Zeitgeschichte regional | 16. Jg., 2012, Heft 2

8,00 

Beschreibung

Dieses Heft könnte unter dem Titel erscheinen: Planungen und was davon übrig bleibt. So sieht diese Ausgabe

von „Zeitgeschichte regional“ ganz anders aus als vorgesehen und ist – vielleicht gerade deshalb – eine

sehr interessante Mischung. In der unvorhergesehenen Situation haben Mitglieder der Redaktion in ihren

Schubladen gestöbert.
Bernd Kasten skizziert in seinem Beitrag, warum Friedrich Hildebrandt als Reichsstatthalter bei der

Vereinigung von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz 1933/34 erfolgreich war, während er mit

anderen Ambitionen scheiterte. Wolf Karges Forschungen zum Redefiner Gestüt verdanken wir einen Aufsatz

über den Weg der Mecklenburger Pferdezucht in Volkseigentum von 1945 bis 1952. Die Freiheit zwingt einen

freien Autor zu thematischer Breite. So verwundert es vielleicht nicht, aus derselben – elektronischen –

Feder auch noch ein Vortragsskript über eine Ausstellung zur Geschichte der Stiftung Mecklenburg zu finden.

Wolf Karge ist es auch, der dieses Heft mit einer Anmerkung zum schulgeschichtlichen Aufsatz von Hermann

Langer in der letzten Ausgabe sowie mit einem Nachruf auf den zu Beginn dieses Jahres verstorbenen Helge

Bei der Wieden, dem die Wiederbegründung des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde

sowie der Historischen Kommission Mecklenburg wesentlich zu verdanken ist, abrundet. Henrik Bispinck

erläutert ein Dokument, das die Diskussion über die Ausreiseproblematik innerhalb der Evangelisch-

Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs während einer Tagung der Landessynode im April 1977 aus der Sicht

des Ministeriums für Staatssicherheit wiedergibt. Der „Berliner“ in der Redaktion berichtet außerdem über

eine Ausstellung aus Anlass des 775. Stadtgeburtstages Berlins, die den Umgang mit den Jubiläen in den

Jahren 1937 und 1987 verglich. „Aus anderen Ländern“ kommt auch die Darstellung von Ortwin Pelc über die im

Frühjahr 2011 neueröffnete Gedenkstätte für die Kinder vom Bullenhuser Damm in Hamburg. Eleonore Wolf

ergänzt die Rubrik „Regionale Geschichtsarbeit“ um eine Vorstellung des Standes der Arbeit am Wegweiser zu

„Orten der Gewalt“ in Neubrandenburg, der mittlerweile vier Angebote umfasst. Nach Lehrpfaden zu jüdischem

Leben, zu Zwangsarbeiterlagern der NS-Zeit und zur Bezirksverwaltung der Staatssicherheit in Neubrandenburg

ist 2012 der Gedenkort Fünfeichen einbezogen worden. Hier wird an die ab 1939 eingerichteten

Kriegsgefangenenlager, die 1945 kurzzeitig als Repatriierungslager, anschließend als Speziallager der

sowjetischen Besatzungsmacht weitergenutzt wurden, erinnert.

Ein Thema bestimmte die regionale – nicht nur historische – Bildungsarbeit in unserer Region 2012

besonders: der Umgang mit dem Pogrom vom August 1992 in Rostock-Lichtenhagen. Dem Selbstverständnis der

Zeitschrift entsprechend findet dieses Thema in dieser Ausgabe breiten Raum. Zwei junge

Politikwissenschaftler der Rostocker Universität haben sich dem Thema aus verschiedenen Blickwinkeln

genähert. Während Roman Guski den Pogrombegriff für die Nachwendezeit im vereinten Deutschland

durchdekliniert, setzt sich Thomas Prenzel mit Gedenken und Politik, insbesondere in der Region zum 20.

