Vorpommern
(Bemd Kasten)
Stunnack, Grit
200 Jahre Geschichte des Goldschmiedehandwerks in Rostock am Beispiel der Firma Kerfack/Sinner bis 1979
(Wolf Karge)
Hübner, Hans
Helen Ernst. Ein zerbrechliches Menschenkind (1904-1948)
(Andreas Wagner)
Kimmel, Elke
Methoden antisemitischer Propaganda im Ersten Weltkrieg. Die Presse des Bundes der Landwirte
(Henrik Bispinck)
Römer, Susanne/Coppi, Hans (Hg.)
„Aufbruch“. Dokumentation einer Zeitschrift zwischen den Fronten
(Kurt Schilde)
Borgersrud, Lars
Die Wollweber-Organisation und Norwegen
(Klaus Schwabe)
Killius, Rosemarie
Sei still, Kind! Adolf spricht
(Christine Gundlach)
Bütow, Eduard
Bug-Holländer in Wolhynien. Spuren und Geschichte
(Matthias Manke)
Brunner, Detlev/Müller, Werner/Röpcke, Andreas (Hg.)
Land – Zentrale – Besatzungsmacht. Landesverwaltung und Landesregierung in der Sowjetischen Besatzungszone
(Henrik Bispinck)
Joseph, Detlev
Nazis in der DDR. Die deutschen Staatsdiener nach 1945 – woher kamen sie?
(Hermann Langer)
Joksch, Reinhard
„Dann standen wir vor dem Nichts …“ Enteignungswelle an der Ostsee
NDR-Landesfunkhaus M-V(Hg.)
„Das wird man nie wieder los.“ Die „Aktion Rose“ an der Ostsee 1953
(Andreas Wagner)
T e r m i n e
N e u e r s c h e i n u n g e n
K u r z v o r s t e l l u n g d e r A u t o r e n
A d r e s s e n d e r A u t o r e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | 06. Jg., 2002, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2002
Umfang: 139 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
Krieg und Frieden, Verhandlungen oder militärische Gewalt sind in Europa als Themen momentan so aktuell wie wohl in den letzten 60 Jahren nicht mehr. Offensichtlich sitzt aber die Erfahrung in Deutschland besonders tief und motiviert sogar eine Regierung, sich gegen den „großen Bruder“ zu stellen. Zeitgeschichtlich betrachtet, vermittelt die aktuelle Debatte vielleicht ein wenig über die widersprüchlichen Empfindungen politisch denkender Menschen z.B. während einer Appeasement-Debatte 1938. Historische Vergleiche drängen sich gerade in der Zeitgeschichte immer wieder auf. Im vorliegenden Heft ist die „Kirche“ das Thema. Die Kirche als Gebäude, die Kirche als Institution, die Kirche als Glaubensgemeinschaft oder die Kirche in ihrer gelebten Individualisierung, vermittelt über Persönlichkeiten, zeigt die verschiedenen Facetten eines so oft leichtfertig pauschalisierten Phänomens. Selten konnte „Zeitgeschichte regional“ ein Thema so ausführlich behandeln. Der Schwerpunkt liegt zeitlich auf der Geschichte nach 1945. Aktive Anpassung und passiver Widerstand (oder umgekehrt?) in einem kirchenfeindlichen oder zumindest kirchenunfreundlichen Staat wie der DDR werden bereits durch einen sehr bildhaften Titel wie „Wagenburg im Honecker-Staat“ von Rahel Frank assoziiert. Stadiale Unterschiede werden in verschiedenen Zeitebenen sichtbar. Georg Diederich geht nimmermüde der Spur seiner katholischen Glaubensbrüder und -schwestern in der mecklenburgischen Diaspora nach. Martin Onnasch untersucht die Arbeit und die Rolle der „Jungen Gemeinde“ in der pommerschen Kirche 1952/53 in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit. Die Auseinandersetzung um Moderne und Konservatismus scheint bei der Frage nach pommerschen Kirchenneubauten im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts bei Michael Lissok auf. Nach so viel Backsteingotik im vergangenen Jahr wird dieser Beitrag zum Aha-Erlebnis. Hermann Langer und Irmfried Garbe entdecken für die Leserinnen und Leser von „Zeitgeschichte regional“ brisante Dokumente zur Kirchenpolitik in der Zeit des Nationalsozialismus, die sich mit der Verbiegung der Glaubenslehre befassen. Das Thema „Kirche“ zieht sich inhaltlich durch das Heft über die Lebenserinnerungen von Friedrich Winter über seine Zeit als Studentenpfarrer in Greifswald bis in die Archivmitteilungen und bis in das heutige Leben im Interview mit dem Pastor der Rostocker Innenstadtgemeinde Jens Langer. In die Zeit der subtilen Anfänge des Nationalsozialismus in Mecklenburg führt die ausführliche biographische Skizze des jüdischen Rostocker Universitätsprofessors David Katz, zusammengestellt von Manfred Berger, die nach der Würdigung des Lebensweges seiner Frau Rosa Katz im vorletzten Heft nun die Ergänzung darstellt. Zehn Seiten des neuen Heftes von „Zeitgeschichte regional“ nimmt die aktuelle Debatte über eine der interessantesten und widersprüchlichsten Unternehmerpersönlichkeiten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein. Ernst Heinkel, Gründer des späteren Konzerns seines Namens, hat die Hansestadt Rostock in eine öffentlich geführte Kontroverse um eine Ausstellung gestürzt, die nicht immer sachlich geführt wurde und mit polarisierender Polemik verbunden war. Was objektiv bleibt, sind offensichtliche Desiderate in der historischen Forschung, die auch noch genügend Stoff für weitere Hefte von „Zeitgeschichte regional“ bieten werden. Ebenfalls zehn Seiten umfassen die Berichte über Ausstellungen, Konferenzen und Kolloquien. Das zeugt von einer erfreulichen Vielfalt der Aktivitäten zu zeitgeschichtlichen Themen in unserer Region aus sehr unterschiedlichen sozialen und politischen Ansätzen heraus. Es ist allerdings immer noch eine starke Konzentration auf die Zeit des Nationalsozialismus und der frühen DDR zu verzeichnen. Der Erste Weltkrieg, die Novemberrevolution oder die für die heutige Zeit so wichtigen Demokratieerfahrungen der Weimarer Republik sind anscheinend für die historische Forschung oder Erinnerungskultur nicht so sonderlich interessant. Die dazu bisher vorliegenden und überwiegend selbst schon etwas betagten Ergebnisse dürften eine Neubearbeitung durchaus vertragen. Die rühmliche Ausnahme in Form einer Längsschnittstudie ist die neue Ausstellung zum politischen Mißbrauch des Strafvollzugs in Bützow. Selbstverständlich haben auch die Rezensionen wieder den ihnen gebührenden Platz. Hier kann man den Verursachern – den Verfasserinnen, Verfassern, Herausgeberinnen und Herausgebern – sowie den aufmerksamen Rezipienten – den Rezensentinnen und Rezensenten – nur für die Arbeit danken.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Michael Lissok
Kirchenbau im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts in Pommern – ein architekturhistorischer Überblick
Georg Diederich
Die Wallfahrten nach Dreilützow als Beispiel für katholisches Brauchtum in Mecklenburg nach 1945
Martin Onnasch
Gefährliche Jugend? Zum sogenannten „zweiten Kirchenkampf“ in der pommerschen Kirche 1952/53
Aulikki Mäkinen
Friedrich-Wilhelm Krummacher – der Mann der Einheit
Georg Herbstritt
Marlow 1968. Aufbruchstimmung und Repression in einer mecklenburgischen Kleinstadt
Rahel Frank
„Wagenburg“ im Honecker-Staat. Ein Einblick in den Weg der mecklenburgischen Landeskirche 1971 bis 1989
D o k u m e n t e
Hermann Langer
Christus als „Führer“, die Jünger als „Gefolgschaft“. Ein Schweriner Zeitdokument zum evangelischen Religionsunterricht in der NS-Zeit
Irmfried Garbe
Theologiestudium in Greifswald: Dokumente zum Konfliktjahr 1936
Georg Diederich
Ein Dokument erzählt Geschichte. Die Chronik des Bischöflichen Kommissariates Schwerin 1946-1973
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Manfred Berger
David Katz (1884-1953) – Leben und Werk des international bedeutenden Gelehrten und ersten Rostocker Professors für Psychologie und Pädagogik (1919-1933)
L e b e n s e r i n n e r u n g e n
Friedrich Winter
Meine Jahre in Greifswald zwischen 1946 und 1960
D i s k u s s i o n
Geschichtswerkstatt Rostock e.V.
Heinkel-Diskussion in Rostock: Chronologie der Ereignisse
Lutz Budraß
Zur Heinkel-Ausstellung
Beschluß der Bürgerschaft der Hansestadt Rostock vom 04.09.2002 zur Ausstellung „Gründung der Ernst Heinkel Flugzeugwerke vor 80 Jahren in Rostock“
Gesine Eschenburg
Über Aufarbeitungsmethoden und Diskussionsergebnisse
Johann-Georg Jaeger
Zum Bürgerschaftsbeschluss
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Florian Ostrop
„Zwangsarbeit im Ostseeraum 1939-45“. Eine Wanderausstellung von Schülern für Schüler
Andreas Wagner
Dokumentation zum politischen Mißbrauch des Strafvollzuges in Bützow. Neue Dauerausstellung im Krummen Haus
Irmfried Garbe
II. Greifswalder Kolloquium zur Zeitgeschichte des Landes Mecklenburg-Vorpommern: „Die Auflösung des Landes Mecklenburg und die Errichtung der drei Nordbezirke“, veranstaltet im Landesarchiv Greifswald am 27.11.2002
Irmfried Garbe und Ulrike Reinfeldt
Protestanten und Katholiken in Pommern in der Zeit des Nationalsozialismus und Stalinismus – Protestanci i katolicy pomorscy wobec hitleryzmu i stalinizmu. Wissenschaftliche Konferenz im Stettiner Schloß am 24.4.2002
Falk Bersch
Zur Geschichte der Zeugen Jehovas in Wismar und Grevesmühlen. Ausstellung im Königreichssaal Gägelow
Johannes Kornow
„Agrargenossenschaften als Gegenstand der Wirtschafts- und Sozialgeschichte. 50 Jahre nach der Bildung von LPG in der DDR“. Ein Kolloquium am 14./15. Juni 2002 im Thünen-Museum Tellow
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
Franziska Rodewald
Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten. Workshop Nord in Rostock
Elke Engelmann
Gedenk- und Lehrpfad auf dem Gelände des ehemaligen KZ Barth – ein Anfang
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Johann Peter Wurm
Quellen zur Zeitgeschichte im Landeskirchlichen Archiv Schwerin
D a s I n t e r v i e w
Interview mit Dr. Jens Langer, Pastor der Innenstadtgemeinde Rostock
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
V e r m i s c h t e s
Zeitgeschichte regional | 06. Jg., 2002, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2002
Umfang: 139 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
Die Sommer-Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ ist da. Da diese Jahreszeit die Haupturlaubszeit ist, inspirierte dies die Redaktion, die Nummer für eine historische Betrachtung des Themas Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern zu nutzen. Das nordöstliche Bundesland als Tourismus-Region auszubauen und für den wirtschaftlichen Erfolg in erster Linie auf Fremdenverkehr zu setzen war die Vision mancher Politiker in den frühen 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Vieles hat sich inzwischen getan, allein eine solide wirtschaftliche Basis ist es nicht geworden, auch wenn das Bundesland mit vielen Naturschönheiten und kulturellen Werten wuchern kann und von vielen Besuchern angenommen wird. Wismar und Stralsund gehören inzwischen zum Weltkulturerbe. Schwerin präsentiert sich als attraktive Landeshauptstadt, und Rostock ist zweifellos das wirtschaftliche Herz und insbesondere durch den Seehafen eine wichtige Verbindung nach Skandinavien. Die zum Baden einladenden weißen Ostseestrände und die unverbrauchte Natur der Mecklenburgischen Seenplatte sowie die größte und schönste deutsche Ostseeinsel Rügen haben einen guten Ruf weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Es lag also nahe, einmal der Frage nachzugehen, wie sich der Tourismus in unserer Region entwickelt hat. „Das Thema“ wird mit vier Beiträgen und einem Interview bedient; und es offenbart sich schon hier Vielfalt, die dann auch das gesamte Heft durchzieht. Bernd Kasten wendet sich der Entwicklung des Fremdenverkehrs in der alten und neuen Landeshauptstadt und einstigen Bezirksstadt Schwerin zu. Detailreich versteht er es, den Leser zu führen und bemerkenswerte Fakten zu vermitteln. Für die passionierten Fahrradfahrer unter den Lesern wird Wolf Karges Beitrag interessant sein. In den vergangenen zehn Jahren haben sich Fahrradwege zunehmend zum wichtigen Bestandteil der touristischen Infrastruktur entwickelt. Bürger und Gäste des Landes genießen die Sicherheit dieser Verkehrswege und können sich Gegenden erschließen, die mit dem Auto (zum Glück) nicht erreichbar sind. Das Naturerlebnis ist meist unvergeßlich. Zu DDR-Zeiten waren Radwege aus ökonomischen Gründen sehr selten, die Verkehrsdichte auf den Straßen war aber auch deutlich geringer und der Fahrradtourismus weniger entwickelt. Doch wie fing alles an? Wolf Karge geht den Anfängen auf den Grund. Erste Spuren für den Bau von Fahrradwegen in Norddeutschland weist er für die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg nach. Doch hatten die Verkehrsbauten ausschließlich eine wirtschaftliche Funktion – sie sollten es den Arbeitern ermöglichen, ihre Arbeitsplätze per Fahrrad zu erreichen. Mitte der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts konstatierten die nationalsozialistischen Behörden in Mecklenburg, daß das Fahrrad für „nichtbemittelte Volksgenossen“ ein „unverzichtbares Verkehrsmittel“ geworden sei. Gleichzeitig wurde aber auch die gesundheitsfördernde Funktion des „Radelns“ erkannt. Zahlreiche Unfälle von Radfahrern mit motorisierten Fahrzeugen zeigten schon damals die Notwendigkeit separater Verkehrswege. Die umfassende Realisierung solcher Vorstellungen scheiterte aber letztlich am Desinteresse der örtlichen Behörden und an den ökonomischen Möglichkeiten. Ebenfalls von Wolf Karge stammt der Beitrag über ein Detail der Geschichte des Ostseebades Heiligendamm: Er verfolgt die Spuren des Züricher jüdischen Barons Oskar von Rosenberg, der nach der Hyperinflation von 1923 zu einem wichtigen Geldgeber des Ostseebades wurde. Auch dieser Beitrag läßt Vergleiche zu den Problemen der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart des Ostseebades zu. Wer erinnert sich nicht an die Namen der Fahrgastschiffe VÖLKERFREUNDSCHAFT, FRITZ HECKERT und ARKONA? Ronald Piechulek schreibt über die Höhen und Tiefen der Passagierschiffahrt der DDR. Vieles Unbekannte bringt er ans Tageslicht, verbindet politische, wirtschaftliche und technische Einzelheiten miteinander. Interessante subjektive Einblicke in das Tourismusgeschäft der DDR gewährt das Interview mit Klaus Wenzel, der seit Jahrzehnten die Geschicke des Hotels “Neptun” in Warnemünde in den Händen hat. Auch die Rubrik „Aufsätze“ beinhaltet vier Beiträge. Besonders aktuell ist Hermann Langers Frage „Nur ein rechter Rand?“ Er analysiert akribisch die Entwicklung des Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern von 1990 bis zur Gegenwart. Zahlreiche Abbildungen und Faksimiles machen das Agieren rechtsextremer Kräfte und die von ihnen ausgehenden Gefahren anschaulich. Ein entlarvender Artikel, der hoffentlich von vielen Lesern zur Kenntnis genommen wird. Vor wenigen Monaten erschien das Buch „Mecklenburger in der deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“, herausgegeben von Ilona Buchsteiner. Es enthält einen ersten Versuch, sich dem Leben des einstigen Ministerpräsidenten und SED-Funktionärs Bernhard Quandt zu nähern. Klaus Schwabe informiert in der Rubrik „Archivmitteilungen“ über den Nachlaß Quandts im Landeshauptarchiv Schwerin. Wir können hoffen, daß die biographische Forschung durch diese beiden Veröffentlichungen weiter angeregt wird. Letztlich soll noch auf einen wichtigen Beitrag aus der Rubrik „Diskussion“ aufmerksam gemacht werden: Matthias Manke geht sehr polemisch auf die von Prof. Kersten Krüger entfachte Debatte über die Wissenschaftlichkeit der DDR-Geschichtsschreibung ein. Auch hier hofft die Redaktion auf weitere Wortmeldungen. Wir wünschen unseren Lesern eine angenehme Sommer-Lektüre.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Bernd Kasten
Die Entwicklung des Fremdenverkehrs in Schwerin
Wolf Karge
Fahrradwege in Mecklenburg – die Anfänge
Wolf Karge
Ein jüdischer Baron als Besitzer des Ostseebades Heiligendamm
Ronald Piechulek
Von Rostock in die weite Welt. Passagierschiffahrt unter DDR-Flagge
A u f s ä t z e
Falk Bersch
Karl und Anna Ebell und der religiöse Widerstand der Zeugen Jehovas in Grevesmühlen unter dem NS-Regime
Martin Handschuck
Studentische Opposition an der Universität Rostock 1945bis 1955
Kai Langer
„Ein solcher Prozess ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit.“ Zu den Hintergründen des Güstrower Raiffeisenprozesses vom 10. bis 16. Juli 1950
Hermann Langer
„Nur ein rechter Rand?“ Zur Entwicklung des Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern von 1990 bis zur Gegenwart
D o k u m e n t e
Rainer Neumann
Auslagerung und Rückführung von kirchlichem Kunstgut 1942 bis 1949 aus St. Nikolai und St. Marien in Greifswald – Eine Dokumentation
Christoph Wunnicke
Wie umgehen mit Polen? Ein Rostocker Parteidokument aus dem Jahre 1981 gibt Antwort
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e
Bernd Schäfer
Priester in zwei deutschen Diktaturen. Die antifaschistische Legende des Karl Fischer (1900-1972)
D i s k u s s i o n
Matthias Manke
Eine Wüste oder eine Wüste mit Oasen und Blumen? Plädoyer für eine individualisierte Betrachtungsweise
Christian Saegebarth
Gedanken zur Güstrower Geschichtslehrertagung: Nachgedacht und weitergemacht?
Verband der Geschichtslehrer Deutschlands e.V.
DDR-Geschichte im gegenwärtigen Geschichtsunterricht der Bundesrepublik Deutschland
Ulrich Bongertmann
Zielsetzung und Ergebnisse der Fachtagung Geschichte in Güstrow am 3.4.2002
Manfred Albrecht
Replik auf einen Tag „DDR-Geschichte“
Heike Müller
Anmerkungen zum Geschichtslehrertag
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Andreas Wagner
„Nationalsozialismus – Zwangsarbeit – Aufarbeitung“, Landesgedenkstättenseminar in Anklam am 22./23. März 2002
Robert Kreibig
Land- und Kleinstadtsynagogen. Zwischen Gedenkstätte, Kultur- und Lernort
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
René Mounajed
Der Projekttag in Ravensbrück: ein neues Angebot für die Grundschule
Jugendliche faßten NS-Geschichte an. Zwei Rostocker Schulprojekte untersuchen Geschichte von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Klaus Schwabe
Nachlaß Bernhard Quandt im Landeshauptarchiv Schwerin
Matthias Manke
Archive und Zwangsarbeit
D a s I n t e r v i e w
Tourismus, Hotelwesen, Events und Lifestyle in der DDR. Interview mit Klaus Wenzel, Geschäftsführer des Hotels „Neptun“ in Warnemünde
A u s a n d e r e n B u n d e s l ä n d e r n
Wolfgang Oleschinski
Luxemburger Zwangsrekrutierte im Wehrmachtsgefängnis Torgau-Fort Zinna – Ein Schulprojekt des DIZ Torgau
Cord Pagenstecher
Das Arbeitserziehungslager Fehrbellin in Nordwest-Brandenburg
Kurt Schilde
Fiskalische Verfolgung durch die Finanzämter. Die Sozialausgleichsabgabe und die Karriere ihres Kommentators Josef Oermann vor und nach 1945
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
V e r m i s c h t e s
Zeitgeschichte regional | 05. Jg., 2001, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2001
Umfang: 151 Seiten
Preis: 5,11 Euro
Editorial
Die „Zeitgeschichte regional“ hat ein neues Gesicht. In die Jahre gekommen, war die Redaktion gemeinsam mit der Geschichtswerkstatt der Meinung, daß ein wenig facelifting ganz gut tun würde, und Marco Pahl hat als professioneller Gestalter sein Skalpell angesetzt. Der Kompromiß ist ein immer noch vorhandener Wiedererkennungseffekt mit bedienungsfreundlichen Akzenten. Herausgeber und Redaktion sind zufrieden. Der Gestalter ist fast zufrieden. Das muß wohl so sein. Es ist immerhin das zehnte Heft, und die Summe der blaßgrünen Rücken ist in der Bücherwand bereits ein gewichtiger Faktor – in inhaltlicher und optischer Hinsicht. Diesem ersten bescheidenen Jubiläum sollen viele weitere folgen. Daß die äußerliche Schönheitskur mit dem inhaltlichen Thema „Kultur“ zusammentrifft, ist ein Zufall, den man aber schmunzelnd hinnehmen kann. Doch Kultur ist nicht nur das „Sahnehäubchen“ des Lebens. Inhaltlich zeigt sich dann, daß es auch nicht so sehr um die schönen Seiten der Kultur in ihren Äußerungen geht, sondern, dem Anliegen der Zeitschrift entsprechend, um Hintergründe – und die heißen dann weniger spannend „Kulturpolitik“. Gerade beim Vergleich der Beiträge von Hermann Langer und Wolf Karge wird schnell klar, daß sich im 20. Jahrhundert ein Spannungsbogen aufbaut von einer sich selbst organisatorisch strukturierenden Kunstszene, die staatspolitisch wenig beeinflußt ist, bis zur völligen Politisierung der Kultur durch die Nationalsozialisten. Leider fehlt dann ein ähnlich breit angelegter Beitrag für die Zeit der SBZ/DDR. Es hat in der Redaktion nicht an Ideen dazu gefehlt – nur wollte sich keine Autorin oder kein Autor finden lassen, die/der sich diesem Thema relativ kurzfristig gewachsen zeigte. Das hochinteressante Interview mit Dr. Heinz Gundlach und der Beitrag von Beatrice Vierneisel können dieses Manko aber mildern. Doch das Thema kann durchaus in einem der folgenden Hefte wiederkehren. Es scheint noch reichlich Potential zu bergen. Ein anderer Komplex läßt sich aber vielleicht, mit dem Hauptthema korrespondierend, unter dem Titel „Streitkultur“ vereinnahmen. Das ist die Rubrik Diskussion, die wohl am besten von Mathias Rautenberg als Beobachter scharfzüngig kommentiert und auch teilweise glossiert wird. Diese Diskussion findet hoffentlich, wie angekündigt, ihre Fortsetzung, könnte sie doch so etwas wie eine Katharsis hervorrufen, die zumindest für die an der Debatte oder „Disputation“ aktiv Beteiligten am Ende das lutherische Bekenntnis: „Hier stehe ich – ich kann nicht anders!” als Befreiungsschlag hervorrufen kann. Die Geschichtswerkstatt wird das gern unterstützen, und die „Zeitgeschichte regional“ steht als öffentliche Plattform zur Verfügung. Quod erat demonstrandum. Doch sollen hinter dieser aktuell interessierenden Debatte nicht die wissenschaftlichen Arbeiten vergessen werden, die weiter dazu beitragen, die „weißen Flecken“ der Landesgeschichte mit Farbe zu füllen. Immer wieder ist die Zeit des Nationalsozialismus, obwohl machthabend nur zwölf Jahre real existierend, ein Feld neuer Erkenntnisse. Die von Georg Diederich und Uta Biskup erarbeitete biographische Skizze gibt für diese Zeit über den Lebenslauf hinaus auch einen interessanten Einblick von kirchlicher Arbeit in der Diaspora. Dirk Alvermann und Eckhard Oberdörfer lassen (aus unterschiedlichen Perspektiven) die immer noch umstrittene Namensgebung für die Greifswalder Universität von 1933 deutlich werden, und Manfred Berger untersucht den Lebensweg der Rostocker Psychologin Rosa Katz. Der Bericht von Katharina Hoffmann aus und für Niedersachsen sollte in dem Zusammenhang Anregung sein, das Thema Zwangsarbeit in der Landwirtschaft auch für die agrarisch strukturierte Region Mecklenburg und Vorpommern wesentlich stärker in den Blick historischer Forschung zu nehmen. Beeindruckend ist wieder einmal die Breite der Berichterstattung zu regionaler Geschichtsarbeit, durch die sich ganz eigennützig auch wieder Hoffnungen auf Beiträge für „Zeitgeschichte regional“ nähren. Besonders die Eröffnung des „Dokumentationszentrums für die Opfer deutscher Diktaturen“ in Schwerin und die Entwicklung in Alt Rehse sind lange erwartete Beiträge zur Erweiterung des Angebots musealer Gedenkstätten in Mecklenburg-Vorpommern. Die von René Mounajed durchgeführte und kommentierte Befragung in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück zeigt die aktuelle Notwendigkeit zur Schaffung von anschaulichen Argumentationsräumen für Jugendliche. Während hierzu die beteiligte Erlebnisgeneration aber kaum noch zu befragen ist, läßt Christoph Kleemann mit seinem Internetprojekt „Zivilcourage“ Zeitzeugen zur Tätigkeit bei der Staatssicherheit aussagen. Wichtig und unverzichtbar sind weiterhin die Rezensionen. Unsere Rezensenten haben sich wieder durch tausende Seiten spannender und auch langweiliger Literatur gearbeitet. Ihre Lobeshymnen und Verrisse sind in diesem Heft nachlesbar. „Zeitgeschichte regional“ sieht zwar äußerlich etwas jugendlicher aus, bleibt innerlich aber bei den bewährten alten Strukturen in seinem Duktus.
Ihre RedaktionInhalt
E d i t o r i a l
D a s T h e m a
Wolf Karge
Die bildende Kunst in Mecklenburg und Vorpommern in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Ein Überblick zum Forschungsstand und zur Rezeption
Paul Ciupke
Das Volkshochschulheim in Prerow/Darß und sein Leiter Fritz Klatt. Zu einem Erwachsenenbildungslaboratorium in der Weimarer Zeit
Hermann Langer
Kultur im Gleichschritt. Zur NS-Kulturpolitik in Mecklenburg1933-1945
Torsten Fried
Die „doppelte Vergangenheit“ einer Schweriner Medaille
Beatrice Vierneisel
„Fremde“ im Land. Mecklenburg-Vorpommern 1945 bis 1953 – Integration durch Volkskultur?
