Beschreibung
Im letzten Heft vorbereitet, soll Musik in dieser Ausgabe von „Zeitgeschichte regional“ den thematischen Schwerpunkt bilden. Wir freuen uns, dass es gelungen ist, mit Ekkehard Ochs eine Institution der Publizistik über Musikkultur in Mecklenburg-Vorpommern gewonnen zu haben. Mit seinem Beitrag „Greifswalds Musikfeste 1920-1939“ eröffnet er die Reihe musikbezogener Institutionengeschichte(n) in Mecklenburg und Vorpommern. Seine Darstellung zeigt das Bemühen des Greifswalder bildungsbürgerlichen Milieus, mit Glanzlichtern deutscher Musikgeschichte und der Moderne auch die pommersche Provinz kulturell zu erhellen. Die Universität war dabei sicher ein wesentlich fördernder Faktor. Ganz in diesem Sinne dürfte auch Lutz Winkler mit seiner Abhandlung über Emanuel Voß, den spiritus rector und Gründungsdirektor des Greifswalder Theaters, zu lesen sein. Sein Aufsatz steht bereits im Zeichen des 2015 anstehenden 100jährigen Jubiläums des Greifswalder Stadttheaters, das ohne die Initiative und das über mehr als fünf Jahrzehnte währende Engagement von Voß kaum denkbar erscheint. Das musikpädagogische Personal der Greifswalder Universität hatte in diesem Kontext immer seinen festen, ja unverzichtbaren Platz. Aus den universitären Nischen konnte es allerdings erst mit der akademischen Aufwertung der pädagogischen Ausbildung, insbesondere der Musiklehrer, im Zuge der Wiedereröffnung der Universitäten nach dem Zweiten Weltkrieg heraustreten. Bernd Fröde skizziert die Musiklehrerbildung in der Region während der SBZ- und frühen DDR-Zeit bis zum Ende der 1950er Jahre beispielhaft an den Universitäten Rostock und Greifswald sowie den später eingerichteten Instituten für Lehrerbildung in Güstrow, Putbus, Alt Rehse und Neukloster als einen Weg zwischen fachorientierter Tradition und ideologischer Okkupation. Es ging darum, ein neues, dem neuen Staat DDR verbundenes pädagogisches Personal heranzubilden. Gesellschaftsverändernde Ambitionen in der DDR waren vielfach mit strukturpolitischen Experimenten verknüpft. Die Entwicklung der kleinen Landstadt Neubrandenburg im mecklenburgischen Binnenland zu einem regionalen Zentrum gehört dazu. Bereits wenige Jahre nach der Konstituierung eines Kreisorchesters Neubrandenburg mit bescheidenen Möglichkeiten hatte die Stadt ein Staatliches Sinfonieorchester. Ohne die Rolle als Bezirksstadt hätte es diese Entwicklung wohl kaum gegeben. Anke Völker-Zabka bietet einen Abriss zu 60 Jahren Orchestergeschichte der Neubrandenburger Philharmonie. Fünf Ensembleleiter, vom Orchestergründer bis zum derzeitigen Chefdirigenten, kommen zu Wort.
In der Zusammenschau mit den anderen Aufsätzen in diesem Heft scheint ein weiteres Schwerpunktthema durch: schulische Bildung. Gabriele Förster von der Universität Greifswald hat Schulärzte und Schulzahnärzte in Pommern während der Weimarer Republik in den Blick genommen, wohingegen Hermann Langer, einer der Kenner mecklenburgischer Schulgeschichte, sich zur Ausbildung von Mecklenburgs Volksschullehrern unterm Hakenkreuz zwischen 1932 und 1945 äußert. Dabei zeichnet er die Etappen der Umformung des Pädagogischen Instituts in Rostock zu einer Hochschule für Lehrerbildung, auf die während des Krieges die Lehrerbildungsanstalten folgten, nach. Der in Güstrow für die Lehrerbildungsanstalt errichtete Neubau diente später dem oben bereits erwähnten Institut für Lehrerbildung, nachfolgend der Pädagogischen Hochschule Güstrow und ist heute Sitz der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
In der Rubrik Aufsätze sollen auch die Beiträge von Bernd Kasten sowie von Sophie Große/Maria Sparfeld Ihrer Aufmerksamkeit empfohlen sein. Nicht, weil der Schweriner Stadtarchivar Mitglied der Redaktion dieser Zeitschrift ist, sondern weil es ihm gelingt, die Auswirkungen der amerikanischen Bombenangriffe auf Schwerin 1944/45 plastisch und bisweilen drastisch zu schildern, halten wir seine Ausführungen für beachtenswert. Und weil es bislang so selten ist, freuen wir uns besonders, dass sich die beiden Rostocker Autorinnen mit ihrer Analyse auf einen Diskussionsbeitrag in der letzten Ausgabe dieser Zeitschrift beziehen. Sie nehmen Lesarten von Fotografien Karl Eschenburgs zwischen Romantik und Nazipropaganda wahr und knüpfen damit an Volker Jankes kritische Reflexion des Umgangs mit Eschenburgs fotografischem Nachlass an.
Zeitgeschichte ist im Bereich der ehemals sozialistisch genannten Länder seit dem Epochenbruch von 1990 kaum ohne die Auseinandersetzung mit der Geschichte der hier gewirkt habenden geheimpolizeilich organisierten Sicherheitsdienste denkbar. Die Öffnung der Akten des Ministeriums für Staatsicherheit der DDR schuf neue Bedingungen. Zwei Leiter der für den damaligen Bezirk Rostock zuständigen Außenstelle der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen DDR hatten am 1. Februar 2012 in der Rostocker Petrikirche im Rahmen der Veranstaltung „Wissen, wie es war – Einsicht durch Einsicht?!“ anlässlich des 20. Jahrestages der Öffnung der Stasi-Akten ihre Erinnerungen daran zusammengefasst. Volker Höffer schildert die Herausforderungen für die Behördenmitarbeiter, die weder auf die Bewältigung der Aktenhinterlassenschaft noch auf die damit verbundenen Schicksale vorbereitet waren. Sein Amtsvorgänger Christoph Kleemann beantwortet in einer sehr persönlichen Darlegung „Warum ich meine Akte wollte“.
Bei der Beobachtung der regionalen Geschichtsarbeit in unserem Bundesland mussten wir uns diesmal auf einen Schwerpunkt beschränken. Andreas Wagner berichtet über die am 27. April 2012 erfolgte Eröffnung einer neuen, der Geschichte des Kraftwerkes gewidmeten Abteilung der Dauerausstellung im Historisch-Technischen Museum Peenemünde.
Nachrufe sollen Erinnerungen bewahren und Trauer bearbeiten helfen. Mitglieder der Redaktion von „Zeitgeschichte regional“ haben ihr Gedenken an die viel zu früh verstorbene Prof. Dr. Kyra T. Inachin in Worte zu fassen versucht. Dem Leben und Wirken des im 85. Lebensjahr verstorbenen Dr. Dr. h.c. Hartwig Bernitt, langjähriger Vorsitzender des Vereins ehemaliger Rostocker Studenten (VERS), ist ein Nachruf von Peter Moeller gewidmet.
Der Fleißarbeit einzelner Redaktionsmitglieder ist die wieder umfangreiche Anzeige von Neuerscheinungen zu verdanken. Die Rezensionen/Annotationen sollen die das Programm abrundende Selbstverständlichkeit bleiben.
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