Sonderausstellung: Gemeinsinn und Nachhaltigkeit. Zum kulturellen Erbe des Stiftens in Mecklenburg-Vorpommern

 

 

 

Was motiviert Menschen, sich mit ihrem Vermögen für das Gemeinwohl zu engagieren?
Das ist die Leitfrage dieser Wanderausstellung.

Die Tradition von Stiftungen wurzelt in der vorchristlichen Antike. Seit dem Mittelalter sind sie in der Region nachweisbar, die heute das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern (MV) bildet. Doch die meisten Gründungen datieren nach der Reformation. Erst das 19. Jahrhundert verzeichnete einen regelrechten „Gründungsboom“. Bis 1945 wurden in der Region mehr als 1.500 Stiftungen errichtet. Modern gesprochen, reichten ihre Zwecke von der Krankenpflege über Fürsorge und soziales Wohnen bis hin zur Brandbekämpfung. Gründungscluster waren die Residenzen Schwerin und Neustrelitz, die Städte Stralsund und Wismar und insbesondere die Universitätsstandorte.

Stiftungen waren des Öfteren, aber längst nicht immer herrschaftsfern. In Mecklenburg etwa traten Angehörige der großherzoglichen Familie als Stifterpersönlichkeiten in Erscheinung. Wichtig zu wissen ist zudem, dass das Verständnis dessen, was „Gemeinwohl“ ist, nicht zu allen Zeiten gleich war: Auch die Geschichte des Stiftungswesens umfasst somit Licht und Schatten.

Die beiden Weltkriege leiteten einen Niedergang des Stiftungswesens ein. Verluste durch Kriegsanleihen und Inflation zerstörten die Kapitalbasis sehr vieler Stiftungen. Die Nazi-Herrschaft löste Stiftungen auf, die nicht in ihr Weltbild passten. Diese Herrschaft war 1945 zu Ende, aber die nun folgende „Diktatur des Proletariats“ stand Stiftungen ganz grundsätzlich skeptisch gegenüber. Sie wurden nicht als willkommene Ergänzung, sondern als private Konkurrenz eines auf „Volkseigentum“ basierenden Staates gesehen. So sank die Stiftungszahl in den drei Nordbezirken Neubrandenburg, Rostock und Schwerin zwischen 1953 und 1971 von 556 auf 356 – und danach noch weiter.

Doch es gibt noch immer Stiftungen in MV – und ihre Zahl steigt wieder. Hinter jeder von ihnen stecken Menschen mit ganz persönlichen Beweggründen. In einem aber waren / sind sich diese Menschen wohl einig: In der Hoffnung, die Welt ein Stück besser zu machen.

Diese Hoffnung möge Sie beim Gang durch die Ausstellung wie auch beim Lesen dieses Kataloges erfreuen und inspirieren.

Dr. Florian Ostrop, Geschäftsführer der Stiftung Mecklenburg
Schwerin, im November 2022