A u f s ä t z e
Dirk Alvermann
Zwischen Pranger und Breitem Stein. Die Namensgebung der Universität Greifswald und die aktuelle Diskussion
Eckhard Oberdörfer
Ein Mann für alle vier Jahreszeiten – der Streit um Ernst Moritz Arndt geht weiter
Jan-Henrik Peters
Verfolgt und Vergessen. Ein Projekt zur Geschichte Schwuler in Mecklenburg-Vorpommern
D a s D o k u m e n t
Volker Probst
„An die Bevölkerung des Stadt- und Landkreises“. Ein Flugblatt von Friedrich Schult
B i o g r a p h i s c h e S k i z z e n
Manfred Berger
Rosa Katz – eine bedeutende, aber nicht nur in Rostock unbekannt gebliebene Psychologin. Eine Spurensuche
Georg Diederich und Uta Biskup
„Servus fidelis – getreuer Diener“. Dr. Bernhard Schräder – katholischer Pfarrer, Bischöflicher Kommissar und Weihbischof in Mecklenburg, Eine biographische Skizze
L e b e n s e r i n n e r u n g e n
Günther Rosahl
1952 bis 1956 – Stadtschulrat in Schwerin
D i s k u s s i o n
Redaktion
Wurde vor 1989 an der Rostocker Universität Geschichtswissenschaft betrieben? Ein aktueller Meinungsstreit
Georg Moll
Zur Geschichtswissenschaft an der Universität Rostock in den Zeiten der DDR. Ein Diskussionsbeitrag
Mathias Rautenberg
Rostocker Monologe oder Ein historisches Oberseminar zu verspäteter Konfliktumgehung
R e g i o n a l e G e s c h i c h t s a r b e i t
Joachim Lehmann
Ein neues Internetportal zur Landesgeschichte
Johannes Beleites
Eröffnung des „Dokumentationszentrums für die Opfer deutscher Diktaturen“ im ehemaligen MfS-Gefängnis am
Schweriner Demmlerplatz am 6. Juni 2001
Andreas Wagner
Stadt unterstützt Projekt zur Neugestaltung der Gedenkstätte im Krummen Haus in Bützow
Hugo Rübesamen
Gründung eines Fördervereins für eine Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte Alt Rehse
Carmen Lange
Häftlinge zwischen Vernichtung und Befreiung. Regionalgeschichtliches Ausstellungs- und Bildungsprojekt in Schwerin und Umgebung
Henrik Bispinck
„Land – Zentrale – Besatzungsmacht“. Mecklenburg Vorpommern in der SBZ/DDR: Politik, Verwaltung, Besatzungspolitik. Tagung des Historischen Instituts der Universität Rostock und des Landeshauptarchivs Schwerin am 20. und 21. Juni 2001 in Rostock
Thomas Wolfes
Industriestädte in der SBZ/DDR 1945-1989/90. Stadtentwicklung. Kommunalpolitik und urbanes Leben in einer „durchherrschten Gesellschaft“. Ein Forschungsprojekt
Wolf Karge
40. Jahrestag der Gründung des Polytechnischen Museums und 5 Jahre Verein Technisches Landesmuseum Mecklenburg-Vorpommern e.V.
H i s t o r i s c h e s L e r n e n
René Mounajed
In Gedenkstätten Brücken schlagen. Ergebnisse einer Schülerbefragung in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück / Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
A r c h i v m i t t e i l u n g e n
Christoph Kleemann
„Zivilcourage“ – ein Internetprojekt
D a s I n t e r v i e w
Interview mit Dr. Heinz Gundlach
A u s a n d e r e n B u n d e s l ä n d e r n
Katharina Hoffmann
NS-Zwangsarbeit in ländlichen, landwirtschaftlich strukturierten Regionen. Rekonstruktion und Geschichtskultur
R e z e n s i o n e n / A n n o t a t i o n e n
V e r m i s c h t e s
Zeitgeschichte regional | 05. Jg., 2001, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2001
Umfang: 121 Seiten
Preis: 5,11 Euro
Editorial
Das öffentliche Interesse an „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ wächst, wie die Abonnentenzahlen für unsere „grünen Hefte“ belegen. Aufmunternde Bemerkungen von Fachleuten und interessierten Laien erreichen die Redaktion nach jeder Neuerscheinung. Besonders freuen wir uns auch über die Ermutigung, den Rezensionen weiter so in kritischer Distanz und Wertung breiten Raum zu geben. Die Veröffentlichungsflut birgt allerdings die Gefahr in sich, daß wir von einigen Publikationen erst sehr spät erfahren. An Rezensionsexemplaren sind wir also möglichst bald nach Erscheinen interessiert und versprechen auch deren Bearbeitung und Besprechung. Die Gliederung des Heftes hat sich stabilisiert, und wir werden im großen und ganzen daran festhalten. Neue Autorinnen und Autoren sind immer herzlich willkommen, und die „alten“ bitten wir, uns die Treue zu halten. Auch das klappt ganz gut, wofür wir herzlich danken. – Erfreuliches also insgesamt. Was bleibt, ist Arbeit – viel Arbeit in der Redaktion, die wir gern machen und die besonders Angrit Weber gern macht, ist doch zweimal im Jahr ein Festtag zu erwarten – nämlich der des Erscheinens des neuen Heftes. Nun ist es also wieder einmal soweit. Das neue Heft liegt vor uns. Ein ewig brisantes Thema ist an die Spitze gesetzt worden: Juden in unserem Bundesland – in Mecklenburg und Vorpommern. Dazu gehen wir bereits mit der Titelseite einem subtilen Antisemitismus nach, denn der Notgeldschein aus den 1920er Jahren bietet scheinbar historisch objektiv einen mittelalterlichen Holzschnitt an. Erst bei der zweiten Überlegung stellt man fest, daß die in moderner Zeit und mit dem Wissen des 20. Jahrhunderts aus verschiedenen Gründen längst ad absurdum geführte „Schändung der Hostien durch die Juden“ auf diesem Geldschein unkommentiert mit der mittelalterlichen negativen Aussage in das Jahr 1922 transportiert wird und damit auch die Abscheu über diese „Freveltat“. Zehn Jahre später bildete derartiges Denken die Basis für die erneute Verfolgung und schließlich Massenvernichtung der Anhänger und Nachkommen dieser Religion. Aufgearbeitet ist diese Geschichte von Verfolgung und Emanzipation, von Kultur und Martyrium oder von Anpassung und Widerstand auch heute noch lange nicht. Immer neue Facetten werden erschlossen, und schließlich sind es die „kleinen“ Ereignisse, die am stärksten betroffen machen. Das Bild der jungen Frau, die auf der schönen Insel Rügen als „Judendirne“ öffentlich zur Schau gestellt, von Polizisten eskortiert und von Passanten begafft, beleidigt und im schlimmsten Falle auch bespuckt wird – dieses Bild bleibt im Gedächtnis und läßt die aus heutiger Sicht immer wiederkehrende Frage „Wie konnten Menschen Derartiges anderen Menschen antun?“ nicht in Vergessenheit geraten. Auch dieses Heft gibt in einzelnen Beiträgen Teilantworten auf die Frage und muß trotzdem die große Antwort schuldig bleiben, weil die Schuld bleibt. Julia Männchen spannt dazu einen großen historischen Bogen, Peter Genz schreibt engagiert über Einzelschicksale. Die drei Beiträge sind sachlich und emotional zugleich. Zwei kurze Berichte über den Umgang mit oder das Schicksal von Synagogen ergänzen das Hauptthema aus sehr unterschiedlichen Anlässen. Dieser Stoff wird hoffentlich noch viele Seiten von „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ füllen und vielleicht damit langsam zu der großen Antwort führen, die Juden und jüdische Kultur neben uns selbstverständlich machen kann. Die Aufsätze sind wieder sehr unterschiedlichen Themen und Zeitebenen zuzuordnen. Die Emanzipation junger Frauen, fokussiert auf das studentische Leben an der Rostocker Universität in zwei gesellschaftlich völlig unterschiedlichen Situationen, läßt den Entwicklungsschub deutlich werden. Grit Stunnack hat dabei auch das gesamte studentische Umfeld stark in ihre Betrachtung mit einbezogen. Die Mobilen Friedensseminare in den letzten zehn DDR-Jahren zeigen eine Facette für die Entwicklung einer Opposition in der DDR und das politische Heranwachsen schließlich der Aktivisten des Neuen Forums im Herbst 1989. Natürlich meint der Autor Christoph Wunnicke mit Mecklenburg in diesem Fall die drei Nordbezirke der DDR. Horst Sieber widmet sich nun bereits zum wiederholten Male einem Thema, das in seiner heutigen modernen Ausprägung ständig aktueller wird. Das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Ärzten am Anfang des 20. Jahrhunderts läßt damit interessante Vergleiche zur aktuellen Politik zu. Die zwei Dokumente sind in diesem Heft beide dem komplizierten Genre „Erlebnisbericht“ zuzuordnen und korrespondieren mit dem Thema des Schicksals der Juden. Persönliches Erleben in der Reflexion mit einem zeitlich großen Abstand beinhaltet Wertungen, Empfindungen, teilweise verarbeitete Gefahren und andererseits die Authentizität des Willens nach Bewältigung dieser furchtbaren Zeit der Zwangsarbeit in Deutschland während des Nationalsozialismus. Helga Radau, die verdiente Barther Archivarin, hat hier ihre bereits viele Jahre währende fleißige und engagierte Arbeit an diesem Thema erfolgreich fortgesetzt. Ebenfalls unter dem Aspekt des persönlichen Erinnerns, aber unter ganz anderen Umständen ist das Nachspüren der eigenen Vergangenheit in der Stadt Stralsund von Günther Rosahl in den Nachkriegsjahren zu sehen. Die Selbstverständlichkeit und die Widersprüche des Hineinwachsens der Sowjetischen Besatzungszone in die DDR wird an diesem Beispiel lebendig. Ebenfalls in den Zeitrahmen des Nationalsozialismus gehört die fundierte und einfühlsame biographische Skizze über den Greifswalder Professor Edmund Robert Forster, der 1933 den Freitod wählte. Jan Armbruster hat dabei die Stimmung und die Situation an der Greifswalder alma mater in dieser Zeit sehr anschaulich recherchiert. Die Gedenkstätten mit politisch-historischem Hintergrund sind längst aus dem Schattendasein hinter den etablierten Museen herausgetreten und haben ein eigenes Selbstbewußtsein entwickelt, was nicht zuletzt durch die Gründung einer eigenen Sektion innerhalb des Internationalen Museumsrates (ICOM) vor wenigen Monaten erneut öffentlich deutlich wurde. Mit dem wachsenden Selbstbewußtsein sind aber auch die Fragen an die Gedenkstätten umfangreicher geworden. Ein immer wieder auch von Trägern und Betreibern derartiger Einrichtungen empfundenes Problem ist die Frage nach den Besucherbedürfnissen. Was nimmt ein Besucher in einer Gedenkstätte emotional auf, wie viel Emotion wünscht oder verkraftet er, wie viel sachlich historische Information ist erforderlich, wie soll das Verhältnis von erläuterndem Text und originalen dreidimensionalen Ausstellungsstücken sein, sind Führungen (persönlich oder per Kopfhörer) erforderlich, oder möchte der Besucher lieber allein sein usw.? Wie derartige Untersuchungen oder Befragungen anzustellen und auszuwerten sind, ist aus Museen hinlänglich bekannt. Das Plädoyer von Bert Pampel geht deshalb auch in die Richtung, es endlich verstärkt zu tun. Bereits gewohnt informativ sind die Mitteilungen aus der regionalen Geschichtsarbeit, und gewohnt erstaunlich ist immer wieder die erfreuliche Zahl von Aktivitäten aus den unterschiedlichsten Initiativen heraus. Eine besondere Beachtung verdient die Mitteilung von Andreas Wagner über die Arbeit in Peenemünde. Nach fast zehn Jahren und endlosen Debatten ist es nun gelungen, endlich eine Ausstellung zu etablieren, die heutigen internationalen Ansprüchen an die Aufarbeitung eines so brisanten Themas genügt. Sogar ein Bundesstaatssekretär stolperte heftig auf diesem Weg. Damit sind die Jahre des Interims mit dem für Peenemünde so zweifelhaften Charme einer liebevoll zusammengetragenen Heimatstube zwar beendet, der Streit um die politische Verantwortung bei einem solchen Thema jedoch bleibt. Mit Spannung kann deshalb auf die Bereitstellung weiterer Gelder und die Fortsetzung der Arbeiten an der Ausstellung gewartet werden. Von der lebendigsten Form der Geschichtsarbeit berichtet die Rubrik „Lernen an historischen Orten“. Vielleicht sind Berichte in „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ über gelungene Workcamps ein Mosaikstein auf dem beschwerlichen Weg, das „soziale Jahr“ für Jugendliche endlich auch auf den Bereich Kultur (und damit auch Gedenkstätten) ausdehnen zu können. Die Weichen im Bundestag sind offensichtlich gestellt, und eine rot-grüne Mehrheit mag sich bei einem solchen Antrag hoffentlich positiv entscheiden. Das könnte nicht nur der Arbeit in Workcamps, sondern besonders auch der etwas längerfristigen Projektarbeit mit Schulabgängern, die ihren Weg noch nicht so richtig gefunden haben, förderlich sein. Wenn die Themen und Beiträge des Heftes schließlich enden mit einem Bericht über die Exkursion des Museumsverbandes Mecklenburg-Vorpommern nach Schleswig-Holstein und Jütland und dem viel zu wenig bekannten Phänomen des Dänischen in Deutschland und des Deutschen in Dänemark, so hat das bereits wieder den Charme des europäischen Denkens. Bei strahlendem Sonnenschein auf dem wunderschönen diluvialen Hügel der „Düppeler Schanze“ (in Dänemark!) stehend, hat es schon seinen eigenen Reiz, über den „Heldentod“ des Kanoniers Klinke und Nationalismus heute nachzudenken. Spannend und die aktuelle Tagespolitik mitunter relativierend ist die Betrachtung einer solchen Migration von Dänen und Deutschen in den historischen Dimensionen der Jahrhunderte von Haithabu bis zum Südschleswigschen Wählerverband (SSW) allemal. Die Redaktion von „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ hat das schöne Gefühl, wieder einmal ein Heft „geschafft“ zu haben, und hofft nun auf die geneigte Leserin und den geneigten Leser und noch viel mehr auf viele Stimmen zu dem neuen Heft.
Die Redaktion
Inhalt
EDITORIAL
DAS THEMA
Tilman Beyrich
„Höre Israel!“ Der Arbeitskreis Kirche und Judentum der Pommerschen Evangelischen Kirche
Julia Männchen
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Greifswald
Peter Genz
Die Vernichtung der Lebensgrundlage der Juden in Stralsund und der Raub ihres Vermögens durch den Nazistaat
Peter Genz
Juden auf Rügen
AUFSÄTZE
Grit Stunnack
Die Studentinnen an der Universität Rostock. Eine vergleichende Sozialstudie für die Jahre ab 1919 und ab 1945
Christoph Wunnicke
Die Mobilen Friedensseminare von 1981 bis 1989 in Mecklenburg
Horst Sieber
Vom Verhältnis Rostocker Krankenkassen zu den Ärzten am Beginn des 20. Jahrhunderts
DOKUMENTE
Helga Radau
Bericht des ehemaligen Zwangsarbeiters Henryk Skrzypinski aus Bydgoszcz vom 3. Januar 1997
Judy Goldman/Helga Radau
Magda Goldmans Bericht über ihre Haft und Zwangsarbeit in den KZ-Außenlagern Barth und Schwarzenpfost
DIE BIOGRAFISCHE SKIZZE
Jan Armbruster
Zur Lebensgeschichte und zu den Hintergründen für den Freitod des Greifswalder Psychiatrieprofessors Edmund Robert Forster (1878-1933)
LEBENSGESCHICHTLICHE ERINNERUNGEN
Günther Rosahl
Nachkriegsjahre in Stralsund 1945-1952
DISKUSSION
Bert Pampel
Der Gedenkstättenbesucher – das unbekannte Wesen. Plädoyer für mehr Besucherforschung in Gedenkstätten
INFORMATIONEN AUS DER REGIONALEN GESCHICHTSARBEIT
Andreas Wagner
„Stellen Sie sich vor, ich habe in Stavenhagen eine Synagoge geerbt.“
Norbert Francke
Neues Arbeitsprojekt des Vereins für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern e.V.: „Die Zukunft hat eine lange Vergangenheit. Juden in Mecklenburg gestern und heute“
Wolfgang Donner/Dagmar Wurl
Geschichte – Musik – Erinnerung. Brücken für die Zukunft
Andreas Wagner
Neueröffnung des Informationszentrums im Kraftwerk Peenemünde
Hermann Langer
„Alle haben sie ihren Führer geliebt! Fast alle!“ – Eine Lesung mit Peter Roos im Rostocker „Haus Böll“ am 26. Januar 2001
Ronald Piechulek
Museales: Agrarhistorische Sammlung der Ländlichen Erwachsenenbildung Parchim e.V. (LEB)
Stefan Fassbinder
Pommern im Schatten des Zweiten Weltkrieges. Tagung am 26./27. Oktober 2000 in Greifswald
LERNEN AN HISTORISCHEN ORTEN
Robert Kreibig
Der Erinnerung Zeichen setzen – die Röbeler Synagoge vor ihrer Restaurierung
Antje Vollmer
Workcamps helfen bei der Erhaltung und Pflege von Denkmälern und Gedenkstätten
Sven Schiffner
Die Cap Arkona-Katastrophe: Mythos und Wirklichkeit
INTERVIEW
Interview mit Leonid Bogdan, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Rostock, am 30. April 2001
AUS ANDEREN LÄNDERN
Ulrich Kalmbach
„Laßt uns ruhn!? Salzwedel im Nationalsozialismus“. Ausstellungs- und Forschungsprojekt an den Museen des Altmarkkreises Salzwedel
Ronald Piechulek
Der Museumsverband Mecklenburg-Vorpommern auf Tour: Deutsches in Dänemark und Dänisches in Deutschland. Eindrücke von einer Studienfahrt
REZENSIONEN / ANNOTATIONEN
LESERBRIEF
VERMISCHTES
IMPRESSUM
Zeitgeschichte regional | 04. Jg., 2000, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2000
Umfang: 120 Seiten
Preis: 5,11 Euro
Editorial
Mit dem Ende des Jahres 2000 – und damit des Jahrhunderts, dessen Verlauf auf dem Territorium des heutigen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ zum Gegenstand seiner Beobachtung gemacht hat – können wir mit dem nun vorliegenden Heft den vierten Jahrgang unserer Zeitschrift vollenden. Zukünftig werden wir also die in Mecklenburg-Vorpommern stattgehabte Geschichte des20. aus der Perspektive eines neuen Jahrhunderts, Jahrtausends betrachten. Wir hoffen, dazu auch zukünftig die Unterstützung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie des Kulturamtes der Hansestadt Rostock zu erhalten, die unserer hellgrünen Reihe den „Nährstoff“ sicherte, der ihr Wachstum erst möglich gemacht hat. Das zweite Heft dieses vierten Jahrgangs von „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ widmet sich vorrangig Frauen, die während des nun vergangenen Jahrhunderts Spuren hinterlassen haben, die für die Geschichtsschreibung unseres Territoriums rekonstruierbar waren. Mit Hilfe der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern konnten Autorinnen gewonnen werden, die jenen Spuren, einzelnen Ausschnitten des weiblichen Teils der jüngsten Geschichte Mecklenburgs und Pommerns seit der Wilhelminischen Kaiserzeit nachgegangen sind. In diesem Zusammenbang wollen wir nicht unerwähnt lassen: Die gute (weil weibliche) Seele unserer Redaktion hat Verstärkung bekommen. Anne-Kathrin Burke wird zukünftig dafür sorgen, daß uns der Stoff für Rezensionen und Annotationen nicht ausgeht. Für die mittlerweile breitetablierte Frauenforschung immer noch eher eine Herausforderung: Ein Mann, Bernd Kasten, untersuchte für „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ die Beschäftigung von Frauen in der Schweriner Stadtverwaltung bis 1945. Er bestätigt die Befunde der Frauengeschichtsschreibung auch für Schwerin, wonach die weibliche Sicht auf Alltagsgeschichte in den Quellen aus der Provenienz öffentlicher Verwaltung erst mit dem 20. Jahrhundert allmählich an Bedeutung gewann. So wie Frauen bis dahin „höchstens als gelegentliche Bittstellerinnen“ in Erscheinung treten konnten, war ihnen auch die Beschäftigung in der Verwaltung Schwerins, dazu noch, um ein eigenständiges Einkommen zu erzielen, bis dahin versperrt gewesen. Nachdem diese Schranke bereits auf dem Höhepunkt des Kaiserreiches überwindbar geworden war blieb – das zeigt auch der Beitrag von Bernd Kasten eindringlich – ein Aspekt immer dominant: die den Frauen zugewiesene Rolle als Lückenfüllerin in Bedarfsfällen (z.B. Kriegen) auf der einen Seite sowie ihre Verdrängung aus dem Arbeits- und öffentlichen Leben in Krisensituationen. Die Gegenwärtigkeit dessen haben nach 1990 überproportional viele Frauen zwischen Elbe und Oder erfahren müssen, deren Lebenserfahrung und -planung von einer eigenständigen Arbeitsbiographie als Normalfall geprägt war. Die Auseinandersetzung mit dieser für Frauen unbefriedigenden Situation war der Gegenstand einer Rede der Rostockerin Laura Witte, die sie am 22.Januar 1919 in Doberan vor den ersten allgemeinen, direkten, gleichen und geheimen Wahlen für einen Landtag Mecklenburg-Schwerins, bei denen Frauen stimmberechtigt waren, hielt. War Laura Witte bis dahin viele Jahre eine der Vorkämpferinnen des Frauenstimmrechts in Mecklenburg gewesen, so warb sie nun als Wahlrednerin der gerade gegründeten Deutschen Demokratischen Partei unter dem Titel „Die Frau im neuen Deutschland“, die mit den neuen Rechten für Frauen verbundene Herausforderung, für eine wahre Gleichberechtigung im Alltag zu kämpfen, anzunehmen. Marianne Beese hat es übernommen, diese Rede als Dokument und dazu die Persönlichkeit der Laura Witte und ihre Geschichte vorstellen. Gudrun Jäger verdanken wir die Erinnerungen der italienischen Jüdin Liana Millu an ihre Haft im Arbeitslager der Munitionsfabrik Malchow, einem Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück. Gleichsam an das vorangegangene Heft von „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ anknüpfend, bildet die Schilderung des Leidensweges der Liana Millu von ihrer Deportation aus Italien in das Frauenlager Auschwitz-Birkenau bis zum Endpunkt in der mecklenburgischen Kleinstadt Malchow die thematische Brücke zum vorliegenden Heft. Auch die biographische Skizze ist diesmal einer Frau gewidmet, die sich nach persönlichen Erfahrungen mit der nationalsozialistischen „Schutzhaft“, im Herbst 1945 nach Rostock gekommen, zunächst im Frauenausschuß und für den Wiederaufbau des Sozialwesens in der Stadt und nach der Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (WN) in einer Forschungsstelle für das Land Mecklenburg mit großem Einsatz dafür engagierte, die Verfolgungen durch Nationalsozialisten auf dem Territorium Mecklenburgs zu dokumentieren und die Geschichten der Verfolgten zu bewahren – Fanny Mütze-Specht. Erika Schwarz und Simone Steppan haben zusammengetragen, was an Zeugnissen ihres Lebens und ihrer Arbeit überdauert hat. Andrea Buchheim schließt mit ihrem höchst aktuellen Beitrag über die Entstehungsgeschichte (fast noch –gegenwart) eines Frauenstudienganges Wirtschaftsingenieurwesen an der Fachhochschule Stralsund, der zum Wintersemester 2000/2001 begann, den zeitlichen Bogen, in dem das Thema dieses Heftes behandelt wird. (Die gesetzlich geregelte Öffnung der Hochschulen für Frauen geht auf das Jahr 1908 zurück.) Au aktuellem Anlaß wird diesmal, erstmalig, „das Interview“ von zwei Frauen bestritten. Simone Hantsch befragt die jüngst offiziell in ihr Amt als Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern eingeführte Regine Marquardt. Die Palette der über das Thema hinausreichenden Beiträge ist einmal mehr breit gefächert. Der Aufsatz des leider bereits verstorbenen Thomas Scheck zeigt, daß das tragische Ende der nationalsozialistischen Ära der vorpommerschen Kleinstadt Demmin in einem durch die Rote Armee verursachten flammenden Inferno auch einen Anfang, eine Vorgeschichte hatte, die ebenfalls im Feuerschein von Fackeln zu suchen ist. Von Kreativität und Konstruktivität zeugt der Beitrag von Kornelia Röder, die ein neues Sammlungsgebiet des Staatlichen Museums Schwerin und dessen mehr als dreißigjährige Geschichte vorstellt – Mail Art, die sich ursprünglich künstlerisch gestalteter Postsendungen bediente, um sich insbesondere in Osteuropa an der Zensur vorbei länderübergreifend über politische und kulturelle Fragen auszutauschen. Auch Künstler aus unserem Land, insbesondere aus Vorpommern, waren bis 1989 in diesen Postverkehr einbezogen. Ihre künstlerischen „postalischen Sendungen“ sollen zukünftig im Schweriner Museum zugänglich sein. Das Schiffahrtsmuseum Rostock als Museum für die See- und Hafenwirtschaft der DDR, das an für die Rostock Museumslandschaft traditionsreicher Stätte auch auf eine mittlerweile mehr als 30jährige Geschichte zurückblicken kann, wird von Ronald Piechulek gewissermaßen in eigener Sache vorgestellt. Die „Diskussion“ widmet sich dem ständigen Schwerpunkt von „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“, der Gedenkstättenarbeit. Den Ausgangspunkt dafür bildet das im Juni 2000 in Schwerin stattgehabte 33. Bundesweite Gedenkstättenseminar, das vom Schweriner Verein „Politische Memoriale“ und der Berliner Stiftung Topographie des Terrors ausgerichtet wurde. Hat Frank Dingel von der Stiftung Topographie des Terrors mit seinem Bericht über die Veranstaltung bereits angedeutet, wie sehr die Diskussion über den Umgang mit den Orten des Gedenkens, mit dem Gedenken überhaupt „im Fluß“ ist, so hatte Hans Canjé in der Zeitschrift „antifa“ bereits ein zugespitztes Resümee des Schweriner Bundesgedenkstättenseminars veröffentlicht, das von uns an dieser Stelle kontrastierend noch einmal wiedergegeben wird. Matthias Pfüller wollte dies nicht unwidersprochen lassen. Der Umgang mit Gedenken und seinen Orten zieht sich – wie mittlerweile gewohnt – durch die „Informationen aus der regionalen Geschichtsarbeit“ sowie auch die Rubrik „Lernen an historischen Orten“, mit denen wir einmal mehr ein möglichst breites Spektrum von Aktivitäten zur Bewahrung und Veröffentlichung von Landesgeschichte(n) des letzten Jahrhunderts präsentieren möchten. Hier wären die Porträts über Konzepte und ihre Umsetzung an so gegensätzlichen Orten wie dem „Grenzhuus“ in Schlagsdorf oder dem Dokumentationszentrum Prora der Stiftung Neue Kultur aus Berlin zu nennen. Glücksfälle mit einer sich längs dem Zeitstrahl gen Null verschiebenden Wahrscheinlichkeit sind Projekte, bei denen der genuis loci sogenannter „authentischer Orte“ mit der Aura der Authentizität von Zeitzeugen verbunden werden kann. Uwe Wieben berichtet über die Rückkehr von überlegenden Frauen des Konzentrationslagers Boizenburg an diesen Ort. Elisabeth Möller dokumentiert den Besuch einer ehemaligen russischen Zwangsarbeiterin in Mecklenburg. Mit Zwangsarbeit in Mecklenburg, Zwangsarbeit n der Metallindustrie während des Zweiten Weltkrieges hierzulande beschäftigt sich ein Projekt, an dem Friedrich Stamp arbeitet und das neben seiner peinlichen Aktualität auch ein Forschungsdefizit offenlegt. Von einer beklemmenderen Aktualität ist hingegen die von Andreas Wagner vorgenommene Zusammenstellung von im vergangenen Jahr öffentlich bekannt gewordenen Schändungen von Gedenkstätten in Mecklenburg-Vorpommern. Die Aufzählung der Informationen kann an dieser Stelle keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Bemerkenswert genug, um bereits hier Aufmerksamkeit heischende Erwähnung zu finden, ist ein kürzlich von Matthias Manke in Landeshauptarchiv Schwerin aufgefundener Brief an den über Rostock nach Amerika geflohenen Gottfried Kinkel von einem Rostocker Kaufmann aus dem Jahre 1851. Mit dieser eigentlich nicht zeitgeschichtlichen Feder meinen wir uns schmücken zu dürften, da sie die Darstellung über die Rezeption der Revolution von 1848/49 im 20. Jahrhundert im 2. Jahrgang von „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ hervorragend ergänzt. Innerhalb der „Archivmitteilungen“ stellt der Greifswalder Professor Gunnar Müller-Waldeck den seit 1997 an der Greifswalder Universität verwahrten Nachlaß des Schriftstellers Wolfgang als den nach dem Falladas größten Schriftstellernachlaß in Mecklenburg-Vorpommern vor. Franzose von Geburt, der in Rostock lebt, arbeitet Arnaud Liszka beim Archiv der Umweltbibliothek Großbennersdorf für die Aufarbeitung von DDR-Geschichte in der Oberlausitz. Was der Gegenstand seiner Arbeit im Sächsischen ist, hat er „ZEITSCHICHTE REGIONAL“ für die Rubrik „Aus anderen Bundesländern“ anvertraut. In der Berliner „GrauZone“ werden von zwei unermüdlichen Frauen, Samirah Kenawi und Rita Pawlowski, die Überlieferungen ostdeutscher Frauenbewegungen zugänglich gemacht, jüngste Geschichte aus der Sicht von Frauen aus erster Hand ohne Bandenspiel. Geschichte wird in Geschichten transportiert, die sich nur zu oft eines Mythos bedienen, wie auch die Geschichte des „Hitlerjungen Quex“ einer ist. Kurt Schilde ging ihm nach und fand den Hitlerjungen Herbert Norkus. Wir hoffen, es ist gelungen, Ihnen Geschichte ohne Mythen zu präsentieren, Mythen offenzulegen und trotzdem die Geschichten, für die sie stehen und die sich mit ihnen verbinden, zu bewahren.