Jahrestag der Ereignisse von Rostock-Lichtenhagen, auseinander. Für die Reflexion zweier konkreter

Beispiele regionaler Geschichtsarbeit zu diesem Anlass sind wir besonders dankbar: Kristina Koebe,

Mitherausgeberin des kleinen, feinen, seit 1995 bestehenden Rostocker Magazins „Stadtgespräche“, berichtet

über eine von ihrer Redaktion initiierte Verteilaktion von 10.000 DVD mit dem Film „The truth lies in

Rostock“ und die von ihr wahrgenommenen „Rostocker Wahrheiten im Umfeld des 20. Jahrestages der Pogrome von

Rostock-Lichtenhagen“. Die 2002 auf den Weg gebrachte Ausstellung „Lichtenhagen – von Menschen, Ansichten

und Gesetzen“ regt erfreulicherweise immer noch zum Nachdenken an. Lena Weber, Schülerin auf dem Weg zum

Abitur, hat dafür als Ausstellungsbegleiterin gearbeitet. Wir hoffen, dass ihr Beitrag andere junge Leute

zum Schreiben auf unseren Seiten anregt und dass sie uns als Autorin erhalten bleibt.

Dann sind da die in jedem Heft erscheinenden Beiträge, die der Zeitschrift die Vielfalt des weiten

Horizonts, nicht mit Beliebigkeit zu verwechseln, sichern sollen – auch mit dem Anspruch, die

Weltläufigkeit vermeintlicher Provinz wenigstens aufscheinen zu lassen. Jens-Uwe Rosts „Politthriller –

made in GDR“ über eine Städtepartnerschaft Schwerin-Nikosia gehört ebenso dazu wie Rainer Neumanns Blick

auf die zeitgenössische kirchliche Musiklandschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Einen besonderen

Dokumentenschatz stellt Falk Bersch mit den 1965 verfassten Briefen eines Wehrdienstverweigerers aus dem

Strafvollzugskommando Berndshof bei Ueckermünde vor.

Wenn wir mit Rainer Neumann den über mehrere Ausgaben behandelten musikalischen Schwerpunkt hinter uns

lassen, bereiten wir mit den folgenden, wenigstens noch summarisch vorzustellenden Texten den Boden für die

Behandlung von Industriegeschichte unseres Landes im vergangenen Jahrhundert. Axel Föhl lässt 40 Jahre

Industriedenkmalpflege in Ost und West Revue passieren. Sabine Bock und Günther Jikeli nehmen sich eines

besonderen Industriedenkmals in Mecklenburg-Vorpommern an. Während erstere zur Frage „Heeresversuchsanstalt

Peenemünde – Weltkulturerbe oder Kompensationsfläche?“ Partei ergreift, berichtet Jikeli über eine im

Oktober 2012 in Trassenheide auf Usedom durch geführte Tagung „Peenemünde aus der Opferperspektive.

Verantwortung von Wissenschaft und Gesellschaft. Neue Impulse für eine Erinnerungskultur an die

verbrecherische Kriegsindustrie der Nationalsozialisten“. Kathrin Möller kann erfreut vermelden: „Mit dem

phanTECHNIKUM eröffnete im Dezember 2012 in Wismar ein neues Ausstellungs- und Bildungszentrum zum Thema

Technik und Technikgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns“.

Dem Thema Ausstellung widmen sich noch zwei weitere Beiträge. Eckard Oberdörfer würdigt die von

„Zeitgeschichte regional“ bereits angekündigte Exposition für Friedrich Loeffler, den „Vater der

Virologie“, auf der Insel Riems bei Greifswald. Und Andrea Kaltofen präsentiert die im niedersächsischen

Landkreis Emsland gelegene, als europäischer Gedenkort neugestaltete Gedenkstätte Esterwegen.

Potenziellen Rezensenten und Autoren sei wie immer unser mit „Rezensionen/Annotationen“ und

„Neuerscheinungen“ überschriebener Blick in die historiografische Landschaft empfohlen. Wir hoffen auch

2013 auf Ihre Mitarbeit.

Ihre Redaktion