Zeitgeschichte regional | 12. Jg., 2008, Heft 2

8,00 

Beschreibung

Wie angekündigt, steht in dieser Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ der Natur- und Umweltschutz in Mecklenburg und Vorpommern im Vordergrund. Naturschutz- und Umweltbewegung haben in vielerlei Gestalt ihre Spuren in diesem Landstrich hinterlassen und sind durch eindrucksvolle Persönlichkeiten getragen und geprägt worden.
Den Anfängen der – noch unter dem Dach von Heimatschutz bzw. -pflege im 1906 gegründeten Heimatbund Mecklenburg bzw. 1910 entstandenen Pommerschen Heimatschutzbund – organisierten Bemühungen zur Entdeckung und Bewahrung der Naturreichtümer Mecklenburgs und Pommerns in Kaiserreich, Weimarer Republik und nationalsozialistischem Deutschen Reich spürt Reno Stutz nach.
Nach 1945 gewann die Bewegung unter neuen Bedingungen an Breite und institutioneller Qualität. Steigender Natur- und Landschaftsverbrauch durch Besiedlungszunahme, Industrialisierung und Militarisierung machten den Handlungsbedarf deutlich. Vielfach waren es wissenschaftlich gebildete Fachleute und engagierte ehrenamtliche Heimatpfleger, denen wichtige Anregungen zu verdanken sind, auf die die staatliche Verwaltung reagierte, reagieren musste oder die unter dem Dach des Kulturbundes zahlreiche Initiativen hervorriefen. Mit Gerhard Klafs bietet ein ausgewiesener Experte einen Abriss über diese Entwicklung in den vorpommerschen Kreisen seit 1945.
Irmfried Garbe verdanken wir ein Interview mit Prof. Dr. Michael Succow. Mit dessen Namen wird die Krönung der Arbeit jener engagierten Umwelt-, vor allem Naturschützer in der DDR verbunden, außerdem war die von ihm als Stellvertretender Minister zwischen Januar und Mai 1990 auf den Weg gebrachte Ausweisung von Großschutzgebieten auf dem Territorium der ehemaligen DDR bedeutsam, die als Teil ihres „Tafelsilbers“ mit in die Vereinigung gebracht werden konnten.
Natur- bzw. Umweltschutz haben nur Chancen, wirksam zu werden, wenn die damit verbundenen Anliegen von vielen Menschen mitgetragen werden. Dafür sind Persönlichkeiten unverzichtbar, die, anerkannt und verwurzelt in ihren Regionen, vorbildhaft dafür wirken. Mit Walter Karbe für Mecklenburg-Strelitz, vorgestellt von Klaus Borrmann, und Karl Bartels für die Müritz-Region, skizziert von Renate Seemann, wird stellvertretend das Wirken solcher Persönlichkeiten gewürdigt.
Der gesellschaftliche Umbruch von 1989/90 brachte zahlreiche neue Entwicklungen auch für die Umwelt- und Naturschutzbewegung. Es entstanden neue Institute und Lehrstühle an den Universitäten und Hochschulen des Landes. Prof. Dr. Succow steht dafür, aber auch das Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. an der Hochschule Neubrandenburg, das seit 1991 mit seinem „Studienarchiv Umweltgeschichte“ Zeugnisse der Umweltforschung, der Umweltpolitik, des ehrenamtlichen Naturschutzes, der Heimat- und Denkmalpflege sammelt, aufarbeitet und in einer Zeitschrift mit gleichem Namen veröffentlicht. Hermann Behrens und Jens Hoffmann stellen diese, nach ihren Worten „umfangreichste Sammlung zur ostdeutschen Umwelt- und Naturschutzgeschichte“ vor.
Der Wegfall des DDR-Grenzregimes zur Bundesrepublik, der vorher sichtbaren Frontlinie des Kalten Krieges, erschloss die über die Jahrzehnte immer hermetischer abgeschlossenen Naturräume für die öffentliche Wahrnehmung. Der hunderte Kilometer lange ehemalige Grenzstreifen gehört zu jenen Großschutzgebieten, die im letzten Jahr der DDR noch eingerichtet werden konnten. Simone Labs beschreibt einen Edelstein aus dieser Kette: das Biosphärenreservat Schaalsee.
Stefan Brauckmann berichtet über eine in den 1920er Jahren in Sachsen entstandene Bewegung, die gerade auch in Mecklenburg zahlreiche Anhänger fand. Anknüpfend an den Indogermanen-Mythos „Artamanen“ (= „Hüter der Scholle“) genannt, propagierten und pflegten sie eine völkisch-nationalistisch inspirierte Art von Heimatpflege, in deren Zentrum der Mythos von „Blut und Boden“ stand.
Bernd Kasten, Leiter des Schweriner Stadtarchivs, hat anlässlich der Erinnerung an die Pogrome vom 9. November 1938 in Deutschland eine neue Publikation über die Geschichte der Verfolgung und Deportation jüdischer Mecklenburger vorgelegt. Sein Beitrag in diesem Heft, entstanden in Verbindung mit der Ausstellung „Kirche, Christen, Juden in Nordelbien und Mecklenburg 1933-1945“, befasst sich mit Schicksalen von Christen jüdischer Herkunft in Mecklenburg. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass „Zeitgeschichte regional“ im Januar 2009 in einer Sonderausgabe editorisch bearbeitet und kommentiert die Liste der im Februar 1940 aus Stettin in das so genannte Generalgouvernement deportierten pommerschen Juden, die Wolfgang Wilhelmus in Yad Vashem gefunden hat, vorlegen wird. Wilhelmus ist auch in diesem Heft mit einer kurzen Darstellung eines 1944 geglückten Fluchtversuchs von Kriegsgefangenen aus Greifswald nach Schweden vertreten. Die Kriegsgefangenschaft deutscher Soldaten in der Sowjetunion ist der Hintergrund für das von Matthias Manke vorgestellte Dokument: eine 1947 in der Gefangenschaft entstandene Glückwunschkarte zum Geburtstag.
Gewissermaßen im Vorgriff auf das Jahr der Jubiläen 2009 bieten wir Ihnen mit dem Aufsatz von Christian Schwießelmann zu den Christdemokraten im Norden der DDR in der politischen „Wende“ 1989/90 einen Einstieg in die für das kommende Jahr sicherlich zu erwartenden Debatten. „Zeitgeschichte regional“ hat bereits angekündigt, sich mit der ersten regulären Ausgabe des Jahrgangs 2009 daran zu beteiligen.
Berichte und Rezensionen sollen auch in diesem Heft wieder Auskunft darüber geben, wer an welcher Stelle sich in diesem Land auf die eine oder andere Arbeit mit der neuesten Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns befasst hat. Und schließlich war uns das Berliner Projekt „Online gegen
Rechtsextremismus“ so wichtig, dass wir darüber auch in unserem Bundesland berichten wollten.
Dass „Zeitgeschichte regional“ Ihnen wichtig bleibt, hofft

Ihre Redaktion