Ihre RedaktionInhalt
EDITORIAL
DAS THEMA
Gudrun Jäger
„Das Leben dort war eine andere Sache…“ Liana Millus Erinnerungen an ihre Haft im Arbeitslager Malchow
Bernd Kasten
Die Beschäftigung von Frauen in der Stadtverwaltung Schwerin 1911 bis 1945
Andrea Buchheim
Entstehungsgeschichte des Frauenstudienganges Wirtschaftsingenieurwesen an der Fachhochschule Stralsund
AUFSÄTZE
Thomas Scheck
Echt deutsch und national – Die vorpommersche Kleinstadt Demmin im Jahr 1933
Kornelia Röder
Mail Art – ein neues Sammlungsgebiet im Staatlichen Museum Schwerin
Ronald Piechulek
Das Schiffahrtsmuseum Rostock – ein Museum für die See- und Hafenwirtschaft der DDR
DAS DOKUMENT
Marianne Beese
Laura Wittes Rede „Die Frau im neuen Deutschland“, 1919
BIOGRAFISCHE SKIZZE
Erika Schwarz / Simone Steppan
Fanny Mütze-Secht – eine Frau und ihr Eintreten für das Erinnern
DISKUSSION
Drei Bemerkungen zum bundesdeutschen Gedenkstättenseminar im Juni 2000 in Schwerin
Matthias Manke
„Wir haben Sie lange auf Nachrichten von hier warten lassen.“ Ein Brief des Rostocker Kaufmanns Theodor Schwarz an Gottfried Kinkel (15. Januar 1851)
INFORMATIONEN AUS DER REGIONALEN GESCHICHTSARBEIT
Karl-Heinz Molkenthin
Das „Grenzhus“ in Schlagsdorf – eine verschenkte Chance?
Christoph Wunnicke
„Mobile Friedensseminare“ – Erinnerung an Politische Opposition im Norden der DDR
Anne-Kathrin Burke
Frauen im MfS. Das Hinterland eines jeden Tschekisten und die operativen Betten des MfS
Ronald Piechulek
UNDINE erzählt derzeit in Rostock eine Zukunft
Friedrich Stamp
Projektbericht: Zwangsarbeiter in der Metallindustrie Mecklenburg-Vorpommerns während des Zweiten Weltkrieges
Stiftung Neue Kultur
Dokumentationszentrum Prora
Carmen Lange
„Ein KZ wird geräumt. Häftlinge zwischen Vernichtung und Befreiung“. Eine Wanderausstellung des Freundeskreises der KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Andreas Wagner
11. Landesgedenkstättenseminar in Rostock (12. Bis 14. Oktober 2000)
Uwe Wieben
Drei überlebende Frauen des Konzentrationslagers Boizenburg kehrten zurück
Andreas Wagner
Schändungen von Gedenkstätten in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2000
Hermann Langer
Zur NS-„Leitkultur“ in Mecklenburg – Ein Tagungsbericht
Norbert Fischer
„Regionalgeschichte der Metropolregion Hamburg“ – Eine interdisziplinäre Tagung über die Verflechtungen zwischen Großstadt und Region
LERNEN AN HISTORISCHEN ORTEN
Elisabeth Möller
Der Besuch der ehemaligen russischen Zwangsarbeiterin Rosa I. Isprawnikowa in Mecklenburg
Annegret Ehmann
Stellenwert und Probleme der Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus und Holocaust in der historisch-politischen Bildung
ARCHIVMITTEILUNGEN
Gunnar Müller-Waldeck
Das Wolfgang-Köppen-Archiv
DAS INTERVIEW
Interview mit Regine Marquardt, Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern
AUS ANDEREN BUNDESLÄNDERN
Samirah Kenawi
GrauZone – Archiv zur ostdeutschen Frauenbewegung
Arnaud Liszka
DDR-Geschichtsaufarbeitung in der Oberlausitz: die Wanderausstellung und das Archiv der Umweltbibliothek Großhennersdorf
Cord Pagenstecher
Ravensbrück goes online: Webpräsenz und Internet-Pädagogik einer Gedenkstätte
Kurt Schilde
Moabiter Blutsonntag 1932. Die Geschichte des Hitlerjungen Herbert Norkus – die Vorlage für Roman und Film „Der Hitlerjunge Quex“?
REZENSIONEN / ANNOTATIONEN
LESERBRIEF
LETZTE MELDUNG / VERMISCHTES
IMPRESSUM
Zeitgeschichte regional | 04. Jg., 2000, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.2000
Umfang: 107 Seiten
Preis: 5,11 Euro
Editorial
Den vierten Jahrgang von „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ eröffnen wir mit einem sehr aktuellen Schwerpunktthema: „Zwangsarbeit und Kriegsgefangenschaft im Zweiten Weltkrieg“. Vor wenigen Wochen konnte eine Einigung über die Entschädigung der Zwangsarbeiter durch die bundesdeutsche Industrie herbeigeführt werden. Drohende Klagen vor amerikanischen Gerichten zwangen letztlich die deutsche Wirtschaft zum Einlenken. Doch nun geht es darum, daß die notwendigen Summen in den Fonds eingezahlt werden, um schnell mit der Auszahlung vor allem an die bedürftigen osteuropäischen Überlebenden beginnen zu können. Doch wächst das zur Verfügung stehende Kapital nur langsam, und nicht alle bürokratischen Hindernisse für die Entschädigung sind ausgeräumt. Angesichts dieses beschämenden Umgangs mit der Vergangenheit und dem Leid der Betroffenen fordern Günter Grass, Carola Stern und Hartmut von Hentig alle erwachsenen Deutschen auf, 20 DM auf das Konto der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (Commerzbank, BLZ 50040000, Kto.-Nr. 3318441) mit der Forderung einzuzahlen, daß ihr Beitrag innerhalb der nächsten sechs Monate an die Opfer ausgezahlt wird. Das wäre ein deutliches Zeichen bürgerschaftlichen Engagements für einen verantwortungsbewußten Umgang mit den Folgen der NS-Herrschaft. In ihrem Aufruf schreiben die Autoren: „Wir hoffen, nicht nur Unternehmen, Regierungen, Verbände, sondern viele einzelne deutsche Menschen werden den überlebenden Opfern dieser bösen Politik durch eine Geste zu verstehen geben, daß ihnen dieses Unrecht bewußt ist, daß sie Kummer und Scham empfinden, daß sie etwas gutmachen wollen. Uns beunruhigt die Vorstellung, daß die letzten Zwangsarbeiter sterben, ohne daß sie dieses Zeichen erreicht.“ Die Beiträge zum Schwerpunktthema von Bernhard StrebeI, Jens-Christian Wagner und Bernd Kasten sowie Auszüge aus dem Gespräch mit zwei polnischen ehemaligen KZ-Häftlingen machen eindrucksvoll deutlich, daß wir nicht über ein fernes, die Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns nicht betreffendes historisches Thema reden. Zwangsarbeit zwischen 1939 und 1945 hat es umfangreich auch in den Territorien Mecklenburg und Pommern gegeben. Doch leider wissen wir immer noch zu wenig über die Anzahl und die Schicksale der Menschen aus allen Teilen Europas, die in unserer Region zur Sklavenarbeit in der Industrie und Landwirtschaft, aber auch in kommunalen Betrieben gezwungen wurden. Das trifft auch für das Beispiel Peenemündes zu. In bezug auf die Schattenseiten der Raketenentwicklung in Peenemünde wird bisher zumeist auf den Einsatz der KZ-Häftlinge bei der Untertageverlagerung der Produktion in die Stollenanlagen bei Nordhausen sowie Einsatz der Raketen gegen zivile Ziele in England, Frankreich und Belgien verwiesen. Aber ohne den Einsatz der ZwangsarbeiterInnen in Peenemünde wären die wissenschaftlichen Höchstleistungen kaum oder nur wesentlich später realisierbar gewesen. Jens-Christian Wagner verweist auf deutliche Defizite in der lokalen Erinnerungskultur, gerade was die NS-Geschichte Peenemündes betrifft. Die Erforschung dieser Geschichte trägt dazu bei, einer im Osten Deutschlands verstärkt um sich greifenden Verherrlichung der NS-Zeit entgegenzuwirken. Statt Geschichtsblindheit brauchen wir konkretes Wissen, auch über das lokale Geschehen der Jahre zwischen 1933 und 1945. Hier eröffnet sich ein breites Betätigungsfeld für schulische und außerschulische Bildungsarbeit. Verschiedene Beiträge aus den Rubriken „Informationen aus der regionalen Geschichtsarbeit“ und „Lernen an historischen Orten“ berühren gleichfalls dieses Thema, informieren über Schwierigkeiten und Erfolge beim Erinnern an die Opfer des NS-Terrors. Hier würden wir uns wünschen, über weit mehr lokale Initiativen, ihre Arbeitsergebnisse oder auch negativen Erfahrungen berichten zu können. Wie stark Auseinandersetzungen um die Bewertung von Gewalt und Terror in der Vergangenheit Betroffene berühren und Erinnerungen nach langen Jahren des Beiseiteschiebens hervorrufen, zeigen die lebensgeschichtlichen Erinnerungen von Günter Rosahl, der 1943 wenige, aber einschneidende Wochen im Wehrmachtgefängnis Anklam zubringen mußte und zur Strafverbüßung in eine Feldstrafgefangenenabteilung an der Ostfront geschickt wurde – ein „Himmelfahrtskommando“, das er bis heute nicht vergessen kann. In der Rubrik „Aus anderen Bundesländern“ berichtet Susanne Eckelmann, eine Kollegin aus der Berliner Geschichtswerkstatt, über ein Projekt zur Erforschung von Zwangsarbeiterlagern in Berlin. Die Berliner Projektgruppe hatte nach der Fertigstellung des Artikels verschiedene polnische ZwangsarbeiterInnen zu Gast. Das Treffen war ein großer Erfolg. Aus Niedersachsen kommt ein Beitrag von Frank Bösch, den wir für einen Überblick zur zeitgeschichtlichen Forschung in diesem Bundesland gewinnen konnten. Den Fragen unseres Redaktionsmitgliedes Ortwin Pelc hat sich dieses Mal der renommierte Hamburger Zeithistoriker Prof Arnold Sywottek gestellt. In der vorliegenden Ausgabe gibt es noch eine ganze Reihe von Beiträgen außerbalb des Schwerpunktthemas. Wir veröffentlichen den zweiten Teil der Arbeit Gert Mengels über die Bausoldaten und die Pommersche Kirche. Peter Danker-Carstensen gibt einen Überblick zur Geschichte des Rostocker Seehafens, und Irene Blechle informiert über eine reformpädagogische Initiative Ernst Bernheims in Greifswald. In diesem Heft stellt Johannes Kornow Dokumente zum selten behandelten Thema „Kriegsgefangenschaft im Ersten Weltkrieg“ und zur Migrationsbewegung des Jahres 1945 vor. Der Rostocker Historiker Mathias Rautenberg schrieb für das Heft eine biographische Skizze über Franz Wohlgemuth, einen führenden SED-Funktionär im Bildungsbereich. Im Mittelpunkt seines Beitrages steht das Wirken Wohlgemuths in Greifswald und im Land Mecklenburg. Trotz parteipolitischen Aufstiegs kam es zum Ende der 1950er Jahre zum Zerwürfnis mit der SED, und Wohlgemuth flüchtete nach Westdeutschland. Mathias Rautenberg versucht, sich behutsam den Ursachen für diesen biographischen Bruch anzunähern. Abgeschlossen wird das Heft, wie gewohnt, von einer Reihe Rezensionen sowie Informationen zur zeitgeschichtlichen Forschung und Bildungsarbeit. Als Meldung aus der Redaktion bleibt nachzutragen, daß wir unseren Kreis durch die Mitarbeit von Dr. Bernd Kasten, Leiter des Stadtarchivs Schwerin, erweitern konnten. Wir hoffen, daß damit die Ausgewogenheit in der Berichterstattung über Bildungs- und Forschungsaktivitäten weiter verbessert wird. Auch nach dem Erscheinen von sieben Heften sind wir immer noch begierig auf Meinungen und Anregungen, egal ob sie uns telefonisch, über Fax, e-mail oder ganz traditionell als Briefsendung erreichen. Über Anregungen für die Gestaltung des nächsten Heftes, das den Schwerpunkt „Frauengeschichte“ haben soll, wären wir ebenfalls sehr erfreut. Eine anregende Lektüre wünscht Ihre Redaktion
Inhalt
EDITORIAL
DAS THEMA
Bernhard Strebel
Zwangsarbeit für die deutsche Rüstungsindustrie in den Außenlagern des KZ Ravensbrück
Gespräch mit Ignaz Golik und Tadeusz Saschiak
Jens-Christian Wagner
Zwangsarbeit in Peenemünde
Bernd Kasten
Die Beschäftigung von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen in Schwerin während des Zweiten Weltkrieges
AUFSÄTZE
Gert Mengel
„Der Anfang vom Ende der DDR“. Die ersten Bausoldaten und die Pommersche Evangelische Kirche. Teil II
Peter Danker-Carstensen
40 Jahre Rostocker Seehafen
Irene Blechle
Über die Reforminitiative Ernst Bernheims (1850-1942) zur Gründung eines „Vereins der Lehrer aller Kategorien von der Volksschule bis zur Universität für Unterrichtsinteressen in Greifswald“
DOKUMENTE
Johannes Kornow
Kriegsgefangenschaft im Ersten Weltkrieg
Johannes Kornow
Umsiedlung, Flucht und Vertreibung 1945
DIE BIOGRAFISCHE SKIZZE
Mathias Rautenberg
Franz Wohlgemuth – „Wie sieht sein wahres Gesicht aus?“
LEBENSGESCHICHTLICHE ERINNERUNGEN
Günter Rosahl
Im Wehrmachtstrafvollzug
INFORMATIONEN AUS DER REGIONALEN GESCHICHTSARBEIT
Susann-Isabel Prinke
Sandmann, Multiboy und Allesrein. DDR-Altagskultur im „Filmpalast“ Malchow
Christine Rehberg-Credé
pro historia. Büro für historische Stadt- und Regionalforschung
Kathrin Möller
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag – die Geschichtswerkstatt Rostock feiert fünfjähriges Bestehen
Andreas Wagner
Bützow: Wiedereröffnung der Gedenkstätte im „Krummen Haus“
Andreas Wagner
Einweihung der Gedenkstätte Außenlager Retzow des KZ Ravensbrück
Werner Pade
Die Entwicklung Neubrandenburgs als Wirtschaftsstandort in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg
Johannes Kornow
800 Jahre Kloster Eldena, 750 Jahre Greifswald, 225. Geburtstag von Caspar David Friedrich
Johannes Kornow
Sind Erinnerungen verläßliche Quellen der historischen Erkenntnis?
LERNEN AN HISTORISCHEN ORTEN
Klaus Lüders
Demokratiegeschichte als Jugendprojekt
Hugo Rübesamen
Ein Berg auf der Insel Usedom – Geschichtliches und Gegenwärtiges
Andreas Wagner
55. Jahrestag der Befreiung des KZ-Außenlagers und des Kriegsgefangenenlagers Stalag Luft I in Barth
Andreas Wagner
Auseinandersetzung mit DDR-Antifaschismus – der Friedhof für die Opfer des Faschismus (OdF-Friedhof) in Schwerin
INTERVIEW
Interview mit Prof. Dr. Arnold Sywottek
ARCHIVMITTEILUNGEN
Angela Hartwig
Das Rostocker Universitätsarchiv zwischen 1990 und 2000
AUS ANDEREN BUNDESLÄNDERN
Susanne Eckelmann
„Vergessene Lager – vergessene Opfer. Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Berlin 1939-1945“. Ein Projekt der Berliner Geschichtswerkstatt e.V.
Frank Bösch
Zeitgeschichtsforschung über den Raum Niedersachsen: Tendenzen und Perspektiven
REZENSIONEN / ANNOTATIONEN
LESERBRIEF / VERMISCHTES
IMPRESSUM
Zeitgeschichte regional | 03. Jg., 1999, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.1999
Umfang: 112 Seiten
Preis: 5,11 Euro
Editorial
Wir freuen uns, Ihnen die neue Ausgabe von ZEITGESCHICHTE REGIONAL präsentieren zu können. Damit wäre der dritte Jahrgang unseres Projekts vollendet. Die Resonanz auf das letzte Heft war wiederum sehr erfreulich. Sie zeigt uns den Maßstab, dem wir hoffentlich auch mit der Ihnen jetzt vorliegenden sechsten Ausgabe von ZEITGESCHICHTE REGIONAL entsprechen. Wie bereits angekündigt, haben wir mit dieser Ausgabe die 10. Jährung der Ereignisse des Herbstes von 1989 in den damaligen drei Nordbezirken der DDR thematisch in den Mittelpunkt gerückt. Was zu diesem Zeitpunkt bereits fast wie eine Reminiszenz auf die vielen Gedenkveranstaltungen, Würdigungen und letzten Monate zu diesem Gegenstand daherkommt, erhebt schon noch den Anspruch, einen eigenständigen Beitrag (oder vielmehr eine Reihe von Beiträgen) in die öffentliche Diskussion einzubringen. Es freut uns in diesem Zusammenhang besonders, daß wir den Schmetterling, das authentische Symbol der Bürgerbewegung in Rostock, zum Signet dieses Heftes machen und ihn so auch überregional bekannt machen können. Der Rolle und der Bedeutung der (vor allem) evangelischen Kirchen vor und während des Herbstes 1989 wird mit den Aufsätzen von Georg Herbstritt und Gert Mengel auch in ZEITGESCHICHTE REGIONAL Rechnung getragen. Ein anderer wesentlicher Aspekt und Auslöser für den Zusammenbruch der DDR, die Ausreisewellen und die Massenflucht von Bürgern dieses Landes, werden in dem Beitrag von Jonathan Grix behandelt. Anders als in den bisherigen Ausgaben sind diesmal auch das "Interview" sowie das "Dokument" mit Betrachtungen über das Thema verbunden. In zwei Interviews wird versucht, die Sicht zweier Persönlichkeiten, die in verschiedenen politischen Lagern an dem damaligen Geschehen in Rostock unmittelbar beteiligt waren und durch die Entwicklung, durch die die einer den anderen im Amt des Rostocker Oberbürgermeisters ablöste, gleichsam zu Protagonisten für die Entwicklung jeder politischen Lager wurden, einander gegenüberzustellen. Auch nach zehn Jahren sind die damaligen Differenzen durchaus noch erkennbar. Das von Peter Köppen vorgestellte Dokument hebt sich inhaltlich von den übrigen in diesem Heft veröffentlichten Beiträgen zum Thema ab. Äußerungen von Mitglieder einer "Grundorganisation" der SED den Entwicklungen und Perspektiven im Herbst 1989 wurden in der bisher zum "Wende"-Thema stattgehabten gesamtdeutschen Diskussion allenfalls aus den Augenwinkeln in den Blick genommen. Ausgiebiger als sonst wird diesmal unter dem Titel "Gewaltfrei für Demokratie" ein Angebot für Lehrende und Lernende zur Gestaltung von Bildungseinheiten zum "Wende"-Herbst ausgebreitet. Damit verbindet sich eine Werbung in eigener Sache. Die hier vorgestellte Materialsammlung, ebenfalls von der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. Herausgegeben, kann unter derselben Adresse wie ZEITGESCHICHTE REGIONAL erworben werden. Darüber hinaus bietet ZEITGESCHICHTE REGIONAL Ihnen die Fortsetzung der von Achim von Borries verfaßten Biographie der Margarethe Lachmund. Zu einem, für diese Zeitschrift zentralen Thema, die Arbeit mit Gedenkstätten in unserem Bundesland, meldet sich Matthias Pfüller erneut grundsätzlich zu Wort. Einem dieser Orte sind in dieser Ausgabe gleich zwei Beiträge gewidmet. Die "Führerschule der deutschen Ärzteschaft" in Alt Rehse war durch unrühmliche Immobilienstreitigkeiten mehrfach Gegenstand von Pressemeldungen. Der Geschichte dieses Ortes geht Jörg Zapnik in seinem Beitrag nach, während Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt das Nichtvergeben dieser Geschichte in der Gegenwart diskutiert. Erfreuliches ist zu unserer Rubrik "Diskussion" zu vermelden. Norbert Buske stellt, das Thema unseres letzten Heftes aufgreifend, seine "Anmerkungen zum Eigentum am Bodenreformland" vor. Aus der regionalen Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns konnten wieder nur einige Beispiele aufgegriffen werden. Das Dokumentationszentrum des Landes M-V für die Opfer deutscher Diktaturen in Rostock und Schwerin sei an dieser Stelle als eine Initiative von überregionaler Bedeutung genannt. Ein Paukenschlag, nicht nur für die Geschichtsschreibung Mecklenburgs, sonders des Nationalsozialismus in Deutschland, war das Auftauchen des Nachlasses des NSDAP-Gauleiters Friedrich Hildebrandt. Er ist jetzt im Landeshauptarchiv Schwerin für die Benutzung zugänglich. Dessen Leiter Andreas Röpcke stellt ihn vor. Einem sehr anregenden Bericht von Simone Hantsch über historische Spurensuche durch die Kachubei, den Norden des heutigen Polen, haben wir die Rubik "Aus anderen (Bundes)ländern" geopfert. Wir meinen: Ein Gewinn. In Rückbesinnung auf klassische Literatur, wonach, wer vieles bringt, manchem etwas bringen wird, geben wir uns der Hoffnung hin, daß die Auswahl an Rezensionen, Annotationen und Informationen einem möglichst breiten Publikum Anregung bieten möge. Die Sammlung und Recherche für den vierten Jahrgang von ZEITGESCHICHTE REGIONAL hat begonnen. Daß die Ergebnisse dessen den Weg an die Öffentlichkeit findet, ist durch finanzielle Unterstützung des Landes Mecklenburg-Vorpommern wiederum gesichert. Dafür unser Dank! Ankündigen können wir schon, daß in einer der beiden Ausgaben des Jahres 2000 den Frauen mehr Platz eingeräumt sein wird als in diesem Heft bislang üblich. Zunächst aber wünschen wir Ihnen eine gewinnbringende Lektüre und uns aufgeschlossene und diskussionsfreudige Leser.
