Zeitgeschichte regional | 06. Jg., 2002, Heft 1

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Beschreibung

Die Sommer-Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ ist da. Da diese Jahreszeit die Haupturlaubszeit ist, inspirierte dies die Redaktion, die Nummer für eine historische Betrachtung des Themas Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern zu nutzen. Das nordöstliche Bundesland als Tourismus-Region auszubauen und für den wirtschaftlichen Erfolg in erster Linie auf Fremdenverkehr zu setzen war die Vision mancher Politiker in den frühen 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Vieles hat sich inzwischen getan, allein eine solide wirtschaftliche Basis ist es nicht geworden, auch wenn das Bundesland mit vielen Naturschönheiten und kulturellen Werten wuchern kann und von vielen Besuchern angenommen wird. Wismar und Stralsund gehören inzwischen zum Weltkulturerbe. Schwerin präsentiert sich als attraktive Landeshauptstadt, und Rostock ist zweifellos das wirtschaftliche Herz und insbesondere durch den Seehafen eine wichtige Verbindung nach Skandinavien. Die zum Baden einladenden weißen Ostseestrände und die unverbrauchte Natur der Mecklenburgischen Seenplatte sowie die größte und schönste deutsche Ostseeinsel Rügen haben einen guten Ruf weit über die Grenzen Deutschlands hinaus.
Es lag also nahe, einmal der Frage nachzugehen, wie sich der Tourismus in unserer Region entwickelt hat. „Das Thema“ wird mit vier Beiträgen und einem Interview bedient; und es offenbart sich schon hier Vielfalt, die dann auch das gesamte Heft durchzieht.
Bernd Kasten wendet sich der Entwicklung des Fremdenverkehrs in der alten und neuen Landeshauptstadt und einstigen Bezirksstadt Schwerin zu. Detailreich versteht er es, den Leser zu führen und bemerkenswerte Fakten zu vermitteln. Für die passionierten Fahrradfahrer unter den Lesern wird Wolf Karges Beitrag interessant sein. In den vergangenen zehn Jahren haben sich Fahrradwege zunehmend zum wichtigen Bestandteil der touristischen Infrastruktur entwickelt. Bürger und Gäste des Landes genießen die Sicherheit dieser Verkehrswege und können sich Gegenden erschließen, die mit dem Auto (zum Glück) nicht erreichbar sind. Das Naturerlebnis ist meist unvergeßlich. Zu DDR-Zeiten waren Radwege aus ökonomischen Gründen sehr selten, die Verkehrsdichte auf den Straßen war aber auch deutlich geringer und der Fahrradtourismus weniger entwickelt. Doch wie fing alles an? Wolf Karge geht den Anfängen auf den Grund. Erste Spuren für den Bau von Fahrradwegen in Norddeutschland weist er für die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg nach. Doch hatten die Verkehrsbauten ausschließlich eine wirtschaftliche Funktion – sie sollten es den Arbeitern ermöglichen, ihre Arbeitsplätze per Fahrrad zu erreichen. Mitte der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts konstatierten die nationalsozialistischen Behörden in Mecklenburg, daß das
Fahrrad für „nichtbemittelte Volksgenossen“ ein „unverzichtbares Verkehrsmittel“ geworden sei. Gleichzeitig wurde aber auch die gesundheitsfördernde Funktion des „Radelns“ erkannt. Zahlreiche Unfälle von Radfahrern mit motorisierten Fahrzeugen zeigten schon damals die Notwendigkeit separater Verkehrswege. Die umfassende Realisierung solcher Vorstellungen scheiterte aber letztlich am Desinteresse der örtlichen Behörden und an den ökonomischen Möglichkeiten.
Ebenfalls von Wolf Karge stammt der Beitrag über ein Detail der Geschichte des Ostseebades Heiligendamm: Er verfolgt die Spuren des Züricher jüdischen Barons Oskar von Rosenberg, der nach der Hyperinflation von 1923 zu einem wichtigen Geldgeber des Ostseebades wurde. Auch dieser Beitrag läßt Vergleiche zu den Problemen der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart des Ostseebades zu.
Wer erinnert sich nicht an die Namen der Fahrgastschiffe VÖLKERFREUNDSCHAFT, FRITZ HECKERT und ARKONA? Ronald Piechulek schreibt über die Höhen und Tiefen der Passagierschiffahrt der DDR. Vieles Unbekannte bringt er ans Tageslicht, verbindet politische, wirtschaftliche und technische Einzelheiten miteinander.
Interessante subjektive Einblicke in das Tourismusgeschäft der DDR gewährt das Interview mit Klaus Wenzel, der seit Jahrzehnten die Geschicke des Hotels “Neptun” in Warnemünde in den Händen hat.
Auch die Rubrik „Aufsätze“ beinhaltet vier Beiträge. Besonders aktuell ist Hermann Langers Frage „Nur ein rechter Rand?“ Er analysiert akribisch die Entwicklung des Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern von 1990 bis zur Gegenwart. Zahlreiche Abbildungen und Faksimiles machen das Agieren rechtsextremer Kräfte und die von ihnen ausgehenden Gefahren anschaulich. Ein entlarvender Artikel, der hoffentlich von vielen Lesern zur Kenntnis genommen wird. Vor wenigen Monaten erschien das Buch „Mecklenburger in der deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“, herausgegeben von Ilona Buchsteiner. Es enthält einen ersten Versuch, sich dem Leben des einstigen Ministerpräsidenten und SED-Funktionärs Bernhard Quandt zu nähern. Klaus Schwabe informiert in der Rubrik „Archivmitteilungen“ über den Nachlaß Quandts im Landeshauptarchiv Schwerin. Wir können hoffen, daß die biographische Forschung durch diese beiden Veröffentlichungen weiter angeregt wird.
Letztlich soll noch auf einen wichtigen Beitrag aus der Rubrik „Diskussion“ aufmerksam gemacht werden: Matthias Manke geht sehr polemisch auf die von Prof. Kersten Krüger entfachte Debatte über die Wissenschaftlichkeit der DDR-Geschichtsschreibung ein. Auch hier hofft die Redaktion auf weitere Wortmeldungen.
Wir wünschen unseren Lesern eine angenehme Sommer-Lektüre.

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