Zeitgeschichte regional | 13. Jg., 2009, Heft 2

8,00 

Beschreibung

Nachdem wir Ihre Geduld mit dem ersten Heft von „Zeitgeschichte regional“ des Jahrgangs 2009 über Gebühr beansprucht haben, hoffen wir, Sie mit der Lieferfrist dieser Ausgabe wieder versöhnt zu haben. Das Dezemberheft wird wohl vor allem Menschen aus Vorpommern oder die an diesem Landstrich Interessierten ansprechen, denn (Zeit-)Geschichten aus dem Gebiet zwischen Oder und Ryck dominieren dieses Heft. Den chronologischen Anfang macht ein Beitrag von Benjamin Müsegades, der den Ersten Weltkrieg sowie die – in Pommern so gar nicht revolutionär scheinende – Nachkriegszeit in der vorpommerschen Provinz untersucht. Anhand der Kirchenchronik („Memorabilien-Buch“) des Kirchspiels Groß Kiesow, zwischen Stralsund und Greifswald gelegen, macht er diese Zeit für uns nacherleb bar. Es folgt ein Aufsatz aus der Tastatur des Leiters der Ernst Barlach Museen in Güstrow. Volker Probst hat „Zeitgeschichte regional“ eine bearbeitete Fassung seines Vortrages über die Beziehung des Bildhauers, Zeichners und Schriftstellers Ernst Barlach zu Bernhard A. Böhmer überlassen. Letzterer war umtriebiger Kunsthändler, Hehler, aber auch Bewahrer so genannter entarteter Kunst. Teile des in Rostock überlieferten „Böhmer-Nachlasses“ wurden kürzlich im Kulturhistorischen Museum Rostock gezeigt. Bernd Aischmann knüpft mit seinem Text über den „Pölitzer Bezirk“ an seine 2008 herausgegebene Publikation über das Schicksal Stettins nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges an. Von dem kurz vor dem Zweiten Weltkrieg auf ehemaligen Spargelfeldern aus dem Boden gestampften Hydrierwerk, das der „materiellen Absicherung nationalsozialistischer Welteroberungspläne“ dienen sollte, kündet heute noch eine riesige Trümmerlandschaft. Greifswald, vor allem seine Universität als wichtige Station im Leben von Julius Moses, Alfred Lublin und Horst Eduard Beintker bildet den Hintergrund für die folgenden Geschichten. Günter und Ralf Ewert aus Greifswald geben Prof. Dr. med. Alfred Lublin, 1935 aus dem Amt eines Oberarztes und Assistenten des Direktors der Greifswalder Medizinischen Klinik entlassen, hat nun für die Historiographie wieder ein Gesicht. Die Autoren verfolgen die (durch dessen im Jahre 1939 noch gelungene Auswanderung nach Bolivien) spärlichen Lebensspuren. In einer Verknüpfung von biographischer Skizze und der Edition von erhaltenen, aber unvollendet gebliebenen Lebenserinnerungen stellt Wolfgang Wilhelmus den in Hinterpommern geborenen und in Greifswald ausgebildeten Mediziner sowie späteren sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Dr. Julius Moses vor, der als Jude 1942 nach Theresienstadt gezwungen wurde und dort umkam. Der 1945 aus dem Krieg zurückgekehrte, heute hochbetagte Theologe Horst Beintker erinnert sich anhand eigener Briefe an das „Weiterleben nach dem Untergang“. In einem großen zeitlichen Sprung von über vier Jahrzehnten führt uns Irmfried Garbe an einen anderen Untergang, den der DDR, heran. Anhand der Reden der damaligen Greifswalder Studentin Anette Schwerin und des Pfarrers Oswald Wutzke, die im November 1989 auf der Herbstsynode der Evangelischen Landeskirche Greifswald vorgetragen wurden, beleuchtet er die innerkirchliche Auseinandersetzung mit dem Erbe der DDR im Nordosten des Landes und der Suche nach Zukunft, zu deren Scheidepunkt der damalige Bischof Dr. Horst Gienke wurde. Aus aktuellem Anlass – kurz vor Weihnachten 2009 wird der Lückenschluss der Autobahn A 14 zwischen Wismar und Schwerin dem Verkehr übergeben – präsentiert Wolf Karge Extrakte seiner Forschungen zu „Autobahnplanung und -bau im Norden der DDR“. Er stellt Hintergründe und Episoden der Entstehung der heutigen A 19 Berlin-Rostock, der A 24 Berlin-Hamburg sowie der in diesem Jahr zur Vollendung gebrachten A 14 zwischen Schwerin und Wismar vor und präsentiert unter der Rubrik „Interview“ einen der damals beteiligten Ingenieure, Niels Nielsen. Der dokumentarische Teil des Heftes wird einmal mehr mit Berichten von Andreas Wagner bestritten. Zum einen berichtet er über eine Tagung zu „Marinegerichten als Bestandteil der NS-Militärjustiz“ am historischen Ort, dem ehemaligen Wehrmachtgefängnis Anklam, an dem sich seit einigen Jahren die Stiftung „Zentrum für Friedensarbeit“ um einen neuen, auch in die Region ausstrahlenden Charakter bemüht. An dieser Stelle kann mitgeteilt werden, dass kürzlich ein vom
Rostocker Filmemacher Jörg Herrmann verantworteter Dokumentarfilm über die Geschichte des Wehrmachtgefängnisses Premiere hatte, für dessen Besprechung in einer der nächsten Ausgaben dieser Zeitschrift Platz wäre. Andreas Wagner liefert uns auch einen Bericht über eine Tagung in Neubrandenburg, die sich mit dem Kriegsgefangenenlager Stalag II A, dem späteren sowjetischen so genannten Speziallager Fünfeichen, in den unterschiedlichen Nutzungsperioden befasste. Mit der Frage, ob Erinnern „Befreiung von der Vergangenheit“ bewirken kann, befasste sich das VII. Häftlingstreffen in Bützow, über das wiederum Andreas Wagner Bericht erstattet. Am Ende des chronologischen Bogens dieses Heftes, im Fluss zwischen (vergangener) Gegenwart und Zukunft, finden wir die verbalen Destillate zweier mehrjähriger Projekte. Martin Buchsteiner fasst die Ergebnisse des Geschichtswettbewerbes des Bundespräsidenten (Körber-Stiftung Hamburg) 2008/09 aus der Perspektive Mecklenburg-Vorpommerns zusammen. Und Susann Wolf referiert die Ergebnisse einer Sozialforschungsstudie zu dem für Mecklenburg-Vorpommern, vor allem für seine Jugend, allgegenwärtigen Thema „Bleiben oder Gehen?“, hier am Beispiel der Region Mecklenburgische Seenplatte. In der Rubrik „Aus anderen Ländern“ bietet Dennis Riffel aus Berlin eine Zusammenfassung des im Mai 2009 in Berlin abgehaltenen „Geschichtsforums 1989 | 2009. Europa zwischen Teilung und Aufbruch“. Wie immer wird auch dieses Heft durch Literaturbesprechungen und -anzeigen abgerundet. Die Ausgaben des Jahrgangs 2010 von „Zeitgeschichte regional“ sollen sich zum einen mit „Jahrestagen“ (Persönlichkeiten und ihre Rezeptionsgeschichte) und zum anderen mit Musikgeschichte befassen. Potentielle Autoren dafür wie auch für andere Bereicherungen dieser Zeitschrift sollen sich ausdrücklich ermuntert fühlen, Beiträge einzusenden.

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