Ihre RedaktionInhalt
EDITORIAL
DAS THEMA
Georg Herbstritt
Wegbereiter der Wende. Heinrich Rathkes „Kirche für andere“ und der Beitrag der mecklenburgischen Landeskirche für den Umbruch im Norden 1989/90
Jonathan Grix
Der Beitrag von Ausreisewilligen zum Zusammenbruch der DDR. Eine Fallstudie aus dem Bezirk Schwerin
Gert Mengel
„Der Anfang vom Ende der DDR“. Die ersten Bausoldaten und die Pommersche Evangelische Kirche. Teil I
AUFSÄTZE
Walburga Wernsdorf
Die Yacht- und Bootswerft Gebr. Kröger in Warnemünde (1928-1945)
Jörg Zapnik
Die Führerschule der deutschen Ärzteschaft in Alt Rehse
Matthias Pfuller
Überlegungen zu Stand, Problemen und Perspektiven der Gedenkstättenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern
DAS DOKUMENT
Peter Köppen
„Standpunkt der Parteiorganisation der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock zur Entwicklung eines neuen Sozialismus in der DDR“ vom 2. November 1989
DIE BIOGRAFISCHE SKIZZE
Achim von Borries
Friedensarbeit zwischen Ost und West. Die Quakerin Margarethe Lachmund (1896-1985). Teil II
DISKUSSION
Klaus-J. Lorenzen-Schmidt
Alt Rehse. Eindrücke eines Reisenden
Norbert Buske
Anmerkungen zum Eigentum am Bodenreformland
INFORMATIONEN AUS DER REGIONALEN GESCHICHTSARBEIT
Werner Müller
Das Rostocker Dokumentationszentrum – ein beachtlicher Schritt nach vorn
Rolf Bartusel
Ein Jahr MV-data: Möglichkeiten der Geschichtsschreibung im Internet
Hermann Langer
„Rechtsextremismus und Wahlen“ – Ein Tagungsbericht
Gabriele Wahl
„Frauen schreiben ihre Geschichte“ am 29.9.1999 in Rostock. Ein Seminarbericht
LERNEN AN HISTORISCHEN ORTEN
Meike Müller / Anke Dahlmeier / Isabella Elmanowski / Peter Köppen
Gewaltfrei für Demokratie. Der Herbst 1989 in Mecklenburg-Vorpommern“. Eine Materialsammlung zur Unterrichtsgestaltung in Schule und Erwachsenenbildung
ARCHIVMITTEILUNGEN
Andreas Röpcke
Der Nachlaß des Gauleiters Friedrich Hildebrandt im Landeshauptarchiv Schwerin
AUS ANDEREN BUNDESLÄNDERN
Simone Hantsch
Mit der „Blechtrommel“ durch Danzig und die Kaschubei
REZENSIONEN / ANNOTATIONEN
VERMISCHTES
IMPRESSUM
Zeitgeschichte regional | 03. Jg., 1999, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.1999
Umfang: 134 Seiten
Preis: 5,11 Euro
Editorial
Das erste Heft des nunmehr dritten Jahrgangs von "ZEITGESCHICHTE REGIONAL" liegt vor Ihnen. Der Erfolg dieses Projektes in den zurückliegenden zwei Jahren hat uns auch für 1999 eine finanzielle Unterstützung durch das Ministerium für Wissenschaft, Bildung und Kultur unseres Landes gesichert. Wir danken an dieser Stelle herzlich dafür. Unser Dank gilt außerdem dem Kulturamt der Hansestadt Rostock, das sich in diesem Jahr erstmalig an der Finanzierung unserer Zeitschrift beteiligt. Der sich daraus ergebenden Hoffnung auf eine von Verbesserungen geprägte Kontinuität wollen wir zusätzliche Nahrung geben, indem wir das äußere Erscheinungsbild beibehalten. Es ist uns gelungen, den Materialfluß so zu kanalisieren, daß sich der Umfang dieses Heftes - nach z.T beachtlichen Steigerungsraten in den vorausgegangenen Ausgaben - an dem seines Vorgängers orientiert. Im Innern wird Ihnen allerdings eine Neuerung begegnen. Nach intensiven Diskussionen in der Redaktion haben wir uns entschlossen, Ihnen dieses neue und - wie wir meinen - leserfreundlichere Schriftbild anzubieten. Wenn von Neuerungen die Rede ist, sei auch darauf verwiesen, daß wir mit dieser Ausgabe die Auflage auf 500 Exemplare erhöht haben. Wir freuen uns, vermelden zu können, daß von den 400 Heften der letzten Ausgabe von "ZEITGESCHICHTE REGIONAL" 240 Abonnenten verkauft werden konnten. Auf Grund der erfreulichen Nachfrageentwicklung sind alle bisher erschienenen vier Ausgaben von "ZEITGESCHICHTE REGIONAL" vergriffen. Eine Nachauflage für die Hefte aus den Jahren 1997 und 1998 konnten wir dank der Unterstützung durch den Neuen Hochschulschriftenverlag realisieren. Ankündigen müssen wir allerdings eine Erhöhung des Verkaufspreises auf 10,00 DM ab dieser Ausgabe, da die Fertigungskosten je Heft den Einzelverkaufspreis mittlerweile übersteigen. Dafür bieten wir Ihnen ein breites Programm. Der Schwerpunkt, den wir für die erste Nummer des dritten Jahrgangs von "ZEITGESCHICHTE REGIONAL" gewählt haben, rückt die Entwicklung der mecklenburgischen Landwirtschaft in den Vordergrund. Jens Murken und Klaus-J. Lorenzen-Schmidt behandeln in ihren Aufsätzen den Umgang mit dem Thema Bodenreform in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen nach 1945. Interessante Vergleichsmöglichkeiten ergeben sich daraus. Während Marko Rilinger, gleichsam an Jens Murken anknüpfend, die mecklenburgische Landwirtschaft unter dem Kollektivierungsdruck der 1950er Jahre skizziert, trug Mario Niemann aus seinem Fundus einen Aufsatz über bekannte Industrielle als Besitzer von mecklenburgischen Gütern in der NS-Zeit bei. Im Anschluß an das "Thema" melden sich Torsten Schaar und Beate Behrens sowie Hermann Lange mit Aufsätzen über den Einsatz mecklenburgischer Luftwaffenhelfer bzw. über die Entwicklung der Penzliner Stadtschule zwischen 1933 und 1945 zu Wort. Peer Wittig vom Lilienthal-Museum der - seit kurzem - Hansestadt Anklam lüftet in seinem Beitrag u.a. das Geheimnis des Namens der Arado-Flugzeugwerke. Kontinuität versuchen wir auch damit, daß einmal aufgegriffene Themen weiter verfolgt werden, sei es durch die Vorstellung von Häftlingsschicksalen, die mit dem Justizgebäude am Schweriner Demmlerplatz verbunden sind, durch eine weitere historische Momentaufnahme aus dem Tagebuch des Greifswalder Theologieprofessors Rudolf Hermann, durch die Einordnung der Person Professor Ernst Lohmeyers in den politischen Kontext der Nachkriegszeit anhand von Dokumenten oder durch die publizistische Begleitung von Projekten der regionalen Geschichtsarbeit in Gedenkstätten oder Museen unseres Landes. Möglich ist auch die Diskussion auf den Seiten von "ZEITGESCHICHTE REGIONAL". Die mit den Beiträgen von Kathrin Möller und Reno Stutz zur "Heinkelstraße" in Laage und von Andreas Wagner zum Museum Rechlin sowie dem Leserbrief von Rainer Potratz aufgekeimten jungen Triebe wollen wir hegen und pflegen, waren sie doch Teil des Grundanliegens, die Diskussion zum Umgang mit der Geschichte unseres Landes in diesem Jahrhundert anzuregen und ihr ein Forum zu geben, das uns zur Inangriffnahme des Projektes "ZEITGESCHICHTE REGIONAL" veranlaßte. Der Jahrestage sind kein Ende. Auch wir werden uns mit dem zweiten Heft dieses Jahres wieder mit ihnen befassen. Wenn es erschienen ist, werden zehn Jahre vergangen sein, da eine Kaskade von Ereignissen, die heute so vermeintlich griffig mit "Wende" beschrieben werden, Teil der Geschichte geworden sind. Auch wir werden sie zum Thema machen. Dabei sei aber nicht vergessen, daß der 1. September dieses Jahres zehn Jahre nach der "Wende" auch der Tag ist, an dem sich der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zum 60. Male jährt. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Ihre RedaktionInhalt
EDITORIAL
DAS THEMA
Jens Murken
Bodenreform in Mecklenburg-Vorpommern
Klaus-J, Lorenzen-Schmidt
Gescheiterte Bodenreform in Schleswig-Holstein
Jens Murken
Die Haltung der niedersächsischen Parteien zur Durchführung einer Bodenreform nach 1945
Marko Rilinger
Landwirtschaft in Mecklenburg in den Jahren 1952 bis 1960
Mario Niemann
Landwirtschaft und Kapital. Bekannte Industrielle als Besitzer mecklenburgischer Güter und Domänen bis 1945
AUFSÄTZE
Hermann Langer
„Im Gleichschritt marsch!“ Schule von 1933 bis 1945 am Beispiel der Stadtschule Penzlin
Torsten Schaar / Beate Behrens
Von der Schulbank in den Krieg
Peer Wittig
Das Aradowerk in Anklam
DOKUMENTE
Arnold Wiebel
Das Aufziehen der weißen Fahne in Greifswald
Mathias Rautenberg
Das vorzeitige Ende der demokratischen Erneuerung im „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“
Hans-Ulrich Krellenberg
Das Kriegsgefangenenlager Parchim 1914 bis 1921
DIE BIOGRAFISCHE SKIZZE
Achim von Borries
„Treue Hilfe“. Die Quaketin Margarethe Lachmund (1896-1985)
Anne Drescher / Werner Pankow
Inhaftiert amDemmlerplatz – zwei lebensgeschichtliche Erinnerungen
DISKUSSION
Kathrin Möller / Reno Stutz
Ernst Heinkel ein Denkmal setzen?
Andreas Wagner
Luftfahrttechnische Entwicklung in der NS-Zeit ohne Folgen?
INFORMATIONEN AUS DER REGIONALEN GESCHICHTSARBEIT
Jürgen Kniesz
Zeitgeschichte im Museum – das Stadtgeschichtliche Museum Waren
Uwe Sehroder
Baubeginn für das Pommersche Landesmuseum
Martin Onnasch
Die erste Verleihung des Wissenschaftspreises der Stiftung Pommern
Carola Fischer
Ehepaar Elgeti machte Kirchenchronik. von Kavelstorf lesbar
Erich Martin
Arbeitskreis Stadtgeschichte Malchow
Kyra T, Inachin / Michael North
Lohnarbeit versus Fronarbeit. Landwirtschaft in Pommern und im Ostseeraum in der Neuzeit
Andreas Wagner
Projektgruppe „Gedenkstättenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern“ arbeitet an einer Landesgedenkstättenkonzeption
LERNEN AN HISTORISCHEN ORTEN
Angelika Meyer
Der heutige Umgang mit der Geschichte der E-Stelle und der zukünftigen Gedenkstätte Retzow
Andreas Wagner
Jugendliche erforschten Topographie des KZ-Außenlagers Barth
Günter Kosche
Unterrichtseinheit: Die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik
ARCHIVMITTEILUNGEN
Ulrike Reinfeldt
Vom Provinzialkirchenarchiv zum Landeskirchlichen Archiv der Pommerschen Evangelischen Kirche
Marita Pagels-Heineking
Die Außenstelle Neubrandenburg der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR
DAS INTERVIEW
Interview mit Jörn Mothes
AUS ANDEREN BUNDESLÄNDERN
Uwe Danker
Schleswig-holsteinische „Jahrhundertstory“ als aktives Erlebnis Heimatgeschichte
REZENSIONEN / ANNOTATIONEN
LESERBRIEFE / VERMISCHTES
IMPRESSUM
Zeitgeschichte regional | 02. Jg., 1998, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.1998
Umfang: 140 Seiten
Preis: 4,10 Euro
Editorial
Das Jahr 1998 war gefüllt mit Jahrestagen – 150 Jahre Revolution von 1848, 80 Jahre Novemberrevolution und 60 Jahre Pogromnacht 9./10. November 1938, 30 Jahre Studentenunruhen und Prager Frühling 1968-, aber auch mit Auseinandersetzungen um ritualisierte Gedenkformen. Auch die Diskussion um das Berliner Holocaust-Mahnmal kann als eine Anregung gelesen werden, wie Erinnerung zukünftig möglich ist. Der Streit um die Rede Martin Walsers anläßlich der Verleihung des Friedenspreises beschäftigte zuletzt die Öffentlichkeit. Auch für uns waren die verschiedenen Jahrestage Anlaß zu einer Beschäftigung mit den historischen Ereignissen, vor allem mit ihrer Rezeption in späteren Zeiten. Dr. Karge schrieb über die Rezeption der 1848er Revolution kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, und Dr. Mahlburg erinnerte sich an das turbulente Jahr 1968. Allerdings ließen sich nicht alle unsere Wünsche nach Beiträgen erfüllen – historische Forschung richtet sich nur begrenzt an runden Jahreszahlen aus. Neben dem zentralen Thema findet sich eine Reihe von weiteren Artikeln in diesem Heft, insbesondere zur regionalen Geschichte des Nationalsozialismus. Zahlreiche Beiträge widmen sich der zeithistorischen Bildungsarbeit, wobei dieses Mal die Arbeit von Museen im Vordergrund steht. Und, wie gewohnt, gibt es eine lange Reihe von Buchbesprechungen, Veranstaltungsberichten und anderen Informationen. Bei der Vorbereitung des vierten Heftes mußten wir feststellen, daß die große Zahl der angebotenen Texte die Kapazität unserer Zeitschrift sprengt. Praktisch ist auch schon das nächste Heft gefüllt! Eigentlich eine sehr positive Situation, die etwas über den wachsenden Bekanntheitsgrad und über die Anerkennung unserer Arbeit aussagt. Dahinter verbirgt sich allerdings ein wachsender redaktioneller Aufwand, der ehrenamtlich fast nicht mehr zu leisten ist. Ohne den übergroßen Krafteinsatz – außerhalb ihrer eigentlichen beruflichen Tätigkeit – von Angrit Weber und Mathias Rautenberg wäre eine kontinuierliche Redaktionsarbeit nicht möglich. Um unsere Kontakte in Mecklenburg-Vorpommern und in die benachbarten Bundesländer zu verbessern, haben wir unsere Redaktion mit kompetenten Fachleuten erweitert. Neu hinzugekommen sind Irmfried Garbe (Greifswald) und Dr. Ortwin Pelc (Hamburg). Trotz der positiven Entwicklung unserer Zeitschrift sind wir in der Zusammenarbeit mit den Lehrern nicht vorangekommen. Es ist uns wieder nicht gelungen, eine(n) Pädagogin(en) zu gewinnen, die/der eine didaktisch aufbereitete Unterrichtseinheit in "ZEITGESCHICHTE REGIONAL" vorstellt. Das wäre ein wichtiges Dienstleistungsangebot unserer Zeitschrift für Mittler der politischen Bildung in diesem Land, auf as wir nicht verzichten wollen. Deshalb werden wir von diesem Ziel nicht abgehen, und solange wird im Editorial eine Klage geschrieben stehen. Weiterhin erweist es sich in einer Halbjahresschrift als schwierig, auf Veranstaltungen zur regionalen Zeitgeschichte im nächsten halben Jahr hinzuweisen. Von den Trägern politischer Bildung wird "ZEITGESCHCHTE REGIONAL" noch nicht als wichtiger Informationsvermittler angesehen. Doch mit nahezu 200 Abonnenten und einem Einzugsgebiet über unser Bundesland hinaus lohnt es sich, in diesem Periodikum Veranstaltungen anzukündigen oder für Bücher zu werben. Mit der Hoffnung auf viele interessante Anregungen beim Lesen des vierten Heftes von "ZEITGESCHICHTE REGIONAL" wünschen wir Ihnen einen frohen Jahreswechsel.
Ihr RedaktionsteamInhalt
EDITORIAL
DAS THEMA
Wolf Karge
1948: Hundert Jahre bürgerliche Revolution und ihre Reflexion in Mecklenburg
Fred Mahlburg
Mein 68 und die Folgen. Einige widerwillige Erinnerungen
AUFSÄTZE
Beate Behrens
Der Aufstieg des Nationalsozialismus aus regionaler Perspektive
Hermann Langer
„Ja, die Fahne ist mehr als der Tod!“ Zur Geschichte der Hitlerjugend in Mecklenburg
Karl-Heinz Jügelt
Schandpfahl und Bücherverbrennung in Rostock
DOKUMENTE
Julia Männchen / Irmfried Garbe
Hinterpommern 1943 – Menschlichkeit als subversive Macht in Zeiten des Terrors
Irmfried Garbe
Zeugnisse über Stettiner »nichtarische« Schicksale und die Haltung der Bekennenden Kirche 1935-1945
Frank Petzold
Eine „Sondermaßnahme“ zur Abriegelung der innerdeutschen Grenze im Mai 1952
DIE BIOGRAFISCHE SKIZZE
Rolf Bartusel
Franz Unikower
DISKUSSION
Anne-Kathrin Burke
Erhalt oder Abriß?
INFORMATIONEN AUS DER REGIONALEN GESCHICHTSARBEIT
Kersten Krüger
Forschungen zur Regionalgeschichte am Fachbereich Geschichtswissenschaften der Universität Rostock 1993-1998
Peter Starsy
Ortsgeschichte – Regionalgeschichte – Schleswig-Holstein. Anmerkungen zu einem Projekt unserer westlichen Nachbarn
Volker Probst
Das Neue Museum am Heidberg der Ernst Barlach Stiftung Güstrow
Ingo Koch
Wolhynier Umsiedler-Museum in Linstow
Kathrin Möller
1. Schweriner Museumsfest fand großes Interesse
Andreas Wagner
Neue Gedenkstätte eingeweiht: Dokumentationszentrum für die Opfer deutscher Diktaturen
Andreas Wagner
Gedenkstättenkonferenz am 8./9. Juni 1998
Matthias Manke
Gedenkveranstaltung zum 70. Geburtstag von Arno Esch
Kerstin Baldauf
Eine 90jährige – erfolgreich und schön
Rolf Voß
Eine Stadt im Festfieber. 750 Jahre Neubrandenburg 1998
Heinz Hirsch
Verein für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern e.V.
Steffen Sammler
Mecklenburg-Vorpommern auf der German Studies Association Twenty-Second Annual Conference
R. Bartusel/ D.v. Melis / J. Murken
Biographien im Internet. Funktionseliten in Mecklenburg-Vorpommern 1945-1952
WIR STELLEN VOR
KLATSCHMOHN Verlag Rövershagen
LERNEN AN HISTORISCHEN ORTEN
Mike Bruhn
Workcampsommer 1998 in Malchow
Andreas Wagner
Abschrecken – Erkennen – Abfangen. Grenz-Erfahrungen rund um den Ratzeburger See
Peter Köppen
Unterrichtsmappe „Wendezeiten“
ARCHIVMITTEILUNGEN
Zum Landesarchivgesetz in Mecklenburg-Vorpommern
DAS INTERVIEW
Interview mit Dr. Volkhard Knigge am 17.6.1998
AUS ANDEREN BUNDESLÄNDERN
Ortwin Pelc
Juden in Hamburg. Eine Ausstellung im Museum für Hamburgische Geschichte
Jürgen Sielemann
Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie e.V.
Marie-Luise Kreuter
Die Rettung von Juden im nationalsozialistischen Deutschland. Ein Konferenzbericht
Andreas Wagner
Gedenken, Interkulturalität und Jugendkultur in der deutschen Einwanderungsgesellschaft
REZENSIONEN / ANNOTATIONEN
VERMISCHTES
IMPRESSUM
Zeitgeschichte regional | 02. Jg., 1998, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.07.1998
Umfang: 116 Seiten
Preis: 4,10 Euro
Editorial
„ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ geht in das zweite Jahr des Bestehens. Das wurde möglich, weil das Kultusministerium uns erneut finanziell unterstützt - Ein herzliches Dankeschön! -, die Reaktion in ihrer Arbeit für die Zeitschrift nicht lockergelassen und die Zeitschrift bei LeserInnen und AutorInnen Interesse und Unterstützung gefunden hat. Wir betrachten die Zeitschrift als ein beständig zu verbesserndes Projekt, in dem Fachleute und Interessierte über zeitgeschichtliche Probleme in Diskussion kommen sollen. Zeitgeschichtliche Forschung und Bildungsarbeit sollen sich hier begegnen und gegenseitig anregen. Für die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen ist „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ bereits eine gute Adresse geworden, wie diese Ausgabe eindrucksvoll belegt. Ein größeres Augenmerk wollen wir zukünftig auf die Vermittlung zeithistorischer Themen und auf den Meinungsstreit richten. Dafür suchen wir gerade unter den LehrerInnen und Mittlern der politischen Bildung noch Mitstreiter. Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen bei der Vermittlung zeithistorischer Probleme mit! Mit welchen Voraussetzungen und Bedingungen ihrer Arbeit (Lehrpläne, Lehrmaterial, zur Verfügung stehende Zeit, Motivation der Lernenden etc.) haben sie zu kämpfen? Über welche Erfolge und Niederlagen können Sie berichten? Wir freuen uns über jede Reaktion! Das erste Heft des Jahres 1998 haben wir unter dem Schwerpunkt „Geschichte von Sozialpolitik“ gestellt. Dabei rücken Beiträge zur Geschichte der Medizin und Gesundheitspolitik in den Mittelpunkt. Ines Miesch untersucht die Praxis der Sterilisation in der NS-Zeit in Mecklenburg. Lange Zeit hat man übersehen, daß die Zwangssterilisationen seit 1933 die Vorgeschichte der Euthanasiemorde sind. Wer waren die Opfer, wer die Täter? Gabriele Moser behandelt den Umgang mit dem Thema in der Zeit nach 1945 in Mecklenburg und verweist auf Kontinuitäten unter den Ärzten, aber auch unter den Anschauungen und ethischen Normen im „antifaschistischen Osten“. Im Kontext der Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit steht auch das Interview mit Ernst Klee, der – gegen starke Widerstände – auf das Versagen von Medizinern und Psychologen in der NS-Zeit hingewiesen hat. Bei der Verdrängung und dem Vergessen der medizinischen Verbrechen in der NS-Zeit gab es kaum Unterschiede in Ost und West. In Mecklenburg-Vorpommern begannen praktisch erst mit dem Ende der DDR Forschungen zu Euthanasieverbrechen in Ueckermünde. Wie die OZ vom 30./31. Mai 1998 meldete, hat sich nun auch in Schwerin ein Gesprächskreis gebildet, der sich mit der Tötung von Patienten in der „Heil- und Pflegeanstalt“ auf dem Schweriner Sachsenberg beschäftigt und diese Vergangenheit nach fast 50jährigem Schweigen stärker ins öffentliche Bewußtsein rücken möchte. Die Beiträge zum Rahmenthema rundet eine Untersuchung von Horst Sieber zur Personalpolitik der AOK Rostock zwischen 1933 und 1945 ab. Dabei hat der Autor für dieses wenig untersuchte Themenfeld erst kürzlich aufgefundene Quellenbestände ausgewertet. Außerhalb des Schwerpunktthemas erscheinen weitere Beiträge mit Forschungsergebnissen zur regionalen Zeitgeschichte. So schreibt beispielsweise Mario Niemann über die Auswirkungen des 20. Juli 1944 auf Mecklenburg, und Bodo Keipke entwirft eine biographische Skizze über Siegfried Witte. Die zeitgeschichtliche Bildungsarbeit ist mit mehreren Beiträgen zur Gedenkstättenarbeit vertreten. Wolfgang Jacobeit, Autor der neuen Körner-Ausstellung in den Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin, gibt einen Einblick in die Neugestaltung der Ausstellung, in der er die Rezeption von Leben und Werk in den Mittelpunkt stellt – ein Anregung zur produktiven und kritischen Auseinandersetzung mit der Person Körners und damit, was in unterschiedlichen historischen Perioden aus ihr gemacht wurde. Außerdem berichten Schüler des Gymnasiums Rövershagen über ihre Spurensuche zur NS-Geschichte vor Ort. Weitere Beiträge beschäftigen sich mit Gedenkstättenarbeit in Wöbbelin und Ravensbrück sowie mit Meinungen zum Gedenktag für die Opfer des Holocaust am 27. Januar. Zahlreiche Rezensionen und Informationen zu Terminen und Aktivitäten im zweiten Halbjahr 1998 runden das Heft ab. Die Redaktionsmitglieder werden möglichst viele Veranstaltungen besuchen, um für die LeserInnen der Zeitschrift berichten zu können. Das zweite Heft wird wieder am Ende des Jahres, dann mit dem Schwerpunkt „Revolutionsjubiläen: 1848-1918-1968 erscheinen. Viele neue Informationen und Anregungen beim Lesen wünscht Ihnen
Ihr RedaktionsteamInhalt
EDITORIAL
DAS THEMA
Ines Miesch
Zwangsterilisationen in Mecklechnburg während der Zeit des Nationalsozialismus
Gabriele Moser
NS-Zwangssterilisation und „Erbpflege“ in der Nachkriegsgesellschaft. Bruchstücke aus der Geschichte der SBZ / DDR und Mecklenburg (-Vorpommerns)
Horst Sieber
Die AOK Rostock 1933-1945. Nationalsozialistische Personalpolitik in einer Institution mittelbarer Staatsverwaltung
Karin Thomsen
Arbeitsbeschaffungsaktionen in den Jahren der Weimarer Republik. Das Beispiel Rostock
AUFSÄTZE
Mario Niemann
Der 20. Juli 1944 und seine Auswirkung in Mecklenburg
Bernd Hildebrandt
Dietrich Bonhoeffer und die Greifwalder Theologische Fakultät
Arnold Wiebe
Greifswalder Gelehrte Gesellschaft für Lutherforschung und neuzeitliche Geistesgeschichte
DOKUMENTE
Angela Hartwig
Aberkennung von Doktortiteln im Dritten Reich und Rehabilitation nach 1945 an der Universität Rostock
DIE BIOGRAFISCHE SKIZZE
Bodo Keipke
Siegfried Witte
DISKUSSION
Henning Morgenstern
Gedenktag wofür?
Peter Köppen
Der 27. Januar 1998 in Rostock
INFORMATIONEN AUS DER REGIONALEN GESCHICHTSARBEIT
Uwe Schröder
Das Projekt „Pommersches Landesmuseum“
Wolf Karge
Das Technische Landesmuseum e.V. zeigt im Schweriner Marstall die Ausstellung „Mecklenburg-Vorpommern – wo Technik anfängt“
Almuth Wagner
Max-Samuel-Haus
Andreas Wagner
Jahreskonferenz “Gedenkstättenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern” am 8./ 9. Dezember 1997 in Bad Stuer
Wilfried Steinmüller
Arbeitskreis gegen das Vergessen
Wolfgang Jacobeit
Die Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin. Zur Geschichte einer musealen Einrichtung in Mecklenburg-Vorpommern
Simone Hantsch
Leben heute – mit der Vergangenheit. Förderverein der Mahn- und Gedenkstätte Wöbbelin e.V.
