Zeitgeschichte regional | 07. Jg., 2003, Heft 1

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Beschreibung

Soll die heutige Gesellschaft charakterisiert werden, wird sehr häufig der Begriff der „Mediengesellschaft“ benutzt. Gemeint sind die vielfältigen Informationsmöglichkeiten – von Printmedien, Hörfunk und Fernsehen bis zum Internet und anderen Formen der Telekommunikation. Noch vor 80 Jahren gab es ausschließlich die Printmedien in Gestalt der heute noch üblichen Zeitungen und Zeitschriften. Sie waren nur noch nicht so bunt. Die „Illustrierte“ war gerade erst auf den Markt gekommen und damit die Möglichkeit einer besseren Bildberichterstattung. Seitdem hat das Bild dem geschriebenen Wort als Information immer mehr den Rang abgelaufen. Trotzdem können wir registrieren, daß das geschriebene Wort lebt und auch an Macht als Meinungsbildner nichts verloren hat. Eher hat sich diese Macht noch vergrößert – denkt man dabei auch an die Größe der gedruckten Buchstaben. „Heute lesen, was morgen Meinung ist“, lautet ein dazugehöriger Slogan.
Es lag deshalb für „Zeitgeschichte regional“ nahe, die Medien oder Massenmedien (wie sie auch genannt werden) einmal zum Thema zu machen. In den sechs Beiträgen wird dann auch in erfreulicher Breite über die Pressearbeit und Pressewirksamkeit im vergangenen Jahrhundert berichtet. Deutlich wird einerseits besonders die inhaltliche Abhängigkeit der Presse von Eigentümern und Herausgebern, auch in Gestalt von Parteien, wie das Kyra T. Inachin in ihrem Beitrag über die nationalsozialistische Presse vor 1933 in Vorpommern überzeugend darlegt. Andererseits haben die Konsumenten immer auch die Möglichkeit gehabt, Informationen, die vordergründig gar nicht genannt werden wollten, aus den gedruckten oder gesendeten Berichten zu filtern. Sensibel hat Florian Ostrop diese Stellen, die Zwangsarbeiter betreffend, aus einer Wismarer Lokalzeitung für die Zeit von 1939 bis 1944 herausgesucht und widerlegt damit (wieder einmal) die Schutzbehauptung des „Von-nichts-gewußt-haben“. Besonders die DDR-Bevölkerung hat eine hohe Sensibilität für die Informationen „zwischen den Zeilen“ entwickelt. Medieninformation als Staats- oder Parteiauftrag mit Selbst- und anderer Zensur zwischen Unterhaltung und Manipulation wird dann auch im Beitrag von Lothar Lentz über die Rundfunkgeschichte in Mecklenburg-Vorpommern deutlich.
Ganz gewiß muß das Thema fortgesetzt werden. Fernsehen und IT fehlen noch völlig. Es bleibt auch hier noch viel zu tun.
Fortgesetzt wurde auch das Thema „Kirche“ des vergangenen Heftes – nicht nur in der Kombination mit dem Thema „Medien“ im Beitrag zur „Mecklenburgischen Kirchenzeitung“ von Wolfgang Nixdorf, sondern auch von Christoph Wunnicke im Aufsatz zur FDJ und zu den kirchlichen Basisgruppen in Rostock sowie im Dokument über die Beziehung Stadt – Kirche – Kultur im Bezirk Neubrandenburg.
Permanentes Thema bleibt auch der Nationalsozialismus. Über das Jahr 1933 in Mecklenburg-Schwerin schreibt Hermann Langer „70 Jahre danach“, über Zwangssterilisation in Schwerin berichtet Jens-Uwe Rost, und auch in der Rubrik „Diskussion“ bleibt das Thema aktuell – die Forschungen zum antifaschistischen Widerstandskampf an der Rostocker Universität und die Dauerdebatte „Heinkel“ werden kontrovers betrachtet. Bleibt zu hoffen, daß speziell Heinkel in der Hansestadt Rostock nach den außerordentlich energiegeladenen Debatten nun nicht wieder für Jahre in Vergessenheit gerät, sondern die Stadt ernst macht mit ihrer Initiative zur Aufarbeitung dieser komplexen Geschichte.
Berichte über wissenschaftliche Tagungen zur Zeitgeschichte in anderen Bundesländern ergänzen die aktuellen Meldungen zur Geschichtsarbeit in unserer Region. Ein besonders interessantes Projekt wird in der Rubrik „Historisches Lernen“ vorgestellt. Am Boizenburger Gymnasium wurde das Thema „Leben in der DDR“ ausführlich behandelt. Die Ergebnisse lassen auf Nachahmer hoffen.
Umfangreich und kritisch wie immer präsentieren sich die Rezensionen im Themenspektrum von „Zeitgeschichte regional“. Informiert wird auch über neueste Publikationen und Projekte in Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der „Neuerscheinungen“ und „Termine“.

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