Andreas Fraude
Zur Arbeit der Enquete-Komission in Mecklenburg-Vorpommern
LERNEN AN HISTORISCHEN ORTEN
Hardt-Waltherr Hämer
Ein Denkort für die Lerngesellschaft: Zum Entwicklungskonzept „Prora für Rügen“
Mathias Rautenberg
Gezeichnet für ein Leben, aber : „Die Hoffnung stirbt zuletzt“
Historische Projektarbeit am Gymansium. Wir erforschten unsere Heimatgeschichte
Andreas Wagner
Besuch der Gedenkstätte Ravensbrück
ARCHIVMITTEILUNG
Volker Höffer
Sieben Jahre Umgang mit den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Die Außenstelle Rostock der Behörde des Bundesbeauftragten – ihre Möglichkeiten für die regionalgeschichtliche Forschung und Bildung
DAS INTERVIEW
Interview mit Ernst Klee am 14. April 1998
AUS ANDEREN BUNDESLÄNDERN
Bernhard Strebel
Das Männerlager des KZ Ravensbrück 1941-1945
Christian Hirte
„Auferstanden aus Ruinen“. Zur Situation der Brandenburgischen Technikmuseen
REZENSIONEN / ANNOTATIONEN
VERMISCHTES
WIR STELLEN VOR
Verlagsvorstellung: Altstadt Verlag Rostock, Edition Kultur & Mehr
IMPRESSUM
Zeitgeschichte regional | 01. Jg., 1997, Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.1997
Umfang: 88 Seiten
Preis: 4,10 Euro
Editorial
Wir freuen uns, Ihnen nunmehr die zweite Ausgabe von „ZEITGESCHICHTE REGIONAL“ präsentieren zu können. Gerade in den letzten Wochen vor der Fertigstellung der Nummer schwoll der zu bewältigende Aufgabenberg wieder enorm an. Aber stolz können wir vermelden, daß zum zweiten Heft eine größere Zahl von Autoren beigetragen hat und die Redaktion trotzdem Ruhe und Überblick bewahren konnte. Zahlreiche Reaktionen erreichten uns seit Erscheinen der ersten Nummer. Die vielen zustimmenden Meinungen zum ersten Heft haben uns sehr gefreut und uns Mut gemacht, das Projekt weiterzuentwickeln. Überraschend viele LeserInnen haben sich sogar Zeit genommen, uns mit ihren Kritiken bei der weiteren Verbesserung der Gestaltung und der Inhalte zu helfen. Recht herzlichen Dank! Wir haben also bereits einen festen Unterstützerkreis gewonnen. Und wieder sind wir auf Ihre lobenden und kritischen Meinungen sehr gespannt. Obwohl wir noch keine umfangreichen Werbekampagnen gestartet haben, hat uns das Interesse gerade auch außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns an unserer Zeitschrift doch geradezu überrannt. Wir ziehen die Konsequenz und erhöhen die Auflage! Beim Durchblättern der zweiten Nummer werden Sie bemerken, daß wir uns bemüht haben, leserfreundlicher zu werden. Dies spiegelt sich u.a. in einigen Veränderungen im Layout wider. Auch die Druckqualität haben wir – trotz knapper Finanzen – verbessern können. Außerdem haben wir versucht das wissenschaftliche Profil der Zeitschrift zu stärken, ohne bei den Informationen und Berichten aus dem Bereich der historisch-politischen Bildung Abstriche zu machen. Noch nicht zufrieden sind wir mit der Anzahl der Literaturbesprechungen. Beiträge zur pommerschen Geschichte sind zuwenig vertreten, und Informationen aus den Nachbarländern fehlen fast völlig. Leder konnten wir auch für diese Nummer keinen Pädagogen gewinnen, der in unserer Zeitschrift ein zeithistorisches Thema für den Unterricht vorbereitet. Hier brauchen wir einfach noch mehr Kontakte und Hinweise! Die Geschichte von Bildung und Erziehung ist in diesem Heft als Schwerpunkt vertreten. Verweisen möchten wir in diesem Zusammenhang besonders auf die Artikel von Hermann Langer und Georg Herbstritt. Beide Autoren erschließen wichtige Einsichten, die uns auch Anregung sein sollten, über die Voraussetzungen und die Durchführung historisch-politischer Bildung in oder außerhalb von Institutionen nachzudenken. Viele unserer Autoren und Leser arbeiten im Bereich der Erziehung und Bildung. Neben den großen Belastungen im Arbeitsalltag sind wir natürlich auch zu einer kritischen Selbstreflexion aufgefordert, müssen wir uns um neue Ansätze und Ideen bemühen, damit das kritische Nachdenken über Vergangenheit wieder ein stärkeres Gewicht erhält. Dazu wünschen wir uns eine kontroverse Diskussion in unserem Periodikum. Wir würden uns freuen, wenn sich unter den interessierten, aber bisher noch vor einem Abonnement zurückschreckenden Leserinnen und Lesern recht viel durch das neue Heft überzeugen ließen, diesen Schritt doch zu tun. Wir brauchen eine stabile ökonomische Basis, um auch künftig das Erscheinen absichern zu können. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Ihr RedaktionsteamInhalt
EDITORIAL
Der aktuelle Aufsatz
Hermann Langer
Jugend im letzten Kriegsjahr 1944/45
Irmfried Garbe
Friede am Ende – Beobachtungen zum kirchlichen Beitrag an der mentalen Mobilmachung in Greifswald vor dem Ersten Weltkrieg
Das aktuelle Dokument
Georg Herbstritt
„Ehemals galt es als Makel, wenn man eine Zensur hatte.“ Wie sich ein Schweriner Bibliothekar 1949 gegen die Zensur wehrte
Horst Eduard Beintker
„Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht.“ Erinnerung und Bemerkungen zur Rede bei der Wiedereröffnung der Universität Greifswald am 15. Februar 1946
Arnold Wiebel
„Der Fall L.“ in Greifswald, Schwerin und Berlin – Was wurde zur Rettung Ernst Lohmeyers unternommen?
Die biographische Skizze
Grit Stunnack
Willy Jesse
Informationen aus der regionalen Geschichtsarbeit
Dirk Zache
Peenemünde – ein neuer Versuch im Umgang mit Geschichte
Reno Stutz
La Coupole – ein Vorbild für Peenemünde?
Georg Diederich
Das Heinrich-Theissing-Institut Schwerin
Siegfried Klebba
Regionalgeschichte der NS-Zeit in der Müritzregion wird aufgearbeitet
Georg Herbstritt
Eine Behörde stellt sich vor: Landesbeauftragter für Mecklenburg-Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
Georg Herbstritt
Das Justizgebäude am Demmlerplatz in Schwerin 1914 bis 1997: Recht und Unrecht in sechs Epochen deutscher Geschichte. Über das Projekt „Gedenkstätte Demmlerplatz“
Andreas Wagner
Zur Geschichte der Industrialisierung in Mecklenburg-Vorpommern und zu deren Einfluß auf das Alltagsleben der Menschen in der Region
Hugo Rübesamen
Zur Landeskonferenz „Gedenkstätten und Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern“ am 15. und 16. September 1997 in Güstrow
Kathrin Möller
„Denkmale der Technikgeschichte in Mecklenburg-Vorpommern“
Kyra Tatjana Inachin
„Pommern zwischen Zäsur und Kontinuität – 1900-1990“
Mathias Rautenberg
Flucht und Vertreibung im Ostseeraum 1939-1950 im internationalen Vergleich
Werner Pade
Schicksalsjahr 1848: Revolution in und Auswanderung aus Meckenburg
Dieter Dümcke
Jahreshauptversammlung und wissenschaftliche Konferenz der Schulgeschichtsgesellschaft
Andreas Wagner
Forum zur Geschichte des Wehrmachtsgefängnisses in Anklam am 22.10.1997
Irene Dieckmann
„Wegweiser durch das jüdische Mecklenburg-Vorpommern“
Archivmitteilungen
Gerd Giese
7. Landesarchivtag Mecklenburg-Vorpommern in Wismar
Karl-Heinz Steinbruch
Landesfilmarchiv Mecklenburg-Vorpommern
Das Interview
Andreas Wagner
Interview mit Prof. Dr. Werner Müller am 30. Oktober 1997
Aus anderen Bundesländern
Franklin Kopitzsch
Arbeitsstelle für Hamburgische Geschichte im Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Hamburg und der Hamburger Arbeitskreis für Regionalgeschichte. Kurzinformation
Lernen an historischen Orten
Irmtraud Helm
Malchow – Lernort der Geschichte
Eugenie
Internationale Geschichtsaufarbeitung in Malchow
Andreas Wagner
Workcamp Wöbbelin vom 2.10. bis 7.10.1997
Wolfgang Klameth
„Wege übers Land“ – Fahrradtouren zu Gedenkstätten. Ein etwas anderer Umgang mit außerschulischer politischer Jugendbildung
Sven Tetzlaff
Not und Hilfe in der Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns: Ergebnisse des Schülerwettbewerbs Deutsche Geschichte
Rezensionen / Annotationen
Helmut Ohl
Aktion Gitter – Der Reichstagsabgeordnete August Streufert. Ein deutsches Schicksal.
(Werner Lamprecht)
Uwe Heck
Geschichte des Landtags in Mecklenburg. Ein Abriß.
(Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt)
Eberhard Schiel
Mein lieber Sohn und Kamerad. Stralsunder Briefe aus dem Ersten Weltkrieg.
(Andreas Wagner)
Karl Heinz Schütt
Ein vergessenes Lager? Über das Außenlager Neustadt-Glewe des Frauen-KZ Ravensbrück.
(Simone Hantsch)
Horst Pätzold
Nischen im Gras. Ein Leben in zwei Diktaturen.
(Jens Murken)
Bernd Kölling
Familienwirtschaft und Klassenbildung. Landarbeiter im Arbeitskonflikt: Das ostelbische Pommern und die norditalienische Lomellina 1901-1921.
(Andreas Wagner)
Klaus Schwabe
Arroganz der Macht. Herrschaftsgeschichte von KPD und SED in Mecklenburg und Vorpommern 1945-1952.
(Damian van Melis)
Friedrich Schulz / Erhard Schwarz
Einstein in Ahrenshoop.
Friedrich Schulz
Von der Recknitz zur See und zum Sund. Kampf und Tod des Ferdinand von Schill.
Eleonore Rösel
Spurensuche. Jüdisches Leben in Ribnitz und Umgebung.
Karl Pirl
Barth als Garnisonsstadt. Die Geschichte eines militärischen Standortes. (Kleine Schriftenreihe Regionalgeschichte, Hefte 1, 2, 3, 5)
(Andreas Wagner)
Vermischtes
Andreas Wagner
Polnische Auszeichnung für Helga Radau
Wir stellen vor
SCHEUNEN-VERLAG Kückenshagen
Kurzvorstellung der Autoren von Aufsätzen in diesem Heft
Adressen der Autoren dieses Heftes
Impressum
Zeitgeschichte regional | 01. Jg., 1997, Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.01.1997
Umfang: 43 Seiten
Preis: 4,10 Euro
Editorial
Seit 1990 hat sich auf dem Gebiet der regionalgeschichtlichen Forschung und Publizistik in Mecklenburg-Vorpommern eine Menge getan. Besonders hinsichtlich der regionalen Zeitgeschichte vollzogen sich positive Entwicklungen, was natürlich nicht zuletzt auf das Fallen der alten Tabus zurückzuführen ist. Die Vielfalt der Aktivitäten auf dem Gebiet der Forschung, der Bildung und Publizistik ist für den regionalgeschichtlich interessierten Bürger kaum noch zu überschauen, hat doch der eingeweihte Historiker schon Schwierigkeiten, alle Entwicklungen auf diesem Gebiet zu verfolgen. Das lag bisher daran, daß es kein spezielles Medium in Mecklenburg-Vorpommern gab, welches diese Informationsaufgabe erfüllte. Diese neue Zeitschrift will nun eine Lücke füllen und mit dazu beitragen, Regionalgeschichte einem großen und breiten Publikum zugänglich zu machen. Sie will damit auch eine Brücke schlagen zwischen besoldeten und freien Historikern, Museologen, Archivaren, Lehrern… und jenen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die ohne eine akademische Geschichtsausbildung einen großen Beitrag zur Erforschung und Vermittlung der Geschichte unseres Landes leisten. Wir wollen neben der Vermittlung der fachlichen Information auch ein Forum für die Diskussion und den Meinungsstreit darstellen. Dabei erwarten wir natürlich Ihre rege Mitarbeit, liebe Leserinnen und Leser. Die Herausgeber erhoffen sich positive Effekte auf die weitere Entwicklung der regionalen Geschichtsarbeit in Mecklenburg-Vorpommern. Im Mittelpunkt – das besagt der Titel der Zeitschrift – steht die Zeitgeschichte, wobei wir uns dabei keineswegs stets ganz eng auf diesen zeitlichen Rahmen beschränken wollen. Liebe Leserinnen und Leser, ein solches Projekt ist nur realisierbar, wenn wir viele Mitstreiter finden. Deswegen möchten wir Sie einladen, an der inhaltlichen Gestaltung dieses Blattes mitzuwirken. Schreiben Sie uns, wie Ihnen die erste Nummer gefallen hat. Geben Sie uns Anregungen und Hinweise für die weitere Ausgestaltung. Natürlich freuen wir uns ganz besonders über Ihre eigenen Beiträge. Deshalb möchten wir Sie noch darüber informieren, daß unsere Rubriken in dieser Ausgabe durchaus noch nicht ausgeschöpft wurden. So planen wir eine Rubrik „Forschung aktuell“, in der auf neue Forschungsvorhaben aufmerksam gemacht werden soll. Die Rubrik „Zeitgeschichte und Politik“ soll die Verankerung der Gegenwart in der Geschichte deutlich werden lassen. Mit den „Berichten aus anderen Bundesländern“ wollen wir Anregungen aufgreifen und für Mecklenburg-Vorpommern nutzbar machen. Und nicht zuletzt soll eine eigenständige Rubrik Vorschläge für den Geschichtsunterricht oder die politische Bildung unterbreiten. So hoffen wir, daß unsere Bemühungen, ein leserverbundenes und -nahes Medium zu profilieren, von Erfolg gekrönt sein werden.
Ingo KochInhalt
EDITORIAL
Der aktuelle Aufsatz
Zeitgeschichtliche Forschung über Macklenburg-Vorpommern seit 1990. Eine kommentierte Literaturrecherche
Zur Situation zeitgeschichtlicher Forschung in Schleswig-Holstein
Lernen an historischen Orten
Gedenkstätte für die Opfer politischer Gewalt in Bützow
Das aktuelle Dokument
Ein früher Protest gegen die Verhaftung des ersten Nachkriegsrektors der Greifswalder Universität, Prof. Dr. Ernst Lohmeyer
Die Beerdigung Gerhart Hauptmanns. Tulpanow und Pieck, Theologen und Historiker gemeinsam am Grab
Informationen aus der regionalen Geschichtsarbeit
Tagungsbericht: Tradition und Transformation. Gesellschaft und Politik in Mecklenburg-Vorpommern 1945-1952. Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung Mecklenburg-Vorpommern vom 14.3.1997 bis 16.3.1997 in Wismar
Historische Projektarbeit vor Ort (Seminar Waren-Müritz)
Gedenkstätte in Retzow
Projektgruppe „Gedenkstättenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern“
Traditionen von Antifaschismus in Mecklenburg-Vorpommern
Die „Gesellschaft für mecklenburgische Schulgeschichte e.V.“ stellt sich vor
Zwei Jahre Geschichtswerkstatt Rostock
Wir stellen uns vor
Archivmitteilungen
Klaus Schwabe, Zu einigen Problemen bei der Benutzung der Archive der ehemaligen SED-Bezirksleitungen Rostock, Schwerin und Neubrandenburg
Archivlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns. Ein Archivführer
Kurze Übersicht über die Bestände der Bezirksparteiarchive der SED in den Landesarchiven Mecklenburg-Vorpommerns
Das Interview
Interview mit Prof. Dr. Matthias Pfüller am 16. Juni 1997
Rezensionen / Annotationen
Horst-Gösta Berling, Das höhere Knabenschulwesen in Mecklenburg 1755 bis 1946
Wolfgang Kaelcke, Parchimer Persönlichkeiten
Hermann Langer, Leben unterm Hakenkreuz. Alltag in Mecklenburg 1932-1945
Ilse Ständer, Das Außenlager Boizenburg des KZ Neuengamme
Lebenszeugnisse aus einer Zeit des Umbruchs in einer Zeit des Umbruchs
Die Bildungsreform nach 1945 in Mecklenburg(-Vorpommern) auf dem Prüfstand
Vermischtes
In memoriam: Horst-Gösta Berling
Hitlers Machtrausch und Wagners Musik – ein Urenkel sucht die Wahrheit
Vorankündigung: MV im WWW
Neuerscheinung
Termine
Wir stellen vor
Impressum
Zeitgeschichte regional | Sonderhefte
Zeitgeschichte regional | Sonderheft 6, 2015
Erscheinungsdatum: 01.08.2015
Umfang: 103 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
„Zeitgeschichte regional“ beobachtet und schätzt seit jeher die intensive polnische Zeitgeschichtsforschung zur Region der ehemaligen Provinz Pommern. Während die polnischen Kollegen unsere deutschsprachige Forschung in der Regel wahrnehmen, steht die deutsche Wahrnehmung der polnischen zeitgenössischen Forschung noch immer am Anfang, und das hauptsächlich wegen der Sprachbarriere. Zu den wichtigen Themen, die in den letzten Jahren von polnischer Seite forciert und kritisch vorangetrieben werden, gehört die Neubesiedlung der ehemaligen deutschen Gebiete und damit die Beschreibung eines Wandlungsprozesses von einzigartigen Ausmaßen. Inhaltlich und chronologisch stellen diese Untersuchungen ein Pendant zur bisherigen deutschsprachigen Forschung über die früheren deutschen Einwohner dar. „Zeitgeschichte regional“ möchte die moderne polnische Forschung der unmittelbaren Nachbarregion bekannter machen und den polnischsprachigen Autoren ein deutsches Leserforum anbieten. Längst haben die Forschungen den rein ereignis- und politikgeschichtlichen Bereich überschritten und beziehen auch Kultur-, Kirchen-, Sozial-, Verkehrs- und Wirtschaftsgeschichte mit ein. Damit werden in diesen Studien Bereiche berührt, denen sich „Zeitgeschichte regional“ seit fast zwei Jahrzehnten intensiv widmet. Durch die Rezeption der polnischen Forschung soll das gegenseitige grenzüberschreitende Gespräch der Historiker und Regionalforscher verstärkt werden. Das vorliegende Sonderheft „Westpommern/Pomorze Zachodnie – Aspekte der polnischen Nachkriegsgeschichte Pommerns“ ist das Ergebnis einer ganz besonderen Kooperation, die in einem durch ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ermöglichten Seminar an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder ihren Anfang nahm. Im akademischen Jahr 2010/2011 ging es damals um die spezifischen Anforderungen, die es beim Übersetzen wissenschaftlicher Texte vom Polnischen ins Deutsche zu beachten gilt. Am Beispiel ausgewählter geisteswissenschaftlicher Texte, die im polnischen Diskurs Anfang des 21. Jahrhunderts eine gewisse Rolle gespielt haben, jedoch in den deutschsprachigen Ländern aufgrund ihrer fehlenden Übersetzung leider kaum rezipiert worden sind, übten die Seminarteilnehmer verschiedene Techniken des Übersetzens solcher Texte. Ziel der Lehrveranstaltung war die gemeinsame Erarbeitung druckreifer Übersetzungen. Die Motivation für die Entscheidung, zeitgeschichtliche Beiträge über Westpommern für das Seminar auszuwählen, wurde durch die Bereitschaft der Redaktion von „Zeitgeschichte regional“ gestärkt, die Ergebnisse des Seminars zu veröffentlichen und die Texte so einem breiten Publikum bekannt zu machen. Zu danken ist insbesondere Herrn Dr. Irmfried Garbe (Greifswald/Dersekow) für sein Engagement und für die Herstellung des Kontakts zu Frau Lisaweta von Zitzewitz von der Stiftung Europäische Akademie Külz-Kulice (damals auch noch mit Sitz in Külz/Kulice). Insgesamt sechs der neun hier vorgestellten Beiträge erschienen ursprünglich auf Polnisch in den Zeszyty Kulickie/Külzer Heften, und zwar in Heft 5 mit dem Schwerpunktthema „Heimat Pommern – einst und jetzt/Rodzinne Pomorze – dawniej i dziś“. Frau von Zitzewitz stellte uns die Beiträge in elektronischer Form zur Verfügung und begleitete unser Projekt von Anfang an mit großem Wohlwollen. Gedankt sei den Studierenden, die durch ihre Übersetzungsarbeit zum Gelingen des Vorhabens beigetragen haben, und natürlich allen Autorinnen und Autoren für ihre Geduld und Kooperationsbereitschaft während der Übersetzungs- und Redaktionsphase. Dass jetzt ein ganzes Sonderheft vorgelegt werden kann, ist der Dynamik des Projektes und dem Wunsch geschuldet, dem deutschsprachigen Publikum einen möglichst breiten thematischen Zugang zur polnischen Historiographie über Westpommern zu ermöglichen. Im Mittelpunkt der hier präsentierten Arbeiten steht der Prozess der Neubesiedlung Pommerns in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Es geht um demographische, wirtschaftliche, politische und psychologische Faktoren des fast kompletten Bevölkerungsaustauschs in dem 1945 vom polnischen Staat übernommenen Teil Pommerns. Die polnischen Neusiedler kamen nicht nur aus den zentralen Wojewodschaften Polens, sondern auch aus Wilna, Grodno und anderen ab 1945 im sowjetischen Herrschaftsgebiet liegenden Regionen. Viele kamen nicht freiwillig, so wie die Lemken, die nach ihrer Vertreibung aus ihrer Heimat von der Staatsmacht gleichmäßig über die „Wiedergewonnenen Gebiete“ verteilt wurden. Eine wenig bekannte Tatsache ist auch die, dass die pommersche Hauptstadt Stettin in der Nachkriegszeit neben Breslau die größte jüdische Ansiedlung in Polen darstellte. 1946 lebten über 30.000 Juden in der Stadt – über 40% der neuen Einwohner. Sehr lesenswert sind auch die kirchengeschichtlichen Beiträge dieses Sonderheftes, aus denen wir nicht nur viel über die immense Bedeutung der katholischen Kirche für den Prozess der Integration der Siedler erfahren, sondern auch über die schwierige Lage sowohl polnisch- als auch deutschsprachiger protestantischer Gemeinden in Pommern. Ein Beitrag des Heftes beschäftigt sich mit den Kaschuben und ihren Wechselbeziehungen mit der Vergangenheit und Gegenwart Pommerns. In die jüngere Zeit führt uns ein Aufsatz über die Grenzstreitigkeiten der 1980er Jahre in der Pommerschen Bucht, die aber letztlich ihren Ursprung auch in der Zäsur des Jahres 1945 und den damals getroffenen Festlegungen hatten. Wenn wir heute – 70 Jahre später – an Kriegsende und Neubeginn in beiden Teilen Pommerns erinnern, wird uns bewusst, dass die Generation der Zeitzeugen zahlenmäßig immer weiter schrumpft. Umso wichtiger ist es, die Ergebnisse sowohl der deutschen als auch der polnischen Zeitgeschichtsforschung zu rezipieren, denn zu einer kritischen Gesamtschau der Zeitgeschichte im heutigen deutsch-polnischen Grenzraum gehören beide Sichten und Ereignisketten. Für finanzielle Hilfen zur Drucklegung dieses Heftes danken wir der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern und dem evangelischen Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern, Dr. Hans-Jürgen Abromeit.
Gero LietzInhalt
Editorial
Aufsätze
Alina Hutnikiewicz
Der Prozess der Besiedlung Pommerns nach 1945
Zdzisław Lec
Die Rolle der katholischen Kirche bei der Integration der polnischen Siedler in Pommern nach 1945 am Beispiel der Pfarreien Goleniów, Gryfice und Nowogard
Roman Kostynowicz †
Zum Umgang mit sakralen Objekten in Westpommern in den Jahren 1945-1956
Jan Wild
Doppelte Diaspora. Ausgewählte Aspekte der Geschichte der evangelischen Kirche in Pommern in den Jahren 1945-1994
Janusz Mieczkowski
Juden in der sozialen Landschaft Westpommerns seit 1945. Zum Stand der Forschungen über eine Minderheit
Rafał Foltyn
Die Ansiedlung von Polen aus dem Wilna-Gebiet in Mittelpommern nach 1945
Dawid Gonciarz
Darstellung der Kultur der Expatrianten aus dem Wilna-Gebiet in pommerschen Museen zu Beginn des 21. Jahrhunderts
Tomasz Ślepowroński
DDR kontra Volksrepublik Polen. Die Haltung der westpommerschen Bevölkerung zum Konflikt in der Pommerschen Bucht in den Jahren 1985-1989
Józef Borzyszkowski
Die Kaschuben – Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart Pommerns
Polnisches Ortsnamenregister mit deutscher Ortsnamenkonkordanz
Personenregister
Nachweis der polnischen Erstpublikationen
Kurzvorstellung der Autoren und des Bearbeiters
Impressum
Zeitgeschichte regional | Sonderheft 5, 2012
Erscheinungsdatum: 02.05.2012
Umfang: 117 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Mit diesem fünften Sonderheft von „Zeitgeschichte regional“ schließen sich mehrere Kreise. Anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus im Januar 2009 wurde das dritte Sonderheft unserer Zeitschrift in den Räumen der Jüdischen Gemeinde Rostock vorgestellt. Es ist die Edition einer in Yad Vashem gefundenen Liste der im Februar 1940 in das sogenannte Generalgouvernement in Polen deportierten pommerschen Juden. Diese Liste markiert den Beginn der Massendeportationen aus Deutschland, einen Schritt auf dem Weg zum Genozid. Im Ergebnis dieser gemeinsamen Veranstaltung verabredeten die Jüdische Gemeinde Rostock und die Geschichtswerkstatt Rostock e.V., sich zu einem gemeinsamen Publikationsprojekt über Kriegserinnerungen der aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion gekommenen Mitglieder der jüdischen Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern wiederzutreffen. Nun, drei Jahre später, können anlässlich des Tages der Befreiung vom Faschismus die Berichte von 18 Frauen und Männern, die als Kinder den Zweiten Weltkrieg in der UdSSR erlebt und durchlitten haben, in russischer und deutscher Sprache dem öffentlichen Gedächtnis hinzugefügt werden. Die Erinnerungen wurden durch Arkady Tsfasman, Zeitzeuge und Historiker in einer Person, zugleich Mitglied der Jüdischen Gemeinde Rostock, wachgerufen, aufgezeichnet und eingeleitet. Die Übersetzung aus dem Russischen ins Deutsche verdanken wir Ilona Jerjomin, Ljuba Jur und Wiatcheslaw Obodzinskij. Die redaktionelle Arbeit an den zweisprachigen Texten übernahmen Ilona Jerjomin, Juri Rosov und unsere langjährige Redakteurin Angrit Lorenzen-Schmidt gemeinsam. Ausschließlich aus der Perspektive von Kindern wird geschildert, was dieser deutsche Krieg im Osten mit den Menschen angerichtet hat: Es sind keine Heldenepen, sondern Tragödien – Einzelschicksale, die zurückhaltend und oft in knappe Worte gefasst geschildert werden. Dennoch wird erahnbar, wie viele Flüchtlingstrecks zusammengeschossen, wie viele Millionen entwurzelter Menschen durch Osteuropa geirrt, wie viele Schiffe und Orte untergegangen waren, bevor dieser Untergang den von deutsch sprechenden Menschen besiedelten Boden erreichte. Die Millionen deutscher Teilnehmer und Zeugen dieser Verbrechen wussten vielleicht, warum diese Geschichten in deutschen Diskursen über den Krieg jahrzehntelang kaum eine Rolle gespielt hatten. Die Berichte sind in drei Gruppen vergleichbarer Erfahrungszusammenhänge gegliedert: Überleben unter der Besatzung, unter der Blockade in Leningrad, im Hinterland. Die Stärke der Berichte liegt nicht zuletzt darin, dass sie Ausdruck von Lebenswillen und -kraft sind; sie haben Rachegesänge nicht nötig und vergessen auch den Dank an die vielen – auch deutschen – Überlebenshelfer nicht. Vielleicht kann diese Haltung, die die deutschen faschistischen Verbrechen an ihrem historischen Platz lässt, Beispiel für diejenigen sein, die Ilja Ehrenburg zum Vorwand nehmen, sich in einem historischen Schlachthaus zu einer moralischen Siegerpose aufschwingen zu wollen, wo es nichts zu gewinnen gibt außer Demut und Achtung vor dem Leben von Menschen in unserer Zeit. Die Erzähler, die uns in den hier abgedruckten Berichten vor Augen treten, zeugen von einer Reife, die beschämt. Die jeweils an die Kriegserinnerungen anschließenden kurzen Berichte über das neue Leben in Rostock und Schwerin schließen auch hier den Kreis: Sie sind ein Symbol für die Wiederkehr jüdischer Kultur in einem Land, welches diese 70 Jahre zuvor der Ausrottung geweiht hatte.
Inhalt
Editorial
Ilja Reznik: Kriegskinder
Auch sie müssen gehört werden. Anstatt eines Vorwortes
Schicksale jüdischer Kinder und ihrer Eltern in der Sowjetunion der Vorkriegszeit
Unter faschistischer Okkupation
Klara Kats
Lidija Minevych
Felicia Hininher
Valentina Lipina
Leningrad unter der Blockade
Zinaida Reynberg
Alisa Shoykhet
Moisej Gilchenok
Marina Kukushkina
Igor Lachchenko
Flucht, Evakuierung und Leben im sowjetischen Hinterland
Mykhailo Ilyin
Oleksandr Rozenboym
Ira Rozenboym
Vladimir Shklyar
Mykhaylo Lipin
Olexander Vaksman
Jakov Friedmann
Maia Gurewitsch
Arkady Tsfasman
Anstatt eines Schlusswortes
Kurzvorstellung des Autors
Impressum
Zeitgeschichte regional | Sonderheft 4, 2010
Erscheinungsdatum: 01.12.2010
Umfang: 311 Seiten
Preis: 14,00 Euro
Editorial
Es gibt sie noch, die Funde auf verstaubten Dachböden. Dr. med. Rüdiger Ruppert aus Rostock gelang so einer in seinem Elternhaus. Er stieß auf das zwischen 1910 und 1939 geführte Tagebuch seines Vaters, eines in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt wohnenden Schiffsingenieurs, und begab sich damit zur Geschichtswerkstatt Rostock e.V. Nach dreijähriger Arbeit von Angrit und Dr. Klaus-J. Lorenzen-Schmidt sowie Dr. Rüdiger Ruppert ist das Tagebuch nun als Sonderheft 4 der vom Verein herausgegebenen Zeitschrift „Zeitgeschichte regional. Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern“ erschienen. Mit dem Tagebuch von Fritz Ruppert konnte eine bedeutsame Quelle für die Schifffahrtsgeschichte, die Alltagsgeschichte und nicht zuletzt die Rostocker Stadtgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschlossen werden. Die oftmals minutiösen Aufzeichnungen des Seemannes über den Alltag an Bord und an Land werden durch Erläuterungen zum besseren Verständnis der Quelle sowie durch Karten und zahlreiche Fotos ergänzt und illustriert.
Inhalt
E i n f ü h r u n g
von Angrit und Klaus-J. Lorenzen-Schmidt
T a g e b u c h v o n F r i t z R u p p e r t
Jugendjahre
Als Maschinenbauer
Als Assistent in der Maschine
1911-1939
N a c h w o r t
von Rüdiger Ruppert
K u r z v o r s t e l l u n g
K a r t e n
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | Sonderheft 3, 2009
Erscheinungsdatum: 01.12.2009
Umfang: 61 Seiten
Preis: 7,00 Euro
Editorial
Vorwort
Victor Klemperer nahm in sein Lexikon der Sprache des „Dritten Reiches“ (LTI) auch das Wort „abgewandert“ auf. Dass eigentlich unverdächtige Wörter zu grausamen Sonderbedeutungen mutieren, zählte er zu den bezeichnenden Phänomenen in Diktaturen. Tauchten während des Zweiten Weltkrieges etwa an Dresdner, Berliner, Münchner, Stettiner Korridortüren „da und dort“ „medusenhafte Zettel“ auf, die den Wegzug eines Juden meldeten, „dann wußte die Briefträgerin, daß sie sich nicht mehr um seine neue Adresse zu bemühen brauchte; der Absender erhielt sein Schreiben zurück mit dem euphemistischen Vermerk: ‚Adressat abgewandert.‘“ Zu den Euphemismen, den Verschleierungsausdrücken des NS-Regimes, gehören auch die Begriffe, die von den Planern und Vollstreckern ganz offiziell für die Judendeportationen in Umlauf gebracht wurden: „Umsiedlung“ und „Evakuierung“. Die Betroffenen versuchten sich, ebenso wie die meist mehr oder weniger ungerührten deutschen Nachbarn, mit erträglichen Vorstellungen darüber zu trösten bzw. zu beschwichtigen. Die Wahrheit, die hinter diesen Begriffen steckte, sickerte jedoch buchstäblich postwendend in Deutschland ein. Wer diese Wahrheit kennen wollte, konnte sie schon 1940 erfahren. Wie weit die Kenntnis davon damals tatsächlich in Umlauf kam, zeigen z.B. Briefe von benachbarten Deutschen, die sich als Bewerber für bestimmte Wohnungen bei der Gestapo im Vorfeld von Deportationen ins Spiel zu bringen suchten. Zu den erstaunlichen Seiten des nationalsozialistischen Maßnahmestaates gehörte es, dass über die perfide Bedeutung solcher Euphemismen kaum Unklarheit gelassen, zumindest aber Teilaufklärung gegeben wurde. Das lässt sich bis in den Bereich der Lexikographie (auch des Dudens!) verfolgen: Konnten die Leser von Meyers Lexikon in der 7. Aufl. 1926 unter dem Stichwort „Evakuierung“ lesen: „im Völkerrecht Massenausweisung von Ausländern aus einem Staatsgebiet, z.B. die der deutschen Optanten aus Polen 1925“, so teilte das selbe Lexikon in seiner „völlig neu bearbeiteten“ 8. Aufl. 1937 mit: „zwangsweise Entfernung von Bevölkerungsteilen auf Zeit aus ihrem Wohngebiet, z.B. wenn dieses Kriegsschauplatz zu werden droht.“ Das dritte Sonderheft von „Zeitgeschichte regional“ bringt ein besonderes Dokument zur Kenntnis. Es ist die Namensliste der Juden aus dem Regierungsbezirk Stettin, die knapp sechs Monate nach Kriegsbeginn einem gnadenlosen Willkürakt unterworfen wurden. Die auf der Liste erfassten Menschen wurden am 13. Februar 1940 ins Generalgouvernement, Distrikt Lublin, verschleppt. Es handelte sich um die erste Deportation von Juden aus dem Deutschen Reich (in den Grenzen von 1937). Die betroffenen Deportierten von 1940 erkannten sehr schnell, dass ihre Deportation nicht „auf Zeit“, sondern auf Unumkehrbarkeit angelegt und einem – anfangs noch ungewissen, aber unentrinnbaren – Schicksal unterworfen war. Das Original dieser Liste hat sich am Ort des Grauens, in Lublin, erhalten. Es ist die behördliche Spur eines Massenverbrechens, das bis heute nicht vollständig aufgeklärt, geschweige denn geahndet wurde. Es betraf 1.124 Personen, die in Pommern verwurzelt waren und sich in aller Regel und zu Recht als Deutsche fühlten. Sie wurden aber seit 1933 Schritt für Schritt entrechtet, diskriminiert, beraubt, in Angst und Schrecken versetzt, verschleppt, ghettoisiert und schließlich – sofern sie sich in den ostpolnischen Ghetto-Orten mühsam am Leben erhalten hatten – 1942 und 1943 kaltblütig in den Vernichtungslagern Belzec, Sobibor und Majdanek ermordet. Nach gegenwärtiger Kenntnis über lebten nur 19 Menschen die ihnen angetane Verschleppung. Dieses Schreckensdokument stand bisher nur den Sachkennern in wenigen Kopien in Deutschland und Israel zur Verfügung. Mit dem Druck dieser Liste soll den jüdisch-pommerschen Opfern der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus ein Gedenkort gegeben werden, der ihnen bisher im öffentlichen Gedächtnis der Region und des Landes nicht zuteil geworden ist. Wir danken Prof. Dr. Wolfgang Wilhelmus dafür, dass er sich der Mühe unterzogen hat, diese Liste vollständig zu edieren. Der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern danken wir für die Übernahme der Herstellungskosten. Wir hoffen, dass dieser Menschen aus Pommern, denen nicht erst 1940 schweres Unrecht angetan wurde, künftig am 13. Februar gedacht werden wird. Irmfried Garbe für das Redaktionsteam von „Zeitgeschichte regional“Inhalt
V o r w o r t
E i n l e i t u n g z u m D o k u m e n t
Wolfgang Wilhelmus unter Mitarbeit von Irmfried Garbe
Die Lubliner Judenliste. Die erste Deportation deutscher Juden vom 13. Februar 1940 aus dem pommerschen Regierungsbezirk Stettin
1. Ein Geschehen ohne Gedenkwort
2. Das Deportationsausmaß
3. Die Hintergründe der Deportation
4. Der Ablauf des Geschehens in der Heimat
5. Am vorläufigen Deportationsziel
6. Leben in der Fremde
7. Rettungsversuche
8. Hilfeleistungen
9. Was die Deportationsliste außerdem preisgibt
10. Überlebende
11. Das Ende der meisten
E d i t o r i s c h e B e m e r k u n g e n
D a s D o k u m e n t
Die Namensliste der 1940 aus dem Regierungsbezirk Stettin deportierten Juden
A u t o r e n v o r s t e l l u n g
K a r t e n
Zur Stettiner Deportation von 1940
I m p r e s s u m
Zeitgeschichte regional | Sonderheft 2, 2007
Erscheinungsdatum: 01.08.2007
Umfang: 71 Seiten
Preis: 3,00 Euro
Editorial
Geleitwort
Die Popularität des Verzeichnisses der verbotenen Bücher (index prohibitorum librorum) war seit seiner erstmaligen Einführung (1559) im Laufe von 200 Jahren so groß geworden, dass die päpstliche Zensurkommission 1777 eine radikale Konsequenz zu ziehen sich genötigt sah und den Index selbst auf den Index setzte. Sie hatte betroffen zur Kenntnis genommen, dass zahlreiche Verleger den amtlichen Index von 1765 gerade deshalb so eifrig nachgedruckt hatten, weil er ein begehrtes Sammelobjekt und zielsicherer Wegweiser in die verbotene Bücherwelt geworden war. Statt vor anstößigen, kirchenfeindlichen, gotteslästerlichen und anderweitig ,gefährlichen‘ Werken zu schützen, war der Index zum bequemen Informationsapparat mutiert. Seiner damals erreichten Popularität und Brauchbarkeit verdankt sich der Eingang des Begriffs „Index“ in die wissenschaftliche Terminologie des Buchwesens. Bald schon bezeichnete dieser Begriff ganz sachlich-nüchtern jedes alphabetische Register von Autoren, Titeln oder Begriffen, das größere Texteinheiten, Bücher- und Aufsatzsammlungen erschließen hilft. Nichts anderes soll auch unser Index zu den ersten 20 Heften „Zeitgeschichte regional“ leisten. Um die inhaltliche Vielfalt der zurückliegenden zehnjährigen Editions- und Forschungsarbeit abzubilden, wurde der hier vorgelegte Index nicht bloß alphabetisch nach Autorennamen, sondern außerdem sachthematisch untergliedert. So werden unterschiedliche Interessen und Fragen eine hoffentlich hinreichende Befriedigung finden. Der Gesamtaufbau des Index kann aus der gegenüberstehenden systematischen Übersicht abgelesen werden. Neben Forschungen ist uns die Vermittlung von Zeitgeschichte in der regionalen Schulpraxis wichtig. In dieser Hinsicht finden Nutzer zahlreiche Anregungen insbesondere in den Abschnitten 40, 42 und 43. Der Druck dieses Index erscheint als Jubiläumsgabe zum abgeschlossenen 10-jährigen Bestehen von „Zeitgeschichte regional“. Seine Weiterverbreitung liegt ganz in unserem Interesse! Eine elektronische Fassung, die auch künftig halbjährlich aktualisiert werden wird, findet sich im Internet unter der Adresse www.zeitgeschichte-regional.de. Die Redaktion bedankt sich bei ihrem Mitglied Irmfried Garbe, der diesen Index zusammengestellt hat. Ihre RedaktionInhalt
Geleitwort
I. Mitarbeiter
1. Autoren (ohne Rezensenten und Interviewte)
2. Rezensenten (mit besprochenen Titeln)
II. Sachgebiete (alphabetisch)
3. Biographische Skizzen
4. Dokumente
5. Erinnerungen
6. Frauengeschichte
7. Historiographiegeschichte
8. Interviews
9. Jüdische Geschichte
10. Justiz-/Länder-/Verwaltungsgeschichte
11. Kirchengeschichte/Geschichte von Religionsgemeinschaften
12. Kriegs-/Militär-/Rüstungsgeschichte
13. Kultur-/Medien-/Presse-/Architektur-/Kunstgeschichte
14. Massenorganisationen
15. Oppositionsgeschichte
16. Schulgeschichte
17. Sozialgeschichte/Sozialversorgung/Sanitäts-/Gesundheitswesen
18. Universitätsgeschichte/Fachhochschulgeschichte
19. Wirtschafts-/Technik-/Agrar-/Tourismus-/Verkehrsgeschichte
III. Sachgebiete (nach Epochen)
20. Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert
21. Erster Weltkrieg
22. Revolution 1918/19
23. Weimarer Republik
24. Nationalsozialismus
25. Zweiter Weltkrieg
26. SBZ
27. DDR 1949-1961
28. DDR 1961-1989
29. Wende 1989/90
30. Nach der Wiedervereinigung seit 1990
31. Überblicke (epochenübergreifend)
32. Jahrestage
IV. Hilfswissenschaften
33. Archivmitteilungen
34. Bibliographisches
35. Literaturberichte
36. Angezeigte Neuerscheinungen
37. Rezensionen
V. Regionale Geschichtsarbeit
38. Aus anderen Bundesländern/Ländern
39. Gedenkorte und Gedenkstätten
40. Tagungs- und Seminarberichte/Projektbeschreibungen/Ausstellungen/Workcamps
41. Vereine/Museen
42. Historisch-politische Bildung
43. Unterrichtspraxis und -theorie
44. Diskussion
45. Vermischtes/Leserbriefe
VI. In memoriam
VII. Bücherwerbung
VIII. Sonderheft
Zeitgeschichte regional | Sonderheft 1, 2006
Erscheinungsdatum: 01.11.2006
Umfang: 139 Seiten
Preis: 12,00 Euro
Editorial
Geleitwort
Die Popularität des Verzeichnisses der verbotenen Bücher (index prohibitorum librorum) war seit seiner erstmaligen Einführung (1559) im Laufe von 200 Jahren so groß geworden, dass die päpstliche Zensurkommission 1777 eine radikale Konsequenz zu ziehen sich genötigt sah und den Index selbst auf den Index setzte. Sie hatte betroffen zur Kenntnis genommen, dass zahlreiche Verleger den amtlichen Index von 1765 gerade deshalb so eifrig nachgedruckt hatten, weil er ein begehrtes Sammelobjekt und zielsicherer Wegweiser in die verbotene Bücherwelt geworden war. Statt vor an stößigen, kirchenfeindlichen, gotteslästerlichen und anderweitig ‚gefährlichen‘ Werken zu schützen, war der Index zum bequemen Informationsapparat mutiert. Seiner damals erreichten Popularität und Brauchbarkeit verdankt sich der Eingang des Begriffs „Index“ in die wissenschaftliche Terminologie des Buchwesens. Bald schon bezeichnete dieser Begriff ganz sachlich-nüchtern jedes alphabetische Register von Autoren, Titeln oder Begriffen, das größere Texteinheiten, Bücher- und Aufsatzsammlungen erschließen hilft. Nichts anderes soll auch unser Index zu den ersten 20 Heften „Zeitgeschichteregional“ leisten. Um die inhaltliche Vielfalt der zurückliegenden zehnjährigen Editions- und Forschungsarbeit abzubilden, wurde der hier vorgelegte Index nicht bloß alphabetisch nach Autorennamen, sondern außerdem sachthematisch untergliedert. So werden unterschiedliche Interessen und Fragen eine hoffentlich hinreichende Befriedigung finden. Der Gesamtaufbau des Index kann aus der gegenüberstehenden systematischen Übersicht abgelesen werden. Neben Forschungen ist uns die Vermittlung von Zeitgeschichte in der regionalen Schulpraxis wichtig. In dieser Hinsicht finden Nutzer zahlreiche Anregungen insbesondere in den Abschnitten 40, 42 und 43. Der Druck dieses Index erscheint als Jubiläumsgabe zum abgeschlossenen 10-jährigen Bestehen von „Zeitgeschichte regional“. Seine Weiterverbreitung liegt ganz in unserem Interesse! Eine elektronische Fassung, die auch künftig halbjährlich aktualisiert werden wird, findet sich im Internet unter der Adresse www.zeitgeschichte-regional.de. Die Redaktion bedankt sich bei ihrem Mitglied Irmfried Garbe, der diesen Index zusammengestellt hat. Ihre RedaktionInhalt
Geleitwort
Vorwort
I. Einleitung
1. Gegenstand der Arbeit
2. Forschungslage
3. Quellenlage und Probleme der Auswertung
II. Partnerschaft auf landeskirchlicher Ebene
1. Das Kirche-Staat-Verhältnis in der DDR
2. Beziehung zwischen Institutionen – Die Leitungsebenen der PEK und NEK
3. Das Dorfkirchensanierungsprogramm – Ausdruck besonderer Beziehungen zwischen der Greifswalder Landeskirche und der Nordelbischen Kirche
3.1 Kirchbau und Kirchensanierung in der DDR – Absicht und Durchführung zwischen EKD und BEK
3.2 Unkonventionelle Hilfe unter erschwerten Bedingungen? Die Idee des Dorfkirchensanierungsprogramms 1986-1989
3.3 Unter wirtschaftlichen Vorzeichen: Sanierungshilfe durch Nordelbien für Pommern im Zuge des Einigungsprozesses
3.4 Öffentlichkeit und Dorfkirchensanierungsprogramm nach der Wiedervereinigung
3.5 Abschluss des Dorfkirchensanierungsprogramms – Historische Restarbeiten zu einem ungewöhnlichen Projekt deutsch-deutscher Zusammenarbeit
III. Kirchliche Gemeindepartnerschaftsarbeit als gesamtdeutsche Aufgabe – das Beispiel der Gemeinden Franzburg und Neukirchen
1. Die Gemeinden Franzburg und Neukirchen
1.1 Die Stadt Franzburg als Umfeld der Kirchengemeinde
1.2 Neukirchen als Umfeld für die Partnerschaftsarbeit
2. Partnerschaft unter den Bedingungen der Nachrüstung (1979-1984)
2.1 Die ersten Kontakte
2.2 Beginnende Institutionalisierung der Partnerschaft und erste Probleme
2.3 Schwierigkeiten in der ersten Phase der Partnerschaft
2.4 Friedensproblematik in der Partnerschaftsdiskussion vor dem Hintergrund der nuklearen Aufrüstung
2.5 Beobachtung der Partnerschaft durch staatliche Stellen der DDR
2.6 Die Partnerschaftsarbeit im Lichte der Friedensaktivitäten der Nordelbischen Friedenswoche im Jahre 1981
2.7 Die Auseinandersetzung um den Friedensauftrag der Kirche in der Gemeinde Neukirchen
2.8 Aspekte der Friedensarbeit in der Franzburger Gemeinde
2.9 Die Bedeutung materieller Hilfe in der Gemeinde Franzburg
3. Partnerschaft im Zuge der weltpolitischen Entspannung (1985-1989)
3.1 Die Einweihung der Franzburger Kirche im Rahmen des 450. Reformationsjubiläums in Pommern
3.2 Anzeichen von Nervosität der staatlichen Stellen
3.3 Zunehmende inhaltliche Oberflächlichkeit der Partnerschaftsarbeit
3.4 Unter dem Eindruck der Krise in der DDR-Gesellschaft
4. Partnerschaftsarbeit unter den Bedingungen des deutschen Einigungsprozesses
4.1 Die Partnerschaftsarbeit zwischen den Gemeinden Franzburg und Neukirchen im Zuge der gesellschaftlichen Umbrüche in der DDR
4.2 Beginnende Schwierigkeiten in der Franzburger Gemeinde im Einigungsprozess beider deutscher
Staaten
4.3 Probleme unter den politischen Bedingungen der vollzogenen Wiedervereinigung beider deutscher Staaten
4.4 Partnerschaftsarbeit zwischen den Gemeinden Franzburg und Neukirchen über den kirchlichen Rahmen hinaus
4.5 Schwierigkeiten im Rahmen der Einigungsprobleme nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten
4.6 Die Kirchengemeindepartnerschaft zwischen Franzburg und Neukirchen in der Mitte der neunziger Jahre
5. Einordnung und Bewertung
5.1 Anzahl und Art der Aktivitäten
5.2 Bedeutung der Partnerschaft im Leben der Gemeinde und Kontakthäufigkeit
5.3 Probleme
5.4 Gewinn der Partnerschaftsarbeit
5.5 Schlüsselpersonen der Partnerschaften
5.6 Die gescheiterte Gemeindepartnerschaft zwischen Greifswald-Schönwalde und Eutin im Vergleich
5.7 Zusammenfassung zur Partnerschaftsarbeit zwischen Franzburg und Neukirchen
IV. Zusammenarbeit der Nordelbischen und Greifswalder Landeskirche aus dem Blickwinkel der Staatssicherheit
1. Grundsätzliche Bemerkungen zur Arbeit des MfS in der DDR gegenüber den Kirchen
2. Konkrete Ansätze der MfS-Bezirksverwaltungen Rostock und Neubrandenburg zur Observation partnerschaftlicher Kontakte zwischen der Nordelbischen und der Landeskirche Greifswald
3. Partnerschaftsarbeit der Gemeinden aus Sicht der Staatssicherheit – das Beispiel Franzburg-Neukirchen
4. Schwerpunkte „feindlich-negativer“ Beobachtung in der Partnerschaft
V. Schlussbetrachtung
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Anmerkungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Quellen
1.1 Akten
1.2 Zeitungsartikel/Pressemitteilurigen
1.3 Andere Quellen
1.4 Interviews/Briefe an den Verfasser
1.5 Wahlergebnisse
2. Veröffentlichungen
2.1 Monographien, Sammelbände
2.2 Aufsätze
2.3 Sonstiges Schrifttum
Personenregister
Kurzvorstellung des Autors
Impressum
weitere Publikationen
Ärzte in Mecklenburg im Dritten Reich. Biographisches Lexikon sowie Studien zu Gesundheitsverhältnissen und Medizinalpolitik 1929 bis 1945
Erscheinungsdatum: 30.08.2023
Umfang: 1572 Seiten
Preis: 49,00 Euro
Editorial
Zum Inhalt
Die Historiker Dr. Michael Buddrus vom Institut für Zeitgeschichte München-Berlin und Angrit Lorenzen-Schmidt von der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. haben nach dreieinhalbjähriger Forschungstätigkeit ein Biographisches Lexikon der von 1929 bis zum Sommer 1945 in Mecklenburg tätigen Ärzte und Ärztinnen fertiggestellt. Porträtiert werden darin mehr als 2.300 Mediziner, wobei die niedergelassenen, angestellten und beamteten Ärzte, die Krankenhaus-, Betriebs- und Militärärzte ebenso berücksichtigt werden wie die Funktionäre der staatlichen Medizinalbürokratie, Führer der NS-Ärzteorganisationen, Leiter der Ärzteverbände und der ärztlichen Standesorganisationen. Nicht zuletzt zählen zur Untersuchungsgruppe Ärztinnen und Ärzte, die als Flüchtlinge oder durch Dienstverpflichtungen nach Mecklenburg kamen und dort tätig wurden. Die Ärztebiographien werden historisch eingebettet und ergänzt durch ausführliche Studien zur Medizinalpolitik und den Gesundheitsverhältnissen, zur Lage der medizinischen Versorgung und dem Gesundheitszustand der mecklenburgischen Bevölkerung. Dabei werden die Verhältnisse in Mecklenburg stets mit denen auf der Reichsebene verglichen und der Bereich der Medizinverbrechen in das weit größere Feld der ärztlichen Normaltätigkeit eingeordnet. Das reich bebilderte Biographische Lexikon und die dazugehörigen Studien zu medizingeschichtlichen Fragestellungen basieren auf bislang meist unerschlossenen Quellen und bilden das derzeit umfänglichste Projekt seiner Art. Für kein anderes deutsches Bundesland gibt es bisher eine vergleichbare Veröffentlichung.Inhalt
Band 1
Studien
Band 2
Biographien
Miro & Milena. Durch Raum und Zeit
Erscheinungsdatum: 24.06.2022
Umfang: 64 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Miro und Milena bekommen ein unglaubliches Angebot: Eine Brille, die virtuelle Reisen ermöglicht! Schon bald stellen sie fest, dass ihnen damit neben spektakulären Orten auch Reisen in die Vergangenheit offenstehen. Doch die Freude darüber bleibt nicht lange ungetrübt, denn die Bande um den gewissenlosen Entführer Edvard Harrison heftet sich an die Fersen der Reisenden ...
Inhalt
Landesgeschichte als Comic
Miro & Milena. Die Entführung
Erscheinungsdatum: 02.12.2019
Umfang: 64 Seiten
Preis: 8,00 Euro
Editorial
Miro und Milena lesen gerne Bücher, lieben alte Geschichten und gehen genauso begeistert auf der Halfpipe über ihre Grenzen hinaus. Im Großen und Ganzen halten sie sich für ganz gewöhnliche Jugendliche. Doch mit einem Mal geraten sie in einen unaufhaltsamen Sog. Verschleppt in einen goldenen Käfig, brechen jahrhundertelang verschüttete Geheimisse wie ein Alptraum über die beiden herein. Ohne Aussicht auf fremde Hilfe müssen sich Milena und Miro blind aufeinander verlassen. Eine spannende Entführungsgeschichte, in der ein bisschen mehr als Freundschaft entsteht.
Inhalt
Landesgeschichte als Comic
Die Geschichte von Miro und Milena ist frei erfunden. Die in diesem Band erzählten historischen Ereignisse hingegen haben sich tatsächlich zugetragen, mit einer Ausnahme: Erich II. war nie mit einer bürgerlichen Wismarerin verheiratet und hatte auch keine Kinder aus einer solchen Beziehung.
Rostock-Lexikon. Alles über die Hanse- und Universitätsstadt
Erscheinungsdatum: 22.06.2018
Umfang: 591 Seiten
Preis: 45,00 Euro
Editorial
VORWORT
Am 24. Juni 2018 feiert Rostock Geburtstag – 800 Jahre alt wird die Hanse- und Universitätsstadt dann sein. Natürlich ist sie älter, aber der erste schriftliche bzw. urkundliche Nachweis stammt von jenem Frühsommertag. Auch wenn das runde Jubiläum der altehrwürdigen Warnowstadt noch Jahre entfernt schien, trafen sich am 7. Oktober 2009 sieben Rostockerinnen und Rostocker im Hinstorff Verlag, um über die Erarbeitung eines stadtgeschichtlichen Lexikons zu sprechen. Zunächst wurde eine Redaktion gebildet. Unzählige Fragen galt es zu klären: der Umfang des Buches, die Anzahl, Länge und Struktur der Stichwörter, die Form der Bebilderung, die Auswahl der Autoren usw. Dabei kam es darauf an, nicht nur umfassend und faktenreich, sondern auch allgemeinverständlich die Geschichte einer Stadt über acht Jahrhunderte ausgewogen darzustellen. Angesichts der bevorstehenden Aufgaben war der Zeitpunkt 2009 nur auf den ersten Blick früh gewählt. Denn niemand der Anwesenden ahnte, dass die neun folgenden Jahre wie im Fluge vergehen würden. Insgesamt traf sich die Redaktion 94-mal, um Fragen zu besprechen und den Autor/innen unzählige Anmerkungen und Änderungsvorschläge zu unterbreiten. Die zum Teil nur kurzen oder ausführlicheren Beiträge von A wie Abel bis Z wie Zwinger befassen sich mit der Geschichte der Stadt und ihren wichtigen Persönlichkeiten. Die Bandbreite der Themen von den Anfängen bis zur Gegenwart Rostocks umfasst u.a. die Religions-, Kunst-, Bau-, Wirtschaft-, Verkehrs-, Bildungs-, Medizin- und Sportgeschichte. Das Lexikon enthält darüber hinaus zahlreiche Stichwörter über geologische und topografische Besonderheiten. Außerdem werden in diesem Nachschlagewerk alle Dörfer und Orte vorgestellt, die einst der Hansestadt angehörten oder im Verlauf der Jahrhunderte in ihren Besitz kamen. Einen besonderen Stellenwert nimmt in diesem Zusammenhang Warnemünde ein. Nicht zuletzt enthält diese Enzyklopädie Kurzbiografien von Frauen und Männern, die das Leben in der Stadt oder ihr Renommee in der Welt wesentlich prägten. Dabei wurden nur Personen berücksichtigt, die zum Redaktionsschluss bereits verstorben waren. Alle beteiligten 53 Lexikonautorinnen und -autoren gelten seit Jahren als ausgewiesene Kenner der Rostocker Stadtgeschichte und haben sich durch ihre berufliche und publizistische Tätigkeit einen Namen gemacht. Die Artikel spiegeln den derzeitigen Forschungsstand wider. Allerdings wurde bei der Erarbeitung der Stichwörter auch sichtbar, dass es zukünftig noch manchen weißen Fleck zu tilgen gilt. Eine besondere Herausforderung stellten komplexe Themen wie Architektur, Fischerei, Schifffahrt, Schule, Sport usw. dar. Diese, die Entwicklung der Stadt Rostock über Jahrhunderte wesentlich prägenden Bereiche, mussten auf einem begrenzten Raum ausgewogen bearbeitet werden. Angesichts der Wissensfülle, über die die Autorinnen und Autoren verfügen, eine nicht ganz leichte Aufgabe. Zu Dank ist das Redaktionsteam den Museen und Archiven der Stadt Rostock sowie zahlreichen Privatpersonen verpflichtet. Stellvertretend seien an dieser Stelle das Heimatmuseum Warnemünde (Christoph Wegner), das Kulturhistorische Museum Rostock (Annelen Karge), das Schiffbau- und Schifffahrtsmuseum Rostock (Dr. Kathrin Möller), das Archiv der Hansestadt Rostock (Bodo Keipke) und das Universitätsarchiv Rostock (Dr. Angela Hartwig, Dr. Antje Strahl) genannt. Der Dank der Redaktion gilt aber auch Angrit Lorenzen-Schmidt. Sie durchforstete intensiv alle Texte nach stilistischen, grammatikalischen und orthografischen Fehlern. Besonderer Dank ergeht an den Leiter der Redaktion Dr. Reno Stutz. Er leitete diese über den gesamten Zeitraum von neun Jahren, hielt den Kontakt zu den 52 Autorinnen und Autoren und übernahm mit den Redaktionsmitgliedern Bodo Keipke und Prof. Dr. Ernst Münch unermüdlich zusätzliche Recherchearbeiten. In enger Zusammenarbeit mit Annelen Karge, Bodo Keipke und Dr. Antje Strahl stellte Dr. Reno Stutz das Bildmaterial zusammen. Die letztendlich verwendeten mehr als 700 Abbildungen aus einem Pool von mehreren Zehntausend Fotos herauszufiltern und mit Bildunterschriften zu versehen, stellte einen gewaltigen Kraftakt dar. Gedankt sei zudem den Mitarbeitern des Hinstorff Verlages, insbesondere der Layouterin Beatrix Dedek. Diese stand vor der großen Herausforderung, die Fotos und Abbildungen einzufügen. Nach neun Jahren ist nunmehr mit der Unterstützung der Hansestadt Rostock ein stadtgeschichtliches Lexikon entstanden, in dem der Leser viel über den 8oo-jährigen Jubilar, die Hanse- und Universitätsstadt Rostock, erfährt.
Inhalt
Rostock. Meine Geschichte
Erscheinungsdatum: 01.06.2018
Umfang: 85 Seiten
Preis: 10,00 Euro
Editorial
Einleitung
Schon Jahre vor dem großen Jubiläum der Stadt Rostock sind viele städtische Einrichtungen, Vereine, Gesellschaften, Unternehmen, aber auch Bürgerinnen und Bürger aktiv geworden. Frühzeitig begannen sie mit der Vorbereitung von Veranstaltungen, Jubiläumsschriften usw. Auch die Geschichtswerkstatt Rostock e.V. will sich an diesem Großereignis beteiligen, das das gesamte Jahr 2018 hindurch mit vielen großen und kleinen Highlights aufwarten wird. [...] Bereits 2016 begannen die ersten „Brainstormings“ und Überlegungen zu einer musealen Ausstellung unter dem allgemeinen Thema „Rostock“. Zwei Gedanken spielten dabei eine grundlegende Rolle: Die Ausstellung sollte nicht durch Fachleute entworfen werden und einen alltagsgeschichtlichen, individuellen Blick auf die Geschichte der Stadt werfen. Ziel war es, die Rostockerinnen und Rostocker aktiv in die Vorbereitungen mit einzubeziehen. [...] Seit 2016 rief die Geschichtswerkstatt über Zeitungsartikel, eine Internetseite, vor allem aber über Mund-zu-Mund-Propaganda ihrer Mitstreiter, Mitarbeiter, Ehrenamtler und Freunde, alte und junge Rostockerinnen und Rostocker auf, sich zu Hause nach kleinen oder großen Objekten umzuschauen. Einzige Voraussetzung für die Einreichung war: Das Exponat und dessen Geschichte sollte einen engen persönlichen Bezug zur Stadt haben. Die Idee der Sammlung und Ausstellung von privaten Gegenständen ist es, ein Potpourri aus Geschichten und Anekdoten zusammenzustellen. Nicht historische Ereignisse, dargestellt und visualisiert durch „offizielle“ Museumsexponate, machen die Ausstellung der Geschichtswerkstatt aus, sondern vor allem viele vermeintlich kleine und unbedeutende Alltagsgegenstände. Denn diese bieten einen sehr intimen Einblick in das Familien-, Arbeits- oder Freizeitleben der Rostockerinnen und Rostocker. Nicht „weltbewegende“ Ereignisse, die Politik, Wirtschaft oder andere wichtige Sektoren der Stadt beeinflussten, sondern ganz private, persönliche Augenblicke und Erinnerungen Einzelner kommen darin zum Ausdruck. Das Sammeln dieser Exponate war indessen nicht immer einfach. Die Vorstellung, durch alltagsgeschichtliche Gegenstände die 800-jährige Geschichte Rostocks darzustellen, musste rasch verworfen bzw. in andere Bahnen gelenkt werden. Denn in welcher Familie existieren jahrhundertealte Gegenstände, die mit der Warnowstadt oder mit der eigenen Familie zu tun haben? Vielmehr zeigte sich, dass zunächst hauptsächlich Material aus der DDR-Zeit – vielfach in Form von Dokumenten – den Weg in die Geschichtswerkstatt fand. Je länger wir aber sammelten, in Zeitungsartikeln zum Mitmachen aufriefen und bereits eingereichte Objekte sowie deren Geschichten veröffentlichten, desto kreativer und gesprächiger wurden unsere Leihgeber. Gegenstände ganz unterschiedlicher Art und Größe, teilweise auch aus dem 19. Jahrhundert und noch älter, erreichten uns. Nicht selten kam es vor, dass wir überaus interessante Objekte erhielten, zu denen es scheinbar keine Geschichten gab. Im Gespräch stellte sich dann aber sehr schnell heraus, dass es sehr wohl viel zu erzählen gab und die Gegenstände voller interessanter Geschichten waren. Diese reichten vom Frauentagsgeschenk des ehemaligen Chefs über das kleine Täschchen beim ersten Besuch des Volkstheaters bis hin zu einem Taufkleidchen, das über 30 Jahre in einer Familie genutzt wurde. Es finden sich lange und kurze, große und kleine Erinnerungen, die alle vom Leben in Rostock zeugen. In vielen Erzählungen tauchen Geschäftsnamen auf, die man lange nicht mehr gehört hat, weil der Laden oder das Unternehmen vor Jahrzehnten bereits aus dem „Geschäftsverzeichnis“ der Stadt verschwand. In unseren Gesprächen fielen häufiger „untergegangene“ Namen, von denen wir schon etwas gelesen oder gehört hatten. Und plötzlich stießen sie Erinnerungen an! Verknüpfen und Anstoßen – so verstehen wir die Ausstellung der Geschichtswerkstatt „Rostock. Meine Geschichte“ im Kröpeliner Tor. Die präsentierten Alltagsgegenstände und deren Geschichten sollen zum einen den individuellen Blick und die persönliche Erinnerung von Rostockern auf ihre Stadt zeigen und zum anderen die Besucher anstoßen, sich selbst zu erinnern. Weit über 100 Privatpersonen und Institutionen haben sich als Leihgeber an der Ausstellung beteiligt. Einige reichten ein Exponat ein, andere kamen zwei-, manche dreimal, um einen „ganzen Schwung“ an Gegenständen der verschiedensten Art abzugeben. Der vorliegende Katalog kann nur eine kleine Auswahl der Erinnerungsstücke berücksichtigen. Vor allem erreichten uns auch nach Redaktionsschluss noch hochinteressante Objekte, die wir, gemeinsam mit der jeweiligen Anekdote, in der Ausstellung präsentieren werden. Während der „Sammlungsphase“ überraschte uns, dass nicht nur Rostockerinnen und Rostocker unserem Aufruf folgten, sondern auch ehemalige Einwohnerinnen und Einwohner. Sie kamen aus Hamburg, Großhansdorf, Berlin oder Bützow angereist und brachten seit Jahrzehnten aufbewahrte Erinnerungsstücke mit. Für sie war der Besuch ihrer alten Heimatstadt und das Gespräch mit uns über ihre Erinnerungen ein emotional aufgeladenes Erlebnis, das am 3. Juni 2018, dem Tag der Ausstellungseröffnung, einen weiteren Höhepunkt erfahren wird. Für die Organisation und Durchführung der Ausstellung im Kröpeliner Tor sowie die Erstellung und den Druck des Begleitkataloges möchten wir uns herzlich bei der Stadt Rostock, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Stiftung Mecklenburg bedanken. Und selbstverständlich gilt unser Dank den vielen Leihgeberinnen und Leihgebern, ohne die die Ausstellung nicht zustande gekommen wäre.
Dr. Antje Strahl, Anne Paschen
Inhalt
Katalog zur Sonderausstellung (2018) im Kröpeliner Tor „Rostock. Meine Geschichte“ (Stadtjubiläum, 800 Jahre Rostock)
Auszüge aus der Präsentation.
59 Objekte/Objektgruppen mit Geschichten der Leihgeberinnen und Leihgeber.
Unsere Geschichte. Mitteilungen der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. | Heft 1
Erscheinungsdatum: 01.12.2014
Umfang: 46 Seiten
Preis: 3,00 Euro
Editorial
Vorbemerkung
Die Geschichtswerkstatt wurde 1995 gegründet, um verschiedenen historisch interessierten Laien und Fachhistorikern (akademisch ausgebildeten Historikern), die sich mit der Geschichte Rostocks (und Mecklenburg-Vorpommerns) beschäftigten, ein Dach zu bieten, unter dem sich in zwangloser Weise über Stadt-, Regional- und Landesgeschichte verständigt werden konnte. Zwar gab es bereits wieder den Verein für Rostocker Geschichte sowie Heimatvereine in der Stadt, und auch auf Landesebene hatte sich der Verein für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde nach 1990 wieder etablieren können. Auch der Landesheimatverband wurde für die Heimatfreunde geschaffen und konnte über lange Zeit u.a. durch Fortbildungsmaßnahmen zur Qualitätssteigerung von Lokalhistorikern, insbesondere im ländlichen Bereich, nützliche Arbeit leisten. Forschungsergebnisse wurden in den „Jahrbüchern des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde“, in den „Baltischen Studien“, in „Stier und Greif“ und zahlreichen Einzelpublikationen, u.a. auch der Historischen Kommission für Mecklenburg, vorgelegt. Aber die Geschichtswerkstatt wollte etwas anderes: Sie wollte die Trennung in Laienforschung und akademisch geschulte Spezialforschung aufheben, Zeitzeugen zum Bericht auffordern, historische Ereignisse der jüngsten und jüngeren Vergangenheit durch eine Geschichtsarbeit von unten besser verständlich machen. Ein beispielhaftes Projekt der Geschichtswerkstatt war dann die über lange Zeit und unter Beteiligung zahlreicher Zeitzeugen vorbereitete Ausstellung „Stadtlich“ über die Kröpeliner-Tor-Vorstadt in Rostock, die im Kulturhistorischen Museum gezeigt wurde und eine breite Resonanz in der Bevölkerung erfuhr. Ein anderes exemplarisches Projekt ist die Dauerausstellung zur historischen Stadtbefestigung Rostocks in einer dafür bestens geeigneten Baulichkeit: dem Kröpeliner Tor, das der Verein seit 2005 als stadtgeschichtliches Begegnungszentrum betreibt. Zahlreiche Aktivitäten gehen von der Geschichtswerkstatt aus: Sie veranstaltet Stadtrundgänge allgemein stadtgeschichtlicher Art, aber vor allem diverse themenorientierte Führungen; dabei werden auch für die steigende Zahl von Schiffsrundreisenden aus dem Ausland englischsprachige Führungen angeboten. Die stadtgeschichtlichen Einzelthemen gewidmeten Geschichtssalons bieten interessante Vorträge mit offener Diskussionsatmosphäre. Die Beteiligung an den „Tagen des offenen Denkmals“ – ebenfalls mit Fachvorträgen – soll Rostocker und Besucher auf die Besonderheit des mittelalterlichen Stadttores und seiner Umgebung aufmerksam machen. Für die zeitgeschichtliche Forschung des Landes hat sich die von der Geschichtswerkstatt seit 1997 herausgegebene Halbjahresschrift „Zeitgeschichte regional. Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern“ zum unverzichtbaren Austausch- und Informationsorgan entwickelt. Natürlich ist die Arbeit einer Geschichtswerkstatt eher auf die jüngste und jüngere Vergangenheit orientiert, denn das, woran sich die Menschen noch erinnern können oder was sie mittelbar aus Erzählungen ihrer Eltern und Verwandten bzw. aus den Fotoalben ihrer Familien kennen, ist auf die letzten 90 Jahre begrenzt. Stadtgeschichte ist aber mehr und hat eine viel größere Tiefe. Auch das soll in der Arbeit der Geschichtswerkstatt eine Rolle spielen. Deshalb legen wir jetzt neu unser Mitteilungsblatt vor, das über die aktuelle Arbeit der Geschichtswerkstatt informieren soll und gleichzeitig kleine historische Beiträge zur Geschichte der Stadt und ihres Umlandes bieten wird. Wir hoffen, dass es bei den Mitgliedern und Freunden der Geschichtswerkstatt, aber auch bei allen anderen Geschichtsinteressierten freundliche Aufnahme findet. Dr. Ingo Koch Angrit Lorenzen-Schmidt Vorsitzender GeschäftsführerinInhalt
Vorbemerkung
Tätigkeitsbericht der Geschichtswerkstatt Rostock e.V./Kröpeliner Tor für das Jahr 2013
Ideen für den Ausbau des Kröpeliner Tors
Thematische Führungen der Geschichtswerkstatt
Die Rostocker Stadtbediensteten 1670 und ihre Jahresgehälter
Planungen der Geschichtswerkstatt für 2015
Unsere EhrenamtlerInnen
Demokratische Geschichte(n). Weitere Gedanken zum 800jährigen Stadtjubiläum
Ein Rostocker erfindet das Kellnermesser (1883)
Die Geschichte der Kröpeliner Straße – ein Beispiel für Veränderungsprozesse in der Stadt
Die bisherigen Geschichtssalons der Geschichtswerkstatt
Zum technischen Denkmal „MS Stubnitz“. Die Rolle des Schiffes im Hochseefischfang der DDR
Zahl dieser Ausgabe: 948
Vereinsfahrt nach Ratzeburg und Schlagsdorf (19.-21. September 2014)
Unsere Autoren
Impressum
Unsere Geschichte. Mitteilungen der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. | Heft 2
Erscheinungsdatum: 01.12.2015
Umfang: 46 Seiten
Preis: 3,00 Euro
Editorial
VORBEMERKUNG
Ende 2014 erschien die erste Ausgabe von „Unsere Geschichte. Mitteilungen der Geschichtswerkstatt Rostock e.V.“ Die Verwirklichung dieser im Verein lange gehegten Idee verdanken wir Dr. Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt. Neben der von der Geschichtswerkstatt herausgegebenen regionalgeschichtlichen wissenschaftlichen Publikation „Zeitgeschichte regional. Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern“ und der Webpräsenz sahen wir die Notwendigkeit einer weiteren Mitteilungsmöglichkeit, um unsere Mitglieder, den Kreis unserer Ehrenamtler, Mitarbeiter und Freunde sowie eine etwas größere Öffentlichkeit über die Vereinsaktivitäten zu informieren. Außerdem wollten wir in dieser Publikationsform auch ein Forum bieten für kleinere historische Arbeiten, die in „Zeitgeschichte regional“ wegen der Beschränkung auf die Zeitgeschichte keine Basis finden können. Die Resonanz auf das Erscheinen des ersten Heftes war gut, so dass wir nun weitere Hefte folgen lassen wollen. Am 30. August 2015 verstarb unser Freund und Vereinsmitglied Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt, von fast allen LORI genannt. Auch für dieses zweite Heft hatte er schon Beiträge verfasst und wichtige redaktionelle Vorbereitungen getroffen. Diese Miszellen veröffentlichen wir nun postum. Mit LORI haben wir nicht nur einen wunderbaren Freund und einzigartigen Menschen verloren, sondern auch einen hervorragenden Fachwissenschaftler und Berater. Wir haben uns entschlossen, die drei Redebeiträge, die anlässlich der Gedenkfeier am 5. Oktober 2015 gehalten wurden, in diesem Heft zu veröffentlichen. Eine umfassende fachwissenschaftliche Würdigung wird es u.a. auch in „Zeitgeschichte regional“ geben. Inzwischen hat unser Geschichtsverein schon eine eigene Geschichte – wir haben dieses Jahr unseren 20. Jahrestag gefeiert. Anlass, dieses Heft auch zu nutzen, um in der eigenen Geschichte zu graben. Mathias Rautenberg würdigt deswegen in seinem Beitrag das Engagement von Dr. Peter Köppen, auf dessen Initiative die Gründung der Geschichtswerkstatt im Jahre 1995 erfolgte. Außerdem verdanken wir ihm zahlreiche Ideen zur Gestaltung unserer Arbeit. Auf diese Weise wollen wir ein aktives Mitglied würdigen und uns für die geleistete Arbeit bedanken. Besonders froh sind wir auch darüber, dass erstmals eine Mitarbeiterin aus dem Freiwilligen Jahr in der Denkmalpflege, Johanna Wößner, über ihre Erfahrungen und Eindrücke berichtet. Der Einsatz junger Menschen aus Deutschland und Polen in dieser besonderen Form der Freiwilligenarbeit hat die Tätigkeit der Geschichtswerkstatt stets besonders bereichert. Insofern ist es an der Zeit gewesen, auch einmal einen Partner aus diesem Bereich zu Wort kommen zu lassen. Natürlich wird auch diese Ausgabe von „Unsere Geschichte“ wieder aktuelle Informationen aus dem Vereinsleben enthalten. Wir hoffen, dass wir damit ein aktuelles Bedürfnis unserer Mitglieder und Freunde sowie der geschichtsinteressierten Öffentlichkeit Rostocks erfüllen. Dr. Ingo Koch, VorsitzenderInhalt
Vorbemerkung
Erinnerungen an LORI (1948-2015)
Erzählcafé im Kröpeliner Tor
Rostocker lateinische Inschriften verstehen
Tätigkeitsbericht 2014
Wir nennen ihn „Pit“
Ein zweifach Hoch im Kröpeliner Tor
Kleine historische Anmerkungen: Fähnchenhalter aus der DDR-Zeit
Die Geschäftsstruktur der Kröpeliner Straße 1988/89 und 2015
Mein Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege bei der Geschichtswerkstatt Rostock e.V.
Berufe in Rostock und relative Vermögenserwartungen an sie um 1670
Zahl dieser Ausgabe: 15.415
Vereinsfahrt nach Lübeck
Unsere Autoren
Impressum
Zwangsarbeit im Ostseeraum 1939-45
Erscheinungsdatum: 01.12.2006
Umfang: 94 Seiten
Preis: 9,80 Euro
Editorial
Vorwort
Rechtsradikalismus ist in Mecklenburg-Vorpommern ein sehr ernst zu nehmendes Problem. Die Geschichtswerkstatt Rostock e. V. hat mit dem Projekt „Zwangsarbeit im Ostseeraum 1939-45“ die Aufarbeitung eines historisch wichtigen Themas zur Präventionsarbeit genutzt. Vier Jahre lang haben die Projektmitarbeiter mit fast 200 Schülern an 13 Schulen in Mecklenburg-Vorpommern zusammengearbeitet. Das Ergebnis ist eine beeindruckende Ausstellung. Auf den 36 Tafeln kann nur ein kleiner Teil dessen präsentiert werden, was die SchülerInnen recherchiert, zusammengetragen und erarbeitet haben. Mit Fleiß und Geduld haben sie beispielsweise Zeitzeugen befragt, in Archiven und bei Privatpersonen nach Material und Informationen geforscht sowie authentische Orte der Zwangsarbeit aufgesucht. Sie haben sich nicht nur in die Thematik Zwangsarbeiter eingearbeitet, sondern einen Beitrag zur Geschichtsforschung in ihren Heimatorten geleistet. Das vorliegende Buch ist mehr als eine Reflektion der Ausstellung. Die Texte informieren über die wichtigsten Themenbereiche in Bezug auf Zwangsarbeit in Mecklenburg-Vorpommern. Wichtig zum grundlegenden Verständnis sind die Definitionen der verschiedenen Begriffe wie Fremdarbeiter, Kriegsgefangener oder KZ-Häftling. Mehrere Kapitel geben Einblick in die Arbeits- und Lebensbedingungen sowie die Einsatzorte der Zwangsarbeiter. Bewegend sind die Forschungsergebnisse zur Situation von Kindern und Jugendlichen. Die Texte werden durch zahlreiche Abbildungen und Quellen sowie Auszüge aus Zeitzeugenberichten und statistische Darstellungen ergänzt. Dadurch ist die Dokumentation auch als Lehrmaterial geeignet. Allerdings sollten die Bilder und Dokumente bei der Arbeit mit Schülern nicht unkommentiert gelassen werden. In der Dokumentation gibt es mehrere Aufnahmen, die eindeutig der Propaganda dienten. „Zwangsarbeit im Ostseeraum 1939-45“ ist ein Kooperationsprojekt der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. mit der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern. Realisiert werden konnte es nur durch die finanzielle Unterstützung der „Stiftung demokratische Jugend“ im Rahmen von CIVITAS. Dieses Projekt der Bundesregierung „Jugend für Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus. Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ ist eines der wichtigsten Präventionsprojekte in Deutschland. Ohne die Unterstützung vieler Kooperationspartner und Institutionen im ganzen Land wäre eine erfolgreiche Umsetzung nicht möglich gewesen. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten, die zum Gelingen des Projektes beigetragen haben! Grit StunnackInhalt
Vorwort
Teil A
Eine Wanderausstellung von Schülern für Schüler
Das Schülerprojekt
Von der Idee zur Realisierung des Projektes
Methoden
Ergebnisse und Erfahrungen
Teil B
Zwangsarbeiter in Mecklenburg und Vorpommern
Definition und Einführung
Entwicklung der Ausländerbeschäftigung in Mecklenburg-Vorpommern
Anzahl und Herkunft der im deutschen Ostseeraum eingesetzten Zwangsarbeiter
Anzahl der Zwangsarbeiter
Zusammensetzung nach Nationalitäten
Status von Zwangsarbeitern
Zivilisten
Kriegsgefangene
Häftlinge aus Konzentrationslagern
Kinder und Jugendliche als Zwangsarbeiter
Allgemeine Situation von Zwangsarbeiterkindern
Verschleppte Kinder und Jugendliche
In Deutschland geborene Kinder
Einsatzorte der Zwangsarbeiter
Industrie- und Rüstungsbetriebe
Städtische und staatliche Stellen
Handwerksbetriebe
Land- und Forstwirtschaft
Privathaushalte
Lebensbedingungen
Ernährung
Unterkünfte
Hygiene und ärztliche Versorgung
Kleidung und Schuhwerk
Liebe und Heirat
Widerstand und Bestrafung
Arbeitsbedingungen
Arbeitszeit
Arbeitsschutz
Lohnzahlungen
Freizeit und Urlaub
Anmerkungen
Danksagung
Bild- und Quellennachweis
Beilagege: Hörprojekt Zwangsarbeit im Ostseeraum
Von apothecarii, physici und clystierweibern. Apotheker und Apotheken der Stadt Rostock in acht Jahrhunderten
Erscheinungsdatum: 01.01.2004
Umfang: 120 Seiten
Preis: 3,00 Euro
Editorial
Vorwort
Die Arzneiherstellung und der Handel mit Arzneimitteln haben eine vielhundertjährige Vergangenheit. Dem Apotheker wurde und wird ein besonderes berufliches Traditionsbewusstsein nachgesagt. Dieses zu erhalten und dort, wo es verloren zu gehen scheint, neu zu beleben, müsste deshalb eine fortlaufende Verpflichtung für jeden Pharmazeuten sein. Für Rostock ist eine pharmaziegeschichtliche Entwicklung in acht Jahrhunderten nachweisbar, über einen Zeitraum, wie ihn kaum eine andere Stadt unseres Landes aufweisen kann. Erhaltung und Pflege dieses Wissens ist für die Rostocker Apotheker eine früh erkannte Verpflichtung gewesen. Schon 1968 stellte eine Arbeitsgruppe von Mitarbeitern Rostocker Apotheken eine Übersicht zur Geschichte der Stadtapotheken zusammen. Drei Jahre später erschien in der „Pharmazeutischen Praxis“, zusammengestellt von PhR ERIKA BÖTTCHER, eine „Allgemeine Chronik über die Apotheken unserer Heimatstadt Rostock“. In den folgenden Jahren stimulierte die staatliche Leitung alle Apotheken zur Erarbeitung eigener Betriebschroniken, die dann 1976 vollständig vorlagen. Die Geschichte der drei ältesten Apotheken blieb jedoch im Wesentlichen unbekannt, da sie nicht mehr bestanden. Diese zu erkunden und alle Chroniken zu einer Gesamtdarstellung zusammenzufassen gelang endlich 1988 und lag ein Jahr später als gedruckte Broschüre vor. Ihre öffentliche Verbreitung unterblieb, da jetzt in der Wendezeit wesentliche Vorgaben und Zwänge der Darstellung und Interpretation über den Zeitraum 1961 bis 1989 fortfielen. Es sei erinnert an die „Anweisung über nichtverlagsgebundene örtliche Publikationstätigkeit“ des Ministers für Kultur der DDR vom 21.5.1984: Für die Herausgabe betriebsgeschichtlicher Veröffentlichungen ist das Einverständnis der Geschichtskommission der zuständigen Kreisleitung der SED erforderlich. Die Veröffentlichung von Gesamtdarstellungen zur Geschichte von Betrieben bedarf der Zustimmung des Sekretariats der jeweiligen Bezirksleitung der SED. Antragsteller auf Satz- bzw. Druckgenehmigung ist der Sekretär der BPO (Betriebsparteiorganisation H.S.) der SED. Nun nach einem weiteren Jahrzehnt und intensiver Überarbeitung des Zeitraumes der DDR-Pharmazie sollen meinen Berufskollegen und der interessierten Öffentlichkeit endlich „Rostocker Apotheker und Apotheken“ vorgestellt werden. Gedankt sei den Mitarbeitern des Rostocker Stadtarchivs sowie in besonderer Weise meinen langjährigen Apothekerkollegen, den Oberpharmazieräten Dr. HANS FELDMEIER und Dr. KURT SPANGENBERG für ihre ständige Hilfe, Beratung und Ermutigung. Allen Kollegen und Lesern sei bei der Lektüre Erinnerung, Besinnung, Ermunterung und auch Erheiterung gewünscht...
Inhalt
Vorwort
Rostocker Apotheker und Apotheken zwischen 1260 und 1571
Die Ratsapotheke in städtischer Verwaltung 1571-1635
Die Verpachtung der stadteigenen Ratsapotheken 1635-1789
Die Apotheken der Stadt in Privateigentum 1789-1945
Die Rostocker Apotheken während der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung 1945-1949
Der Aufbau des staatlichen Apothekenwesens der Stadt 1949-1961
Das „sozialistische Apothekenwesen“ in Rostock 1961-1971
Rostocker Apotheken in der Phase der „Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft“ 1971-1989
Wende – Wandel – Privatisierung 1989/1990
Rostocker Apotheken zwischen Kokain und Kosmetik
Anhang
Stadtlich. Historisches Selbstporträt – die Kröpeliner-Tor-Vorstadt in Rostock
Erscheinungsdatum: 01.01.2004
Umfang: 117 Seiten
Preis: 9,80 Euro
Editorial
Einführung
Vom 2. Oktober 2003 bis 7. März 2004 fand im Kulturhistorischen Museum (Kloster zum Heiligen Kreuz und Kröpeliner Tor) die vom Bürgerhaus KTV / Innenstadt erarbeitete Ausstellung „Stadtlich. Historisches Selbstporträt – die Kröpeliner-Tor-Vorstadt in Rostock“ statt. Drei Jahre lang erforschten die MitarbeiterInnen des Bürgerhauses zusammen mit den in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt Wohnenden und Arbeitenden die Geschichte ihres Stadtteils. Insgesamt 87 Mitstreiter, davon 34 Schüler, stöberten in eigenen und fremden Archiven, suchten nach Exponaten, führten Interviews. Durch die Mitglieder der Geschichtswerkstatt Rostock e.V., des Trägers des Bürgerhauses, bekamen sie fachliche Unterstützung. Mit dem Kulturhistorischen Museum und dem Büro grafikagenten fanden sie kompetente und engagierte Partner bei der musealen Umsetzung einer Unmenge von Material. Das Archiv der Hansestadt Rostock unterstützte die vorliegende Publikation. Im Mittelpunkt des Interesses standen immer die Aussagen der älteren Bewohner des Viertels. 28 Zeitzeugen konnten über das Arbeiten und Wohnen in der Vorstadt befragt werden. Sie möglichst viel zu Wort kommen zu lassen, ist ein wichtiges Anliegen gewesen. Das Projekt hat seinen Schwerpunkt ganz bewußt auf die Entstehungszeit der Kröpeliner-Tor-Vorstadt gesetzt. Es soll vermittelt werden, wie dieses Quartier im Zeitraum von 1880 bis 1914 entstand und allmähIich zu einer „Stadt in der Stadt“ heranwuchs. Dabei werden Einblicke in die verschiedenen Bereiche des Lebens gegeben. Es wird immer vom wiedererkennbaren Ort ausgegangen. Dabei sind die behandelten Themen nicht zuletzt durch die Forschungsinteressen der einzelnen Mitstreiter geprägt. An vielen Stellen sind auch Ausblicke auf spätere Zeiten möglich. Die jüngere Vergangenheit wird behandelt, wenn es für das Gesamtverständnis der Stadtteilentwicklung notwendig ist. Besonders erfreulich ist es, daß in die Ausstellung und das Buch viele unbekannte Fotos und Objekte Eingang fanden. Die meisten der insgesamt 64 Leihgeber sind Privatpersonen. Die Ausstellung „Stadtlich“ sahen insgesamt ca. 10.000 Besucher. Außerdem wurden die Angebote des Begleitprogramms rege genutzt. Dazu zählten die Führungen und Vorträge durch Mitglieder der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. sowie drei Themensonntage. Historische Kinderspiele wurden vorgeführt und mit den Besuchern ausprobiert, alte Gewerbetechniken von traditionellen Unternehmern des Viertels gezeigt sowie Möglichkeiten der Freizeitgestaltung in früheren Zeiten veranschaulicht.
Inhalt
Einführung
Geschichte der KTV
Eine neue Vorstadt, Neptunwerft, Brauerei, Gewerbe, Bauliche Entwicklung, Verkehr, Sozialfürsorge, Bevölkerung, Kindergärten und Schulen, Religiöses Leben, Politisches Leben, Freizeit
Zeitzeugen kommen zu Wort
Ilse Ebert, Erika Fäcks, Heinrich Gottschalk, Gerhard Grählert, Gertrud Grahl, Liselotte Haberkost, Gustav Heisenberg, Karl Jacobi, Rotraut Jokubait, Jürgen Karl, Jens Langer, Gerda Lindenberg, Helene Melcher, Charlotte Müller, Joachim Neetz, Eberhard Peters, Carl-AIfred Plothe, Christian Plothe, Margarete Pragst, Hannelore Rölle, Gerda Schuldt†, Heidemarie Schumacher, Käte Schröder, Hildegard Sperling, Eckard Stoyke, Erich Stübe, Wolfgang Wilken, Udo Winterfeldt
Unternehmerskizzen
Fleischerei Ahrndt, Foto Baarck, Uhren und Goldwaren Alfred Bekropat, Schneiderei Bössow, Korbwaren Falck, Bäckerei Hess, Uhren Höpfner, Fahrradhaus G. Jordan, Bäckerei Kentzler, Wäscherei Krohn, Uhren und Schmuck, Liebetreu, Pelzhaus Möller, Glaswerkstatt Plothe, Schuhmacherei Schippmann, Fleischerei Seibt, Glas Werner
Danksagung
200 Jahre Geschichte des Goldschmiedehandwerks in Rostock am Beispiel der Firma Kerfack/Sinner bis 1979
Erscheinungsdatum: 01.05.2003
Umfang: 129 Seiten
Preis: 6,00 Euro
Editorial
Einleitung
Auf Anregung des Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und dessen Unterstützung wurde dieses Projekt von der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern realisiert. Das vorliegende Buch beschreibt die wechselhafte Geschichte der bekannten Rostocker Goldschmiedefirma Kerfack/Sinner. Die Geschichte der Goldschmiede lässt sich ungefähr 200 Jahre zurückverfolgen. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die Handwerkermeister der Familien Kerfack und Sinner, die die Geschicke des Betriebes lenkten. Der erste Goldschmied der Familie war der Schustersohn Friedrich, der den erfolgreichen Aufstieg in der zünftisch organisierten Gesellschaft des neuzeitlichen Rostock schaffte. Seinem Sohn Paul gelang es, aus dem Schatten des Vaters herauszutreten und als Goldschmied über die Rostocker Grenzen bekannt zu werden, da er ein talentierter Handwerker und guter Händler war. Angesteckt von der sozialen Dynamik der Gründerzeit, folgte sein Sohn Otto der Familientradition nicht, sondern begann ein Studium an der Rostocker Universität. Ohne Abschluss und ohne Ausbildung führte er nach dem Tod seines Vaters das Geschäft weiter. Sein mangelnder Geschäftssinn und die Wirtschaftskrise in der Weimarer Republik führten 1930 zum Konkurs der Goldschmiede. Zwei seiner Angestellten, Hermann Peters und Alfred Sinner, kauften die Werkstatt. Ihnen gelang der Aufschwung unter dem alten Firmennamen „Paul Kerfack“. Nachdem der Betrieb den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit überstanden hatte, wollte der neue Inhaber, Gerhard Sinner, weiterhin erfolgreich arbeiten. Dafür übertrat er bestehende Gesetze der DDR, so dass er und seine Frau zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und enteignet wurden. 1979 wurde das Geschäft aus der Handwerksrolle gelöscht, nachdem der Antrag der Tochter Sabine Sinner, den Betrieb zu übernehmen, abgelehnt worden war. In diesem Buch verbinden sich Unternehmens-, Familien-, Stadt- und Handwerksgeschichte, allerdings mit Schwerpunkt auf der Familiengeschichte. Der „Fall Sinner“ sollte ausführlicher dargestellt werden, da er ein Beispiel für die Rechtsprechung in der DDR ist. Hier zeigt sich, zu welchen Mitteln die DDR-Justiz griff, um gegen einen privaten Handwerker vorzugehen. In enger Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit wurde versucht, dem Goldschmied eine politische Straftat nachzuweisen. Da dies aber nicht gelang, wurde die kriminelle Handlung mit Haft und Enteignung hart bestraft. Da die Meister von Kerfack und Sinner Generationen von Goldarbeitern ausbildeten, von denen sich viele mit eigenen Geschäften selbstständig gemacht haben, lebt die Tradition der Goldschmiede weiter.
Inhalt
Einleitung
Die Gründung der Goldschmiede – Friedrich Heinrich Kerfack (1795-1867)
Die Herkunft und Anfänge des Goldschmiedes Friedrich Kerfack
Die Lehrzeit
Die Zeit als wandernder Geselle
Der berufliche Aufstieg als Meister im Goldschmiedeamt
Die Arbeitsbedingungen und die Etablierung des Meisters
Meister Kerfack in politischen Ämtern
Die Etablierung der Goldschmiede – Paul Kerfack (1832-1903)
Die Zeit als Lehrling und wandernder Geselle
Rückkehr nach Rostock – Die berufliche und gesellschaftliche Etablierung
Ein neues Zeitalter – Die Einführung der Gewerbeordnung
Die Veränderungen im Zeitalter der Industrialisierung
Der Ruin der Goldschmiede – Otto Kerfack (1875-1937)
Das Universitätsstudium – Der Versuch einer akademischen Karriere
Der Niedergang der Goldschmiede
Die Goldschmiede „Paul Kerfack“ zwischen Weltwirtschaftskrise und Sozialismus – Hermann Peters (1879-?) und Alfred Sinner (1895-1967)
Hermann Peters
Alfred Sinner
Die Übernahme und Wiederbelebung des Geschäfts
Leben und Arbeiten in schwierigen Zeiten – Nachkriegszeit und DDR
Das private Handwerk in der DDR – Gerhard Sinner (1925-2002)
Der Weg vom Soldaten zum Goldschmiedemeister
Goldschmieden unter DDR-Verhältnissen – Dienstleistungsbetrieb in der Mangelwirtschaft
Die Familie Sinner
Rückzug vom Verkaufsgeschäft hin zum Werkstattbetrieb
Die aktive Kirchenarbeit – Die Nische von Gerhard Sinner
Das Ermittlungsverfahren gegen die Familie Sinner
Der Strafprozess Sinner
Von der Haftzeit bis zur Ausreise in die BRD – Kein Neuanfang
Die verhinderte Nachfolgerin – Sabine Sinner (1954-1989)
Der eher unfreiwillige Weg zur Goldschmiedin
Stolpersteine und Nackenschläge
Anmerkungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Fotonachweis
B. 304. Französische Geistliche in einem Rostocker Kriegsgefangenenlager – eine Chronik 1941-1945
Erscheinungsdatum: 01.01.2003
Umfang: 173 Seiten
Preis: 6,90 Euro
Editorial
Vorwort
„22. Dezember 1998
Sehr geehrter Herr Dr. Stutz.
Vor 2 Monaten etwa hatte mein Schulfreund Gernot Eschenburg aus Warnemünde in der ‚OZ‘ über ihr Projekt gelesen und daraufhin das Heft Nr. 5 ‚Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter zwischen Warnow und Barthe‘ erworben und mir ein Exemplar zugeschickt mit der Bemerkung, Sie seien möglicherweise an dem Kriegsgefangenenlager B 304 in der Düne zwischen Warnemünde und Markgrafenheide interessiert, über das man im Heft nichts las. (...) Die meisten Ehemaligen aus dem B 304 sind inzwischen hoch in den Achtzigern und verkehren noch brieflich untereinander bzw. via ,La cloche‘, die heute noch zweimal jährlich erscheinende Lagerzeitung. Darin steht nichts mehr von geschichtlichem Belang, aber lesenswert ist, wenn man Französisch kann, das Album, das die Kameraden gleich nach 45 druckten und bebilderten. Es enthält minutiös die Geschichte des Lagers, basierend auf Tagebuchaufzeichnungen des einen oder anderen mit den jeweiligen Entstehungsdaten, dazu Betrachtungen, Gedichte, aber auch die Geschichten besonders bewegender Ereignisse der 5jährigen Klausur. Ich könnte Ihnen das ,Buch‘ leihen.
Klaus Dördelmann“
Gerade hatte die Geschichtswerkstatt Toitenwinkel ihr „Zwangsarbeiterheft“ herausgeben – die 1.000er Auflage drohte bereits zur Neige zu gehen –, als diese Offerte eintraf. Wie hatten sich die Autoren des Heftes gemüht, aus dem verstreuten und dünnen Material (vieles wurde bis 1945 vernichtet) ein Bild über dieses dunkle Kapitel mecklenburg-vorpommerscher Geschichte auszuarbeiten. Mit dem Angebot bestand nunmehr die Möglichkeit, in eine mehrere hundert Seiten starke Kriegsgefangenenchronik Einblick zu nehmen. Ein einmaliger Glücksumstand, wie man ihn als Historiker nur sehr selten erlebt. Seitdem sind vier Jahre vergangen, und es kann nun endlich das Ergebnis – eine kommentierte Übersetzung der Lagerchronik – vorgelegt werden. Bis zum Druck galt es zahlreiche Klippen zu umschiffen: Auflösung der Geschichtswerkstatt Toitenwinkel, Suche eines Übersetzers, Einwerben der Mittel, Publikationsmöglichkeit etc. Dank der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern und der Hansestadt Rostock liegt nunmehr ein einmaliges Zeitdokument vor – die Geschichte eines Kriegsgefangenenlagers aus der Sicht seiner Insassen. Ihre Schilderungen ermöglichen einen bisher nahezu unbekannten Blick auf die Rostocker und ihre Stadt zwischen 1941 und 1945. Es ist die Sicht französischer Militärgeistlicher, die 1940 in Gefangenschaft gerieten und auf der Hohen Düne inhaftiert wurden. Nachvollziehbar ist ihr Haß auf die Deutschen, verständlich ihr Zynismus und ihre Schadenfreude, wenn die Alliierten Rostock bombardierten. Trotz dieses die gesamte Chronik durchziehenden Grundgestus’ sind aber auch Passagen der Differenzierung enthalten. Die Deutschen werden sehr wohl nicht pauschal betrachtet, die alliierte Bombardierungsstrategie wird kritisch hinterfragt und die Haltung französischer Militärangehöriger gegenüber deutschen Gefangenen verurteilt, um nur einige Beispiele zu nennen. Hoch interessant ist auch die Sicht auf die Befreier, die Rote Armee. Die Geschichtswerkstatt Rostock und die Herausgeber danken allen, die die Entstehung des Buches mit Rat und Tat förderten. Dank schulden wir Abbé Michel de Gastines (Montmirail), Klaus Dördelmann (Köln), Gernot Eschenburg (Rostock), Florian Ostrop (Wismar), Kathrin Möller (Schwerin) und Angrit Weber (Rostock). Zu großem Dank sind wir Dr. Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt (Glückstadt) verplichtet, der in aufopferungsvoller Intensität das Projekt, insbesondere die Übersetzung, begleitete. Unser Dank gilt aber auch dem Archiv der Hansestadt Rostock, insbesondere Dr. Karsten Schröder, für die Möglichkeit, die vorliegende Chronik in der Schriftenreihe des Stadtarchivs zu veröffentlichen.
Dr. Arnaud Liszka, Dr. Reno Stutz
Inhalt
Zum Geleit (Michel de Gastines)
Vorwort (Arnaud Liszka, Reno Stutz)
Zur Zwangsarbeit für den NS-Staat in Mecklenburg. Eine Einführung (Florian Ostrop)
Chronik. 1941-1945
Demokraten und ihre Gegenspieler. Norddeutsche in der Revolution von 1848/49
Erscheinungsdatum: 01.01.2000
Umfang: 166 Seiten
Preis: 3,00 Euro
Editorial
Einleitung
„Wir müssen in der Geschichte unseres Volkes nach jenen Männern spüren und ihnen Gerechtigkeit widerfahren lassen, die dafür gelebt und gekämpft haben, damit das deutsche Volk politisch und moralisch verantwortlich sein Leben und seine Ordnung selbst gestalten kann.“ (Gustav Heinemann)
Schon 1996/97 zeichnete sich ab, daß in den neuen Bundesländern nur wenige Aktivitäten den 150. Jahrestag der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 begleiten werden. Die Ursachen, weshalb das Gedenken an das Ringen der 48er Revolutionäre für Menschen- und Bürgerrechte in unserem Bundesland kaum Widerhall fand, ist vielfältig und soll daher an dieser Stelle nicht erörtert werden. Angesichts der zu erwartenden Entwicklung entschloß sich die Robert Bosch Stiftung Stuttgart, 1997 das Förderprogramm „Die Revolution von 1848/49 auf dem Gebiet der heutigen neuen Bundesländer“ aufzulegen. Ziel des Projektes war es, vorhandene bürgerschaftliche Initiativen mit den notwendigen Mitteln auszustatten, um ihnen die Möglichkeit zu geben, Ideen und Vorhaben anläßlich des Revolutionsjubiläums umzusetzen. Daher reichte die Rostocker Geschichtswerkstatt 1997 einen Antrag auf Projektförderung ein, mit dem Ziel, die Worte des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann in Rostock mit Leben zu erfüllen. Hier drohte das Jubiläum weitestgehend unbemerkt vorüberzugehen. Völlig zu Unrecht, denn in Norddeutschland war die Revolution von 1848/49 ein demokratiegeschichtliches Ereignis ersten Ranges.
Im Februar 1848 reagierte die Bevölkerung Mecklenburgs auf die revolutionären Ereignisse in Paris und im März in Berlin spontan mit einer starken antifeudalen, teilweise radikal-demokratischen Bewegung. In vielen Städten gründeten Vertreter des Bürgertums Reformvereine (z.B. Rostock), in größeren urbanen Zentren entstanden vereinzelt radikaldemokratische Arbeitervereine (z.B. Schwerin). Auf dem platten Lande kam es unter den Landarbeitern zu antifeudalen Aktionen, die in der Gegend um Waren/Müritz in bewaffnete Kämpfe mündeten. Die mecklenburgischen Regierungen in Schwerin und Neustrelitz wurden mit Petitionen überhäuft. Liberal gesinnte Gutsbesitzer, wie Dr. Samuel Schnelle, Theodor Stever, Johann Pogge, forderten demokratische Veränderungen. Die Zensur wurde aufgehoben und die Wahl-, Presse- und Versammlungsfreiheit eingeführt. Kurzzeitig hatte Mecklenburg in verfassungspolitischer Hinsicht den Schritt von einem rückständigen feudalständischen Staat zu einem modernen bürgerlichen Gemeinwesen vollzogen. Doch bereits 1850 wurden durch den Freienwalder Schiedsspruch alle erstrittenen Rechte wieder aufgehoben. Führende Persönlichkeiten der Revolution, wie der Rostocker Anwalt Moritz Wiggers und dessen Bruder, der Theologe Julius Wiggers, die Professoren der hiesigen Universität Karl Türk und Christian Ludwig Theodor Wilbrandt, der Boizenburger Rektor Ludwig Reinhard (Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung), der Schweriner Hofbaumeister Georg Adolph Demmler (Mitbegründer der Deutschen Nationalversammlung in Frankfurt a. M.) sowie der Literat Julius Polentz verloren ihre Ämter und/oder wurden in Hochverratsprozessen zu mehrjährigen Festungsstrafen verurteilt. Andere entzogen sich der Inhaftierung durch Flucht und Auswanderung. Leben und Werk zahlreicher vorab genannter Demokraten waren zumeist eng mit den revolutionären Ereignissen in Norddeutschland verknüpft. Exemplarisch seien Männer wie Harro Harring, Friedrich Chrisroph Dahlmann, Samuel Schnelle und Moritz Wiggers erwähnt, die durch ihr Handeln auf nationale und internationale Geschehnisse Einfluß nahmen. So versteckte der mecklenburgische Gutsbesitzer Schnelle den bekannten deutschen Literaten und Germanisten Hoffmann von Fallersleben von 1844 bis 1850 auf seinem Gut Holldorf bei Wismar. Wiggers, von 1867 bis in die 1870er Jahre Mitglied des Deutschen Reichstages, organisierte 1850 die Flucht des Dichters Gottfried Kinkel und des späteren Divisionskommandeurs sowie Innenministers der USA, Carl Schurz, über Rostock nach Schottland. Neben den genannten, die ihr Leben der Demokratie verschrieben hatten, gab es aber auch zahlreiche Männer, die mithalfen, die bürgerlich-demokratische Revolution in Deutschland niederzuwerfen. Dazu zählten neben Otto von Bismarck und Hans-Hugo von Kleist-Retzow auch mecklenburgische Militärs, wie Generalmajor von Elderhorst und Oberst von Witzleben. Letztere waren u.a. an der Niederschlagung des „Badischen Aufstandes“ beteiligt. Dank der durch die Robert Bosch Stiftung bereitgestellten „demokratiestimulierenden“ Mittel konnte die Rostocker Geschichtswerkstatt die historischen Ereignisse um 1848/49 im norddeutschen Raum (Mecklenburg, Pommern, Schleswig-Holstein) durch verschiedene Aktivitäten öffentlichkeitswirksam darstellen. Dazu zählten u.a. ein „Revolutionsfest“ und ein „Revolutionsführer“ in Form eines Faltblattes. Darüber hinaus lud die Geschichtswerkstatt am 19./20. März 1999 zu einer Tagung nach Rostock ein. Zwei Tage lang referierten und diskutierten Teilnehmer aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und der Wojewodschaft Szczecin zu Fragen der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 in Norddeutschland. Im Vordergrund stand dabei vor allem der biographische Aspekt. Um die auf der Tagung vorgelegten Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit vorzulegen, wurde das nunmehr vorliegende Buch konzipiert. Der biographisch orientierte Sammelband vereint sowohl mecklenburgische, pommersche als auch schleswig-holsteinische Revolutionäre und einige ihrer Gegenspieler. Damit wurde u.a. auch dem regionalen und nationalen Charakter der revolutionären Ereignisse, vor allem aber den überregionalen Lebensläufen der vorgestellten Protagonisten Rechnung getragen. Die Publikation ist das Ergebnis dieser Tagung. Der Sammelband enthält sowohl Beiträge von „Profis“ als auch „Hobbyhistorikern“. Allein der Anmerkungsapparat verdeutlicht dies. Um eine breite interessierte Leserschaft zu erreichen, wurde auf verständlich geschriebene Texte Wert gelegt. Der wissenschaftliche Apparat ist weitestgehend kurz gehalten worden und enthält nur die notwendigsten Literatur- und Quellenangaben.
Dr. Reno Stutz
Inhalt
Einleitung
Klaus Lüders
Demokratiegeschichte und gesellschaftlicher Grundkonsens. Eine biographische Spurensuche in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein
Matthias Mahnke
„Deutschlands Einheit zu erstreben…“ – Die Aktenüberlieferung des Königreichs Sachsen über die norddeutschen Mitglieder der Jenaer Burschenschaft (1832/33)
Manfred Jetzlauk
Otto von Bismarck und seine pommerschen Freunde in den Revolutionsjahren 1848/49
Anete N. Cizek
Hans Hugo von Kleist-Retzow (1814-1892)
Ralf Wendt
Spitzel und Spionage im Gefolge der Revolution von 1848/49 in Mecklenburg
Anja Alert
Mecklenburgische Auswanderer und die Revolution 1848/49
Peter Maubach
„Die Parthei des Stillstandes wird mich für einen Radicalen, und die Radicalen werden mich für einen Reactionär halten.“ – Ernst Boll in der 48er Revolution
Wolfgang Siegmund
„Und ehrerbietig allezeit, des Volkes Stimme hören!“ – John Brinckmann – Dichter, Bürger, Demokrat und „Neue mecklenburgische Lieder“
Wilhelm Bleek
Friedrich Christoph Dahlmann und die Paulskirche
Klaus-Ulrich Keubke
Das Mecklenburg-Schweriner Militär in den Feldzügen 1848 nach Schleswig-Holstein und 1849 nach Baden sowie seine Befehlshaber Generalmajor von Elderhorst und Oberst von Witzleben sowie andere Offiziere
Hans-Ulrich Hamer
Harro Harring – ein Demokrat und Republikaner aus Schleswig-Holstein
Arnold Hückstädt
„Was mich anbetrifft, so bin ich wohlauf und bin ein arger Politiker geworden“ (29. März 1848) – Fritz Reuter in der mecklenburgischen Reformbewegung von 1848
Gerd Giese
Johann Heinrich Sievers – Ein Dichter für die Freiheit
Klaus Baudis
Ein Rostocker Historiker in den Kämpfen der Revolution von 1848/49 – Zum Wirken von Prof. Karl Türk in Rostock und Mecklenburg
Wolf Karge
Die Brüder Wiggers – Märtyrer und Oppositionelle
Anhang
Personenregister
Autorenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis